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Veröffentlicht am 28.03.2021

Sprachgewaltig, aufwühlend, facettenreich

Das Licht ist hier viel heller
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Ein ehemals berühmt-berüchtigte Schriftsteller: „Es ist 11.23 Uhr, und Wenger versucht, sich zu Sturm der Liebe einen runterzuholen“ S.5
Doch seine Erektion lässt ihm in Stich und in seinem Leben läuft ...

Ein ehemals berühmt-berüchtigte Schriftsteller: „Es ist 11.23 Uhr, und Wenger versucht, sich zu Sturm der Liebe einen runterzuholen“ S.5
Doch seine Erektion lässt ihm in Stich und in seinem Leben läuft einiges nicht mehr, wie es mal war. Nach Jahren Rampenlicht, viele Bestseller und Skandale verlässt seine Frau ihm für einen jüngeren Sportfreak, seine Kinder hassen ihm und seine Bücher sind Ladenhüter. Im Selbstmitleid suhlend, gammelt Wenger in seiner Junggesellenbude, lässt sich von seiner Schwester bekochen. Bis er eines Tages Briefe von einer fremden Frau erhält, die nicht für ihn bestimmt sind. Briefe; die voll mit Wut, Schmerz, Liebe und Hass beladen sind. Wenger öffnet und liest sie und auf einmal weist er, worüber er schreiben will. Doch er weiß nicht, dass seine 18-jährige Tochter Zoey, dieselben Briefe liest und denselben Schmerz und dieselbe Wut spürt, wie die geheimnisvolle Verfasserin.

Ein Buch voll mit Schmerz, Wut, Liebe und Hoffnung. Eine Geschichte, die mich als Mutter extrem wütend gemacht hat. Wie kann man als Eltern von Jugendlichen so Blind und Selbstsüchtig sein? Wie kann man eigene Kinder ignorieren oder die für sich selbst vorteilhaften Zwecken benutzen wollen?

Erzählt wird die Geschichte aus Zoeys und Wengers Sicht, wobei ich am liebsten Wangers „gepuderten Nase“ eine einhauen wollte, war Zoey für mich die Heldin. Obwohl sie sehr arrogant und selbstbewusst herüberkommt, waren ihre Gefühle, Ängste, Wünsche und Liebe ergreifen Nah. Besonders ihre Liebe und Beschützerinstinkt gegenüber ihrem Bruder hat mich tief berührt. Zwischen beiden Perspektivenwechseln kommen die Poesie geladenen Briefe, die mich stellenweise zu Tränen gerührt hat.

Schlagfertig, nicht schönt, frech und emphatisch schreibt Mareike Fallwickl über eine entzweite Familie, Alltagssexismus und über die Emanzipation von ein junges Mädchen. Sie spricht über den trostlosen Literaturbetrieb, um die AutorInnen gern einen großen Bogen machen und mehr oder minder gibt sie einen Seitenhieb an den BloggerInnen ab, was mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.

Absolute Leseempfehlung von mir!

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Veröffentlicht am 24.03.2021

Eine ganz besondere Geschichte

Das Flüstern der Bienen
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An den Füßen der Berge, umgeben von Zuckerröhre und Maisfeldern, liegt der kleine Dorf Linares. Hier lebt die Familie Morales wohlhabend auf einem Landgut mit der alten Amme Reja, die schon Generationen ...

An den Füßen der Berge, umgeben von Zuckerröhre und Maisfeldern, liegt der kleine Dorf Linares. Hier lebt die Familie Morales wohlhabend auf einem Landgut mit der alten Amme Reja, die schon Generationen von Morales Kindern genährt und großgezogen hat. Jahrzehnten sitzt Nana Reja stumm mit geschlossenen Augen auf ihrem Schaukelstuhl. Sie ist ein Teil der Landschaft, ihre Haut ist dunkel, hart, wie die getrocknete Rinde. Wenn die Leute vorbeigehen, grüßten sie sie genauso wenig, wie man einen Baum grüßt. Bis sie eines Tages plötzlich aufsteht und verschwindet. Die alarmierende Morales finden die alte Nana unter eine Brücke mit zwei Bündeln. In dem einen ist in ein Bienenschwarm umhülltes Neugeborene mit Gaumenspalte, in der anderen Hunderte von Bienen. Bei den abergläubischen Dorfbewohnern wächst Misstrauen, der Arzt gibt den Jungen nur paar Tage Lebenschance, doch Nana Reja lässt sich von nichts abschrecken. Die Familie Morales nimmt den Jungen, samt mit seiner Bienen, zu sich auf, taufen auf den Namen Simonopio. Er wird niemals in seinem Leben sprechen zu können aber dafür hat er eine Gabe, die ganzen Landgut Bewohner von schlimmen Ereignissen warnt und schützt...

Sofía Segovia hat mich mit ihrem feinfühligen und glaubwürdigen Schreib/Erzählstil auf eine Reise mitgenommen, welche die ich sehr genossen habe. Ich war ein unsichtbarer Gast bei den Morales und fast 500 Seiten lang habe ich mit denen Feiertagen gefeiert, hinter geliebten Menschen getrauert, mit Simonopio samt mit seinen Bienen durch den Wald gewandert. Ich habe die Schrecken der Spanischen Grippe, den Ersten Weltkrieg und mexikanische Revolution miterlebt. Ich hatte das Knarren von Nana Rejas Schaukelstuhl im Ohren, Orangenblütenduft in der Nase, Honigsüße im Mund.

Erzählt wird die Geschichte aus vielen Perspektiven, wobei ich am Anfang etwas irritiert war, doch nach gelesenen paar Kapitel wieder den Faden gefunden hab. Das Setting ist sehr bildhaft, die Sprache ist wortgewaltig, dennoch die Erzählung war für mich sehr detailreich, denn dank den vielen Details hat das Buch seine Länge. Wer eine leichte, historische Familiengeschichte hofft, liegt leider falsch. Man muss hier Zeit und Leselust mitbringen.

„Das Flüstern der Bienen“ ist eine märchenhafte, bildgewaltige, ruhige aber gleichzeitig spannende Geschichte. Isabel Allende Fans werden sich hier sehr wohlfühlen. 4,5 Sterne

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Veröffentlicht am 18.03.2021

Eine sehr atmosphärische, gefühlsvolle Geschichte

Die Farbe des Nordwinds
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Ellen war 16, als sie zum ersten Mal mit ihrer Mutter auf Hallig kam und in dem sie diese windgepeitschte Landschaft sich sofort verliebt hat. Sie hat sich auf diesem Fleckchen im Wattenmeer mit seinen ...

Ellen war 16, als sie zum ersten Mal mit ihrer Mutter auf Hallig kam und in dem sie diese windgepeitschte Landschaft sich sofort verliebt hat. Sie hat sich auf diesem Fleckchen im Wattenmeer mit seinen Salzwiesen, Warften und Halligfliedern Zuhause gefühlt. Sie hat zum ersten Mal in ihrem Leben eine Stiefschwester gehabt, die für sie eine wahre Freundin war. Nun kurz darauf musste Ellen wieder gehen und schwor sie sich eines Tages zurückzukehren. Nach zwanzig Jahren kehrt sie tatsächlich als Halliglehrerin zurück, doch ihre damalige Stiefschwester Liske ist nicht begeistert von ihrer Rückkehr. Nur zu gut erinnert sie sich daran, wie verlassen sie sich damals bei Ellens Abreise gefühlt hat und sie weiß, dass die meisten auf Hallig Zugezogenen ohnehin nicht lange aushalten können. Doch Ellen möchte auf Hallig bleiben und lässt sich nicht unterkriegen, denn nur diese Landschaft, ihre Seelenheimat, gibt ihr Lebenskraft...

In der zweiten Zeitebene wird Ellens Geschichte von historischen Ereignissen aus dem 18. Jahrhundert begleitet, in dem über ein Hallig Junge/Mann und seiner Chronik berichtet wird. Ich finde dieser Wahrheiten basierter dennoch fiktiver teil nicht nur lehrreich und sehr gut in die Story intrigiert, sondern auch sehr spannen dargestellt.

In beiden Handlungsstränge erfährt man viel Interessantes über das Halligleben und über Halliglüd von damals und heute. Die Liebe zum Marschland, Wattenmeer und die gesamte Natur sind greifen nah. Klara Jahn hat ein feines Gespür für lebendige Landschaften, schreibt leicht verständlich und erzählt sehr bildhaft und authentisch. Ihre vielschichtige Charaktere runden die Geschichte hervorragend ab.

Ich lebe selbst am Rande der Marschgebiete auf der, in der Marsch hineinragenden Geest und kann ich nur eins erwähnen: Die Autorin weiß, worüber sie schreibt! Sie hat nicht nur richtig gut recherchiert, sondern man liest ihre Hallig und Norddeutsche Liebe zwischen den Zeilen.

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Veröffentlicht am 12.03.2021

Vorhang auf für 80'er

Hard Land
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Sam... einer 15-jähriger schmächtiger Teenager ohne Bartwuchs. Er lebt mit seinen Eltern in Grady, einem Kaff in Missouri, hat ein Faible für die Zahlen aber keine Freunde. Sein Vater lebt stumm zurückgezogen ...

Sam... einer 15-jähriger schmächtiger Teenager ohne Bartwuchs. Er lebt mit seinen Eltern in Grady, einem Kaff in Missouri, hat ein Faible für die Zahlen aber keine Freunde. Sein Vater lebt stumm zurückgezogen in seinem Schneckenhaus, seine erwachsene Schwester lebt Meilen entfernt. Nur seine Mutter ist immer für ihm da. In der Schule ist er ein Ass in Mathe aber dafür unscheinbarer Außenseiter, und jetzt liegen vor ihm lange, sinnlose Sommerferien. Um vor all den Problemen zu fliehen, nimmt er einen Ferienjob in einem alten Kino an, dabei ahnte er aber nicht: Dieser Sommer wird es für ihn immer als schönste, beste und schmerzvollste im Gedächtnis bleiben...

Es war mein erstes Buch von dem Autor und ich muss hier eins gestehen: Jetzt verstehe ich die Hype rundum seiner Bücher, denn Herr Wells hat ein sehr feines Gespür für Authentizität. Er erzählt aus dem Jahr 1985, wo er selbst gerade mal 1 Jahr und ich 2 Jahre Alt war und trotzdem hat er mich mit Wucht zurück zur meine Kindheit katapultiert. Mein Gott, wie lange und wie oft ich vor dem Radio gehockt hab, um ein Lied aufzunehmen:) Darf man heutzutage überhaupt so was erwähnen? Die Rollschuhe, Walkmans, Wayfarer Brillen und „Zurück in die Zukunft“... Erstes Bier, erste Date, erste Mutprobe und „The Breakfast Club“... Nicht nur mit Sam, sondern mit all den Charakteren habe ich gefeiert, getrauert, geweint, gelacht, gehasst, geliebt. Einer der besten „Coming-Of-Age“ Geschichten, die ich je gelesen hab und ohne Zögern weiterempfehlen kann.

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Veröffentlicht am 06.03.2021

Am Anfang braucht man etwas Geduld

Jedes Jahr im Juni
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Ein roter Luftballon samt einer Nachricht und E-Mail-Adresse überquert das Meer zwischen England und Frankreich. In die Lüfte geschickt von: 16-jährigen Highschool Schülerin Emmie Blue. Gefunden von: ebenfalls ...

Ein roter Luftballon samt einer Nachricht und E-Mail-Adresse überquert das Meer zwischen England und Frankreich. In die Lüfte geschickt von: 16-jährigen Highschool Schülerin Emmie Blue. Gefunden von: ebenfalls 16-jähriger Lucas Moreau. Seitdem der Lucas ihr zum ersten Mal geschrieben hat, sind die beiden ein Herz und eine Seele. Keine kennt die so gut wie die aneinander. Doch für Emmie ist Lucas mehr als ein bester Freund …

Das Buch ist mehr als eine Liebesgeschichte, denn die Autorin hat viele verschiedene Themen, wie Freundschaft, traumatisierte Erlebnisse, Selbstfindung, ausgesucht und hat sie am Ende alles gut zusammen verbindet. Und genau damit hatte ich meine Probleme. Am Anfang springen die Erzählstränge zwischen die Themen und zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu oft, auch den Schreibstil fand sehr holprig und bis Seite 170 bin ich sehr langsam vorangekommen. Doch kurz vor Mitte des Buches geht es bergauf, sodass ich es nicht aus der Hand legen wollte. Die Charaktere sind vielschichtig, sympathisch und authentisch, besonders Emmie mit ihrer Art und Weise wächst einen an Herz.

Obwohl es am Anfang für mich etwas verwirrend war, ist es im Großen und Ganzen eine wunderschöne, ruhige und stellenweise humorvolle Geschichte.

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