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Veröffentlicht am 14.10.2020

Verletzte Seelen

Das Haus in der Claremont Street
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Als Tom endlich vor der Tür des Schlafzimmers seiner Eltern angekommen war, brannten ihm in den Augen die Schweißtropfen. Als ihm einfiel, dass die Nummer 911 lautete, dass er wählen musste, zitterten ...

Als Tom endlich vor der Tür des Schlafzimmers seiner Eltern angekommen war, brannten ihm in den Augen die Schweißtropfen. Als ihm einfiel, dass die Nummer 911 lautete, dass er wählen musste, zitterten seine Hände heftig. „Meine Mama“, flüsterte er, als er endlich jemanden in der Leitung hatte. „Bitte“, sagt er. „Blut“, fügte er hinzu. Genau in diesem Moment ertönte von unten ein lauter Knall. „Meine Mama“, versucht er es erneut. „Wir sterben“...

Mit Gänsehaut landete ich in dem Leben von einem neunjährigem, der das schlimmste Erlebnis in seinem Leben erlebt hat, seitdem unter selektivem Mutismus leidet und ziehe ich mit ihm in das Haus seiner Tante Sonya auf. Sonya; sein Vormund, große Schwester von seiner Mutter, seine Tante Rose und sein Onkel Will. Die vernünftigste in der Familie. Sie ist unfreiwillig kinderlos, weiß nicht, wie sie richtig reagieren soll und kommt nicht an den traumatisierten Jungen heran. Nach paar Wochen ist Tom gezwungen erneut umzuziehen. Diesmal in das Haus von seinen Großeltern, in die Claremont Street, wo seine chaotische Tante Rose und sein Weltenbummler Onkel Will wohnt. Doch auch dort geht einiges schief...

Mit einem wahnsinnig berührendem Schreibstil hat mich die in Deutschland geborene Autorin und Filmemacherin auf eine neunmonatige Reise mitgenommen. Neun Monate wie eine Schwangerschaft und wie ein Baby im Mutterleib entwickelt, entwickelt sich Tom auch. Toms stille Art, seine Schuldgefühle und seiner Trauer geht einem unter die Haut.

Erzählt wird die Geschichte aus mehreren Perspektiven und fast alle Familienmitglieder kommen zum Wort. Die sind zwar nicht „Perfekt“ aber einer von uns. Alle trauern auf eigener Art und Weise, haben Schuldgefühle und machen unüberlegte Fehler. Sehr authentische Charaktere.

Eine Geschichte mit all dem Tiefen und Höhen aus dem Leben von einer Familie. Berührend und hoffnungsvoll.

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Veröffentlicht am 04.10.2020

Grandios!

Das Buch Ana
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„Gott konnte Liebe sein, so wie Jesus es glaubte. Für mich war er der, der sein würde, das Sein des in unserer Mitte.“

16 n.Chr. Sepphoris

Ana, die Tochter von einer wohlhabenden jüdischen Familie. Klug, ...

„Gott konnte Liebe sein, so wie Jesus es glaubte. Für mich war er der, der sein würde, das Sein des in unserer Mitte.“

16 n.Chr. Sepphoris

Ana, die Tochter von einer wohlhabenden jüdischen Familie. Klug, rebellisch, stark... Sie lernt Lesen und Schreiben, studiert Thora und fängt an heimlich die Leben der Frauen aufzuschreiben. Ob es die Geschichten der vergessenen Frauen, Eva, Sarah, Rebecca aus der Heiligen Schrift sind oder die Lebensgeschichten von der eigenen Tante oder Freundin ist, furchtlos stellt sie sich gegen die Gesetze.

Ana, die Tintenmischerin, die Komponistin von Worten, die Sammlerin vergessener Geschichten. Kaum vierzehn musste sie sich mit einem alten Witwer verlobten. Vertauscht wurde sie gegen eintausend Denar und einen Anteil Dattel Hain. „Ich bin kein Lamm“, schreit sie. Denn seitdem sie auf dem Markt einen jungen Mann mit dunklen Locken und warmen Augen kennengelernt hat, gehört ihr Herz, ihre Träume und Gedanken nur an ihm.

„Mein Name ist Ana. Ich war die Frau von Jesus aus Nazareth. Ich bin eine Stimme.“

Einige bezeichnen das Buch sehr Mutig, die andere finden wiederum es abstoßend, weil unsere Wiegen seit über 2000 Jahren mit dem Heiligen Gebeten geschaukelt wurden. Ich war auch sehr skeptisch und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch eine Geschichte über christliche Glaube erwartet. Doch was ich hier gelesen habe, ist es weit entfernt von einer Bibel-Geschichte! Die Glauben sind hier nur spirituelle Existenzen, dass jeder auf eigene Art und Weise glaubt, führt, fühlt, bekehrt, betet... Jesus tritt wie eine ganz normale Figur auf, denn die Autorin erzählt nicht von seinen Lehren oder Taten, sondern stellt sie ihn als liebevolle, tolerante, hilfsbereite Mensch dar.

Es geht hier um die Frauen, die für ihre Rechte, Träume, Bedürfnisse kämpfen. Die kämpfen um ihre Identität, um ihre da zu sein und ganz vorne geht Ana mit. Sie verwendet ihr Wissen, ihre Fähigkeit, ihre unermüdliche stärke für die Frauen. Sie stellt sich gegen die Männerdominierte Welt, gegen Regeln und Gesetze. Sie bring sich selbst im Gefahr um die Freundinnen helfen zu können. Sie gibt die Frauen eine Stimme.

Mit einer großartigen Sprache nimmt die Autorin ihre Leser*in nach Galiläa mit, lässt sich bewundern, feiern und trauern. Ich war teilweise wütend und tieftraurig aber auch bei manche Stellen habe ich von Schadenfreude gejubelt. Ich war in Nazareth, in Jerusalem, in Alexandria. Ich habe Myrre, Staub und Papyrus gerochen. Ich war in der ersten Bibliothek der Welt und hatte Lyra Klänge in dem Ohr. Ich habe geliebt, gelacht, geweint und am Ende habe ich Anas Buch in den Händen gehabt.

Es ist eine Historische MeToo Geschichte, welche meine Jahreshighlight ist. Einfach nur grandios und verdient mehr als fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 22.09.2020

Wie eine Kurzgeschichtensammlung.

Dieses entsetzliche Glück
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Hollyhock, eine Kleinstadt irgendwo in Virginia. Hier wohnen fünfzehn absolut verschiedene Menschen. Fünfzehn alltägliche Leben und Geschehen. Einige kennen sie sich bereits oder irgendwie miteinander ...

Hollyhock, eine Kleinstadt irgendwo in Virginia. Hier wohnen fünfzehn absolut verschiedene Menschen. Fünfzehn alltägliche Leben und Geschehen. Einige kennen sie sich bereits oder irgendwie miteinander zu tun gehabt, doch die andere wiederum nicht. Fünfzehn verschiedene Seelen, die in einer Art und Weise miteinander verbunden sind und da zwischen ein Buch...

Mit einer großartigen Sprache nimmt die in Deutschland geborene Autorin Annette Mingels ihre Leser in eine Fiktive amerikanische Ortschaft mit und lässt fünfzehn vielschichtigen Menschen beobachten. Ja, beobachten! Denn ich habe mich hier wie eine Außenseiterin, wie eine Stalkerin gefühlt. Ich war nicht mit den Figuren verwand oder verbündet. Ich war sogar teilweise gegenüber ihnen total befremdet ABER genau diese Gefühle hat das Buch für mich was Besonderes gemacht. Als fünfte Rad, als Einzelgängerin habe ich viele Familien besucht, die beim Essen, reden, weinen, lachen und träumen belauert. Als unsichtbare habe ich fünfzehn verschiedenen Glücksgefühle beobachtet. Nur, wo ich ein oder andere Lebensgeschichte sehr gern gelesen hab, sind die einige daneben geblieben. Doch dank des sehr interessanten Aufbau des Buches wollte ich einfach weiter lesen, und ich bin der Meinung, dass die Autorin vielfältige Geschichten hervorragend zusammengefügt hat.

Wenn ich ehrlich bin, als ich das Buchcover zum ersten Mal gesehen hab, dachte ich mir: was für ein komisches Cover. Erst nachdem Lesen weiß ich, was für eine Bedeutung das hat. Denn die Fische auf das Cover sind Kois und der Koi gilt es in Japan als Glücksbringer für groß und klein. Was für eine geniale Idee!

Das Buch ist nicht unbedingt spannend, emotional, lustig oder wie man als Rezent/in die Bücher halt definieren mag. Dennoch allein wegen grandiose Erzählstil ist es sehr Lesenswert.

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Veröffentlicht am 15.09.2020

Berührend, bewegend, traurig und schön

Was uns verbindet
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Die vierköpfige Familie Olander leben zufrieden und glücklich in einer familienfreundlichen Gegend. Die haben ein Haus mit Swimmingpool, gut bezahlte Jobs, die beiden Kinder (13, 8) sind Vorzeigeschüler ...

Die vierköpfige Familie Olander leben zufrieden und glücklich in einer familienfreundlichen Gegend. Die haben ein Haus mit Swimmingpool, gut bezahlte Jobs, die beiden Kinder (13, 8) sind Vorzeigeschüler und die Eltern haben eine gefestigte Beziehung. Doch dann passiert eine unerwartete Tragödie und das Familienglück zerbricht auf tausenden teilen. Zurück bleibt nur eine Frage: Was verbindet uns?...

Keith, der Vater, Amerikaner, erfolgreicher Banker und Workaholic durch und durch. Er war normalerweise kaum zu Hause aber nachdem Tragödie findet er sein Frieden noch mehr bei der Arbeit. Er arbeitet noch härter, macht Geschäfte, welche er eines Tages bereuen wird...

Jaya, die Mutter, Inderin, war Hausfrau und kurz vor der Tragödie hat sie wieder angefangen zu arbeiten. Sie macht sich vorwürfe und findet ihren Frieden bei der Religion. Doch manchmal ist weniger mehr...

Karina, die 13-jährige Tochter und steckt tief in der Pubertät fest. Sie ist eine gute Schülerin, besonders in dem Fach Naturwissenschaft und kurz nach der Tragödie, geht sie in einer anderen Stadt zum Studieren. Obwohl sie innerlich kaputt ist, zeigt sie nie die Schwäche aber eins muss sie noch lernen, denn es gibt Leute, die einen gerne manipulieren...

Prim, der 8-jähriger Sohn, liebt lachen, andere zum Lachen bringen aber am meistens liebt er seine Schwester. Nach der Tragödie versteht er seine Familie nicht mehr und beobachtet sie still und heimlich...

Einfühlsam aber auch eindringlich nimmt die Autorin ihre Leser nach Amerika und lässt sie hinter den Kulissen von einer Indisch-Amerikanischen Familie einblicken. Frau Gowda hat hier einige schwierige Themen wie: Schuldgefühle, Depressionen, Mobbing in der Schule, religiöse Sekten, Geldgier ausgesucht und meine Meinung nach, hat sie all die Themen ohne Verständnisprobleme zusammen gefügt. Doch Hauptthema ist Trauerbewältigung. Man begleitet die einzelnen Familienmitglieder auf ihrem Weg von der Tragödie bis in die ermutigende Zukunft. Dank dem bildhaften Erzählstil, fühlt man sich in der Familie integriert und man spürt kaum Distanz zu den Figuren. Besonders Karinas Kapitel, ihr Trauer und Gefühle geht unter die Haut. Allerdings in der Mitte des Buches zieht sich die Story etwas in die Länge, dabei Schuld dran ist, meine Meinung nach, Keiths Geschäfte. Die haben mich überhaupt nicht interessiert.

Es ist eine emotionale, traurige, eindringliche aber gleichzeitig hoffnungsvolle Geschichte, welche uns zeigt, wie individuell die Trauerbewältigung ist.

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Veröffentlicht am 11.09.2020

Eine intensive Mutter-Tochter Geschichte

Vielleicht auf einem anderen Stern
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Die sechzehn-jährige Maddy hat ihren Vater nie kennengelernt. Eigentlich wollte sie erst mit achtzehn Jahren zusammen mit ihrer Mutter Eve auf die Suche nach ihm machen aber sie befürchtet, dass ihr nicht ...

Die sechzehn-jährige Maddy hat ihren Vater nie kennengelernt. Eigentlich wollte sie erst mit achtzehn Jahren zusammen mit ihrer Mutter Eve auf die Suche nach ihm machen aber sie befürchtet, dass ihr nicht mehr genügend Zeit dafür bleibt. Denn Maddy hat Blutkrebs in Endstadium...

Antonio war Eves große Liebe, bis sie mit Maddy schwanger wurde. Er wollte keine Kinder, Sie schon und da trennten sich auch ihre Wege. Eve zieht Maddy allein groß, liebt sie innig, versucht sie vor allem beschützen und deshalb hat sie ihr vieles verschwiegen. Doch manchmal bricht das Ungesagte den Bann und Eve merkt, dass sie sich ihrer Vergangenheit stellen muss...

Für ihr Erstling hat Karen Raney ein schwieriges und trauriges Thema ausgesucht und meine Meinung nach hat sie es auch gut umgesetzt. Wenn ich ehrlich bin, ich hatte hier, Grund der Thematik, eine herzzerreißende Geschichte mit vielen Taschentuchmomenten erwartet. Ich bin selbst Mittdreißiger Mutter und um Gottes willen wünsche ich keiner Mutter der Welt, was Eve erlebt hat, aber ihre Gefühle haben mich leider erreicht. Vielleicht war es Absicht von der Autorin, damit das Buch nicht so deprimiert wirkt, ich weiß nicht, aber Eve wirkte mir stellenweise total Abgeschirmt und Gefühlslos. Dafür habe ich Eves Eltern sehr geliebt und wie die beiden um die Enkelin bemüht hatten, hat mich total mitgenommen. Erzählt wird die Geschichte Abwechseln aus der Sicht von Maddy und Eve, wobei mich Maddys Kapitel tief berührt haben. Maddy ist eine sehr starke, kluge, talentierte, liebevolle Protagonisten, die man einfach ins Herz schließt. Der Schreibstil der Autorin ist leicht leserlich, allerdings stellenweise unnötig detailliert und zieht sich etwas in die Länge.

Eine berührende Mutter-Tochter Geschichte, die Lesenswert ist.

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