Platzhalter für Profilbild

fredhel

Lesejury Star
offline

fredhel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit fredhel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.05.2022

Eine geheinmisvolle Vergangenheit

Das verschlossene Zimmer
0

Der Roman spielt in Krakau. Hier zieht der renommierte Arzt Dominik Karski seine Tochter Marie alleine groß. Maries Fragen nach ihrer Mutter weicht er aus.
Marie ist intelligent. Sie möchte ebenfalls Medizin ...

Der Roman spielt in Krakau. Hier zieht der renommierte Arzt Dominik Karski seine Tochter Marie alleine groß. Maries Fragen nach ihrer Mutter weicht er aus.
Marie ist intelligent. Sie möchte ebenfalls Medizin studieren, um wie ihr Vater Leben zu retten. Doch 1939 werden in Polen noch keine Frauen an der Universität angenommen. Karski ist darüber erleichtert. Er hat andere Pläne für seine Tochter. Nur in einer reichen Heirat wüsste er sie ausreichend geschützt, wenn sein dunkelstes Geheimnis ans Licht kommt und damit die bürgerliche Fassade ihrer beider Leben zusammenbricht.
Marie heiratet tatsächlich. Ja, sogar einen wohlhabenden Mann. Doch Ben ist Jude und Marie konvertiert zu seiner Religion.
Der Gedanke an ihre Mutter lässt sie immer noch nicht los. Darum beginnt sie auf eigene Faust mit Nachforschungen. Sie findet Unglaubliches heraus. Und während ihre ganze Welt erschüttert wird, bricht auch das Leben in Krakau zusammen, weil die Deutschen in Polen einmarschiert sind. Hier findet der Roman ein sehr ergreifendes Ende.
Das Buch ist sehr unterhaltsam geschrieben. Man kann sich Marie, Dominik und Ben sehr gut vorstellen; ebenso die bereits faschistisch eingestellten Kollegen und Nachbarn. Dennoch kratzt der Inhalt nur leicht an der Oberfläche. Anders kann man sich die Naivität von Marie nicht erklären. Wie kann eine so intelligente junge Frau nicht ein Mindestmaß an politischer Allgemeinbildung aufweisen? Sie ist völlig erstaunt, dass sie als Jüdin so schlecht behandelt wird. Es kann doch nicht sein, dass sie vorher nicht die Zeichen der Zeit in ihrer Umgebung wahrgenommen hat. Marie kommt mir vor wie ein verwöhntes Einzelkind, das partout mit dem Kopf durch die Wand will und taub gegen alle Ratschläge ist. Weil sie aber so eine gute Bildung und auch eine hohe Intelligenz besitzt, empfinde ich ihre Charakterisierung nicht als stimmig.
Ihr Vater Dominik dagegen ist mir ans Herz gewachsen. Er geht gradlinig seinen Weg. Seine Patienten behandelt er alle gleich, egal welcher Herkunft sie sind. Er hat so einen guten Charakter, dass man sich ratlos fragt, welch dunkles Geheimnis von ihm um jeden Preis gehütet wird.
Dieses Geheimnis macht auch einen Großteil der Spannung aus. Dennoch hat mir das gewisse Etwas in der Handlung gefehlt. Alles dümpelt vor sich hin, bis die Auflösung  dann wirklich mit einem unerwarteten Knalleffekt aufwartet.
Als unterhaltsame Lektüre ist das Buch durchaus geeignet, aber man sollte nicht mit allzu viel Tiefgang rechnen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.05.2022

Nicht nur für Jugendliche

Perfect Storm
0

In einem Computerspiel finden sechs Teenager aus verschiedenen Kontinenten zu einem unschlagbaren Team zusammen. Alle sind nicht nur hochintelligent, sondern auch wahre Künstler in der Hackerszene. Sie ...

In einem Computerspiel finden sechs Teenager aus verschiedenen Kontinenten zu einem unschlagbaren Team zusammen. Alle sind nicht nur hochintelligent, sondern auch wahre Künstler in der Hackerszene. Sie beschließen, ihre außerordentlichen Fähigkeiten auch zum Kampf gegen Konzerne einzusetzen, die sich nachweisbar durch kriminelle Ausbeutung bereichern. Sie legen deren geheime Machenschaften offen und begeben sich damit in höchste Lebensgefahr.
Der Autor wählt einen ungewöhnlichen Weg: Die Handlung setzt sich wie ein Puzzle aus Chatverläufen, Zeitungsberichten und Geheimdossiers zusammen. Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, dass man auch auf solche Art und Weise einen Pageturner schreiben kann. Es ist wirklich sehr spannend, aber zugleich ebenso erschreckend, wie viel man digital von seiner Persönlichkeit für Wildfremde, die sich in Informatik auskennen, preisgibt. Auch die angeprangerten Verfehlungen der Konzerne sind alles andere als weltfremde Fiktion. So oder ähnlich wird es in der Welt zugehen.
"Perfect Storm" ist ein richtiger Thriller, nicht nur für Teenies, sondern ebenfalls für Erwachsene. Es wird Zeit, darüber nachzudenken, dass "Big Brother is Watching You" nicht nur ein dahergesagter Slogan ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.05.2022

Gestörte Idylle in der Toskana

Flüssiges Gold
0

Dem Autor ist hier ein Spagat gelungen: ein spannender Wohlfühlkrimi.
Die Beschreibungen von Land und Leuten in der Toskana versetzen den Leser direkt in Urlaubslaune. Es geht in Monte Giardino sehr beschaulich ...

Dem Autor ist hier ein Spagat gelungen: ein spannender Wohlfühlkrimi.
Die Beschreibungen von Land und Leuten in der Toskana versetzen den Leser direkt in Urlaubslaune. Es geht in Monte Giardino sehr beschaulich zu. Luca, der alleinerziehende Dorfpolizist, weiß die Gemütlichkeit seines Jobs zu schätzen. Schlagartig ändert sich alles. Mitten auf dem Dorfplatz wird eine Olivenbäuerin angeschossen. Hat sich etwa die Oliven-Mafia aus Süditalien unbemerkt in den hiesigen Handel eingeschlichen? Die Vice Questora aus Florenz, eine äußerst attraktive und durchsetzungsfähige Frau, ist davon fest überzeugt. Luca lässt sich so schnell das Heft der Ermittlungen nicht aus der Hand nehmen, und letztendlich ist es  seine Sachkenntnis, die alles aufklärt.
Neben den malerischen Schauplätzen tragen auch die sympathischen Hauptfiguren dazu bei, dass man sich, wie schon gesagt, sehr wohl in dieser Handlung fühlt. Der ein oder andere Flirt rundet das Ganze ab. Alles wirkt auf mich authentisch und nicht allzu weit hergeholt. Eigentlich möchte man persönlich mal in dieses toskanische Dörfchen fahren und alles mit eigenen Augen sehen.
Die Krimihandlung finde ich ebenfalls absolut logisch, und das nicht nur, weil man der Mafia alles zutrauen kann.
Ich hoffe sehr, dass es noch ein weiteres Buch mit Luca geben wird. Es scheint, dass er in der Vergangenheit einiges erlebt hat, bevor er sich für seinen ruhigen Posten in Monte Giardino entschieden hat. Die diesbezüglichen Andeutungen haben mich neugierig gemacht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.05.2022

spannend und überraschend

Kaltherz
0

Nach einem guten Drittel des Buches war ich mir völlig sicher, wie alles zusammenhängt und wer der Täter ist. Obwohl der Autor fesselnd und anschaulich schreibt, hatte ich nicht das Gefühl, kriminalistisches ...

Nach einem guten Drittel des Buches war ich mir völlig sicher, wie alles zusammenhängt und wer der Täter ist. Obwohl der Autor fesselnd und anschaulich schreibt, hatte ich nicht das Gefühl, kriminalistisches Neuland zu betreten.
Einem skrupellosen Manager und seiner labilen Ehefrau kommt ihr kleines Mädchen abhanden. Eine Entführung ohne Lösegeldforderung. Die Mutter versucht, sich in ihrer Verzweiflung das Leben zu nehmen. Sie schöpft erst neue Hoffnung, als Kommissarin Kim Lansky den Fall übernimmt. Dieser Einsatz in der Vermisstenstelle ist quasi Kims letzte Möglichkeit im Polizeidienst zu verbleiben. Zu viel hat sie durch ihre impulsiven, aufsässigen Alleingänge schon verbockt. Sie engagiert sich eben hundertprozentig für ihren Beruf. Er ist ihr Leben, sie will Menschenleben retten. Hierarchien und Paragrafen empfindet sie dabei als hinderlich.
Den Einstieg in die Handlung fand ich zwar spannend, aber wie gesagt, die Klischees las ich nicht zum ersten Mal.
Doch dann legt der Autor richtig los und bugsiert den Leser von einer überraschenden Wendung in die nächste. Es gibt Action, aber nicht rohe Gewalt, sondern vielmehr Köpfchenarbeit und Instinkt sind die Hauptpfeiler dieser Ermittlung.
Lansky wird mir zwar als übereifrige Person in unangenehmer Erinnerung bleiben, aber der Krimi hat es wirklich in sich. Es gibt keine Längen, stattdessen häufen sich die Momente, in denen neue Erkenntnisse alles wieder auf den Kopf stellen.
Für mich ist "Kaltherz" der absolute Pageturner.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.05.2022

Antikriegsbuch

Die letzten Tage unserer Väter
1

J.Dicker ist ein Autor, der mich immer wieder mit seiner lebendigen Erzählkunst mitreißt.
Sein erster Roman beschreibt das Leben junger Rekruten, die vom Secret Service als Widerstandskämpfer gegen die ...

J.Dicker ist ein Autor, der mich immer wieder mit seiner lebendigen Erzählkunst mitreißt.
Sein erster Roman beschreibt das Leben junger Rekruten, die vom Secret Service als Widerstandskämpfer gegen die Nazis in Frankreich eingesetzt werden. Er hat sich auf eine spezielle Truppe fokussiert. Der Leser lernt jeden Einzelnen von seiner persönlichsten Seite kennen und kann den Werdegang der jungen Leute verfolgen. Nicht alle schaffen es durch den Krieg, aber ihr Zusammengehörigkeitsgefühl bleibt ungebrochen. Sie sind aller sehr unterschiedlich, sowohl von Geburt als auch von der Einstellung her. Es gibt einen angehenden Priester, es gibt eine junge Frau, es gibt den romantischen Dichter, den gewaltliebenden Grobian und den scheuen Dicken. Es prallen Weltanschauungen aufeinander, doch der gemeinsame Feind verschweißt sie zu einer Einheit, auch wenn sie bei ihren Einsätzen auf sich allein gestellt sind.
Es gibt auch eine sehr tragische Wendung in der Handlung. Eine Entscheidung, aus Liebe gefällt, reißt viele in den Abgrund. Mich hat diese Passage sehr berührt.
Neben den persönlichen Schicksalen, die einen das ganze Buch über nicht loslassen, erfährt man auch einige sehr interessante Details über die Kriegsführung der Partisanen hinter den Kampflinien.
Alles in allem ist es ein sehr emotionaler, aber auch ein sehr spannender Roman und mit keinen von den späteren Werken des Autors zu vergleichen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere