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Veröffentlicht am 13.07.2018

Gelungener Reisebericht

Mit 50 Euro um die Welt
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Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen – besonders, wenn die Reise vier Jahre dauert. So lange reiste Christopher Schacht um die Welt. Von Europa aus ging es an Afrika vorbei Richtung Südamerika, ...

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen – besonders, wenn die Reise vier Jahre dauert. So lange reiste Christopher Schacht um die Welt. Von Europa aus ging es an Afrika vorbei Richtung Südamerika, dann nach Asien und über Indien zurück nach Deutschland. Die Reise wollte er als Reise erleben und verzichtete deshalb auf das schnelle Flugzeug als Transportmittel.

„Ich habe gelernt, das Leben mit anderen Augen zu sehen“: so fasst Christopher Schacht die Erfahrung dieser vier Jahre zusammen. Die Reise finanzierte er durch Arbeit unterwegs, gestartet ist er mit nur 50 Euro in der Tasche. Immer wieder fand er Schipper, die ihn mitnahmen, lernte Leute kennen, bei denen er übernachten und wohnen konnte. Von diesen Begegnungen vor allem handelt Schachts Buch. Sie waren es wohl, die Schacht so sehr geprägt haben, dass er seinen Plan, Informatik zu studieren aufgab und nun nach seiner Weltreise mit einem Theologiestudium begann.

In seinem Buch „Mit 50 Euro um die Welt“ präsentiert sich Schacht nicht als großen Held, der – bildlich gesprochen – alle sieben Meere besegelt hat, sondern kommt immer wieder zum Nachdenken. So reflektiert er beim Besuch eines Indianerdorfes den Umgang mit den Ureinwohnern, stellte sich die Frage, wie aus Korea ein hochtechnologisiertes Land werden konnte. Und vieles, was ihm möglich war, sieht er als Glück an – oder besser: als Schicksal. Zufrieden, schreibt Schacht, sei er mit wenig gewesen. Übernachten in der Hängematte? Für Schacht kein Problem. Eine kurzfristige Absage für die Mitfahrt auf dem Segelboot? Etwas warten, und die nächste Möglichkeit bietet sich. Nicht nur einmal lief Schacht tatsächlich Gefahr, seine Reise ab- oder unterbrechen zu müssen. Für alle Probleme gab es aber schließlich Lösungen.

Was er alles auf seiner Reise durch 45 Länder erlebt hat, schildert Schacht eindrücklich und immer wieder mit einer Prise Humor. Versehen ist das Buch zudem mit wunderschönen Bildern und Karten, auf denen die Route (und vor allem die großen Entfernungen) deutlich wird.

Mit 19 Jahren startete Schacht nach dem Abitur seine Weltreise, mit 24 kam er zurück – weiser und verlobt. Die Wiedersehensfreude der Familie kann man sich da lebhaft vorstellen.

Veröffentlicht am 01.07.2018

Lobreden mit Raffinesse

Die Kunst des Lobens
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Ein wenig missverständlich ist er schon, der Titel von Iso Camartins Buch der Lobreden. „Die Kunst des Lobens„: das klingt nach Ratgeberliteratur, nach einer Anleitung für Reden zu besonderen Anlässen. ...

Ein wenig missverständlich ist er schon, der Titel von Iso Camartins Buch der Lobreden. „Die Kunst des Lobens„: das klingt nach Ratgeberliteratur, nach einer Anleitung für Reden zu besonderen Anlässen. Iso Camartin gibt aber in seinem Buch keine Rhetorik-Tipps für erfolgreiche Redner. Es sei denn, man will von gelungenen Beispielen lernen.

„Die Kunst des Lobens“ ist nämlich nichts anderes als eine Sammlung von Lobreden zu unterschiedlichen Anlässen. Nach einem eher verkopften Überblick über die Geschichte der Lobreden demonstriert Iso Camartin was eine Lobrede ausmacht. Wortspiele, Pointen, Witz, das Spiel mit dem Leser: das alles findet man in den Lobreden Camartins. Vor allem aber sind es die überraschenden Verknüpfungen, der Weg zum eigentlichen Thema, der Weg zum Geehrten, die das Besondere von Iso Camartins Lobreden ausmachen. Da erzählt Camartin von dem spanischen Jesuiten Baltasar Gracián, der im 17. Jahrhundert gelebt hat, um schließlich von seinem Buch „Der kluge Weltmann“ auf die freigeistige „Weltfrau“ Nike Wagner zu kommen.

Kommen sie auch leichtfüßig daher, so sind Camartins Lobreden zutiefst durchdacht. Nur selten, wie bei der Lobrede auf Adolf Muschg, wird Vorwissen verlangt. Das ist auch wichtig, denn in „Die Kunst des Lobens“ sind überwiegend Lobreden auf Persönlichkeiten des – zumeist dichterischen – Geistesleben versammelt, die eher unbekannt sind. Auch deshalb gelingt es dem Autor so mühelos, den Leser neugierig zu machen auf unbekannte Autoren und Werke.

Veröffentlicht am 21.06.2018

Etwas überfrachteter Thriller, der aber bis zum Schluss spannend bleibt

Der Bote
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Ingar Johnsruds Thriller „Der Bote“ hat es in sich. Nicht nur, dass er mit fast 550 Seiten ziemlich dick ist, auch die Story hat es in sich. Die Handlung springt zwischen der Gegenwart und dem Kalten Krieg ...

Ingar Johnsruds Thriller „Der Bote“ hat es in sich. Nicht nur, dass er mit fast 550 Seiten ziemlich dick ist, auch die Story hat es in sich. Die Handlung springt zwischen der Gegenwart und dem Kalten Krieg hin und her. Der Geheimdienst mischt ordentlich mit und lange bleibt unklar, was seine Interessen sind.

Gepackt hat mich das Buch trotzdem nur teilweise. Die Handlung war mir zum Teil zu unübersichtlich, zu gewollt. Und: Die zwei Ermittler sind alles andere als sympathisch. Fredrik Beier und Kafa Iqbal machen kaum eine gute Figur. Beier ist medikamentenabhängig und nicht immer zurechnungsfähig, während seine Kollegin Kafa Iqbal sich selbst auspeitscht. Die beiden ermitteln mehr nebeneinander her als miteinander und manche Erkenntnis wirkt doch recht zufällig.

Leicht macht es der erste Tote den beiden aber auch nicht. Handelt es sich doch um einen Toten, den es gar nicht geben dürfte, da er bereits 20 Jahre zuvor für tot erklärt wurde. Ebenso unklar erweisen sich zunächst die Verbindungen zu weiteren Morden. Dazu kommt, dass der Geheimdienst ordentlich mitmischt – und was sein Kollege Andreas so treibt, das kommt Fredrik Beier auch ziemlich verdächtig vor.

Nach und nach kommt alles ans Licht, wobei Ingar Johnsrud dabei auch immer wieder einsprengt, was vor 20 Jahren geschehen ist. Das macht das Buch an manchen Stellen durchaus spannender, da der Leser zum Teil mehr weiß (oder wissen könnte) als die Ermittler. Der Thriller endet mit einem furiosen Finale, das mir allerdings viel zu unwahrscheinlich war.

Lesen lässt sich der Thriller recht flüssig, nur war er mir an manchen Stellen zu gewollt vulgär. Allerdings muss ich zugeben, dass diese Sprache zu den Ermittlern durchaus passt.

Fazit: „Der Bote“ ist ein Thriller, in den ziemlich viel hineingepackt ist. Die beiden Ermittler brauchen ziemlich viel Zufälle, um weiterzukommen. Vor allem durch die verschiedenen Zeitebenen hält sich die Spannung bis zum Schluss.

Veröffentlicht am 03.06.2018

Liebeserklärung an Agatha Christie

Die Morde von Pye Hall
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Ein Schriftsteller, der dem Verlag nur ein unvollendetes Manuskript seines Krimis hinterlässt. Eine Lektorin, die sich auf die Suche nach dem verlorenen letzten Kapitel des Kriminalromans macht, damit ...

Ein Schriftsteller, der dem Verlag nur ein unvollendetes Manuskript seines Krimis hinterlässt. Eine Lektorin, die sich auf die Suche nach dem verlorenen letzten Kapitel des Kriminalromans macht, damit das Buch noch rechtzeitig erscheinen kann und dabei ihr Leben aufs Spiel setzt: Das ist die Rahmenhandlung von Anthony Horowitz‘ neuem Buch „Die Morde von Pye Hall“.

Dazwischen findet sich die Binnenhandlung, das Manuskript des Kriminalromans ist – so weit es eben vorliegt – abgedruckt. Hier kann man in die Welt des Atticus Pünd eintreten, einem Detektiv alten Schlags, der die Morde von Pye Hall aufklären will.

Ein Buch im Buch präsentiert uns Anthony Horowitz also. Und, so viel sei verraten, beide Handlungen werden auf – für mich zumindest – überraschende Art und Weise miteinander verbunden.

Zunächst ein paar Worte zur Binnenhandlung, dem Atticus-Pünd-Plot: Der wohlhabende Eigentümer von Pye Hall wird ermordet, Atticus Pünd beginnt zu ermitteln. Ganz im Stil von Miss Marple und Hercule Poirot befragt er die große Zahl der Verdächtigen und zieht Schlüsse – allerdings erst am Schluss. Eifersucht, Neid, Hass, Gier – all das sind mögliche Mordmotive. Da gibt es die Ärztin, der ein tödlich wirkendes Medikament gestohlen wird, der Pfarrer, der etwas zu verbergen hat, die zurückgesetzte Schester des Ermordeten, ein zwielichtiger Antiquitätenhändler und einige mehr. Ein spannender Fall also, den es zu lösen gilt.

Dann gibt es da die Rahmenhandlung, in der sich die Verlagslektorin Susan Ryeland auf die Suche nach dem fehlenden letzten Kapitel des Kriminalromans macht. Hier möchte ich nicht zu viel verraten. Nur so viel sei gesagt: die Suche nach dem fehlenden Kapitel erweist sich als äußerst schwierig, und auch hier gibt es genug Verdächtigte, denn der Schriftsteller Alan Conway, der die Atticus-Pünd-Romane verfasst hat, war alles andere als beliebt. Exzentrisch trifft es vielleicht am besten. Allerdings muss ich sagen, dass das Buch für mich hier deutliche Längen hatte. Während der Atticus-Pünd-Plot an vielen Stellen originell war, verläuft sich die Rahmenhandlung ein wenig. Das liegt zum einen daran, dass zunächst überhaupt nicht klar ist, was geschehen ist. So dauert es eine Weile, bis sich auch hier Spannung aufbaut, weil man eine grobe Ahnung hat, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein muss. Zum anderen ist die Riege der Verdächtigen im Rahmenteil auch weniger vielschichtig. So bieten sie deutlich weniger Reibungsfläche und machen einen auch nicht wirklich neugierig.

Anthony Horowitz‘ Buch ist eine Liebeserklärung an Agatha Christi und Arthur Conan Doyle. Allein deshalb lohnt sich die Lektüre.

Veröffentlicht am 21.05.2018

Xiaolu wächst über sich hinaus

Der freie Vogel fliegt, Band 2
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„Der freie Vogel fliegt“ ist eine Comic-Reihe mit (mindestens) sechs Bänden, in der ein 16-jähriges Mädchen namens Xiaolu die Hauptrolle spielt. Mir gefällt der chinesische Comic (bzw. Manhua) sehr gut, ...

„Der freie Vogel fliegt“ ist eine Comic-Reihe mit (mindestens) sechs Bänden, in der ein 16-jähriges Mädchen namens Xiaolu die Hauptrolle spielt. Mir gefällt der chinesische Comic (bzw. Manhua) sehr gut, daher will ich nun hier auch den zweiten Band kurz besprechen.

Die Geschichte von Xiaolu geht weiter. Nachdem in Band 1 vor allem die Scheidung der Eltern und die schlechte schulische Leistung thematisiert wurden, wird Xiaolu nun langsam erwachsener.

Xiaolus Ausflüge in die Welt der Fantasie sind keine Fluchten mehr aus der Realität, zumindest nur noch selten. Es sind inzwischen daraus Verhaltens-Taktiken geworden. Die braucht sie auch, denn immer noch schwärmt sie für einen Jungen, traut sich aber nicht, ihn anzusprechen. Da braucht es schon Taktiken, um ihn ja nicht ansprechen zu müssen…

Im zweiten Band stehen die neuen Freundinnen Xiaolus im Vordergrund. Sie bringen Xiaolu immer wieder dazu, über sich hinauszuwachsen, sich anderen gegenüber zu öffnen.