So ein emotionales Buch
Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104Mich hat Susanne Abel schon mit „Stay away from Gretchen“ begeistert, aber ihr neuestes Buch hat mich noch ein klein wenig mehr gerührt. Die Geschichte startet nach dem zweiten Weltkrieg, Hardy ist etwa ...
Mich hat Susanne Abel schon mit „Stay away from Gretchen“ begeistert, aber ihr neuestes Buch hat mich noch ein klein wenig mehr gerührt. Die Geschichte startet nach dem zweiten Weltkrieg, Hardy ist etwa 3 Jahre alt und eigentlich weiß niemand so genau, ob er wirklich Hartmut heißt und es interessiert sich auch niemand wirklich dafür. Er ist völlig auf sich allein gestellt, wird im Kinderheim von allen nur „Nr. 104“ genannt wird. Mit Zucht und Ordnung wird erzogen, das kleinste Vergehen hat weitreichende Konsequenzen. Hardys einzige Stütze ist Margret, ein 6 Jahre älteres Mädchen, das ihn unter seine Fittiche nimmt. Als sie von ihrer Tante abgeholt wird, verlieren sie sich aus den Augen, finden sich jedoch mit der Zeit wieder und lassen sich nicht mehr los. In der Gegenwart sind sie Urgroßeltern und kümmern sich um ihre Urenkelin Emily, die sich einfach nur eine intakte Familie wünscht.
Die Geschichte ist nichts für schwache Gemüter. Ungeschönt erfahren wir, was Hardy und Margret in den Heimen ertragen müssen, aber auch was Margret als Mädchen nach dem zweiten Weltkrieg widerfährt und wie diese Erfahrungen beide Leben immens prägen und bis ins hohe Alter beeinflussen. Ihr Schicksal ist kaum zu ertragen und ist definitiv keine leichte Kost für Zwischendurch. Es wird emotional und tiefgründig und die Autorin bringt uns die Charaktere auf eine Weise nah, dass am Ende sogar die ein oder andere Träne vergossen wird. Die erlebten Traumata der beiden prägen nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihrer Tochter, Enkelin und Urenkelin, wie wir im zweiten Erzählstrang vor Augen geführt bekommen. Hin und wieder wurde mir das Drama in der Gegenwart zu viel, hin und wieder habe ich mir einen Ausweg gewünscht - Antworten, klärende Gespräche, irgendwas. So wirklich gab es das nicht, aber es hat auch zur Geschichte gepasst. Das Buch ist harter Tobak und wer sich bereit dafür fühlt, sollte es unbedingt lesen. Susanne Abel wühlt auf und klärt gleichzeitig auf. Eine tief bewegende Geschichte zweier Heimkinder in der Nachkriegszeit. Für mich ein Highlight. 5⭐️