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Veröffentlicht am 26.04.2019

Tolle Fortsetzung der Reihe

Weiße Fracht
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Leander Lost ist als Austauschpolizist an der Algarve. Ihn und seine Kollegen Graciana Rosado und Carlos Esteves kennt der Leser der Serie bereits aus den beiden Vorgängerbänden. Lost, der am Asperger-Syndrom ...

Leander Lost ist als Austauschpolizist an der Algarve. Ihn und seine Kollegen Graciana Rosado und Carlos Esteves kennt der Leser der Serie bereits aus den beiden Vorgängerbänden. Lost, der am Asperger-Syndrom leidet, hat sich mittlerweile gut eingelebt und Graciana und Carlos wissen um seine Stärken, aber auch seine Schwächen. Sie haben sie akzeptiert und berücksichtigen sie bei ihrer Arbeitsweise. Da Lost niemals lügt, müssen sie so manches Detail vor ihm verbergen, um sie alle nicht zu gefährden. Mit Soraia Rosado verbindet Lost etwas mehr als nur Bekanntschaft, aber die Annäherung wird durch seine Eigenheiten etwas erschwert bzw. es kommt zu Mißverständnissen. Im Moment geht es um diverse Morde, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Der eine betrifft einen deutschen Aussteiger, Uwe Ronneberg. Er wurde erschossen und aus seinem Auge ragt eine Feder. Die Falkenfeder war in Wachs getaucht und das gab es bereits schon einmal bei einem anderen Mordfall vor einigen Jahren im benachbarten Spanien. Ronneberg war der Bruder des stellvertretenden Hamburger Polizeipräsidenten. Aus diesem Grunde werden extra zwei frühere Kollegen von Lost aus Hamburg eingeflogen. Manz und Mohrmann sind eine ganz besondere Spezie und dies im negativen Sinne. Lost und die beiden kennen sich aus der Vergangenheit, aber im Gegensatz zu den portugiesischen Kollegen haben sie sich offensichtlich nie mit ihm und seiner Krankheit auseinandergesetzt und beschäftigt. Deshalb sind sie umso erstaunter über die positive Einstellung, die Graciana und Carlos in der Zusammenarbeit mit Lost an den Tag legen. Wie in den Vorgängerbänden spielt auch Losts Schützling Zara eine kleine, aber wichtige Rolle.

In einem anderen Strang erlebt der Leser einen Drogenhändler in einem spanischen Gefängnis bzw. wie er aus diesem entkommt und seine Geschäfte wieder in Freiheit fortführen kann. Und irgendwie führt bei der Klärung doch alles zusammen - die Zusammenarbeit zwischen den portugiesischen und den spanischen Kollegen, denen aus Hamburg und am Ende schweben auch noch die Familie Rosado und ihr engstes Umfeld in größter Gefahr.

Der Autor hat diese Reihe für mich erfolgreich weiter geführt und vor allem die Figur des Leander Lost weiter ausgebaut. Die Dialoge sind teilweise für den Leser unfreiwillig komisch, aber aus Sicht von Lost logisch. Es war eine Freude zu erleben, wie positiv die Kollegen mit ihm umgehen. Sie akzeptieren ihn und möchten ihn deshalb nach dem Austauschjahr nicht mehr hergeben, deshalb kämpfen sie für ihn. Der Autor hat es auch wunderbar verstanden, die hochsommerliche Hitze, die Bewohner und dadurch die Atmosphäre Fusetas für den Leser bildhaft zu beschreiben.. Der vorliegende Band las sich wieder spannend, komplex und ich fühlte mich mitgenommen, war mittendrin im Geschehen.

Ich freue mich jetzt schon auf die Fortsetzung und von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 11.04.2019

Wunder sind nichts anderes als absolute Zufälle

Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall
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Der Roman beginnt im Jahr 1969 und der Schauplatz ist ein Dorf im ländlichen Italien. Das Leben und seine Bewohner werden bildhaft geschildert und man fühlt sich in diese Zeit hineinversetzt. Protagonist ...

Der Roman beginnt im Jahr 1969 und der Schauplatz ist ein Dorf im ländlichen Italien. Das Leben und seine Bewohner werden bildhaft geschildert und man fühlt sich in diese Zeit hineinversetzt. Protagonist ist der namenlose Postbote, ein feinfühliger, poetischer Philosoph und Einzelgänger. Neben seiner Arbeit besteht sein Leben hauptsächlich aus seiner geheimen Tätigkeit am Nachmittag, nämlich die eingehenden Briefe zu öffnen, zu lesen, abzuschreiben, zu archivieren und wieder zu verschließen bzw. sogar zu versiegeln. Dies wird zu einer regelrechten Sucht. Er greift dadurch auch aktiv in das Schicksal einzelner Personen bzw. der Politik ein und lenkt es in Bahnen, die er für richtig hält. So bringt er es z.B. auch nicht fertig, daß eine Mutter die Todesnachricht ihres Sohnes erhält. Diesen Brief ändert er ab, indem er den Sohn auf eine Reise in eine abgelegene Region schickt, von welcher er nicht schreiben kann. Er betreibt diese Leidenschaft mit absoluter Akribie, so besorgt er sich auch authentisches Briefpapier aus der Schweiz und Deutschland, um seine Werke authentischer zu gestalten. Er hebt Zeitungsartikel auf, um Geschehnisse in seine Briefe einfließen zu lassen und er kann Handschriften zu imitieren.

Ein zweites Hobby von ihm ist ein Notizbuch über Zufälle, die er sogar noch in Kategorien unterteilt. Hier notiert er alles, was in seinem täglichen Leben geschieht und er für Zufall hält.


Die Idee zu diesem Roman gefiel mir zu Beginn gut, ebenso das Entschleunigen durch das Dorfleben im Jahr 1969. Aber nach ca. der Hälfte wurden es mir zu viele Geschichtchen, die aneinander gereiht wurden und es fehlte jegliche Spannung in der Erzählung. Ich wollte gar nicht wissen, was weiter passiert. Der Autor hat für mich viele Banalitäten (vor allem bei dem Notizbuch der Zufälle) aneinandergereiht und konnte mich dadurch nicht bei der Stange halten. Vielleicht hätte eine Kürzung auf nur 240 Seiten gut getan. Trotz begeisterter Stimmen aus Italien gibt es von mir für dieses Buch leider keine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 09.04.2019

Ein verschlafener Ort und sein Theaterfestival

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Handlungsort ist vor allem Orphea, ein kleines Städtchen an der Atlantikküste der USA und das dort stattfindende Theaterfestival.

1994 als fast alle Bewohner und Gäste des Festivals zum Aufführungsort ...

Handlungsort ist vor allem Orphea, ein kleines Städtchen an der Atlantikküste der USA und das dort stattfindende Theaterfestival.

1994 als fast alle Bewohner und Gäste des Festivals zum Aufführungsort strömen, erschüttert und lähmt ein Vierfachmord den Ort. Meghan Padalin, die jeden Tag ihre Joggingrunden dreht, wurde vor dem Haus des damaligen Bürgermeisters erschossen. Im Haus selbst wurde der Bürgermeister, seine Frau und der Sohn niedergestreckt. Die Ermittlungen wurden durch zwei junge Polizeibeamte geführt, die sehr schnell den Täter ermittelten. 2014 hat Stephanie Mailer, eine junge Journalistin, neue Nachforschungen angestellt. War Ted Tennenbaum tatsächlich als Täter? Da er sich mittlerweile erhängt hat, kann er keine Antworten geben. Aber jetzt ist Stephanie Mailer verschwunden. Was hat sie bei ihren Nachforschungen erfahren, ist das der Grund für ihr Verschwinden?


Der Autor hat mich bereits mit seinen zwei Romanen „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ und „Die Geschichte der Baltimores“ begeistert und das kann ich auch von diesem behaupten.

Er dröselt den alten Fall und auch die Gegenwart akribisch auf und tatsächlich möchte ich von den 660 Seiten keine einzige entbehren. Als Leser ist man gefordert, aufmerksam bei der Sache zu bleiben, denn Dicker führt sehr viele Figuren ein, beschreibt sie samt ihrer Geheimnisse und Charaktereigenschaften ausführlich und bildhaft. Ein Personenregister ist am Ende des Buches zu finden. Dicker läßt vor allem die beiden Beamten Derek Scott die Sicht von 1994 erzählen und Jesse Rosenberg die von 2014. Nebenbei erfährt man auch ihr privates Drama, das mit den damaligen Ermittlungen im Zusammenhang steht. Außerdem kommt der damalige Polizeichef Kirk Harvey und die neu zugezogene Beamtin Anna Kanner zu Wort und sie unterstützen Derek und Jesse tatkräftig.

Dieser komplexe Kriminalfall wurde spannend und natürlich sehr ausführlich beschrieben. Als Leser wurde man mitgenommen auf falsche Fährten, man konnte die neu gewonnenen Erkenntnisse gut nachvollziehen, einordnen und vor allem eigene Überlegungen anstellen. Ich möchte keine einzige Seite des Buches missen. Es ließ sich flüssig lesen und man kann richtig abtauchen in die Geschichte. Meine Lieblingsfigur war unbestritten Anna Kanner, die zweite stellvertretende Leiterin der Polizei von Orphea. Sie ist nach ihrem Eheende in New York mit dieser neu geschaffenen Position in den „verschlafenen“ Ort gelockt worden. Anfangs muß sie sich als einzige weibliche Beamtin gegen alle Widerstände der männlichen Kollegen durchsetzen und sie schafft das erfolgreich. Privat muß sie sich gegenüber ihren Eltern behaupten, die sie gerne wieder an der Seite des Ex-Ehemanns sehen würden und auch in einem hübschen Häuschen in ihrer Nachbarschaft. Aber sie schafft es, ihren eigenen Kopf durchzusetzen, akzeptiert zu werden und ist dabei äußerst clever.

Von mir eine eindeutige Leseempfehlung für diesen opulenten Roman!

Veröffentlicht am 05.04.2019

"Sie war nicht deine Mutter. Und du verdienst es nicht zu leben!

Tote Asche
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Kira Roth findet beim Nachhausekommen auf ihrem Küchentisch die Urne ihrer Mutter und daneben einen Zettel mit dem Hinweis „Sie war nicht deine Mutter. Und du verdienst es nicht zu leben!“ Kiras Mutter ...

Kira Roth findet beim Nachhausekommen auf ihrem Küchentisch die Urne ihrer Mutter und daneben einen Zettel mit dem Hinweis „Sie war nicht deine Mutter. Und du verdienst es nicht zu leben!“ Kiras Mutter ist nach schwerer Krankheit schlussendlich an einem Schlaganfall gestorben. Seltsam ist, daß das Wohnungsschloß vor Kurzem ausgewechselt wurde, es keine Einbruchsspuren gibt und nur ihr Bruder Ben noch einen Schlüssel besitzt. Kira lässt es keine Ruhe und sie fährt sofort zum Grab ihrer Mutter und es ist unberührt. Dafür ist in der Nähe ein Grab ausgehoben und an dem Kreuz ist ein roter Luftballon befestigt und ihr Name mit einem Todesdatum in 5 Tagen angebracht. Ganz nach Stephen King und Kira fühlt sich obendrein beobachtet. Kira zeigt es bei der Polizei an, jedoch sind beim Eintreffen der Beamten alle Hinweise beseitigt und der Albtraum ist zurück. Kira wurde seit ihrer Kindheit von Schuldgefühlen gepeinigt, weil ihr Vater wegen ihr beim Schlittschuhlaufen in einen See eingebrochen und verstorben ist. Jetzt beginnt es auch für den Leser spannend zu werden und das Tempo zieht an, denn die Tage werden heruntergezählt. Jeden Tag gibt es für Kira eine neue Bedrohung und man begleitet sie bei der Suche nach des Rätsels Lösung. So fährt sie z. B. nach 20 Jahren wieder zu ihrer Großmutter, die mittlerweile in einem Pflegeheim lebt, um mehr über ihre Kindheit zu erfahren. Und ganz nebenbei erfährt sie, daß es einen Onkel gibt und mit ihm hatte die Mutter Streit wegen der Pflegekosten. An Kiras Seite sind immer wieder Jonas, der in Kira verliebt ist und Manuel, der frühere Pfleger ihrer Mutter. Die beiden unterstützen sie wo es nur geht. Doch schaffen sie es, den Täter vor dem Todesdatum zu finden und was steckt hinter diesem kryptischen Satz?


Ich habe bereits einen Thriller der Autorin gelesen, der mir gut gefallen hat. Auch dieses Buch liest sich spannend, perfide und wegen des Zeitdrucks rasant. Als Leser kann man mitfiebern und vor allem mitzittern, ob alles noch gut ausgehen wird. Kira als Protagonistin mit ihrer Verzweiflung wurde sehr gut charakterisiert und auch die anderen Figuren wurden bildhaft beschrieben, so daß man sich mitten in der Geschichte befand. Teilweise war es vielleicht etwas konstruiert, aber ich fühlte mich gut unterhalten und die Auflösung war für mich überraschend.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung für diesen Thriller!

Veröffentlicht am 05.04.2019

Der goldene Käfig

Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem. (Golden Cage 1)
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Die Protagonistin Faye lebt mit ihrem Traummann Jack und ihrer Tochter Julienne in einem goldenen Käfig. Mit ihm zusammen hat sie ein florierendes Unternehmen aufgebaut und sie besitzen eine Luxus-Wohnung ...

Die Protagonistin Faye lebt mit ihrem Traummann Jack und ihrer Tochter Julienne in einem goldenen Käfig. Mit ihm zusammen hat sie ein florierendes Unternehmen aufgebaut und sie besitzen eine Luxus-Wohnung in Stockholm. Eines Tages kommen Vater und Tochter von einem Ausflug nicht gemeinsam zurück. Man entdeckt Blutspuren der Tochter im Apartment und daraufhin wird Jack festgenommen. Und nun nimmt die Autorin die Vergangenheit von Faye und ihre Ehe unter die Lupe. Dazu geht sie zurück in den Sommer 2001 als die damals junge Matilda ihren Abschied von Fjällbacka genommen hat und nach einer Eingewöhnungsphase als Faye in Stockholm neu durchstartet. Man kann ahnen, daß hier einiges passiert sein muß, um mit seiner Vergangenheit derart konsequent abzuschließen. Ihre Ehe scheint nach außen glücklich zu sein, doch der Schein trügt. Es kriselt, aber auch bei den anderen eitlen Müttern und ihren überaus erfolgreichen Partnern steht es nicht immer zum Besten. Nur wer verlässt freiwillig seinen goldenen Käfig? Nachdem Faye ihren Ehemann in flagranti erwischt hat und er eine Versöhnung kategorisch ausschlägt, wandelte sich Fayes Liebe in Hass. Und hier beginnt der zweite Teil und die Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit, die Rückbesinnung auf ihre Stärken, ihre Rachegelüste und das alles bis zu einem teilweise abzusehenden, teils überraschenden Ende.

Die Autorin hat nach der Krimireihe um Erika Falck ein neues Genre für sich entdeckt. Wie gewohnt schreibt sie flüssig, spannend und fesselnd. Die Hauptfiguren wurden sehr gut ausgearbeitet und man konnte die Handlungen nachvollziehen. Die Geheimnisse, die peu a peu ans Tageslicht kamen, konnten nicht erahnt werden. Faye war stets darum bemüht, ja erniedrigt sich sogar, ihrem Ehemann zu gefallen, aber ihre Entwicklung und ihr Kampf hin zur Rachegöttin waren sehr gut geschildert, wenngleich man natürlich nicht alles gut und richtig finden konnte. Auch die Charakterisierung von Jack samt all seiner Facetten war gut ausgearbeitet. Die beschriebenen Sexszenen hätten jedoch für meinen Geschmack nicht alle Details enthalten müssen.

Von mir gibt es für diesen Thriller eine Leseempfehlung und ich bin gespannt auf was sich ihre Leser als nächstes freuen können.