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Veröffentlicht am 08.04.2018

Die „Frau im Schatten“

Das geheime Lächeln
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... war Sophie Langenberg anscheinend ihr ganzes Leben lang und genau so ist sie auch auf dem Gemälde abgebildet, dass ihre Enkelin Emilia zufällig in einem Auktionskatalog entdeckt. Zuerst stand Sophie ...

... war Sophie Langenberg anscheinend ihr ganzes Leben lang und genau so ist sie auch auf dem Gemälde abgebildet, dass ihre Enkelin Emilia zufällig in einem Auktionskatalog entdeckt. Zuerst stand Sophie im Schatten ihrer toten Mutter, dann in dem ihres reichen Vaters. In Paris, wohin sie in den 30er Jahren flüchtet, stand sie bald in dem des Malers Paul-Raymond Fugin (von dem das Gemälde stammt) und deren Partnerin Cloé – trotzdem lies sie sich auf eine Ménage à trois mit ihnen ein. „Unter dreien ist immer einer der Dritte. Und die anderen beiden sind zu zweit.“ (S. 185). 1939 verstarb Sophie bei der Geburt ihrer Tochter Pauline (Emilias Mutter). Diese wuchs daraufhin bei Verwandten in Baden-Baden auf.

Emilia kennt ihre Großmutter nicht. Aber nun ist da dieses Gemälde und zieht sie in ihren Bann, denn sie sieht Sophie so unglaublich ähnlich. Emilia kann nicht wiederstehen und liefert sich eine wahre Bieterschlacht mit einem älteren, distinguierten Herren. Erst als er ihr Gesicht sieht, lässt er sie gewinnen – warum?

Emilia ist in der Mitte ihres Lebens angekommen. Ihre Söhne sind erwachsen und erst vor kurzem ist eine Affäre ihres Mannes aufgeflogen. Sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll, fühlt sich entwurzelt und sprachlos. Ihre Mutter Pauline kann ihr in dieser schwierigen Situation nicht helfen, sie ist psychisch krank und weiß kaum, welches Jahr gerade ist.
Das Gemälde und die Suche nach dessen Geschichte sind eine willkommene Ablenkung, auch wenn Emilias Mann das anders sieht. Und dann ist da noch das Haus im Lubéron, welches Pauline erst vor kurzem von Sophie geerbt hat – warum erst so spät nach deren Tod? Kurzentschlossen reist Emilia das 500-Selen-Dorf und hofft, dort mehr über Sophie zu erfahren. „Es ist nichts Verwerfliches dran, nach seinen Wurzeln zu fahnden.“ (S. 107)

Rückblickend tauchen wir mit Sophie ins Paris der 30er Jahre ein. Sie ist erst 18 und fühlt sie sich endlich frei und lebendig. Sophie arbeitet als Gesellschafterin einer älteren Dame, in ihrer Freizeit fotografiert sie. Ihr Vorbild ist Picassos Geliebte Dora Maar. Eines Tages spricht der Maler Fugin sie im berühmten Café de Flore an, ihre Schwarzweißfotografien gefallen ihm sehr. Erst wird sie sein Modell, später seine Geliebte. Doch da ist auch noch Cloé: „Die Tragik steckt nicht im Detail, sondern im Gesamten.“ (S. 202)

Bettina Storks hatte mich mit der Geschichte der drei Frauen sofort gefesselt. Ich habe die knapp 500 Seiten an nur 2 Abenden förmlich inhaliert. Die sehr komplexen Protagonisten und verwobenen Handlungsstränge lassen es eigentlich kaum zu, dass man das Buch überhaupt aus der Hand legen möchte.
Dazu kommt das wunderbare Setting. Ich liebe Paris, kenne das Marais, das Quartier Latin, den Place des Vosges und all die anderen Plätze, die Sophie bzw. Emilia besuchen. Zudem kann mich nach diesem Buch auch der von der Autorin beschriebene Mistral kaum davon abhalten, unbedingt mal ins Lubéron reisen zu wollen. Am bewegendsten aber waren für mich die Szenen in Dieulefit. Diese Stadt hatte seinen ganz eigenen Weg, den Nazis zu trotzen und bringt auch bei Emilias Nachforschungen eine entscheidende Wende. „Die Wahrheit bahnt sich ihren Weg.“ (S. 305)

Emilias Suche ist extrem spannen, fast schon ein Krimi, und ändert am Ende nicht nur ihr eigenes Leben. „Da, wo wir auf Widerstand stoßen, ist meistens der richtige Weg.“ (S. 205)

Veröffentlicht am 05.04.2018

Warum musste Sisi sterben?

Sisis letzte Reise
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Wer kennt die Sisi-Filme nicht?! In ihnen ist die Kaiserin jung, in ihren Franz verliebt und ficht so manchen Kampf mit ihrer herrischen Schwiegermutter aus. Aber wie war Sisis Leben wirklich und vor allem, ...

Wer kennt die Sisi-Filme nicht?! In ihnen ist die Kaiserin jung, in ihren Franz verliebt und ficht so manchen Kampf mit ihrer herrischen Schwiegermutter aus. Aber wie war Sisis Leben wirklich und vor allem, wie ging es zu Ende? Ich muss gestehen, dass ich darüber bisher so gut wie gar nichts wusste.

Uwe Klausner hat diese Wissenslücke mit seinem historischen Krimi nun beseitigt. Aus der Sicht verschiedener realer und fiktiver Persönlichkeiten beleuchtet er „Sisis letzte Reise“ und geht dabei auch auf die verschiedenen Verschwörungstheorien rund um ihren Tod ein. Ach ja, falls ihr es auch noch nicht wusstet, Sisi wurde in Genf von dem italienischen Hilfsarbeiter Luigi Lucheni erstochen, welcher damit ein Zeichen gegen die Adeligen setzen wollte und sich Jahre später in seiner Zelle erhängte (sein Selbstmord ist auch umstritten).

Der Autor lässt u.a. Luigi Lucheni, den Attentäter, mit seinem Gnadengesuch zu Wort kommen und Sisis ehemalige Hofdame, die in Briefen von Sisis letzten Stunden berichten. Aber auch einen Fotografen (Cesare Monteverdi), der sie ablichten soll und dessen Freund (Auguste Beaulieu) – einen Lebemann, Pianisten und Privatdetektiv – der zufällig vor Ort ist.
Er zeichnet das Bild einer sehr umstrittenen Persönlichkeit. Angeblich sah Sisi ihren Tod voraus „Elisabeth ... war eine Frau, die des Lebens überdrüssig geworden war. Eine Frau, die den Tod förmlich herbeisehnte.“ (S. 128). Sie litt an Depressionen (wegen dem frühen Tod von zweien ihrer Kinder), Rheuma, Hungerödemen und spritze sich Kokain. Sisi hielt nichts von der Ehe im Allgemeinen und ihrer mit Franz im Besonderen: „Die Ehe ist eine widersinnige Einrichtung. Als fünfzehnjähriges Kind wird man verkauft und tut einen Schwur, den man nicht versteht und dann 30 Jahre oder länger bereut und nicht mehr lösen kann.“ (S. 33), darum war sie fast das ganze Jahr auf Reisen.

Eigentlich ist die Kaiserin am 10.09.1898 inkognito in Genf, aber natürlich ist ihr Besuch an die Presse durchgesickert.
Cesare wird von seinem Chef damit beauftragt, ein Foto von ihr zu schießen und drückt ausgerechnet in dem Moment auf den Auslöser, als Lucheni zusticht. Als er die Fotos später entwickelt, entdeckt er etwas Ungeheuerliches.
Auch sein Freund Auguste ist vor Ort und beobachtet die Tat. Er verfolgt Lucheni, der nicht mal wegrennt, und kann ihn mühelos festhalten, bis die Polizei kommt – Lucheni wehrt sich nicht. Das alles zusammengenommen kommt den beiden Freunden sehr mysteriös vor und sie ermitteln auf eigene Faust – und bringen sich dabei in ernsthafte Gefahr!

Trotz des der Handlung angepassten altmodischen, manchmal etwas sperrigen Stils lässt sich das Buch erstaunlich flüssig lesen. Durch die verschieden sich abwechselnden Perspektiven auf das Geschehen ist die Handlung sehr kurzweilig und spannend. Uwe Klausners Interpretation der Hintergründe und Hintermänner der Tat haben mich fasziniert.

Ergänzt wird das Buch durch eine Tatortskizze und das historische / fiktionale Personenregister.

Veröffentlicht am 03.04.2018

Mord verjährt nicht

Mord auf der Hallig
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Bei einer Veranstaltung zur Rettung der Warften (Siedlungshügel auf den Halligen) auf Langeneß kommt es zum Eklat. Die Bewohner der Halligen wollen die Sanierung nicht. Projektleiterin Britta wird angefeindet ...

Bei einer Veranstaltung zur Rettung der Warften (Siedlungshügel auf den Halligen) auf Langeneß kommt es zum Eklat. Die Bewohner der Halligen wollen die Sanierung nicht. Projektleiterin Britta wird angefeindet und Beeke, die Gründerin des Forschungsinstitutes „Nordfriesische Halligen“, springt ihr bei.
In der Nacht tobt ein Sturm über der Insel, es kommt zu Überschwemmungen. Am nächsten Morgen wird Beeke tot aufgefunden und von Britta fehlt jede Spur ...

Eigentlich haben Kuno Knudsen und Arno Zander Urlaub und wollen ein ruhiges langes Wochenende auf der Langeneß verbringen. Doch schon auf der Hinfahrt erfahren sie, dass die Sturmflut der vorangegangenen Nacht ein Todesopfer gefordert hat und eine zweite Frau vermisst wird. Da sie sowieso auf der Hallig sind, sollen sie in dem Fall ermitteln.
Knudsen hat keine guten Erinnerungen an Langeneß. Vor sieben Jahren verschwand die junge Dänin Asta spurlos von hier und er konnte den Fall nie lösen. Dieser Cold Case nagt immer noch an ihm und nun scheint es auch noch Verbindungen zum aktuellen Fall zu geben.

Ulrike Busch greift im vierten Fall der Kripo Wattenmeer ein hochaktuelles Thema auf. Durch den Klimawandel und ansteigenden Meeresspiegel sind die Halligen in der Nordsee in Gefahr.

Neben dem eingespielten Team Knudsen und Zander ist natürlich auch der Inselreporter Friedrich Fliegenfischer wieder mit von der Partie und irgendwie wird er mir von Fall zu Fall sympathischer. So langsam scheint er die Ermittler ernst zu nehmen und mit ihnen zusammenarbeiten zu wollen. Vor allem, wenn dabei ein gutes Essen und ausreichend Bier rausspringt. Ja, so ganz kann er eben doch nicht aus seiner Haut.
Die Untersuchung wird den Ermittlern nicht leicht gemacht, da die Inselbewohner – wenn man es nett ausdrücken will – sehr wortkarg sind (oder eben maulfaul ). Gleich mehrere Verdächtige geraten in ihr Visier. Da wäre zu einem Paul, der Ehemann der Vermissten. Er scheint sich hauptsächlich für die Lebensversicherung seiner Frau zu interessieren und nicht für deren Verbleib. Aber auch ihre Schwester Tilda hätte ein Motiv – schließlich will Britta im Rahmen des Warftensanierungsprojektes auch das gemeinsam geerbte Elternhaus abreisen lassen. „Wenn Du unser Elternhaus endlich abgerissen und einen modernen Glaskasten hingesetzt hast, können die Wellen ruhig über unser Dach schwappen. Wir leben dann wie im Aquarium.“ (S. 15)
Und dann ist da noch Tjark Hanning, der damals mit Asta zusammen war und jetzt angeblich was mit Beeke hatte ...

„Mord auf der Hallig“ bleibt bis zum Schluss spannend und verwirrt den Leser mit immer neuen Verdächtigen und Motiven. Auch das Flair auf den Halligen wird sehr gut beschrieben – einen Sturm möchte ich da auf jeden Fall nicht erleben!

Veröffentlicht am 27.03.2018

Was wäre wenn?

Mitte 40, fertig, los
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- Du mit Mitte 40 feststellst, dass Dich Dein Mann betrügt?
- Er seine Firma gegen die Wand gefahren und auch privat Pleite gemacht und Dich da mit reingezogen hat?
- Du irgendwie neu anfangen musst?
- Du ...

- Du mit Mitte 40 feststellst, dass Dich Dein Mann betrügt?
- Er seine Firma gegen die Wand gefahren und auch privat Pleite gemacht und Dich da mit reingezogen hat?
- Du irgendwie neu anfangen musst?
- Du keine andere Wahl hast, als zurück zu Deiner frischverwitweten Mutter in die Kleinstadt zu ziehen?

Ein Albtraum, oder? Und genau den erlebt Rike in „Mitte 40, fertig, los“. Ihr bleibt wirklich nichts erspart. Mann weg, Sohn weg (er lebt mit 16 natürlich lieber beim Papa), Haus weg. Einen Job hat sie auch nicht – sie war ja Hausfrau. Also zurück nach Meppelstedt ins Haus der Eltern. Dort hat sich nichts verändert. Es gibt immer noch die gleichen Läden, beim Fleischer eine Scheibe Fleischwurst auf die Hand, nur eine ordentliche Kneipe und nirgend wo WLAN. Selbst die alten Freunde sind noch fast alle da. Die Krönung aber ist Schmiddi, der Sohn der Nachbarn. Er wohnt mit Mitte 40 immer noch bei seinen Eltern, obwohl er inzwischen Anwalt ist! Wenigsten ist auch ihre ehemals beste Freundin Mona gerade im Land.

Ich habe in letzter Zeit selten so gelacht wie bei diesem Buch. Sehr gekonnt und amüsant nimmt Franka Bloom das Kleinstadtleben aufs Korn.
Die Nachbarn und Freundinnen ihrer Mutter beobachten Rike und kommentieren jeden ihrer Schritte, Mutti behandelt sie wie eine Vierjährige (z.B. indem sie ihr die Schnittchen in mundgerechte Stücke schneidet oder einen Kakao gegen Kummer kocht) und auch sonst mischt sich im Ort jeder in sämtliche Angelegenheiten ein. Dabei will Rike doch nur in Ruhe ihre Wunden lecken und einen Plan fassen, wie es nun weitergeht. Denn bisher hat sie ihre Trennung und den Verlust des Hauses geheim halten können ..
Doch schnell merkt sie, dass sie nicht die Einzige ist, die ihre Probleme verheimlicht. Und obwohl sie eigentlich ganz schnell zurück in die Stadt wollte, steckt sie bald wieder mitten drin im Kleinstadtleben.

„Mitte 40, fertig, los“ ist ein typischer Unterhaltungsroman, den ich mir sehr gut verfilmt vorstellen könnte. Dass die Autorin auch Drehbücher schreibt, merkt man ihm an. Ernste Themen und Amüsantes wechseln sich gekonnt ab und es wird nie langweilig. Sehr einfühlsam werden auch Themen wie der Verlust der Eltern oder Partner, Trauerbewältigung, Burnout oder Nervenzusammenbruch behandelt.

Rike ist mitten aus dem Leben gegriffen. Ein bisschen hat sie mich an Bridget Jones erinnert – kein Fettnäpfchen ist ihr zu tief und es quälen sie die gleichen Figurprobleme. Genial fand ich, wie sich ihre Mutter nach dem Tod des Vaters verhält – Ihr Leben ist nämlich noch nicht vorbei! – und Rike damit klarkommen muss. Auch ihr bester Freund Schmiddi hat mir gut gefallen. Seine Entwicklung hat nicht nur sie überrascht.

Leider waren mir die Handlung und vor allem das Ende etwas zu vorhersehbar und klischeehaft waren, darum gibt es „nur“ 4,5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 26.03.2018

Wie gut kennst Du Deinen besten Freund?

Kalter Sand
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Kunsthistoriker Richard Gruben hat seit Jahren nur noch losen Kontakt zu seinem Freund Philip Stöbesand. Philipp ist eigentlich ein erfolgreicher Portraitfotograf, aber auch Alkoholiker. Jetzt hat er einen ...

Kunsthistoriker Richard Gruben hat seit Jahren nur noch losen Kontakt zu seinem Freund Philip Stöbesand. Philipp ist eigentlich ein erfolgreicher Portraitfotograf, aber auch Alkoholiker. Jetzt hat er einen Bildband über das Fischland-Darß herausgebracht denn: „Das Geschäft mit der See läuft immer.“ (S. 13) Außerdem lädt er zur Vernissage nach Gellerhagen an die Ostsee ein.
Richard hat ein ungutes Gefühl: „Hoffentlich war diese Reise an die Ostsee nicht wieder eine seiner Entscheidungen, die er hinterher bereuen würde.“ (S. 14) und er behält Recht. Auf der Vernissage kommt es zum Eklat. Andreas Schoknecht beschuldigt Philipp, vor Jahren seine Tochter Annika umgebracht zu haben. Und Schoknecht steht nicht allein da. Auch Jette Herbusch, die sich an die Ostsee zurückgezogen hat, um ihren Roman zu schreiben, scheint etwas gegen Philipp zu haben. Warum interessiert sie sich für Annikas Tod?!

Richard würde gern Philipps Unschuld beweisen, doch der schweigt und trinkt. Also hört sich Richard im Ort um. „Ich möchte nur verstehen, was passiert ist. Ich möchte Philipp verstehen.“ (S. 61)
Lichtkegel schwirren über die Straße, wie die Lichtblicke im Buch. Man konnte Philipp die Tat damals nicht nachweisen, darauf berufen sich Richard und Philipps Freundin Isa immer wieder, außerdem hatte er ein Alibi für die Tatzeit – von Isa. Aber einige Fakten sprechen eben auch gegen ihn. Richard stößt auf menschliche Abgründe. Wie gut kann man einen anderen Menschen eigentlich wirklich kennen?! Warum wird ein Mensch zum Täter und warum deckt ihn ein anderer evtl. über Jahre?

Schon mit „Stumme Wasser“ und „Küstenbrut“ hat Anja Behn bewiesen, das sie extrem spannende Krimis schreiben kann und“ Kalter Sand“ steht dem in nichts nach. Die Handlung ist sehr komplex und zum Teil verstörend. Viele Hinweise werden nahezu beiläufig eingestreut, um den Leser zu verwirren und ans Buch zu fesseln. Die Stimmung ist düster und atmosphärisch – wie der November an der See.