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Veröffentlicht am 02.02.2024

Eine Welt ohne Farben

Ella Freundlich und die Farben des Glücks
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„In einer Welt, in der du alles sein kannst, sei freundlich!“ (S. 39)
Ella wächst in einer Welt ohne Farben auf, alles ist schwarz, weiß oder grau. Und genauso sind auch die Menschen um sie herum, farblos ...

„In einer Welt, in der du alles sein kannst, sei freundlich!“ (S. 39)
Ella wächst in einer Welt ohne Farben auf, alles ist schwarz, weiß oder grau. Und genauso sind auch die Menschen um sie herum, farblos und unfreundlich. Man ist nicht „nett“ zueinander oder sagt „Danke“ – die Wörter gibt es gar nicht, und auch die Bedeutung von „freundlich“ kennt niemand.
Eines Tages findet sie unter einer losen Diele in ihrem Zimmer einen Brief ihrer Vorfahrin Merlinde. Die schreibt, dass ihre Welt mal bunt war, aber die Farben immer mehr verschwinden – und sie verrät, wie die Finderin die Farben zurückholen kann.

„Ella Freundlich und die Farben des Glücks“ ist ein zauberhaftes Kinderbuch für Jungen und Mädchen ab 8 Jahren, dass sich sowohl zum Vor- als auch Selberlesen eignet. Das Mutter-Tochter-Gespann Christin-Marie Below und Anne Barns erzählt sehr einfühlsam, wie schon kleinste Freundlichkeiten und Hilfsbereitschaft, ein Lächeln, ein schönes Kompliment oder ein ehrliches Danke nicht nur die Welt unseres Gegenübers, sondern auch unsere eigene freundlicher, fröhlicher und damit auch bunter machen.

Unterstützt wird die Geschichte durch wundervolle Illustrationen von Leonie Daub, die erst grau sind, in die sich dann aber wie in Ellas Leben immer mehr Farbe einschleicht. Erst ist es nur ein Blatt – bald die ganze Welt.

Die Autorinnen haben es ganz wunderbar geschafft, ein wichtiges Gesellschaftsthema kindgerecht zu besprechen. Das Buch ist eine absolute Herzensempfehlung.

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Veröffentlicht am 24.01.2024

Zwei Krimis in einem

Das Mörderarchiv
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„Ich weiß schon lange, dass mein Leben durch einen Mord enden wird, und deshalb hinterlasse ich meinen Besitz – und zwar in Gesamtheit – der Person, die erfolgreich eben diesen Mord an mir aufklärt.“ (S. ...

„Ich weiß schon lange, dass mein Leben durch einen Mord enden wird, und deshalb hinterlasse ich meinen Besitz – und zwar in Gesamtheit – der Person, die erfolgreich eben diesen Mord an mir aufklärt.“ (S. 143) Annie hat ihre Großtante Frances nie kennengelernt und ist verwundert, als die sie einlädt, um ihr ihr Testament zu erklären. Aber als Annie auf Gravesdown Hall ankommt, ist Frances tot und Annie nicht automatisch die Erbin. Auch Frances Stiefneffe und die Polizei haben eine Chance. Wer ihren Tod innerhalb einer Woche aufklärt, bekommt alles. Ein gefährlicher Wettlauf gegen die Zeit und Konkurrenz beginnt, denn der Mörder scheint es nicht bei dem einen Todesfall belassen zu wollen. Zum Glück steht allen Suchenden ein umfassendes Archiv zu Verfügung, denn: „Frances hat 60 Jahre damit zugebracht, alles für diesen Moment vorzubereiten.“ (S. 136)

„Das Mörderarchiv“ ist ein klassischer Whodunit-Kirmi mit einem ungewöhnlichen Start. Weil Frances mit 17 auf einem Jahrmarkt vorhergesagt wurde, dass (und in kryptischen Hinweisen auch von wem) sie ermordet werden wird, sammelt sie ihr ganzes Leben lang Hinweise und Motive, die ihren Mörder überführen könnten.
Annie, die sich gerade als Krimiautorin etablieren will, stützt sich bei ihren Nachforschungen vor allem auf Frances Tagebuch von vor über 60 Jahren, das mit dem Verschwinden von deren Freundinnen Emily beginnt. Obwohl Emily nie gefunden wurde, war Frances bis zuletzt überzeugt, dass sie ermordet wurde, und hatte die Suche nach ihr und dem Täter nie aufgegeben.

Die Autorin Kirsten Perrin hat ein sehr interessantes Personenensemble geschaffen, in dem jeder an mindestens einer Stelle als Mörder in Frage kommt. Da ist zum einen der Stiefneffe, der schon als Kind merkwürdig war und anderen gerne hinterherspioniert hat – und überzeugt war, dass er der Erbe ist. Aber auch der Testamentsvollstrecker / Anwalt scheint eigene Interessen zu vertreten, um nur einige Beteiligte zu nennen. Und immer wieder tauchen Hinweise auf die Vergangenheit und Emilys Verschwinden auf – gibt es am Ende sogar zwei Fälle zu lösen?

Obwohl Annie Frances nicht kannte, fühlt sie sich ihr durch die Suche sehr nah. Sie interessiert sich nicht nur für den Mord, sondern auch für das Leben ihrer Großtante, die als verrückt und nervig galt und relativ isoliert auf dem alten Herrensitz gelebt, ihre Nachbarn aber trotzdem nachhaltig geprägt hat. „Jeder meidet Frances. Sie ist verrückt. Und zwar so sehr, dass sie es in der Gegend zu einiger Berühmtheit gebracht hat – die sonderbare alte Dame mit einem gewaltigen Landsitz und säckeweise Geld, die jeden gnadenlos durchleuchtet für den Fall, dass er oder sie eventuell ihr Mörder ist.“ (S. 23)

Mir hat das Lesen und Miträtseln viel Spaß gemacht, weil es durch die verschiedenen Zeitebenen und gefühlt immer mehr werdenden Verdächtigen bis zum Ende sehr spannend blieb.

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Veröffentlicht am 23.01.2024

Lebensentscheidungen

Glückstöchter - Einfach lieben
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1911: Nach dem Tod ihres Vaters und einem längeren Aufenthalt auf dem Monte Veritá zieht sich Baroness Anna von Quast auf die Tonkaalm zurück, die 12 Jahre unbewohnt war. Eigentlich hatte sie gehofft, ...

1911: Nach dem Tod ihres Vaters und einem längeren Aufenthalt auf dem Monte Veritá zieht sich Baroness Anna von Quast auf die Tonkaalm zurück, die 12 Jahre unbewohnt war. Eigentlich hatte sie gehofft, dass ihr Tessiner Lebensgefährte Benni sie begleitet, aber der wollte seine Heimat und Familie letztendlich dann doch nicht verlassen. Anna macht die Alm mithilfe ihrer Nachbarn wieder bewohnbar und trotzt dem Berg einen Nutzgarten ab, von dem sie fast komplett autark leben kann. Außerdem richtet sie sich eine kleine Töpferei ein, um einen Nebenverdienst zu haben. Bald stellt sie fest, dass sie sich selbst genug ist, dass es schön ist, auf niemand anderen Rücksicht nehmen zu müssen und sich das Leben frei einteilen zu können.

1977: Evas WG verdient inzwischen gut an den Bio-Müslis, die sie selbst herstellen und auf dem Wochenmarkt verkaufen. Als sie einen leerstehenden Laden entdeckt, wird die Idee eines eigenen Geschäfts geboren, in dem sie auch Naturkosmetik und regionale Bio-Lebensmittel verkaufen wollen.
Eva hatte erst vor kurzem erfahren, dass sie adoptiert wurde. Dadurch fühlet sie sich entwurzelt, wollte sich auch in Beziehungen nicht festlegen. Aber nachdem ihre beste Freundin nach Indien gegangen war, ist sie mit ihrem Mitbewohner Milo zusammen. Jetzt hat ihre Zieh-Oma einen neuen Hinweis auf Evas Vergangenheit gefunden – bringt der sie bei der Suche nach ihrer leiblichen Mutter weiter?

„Glückstöchter – Einfach lieben“ ist leider schon der Abschluss der Reihe. Stephanie Schuster erzählt parallel die Vorgeschichte zu Annas Leben auf der Alm und wie es bei Eva weitergeht.

Anna hat schwer am Verlust ihres Vaters und der Ungerechtigkeit seiner zweiten Frau zu tragen. Zum Glück hat ihr Vater, ein bekannter Naturforscher, sie gut ausgebildet und stets alle ihre Interessen gefördert.
Die Häuschen auf der Alm ist in einem extrem schlechten Zustand und der von ihrer Mutter angelegte Garten völlig verwildert. Anna muss über ihre körperlichen und mentalen Kräfte hinausgehen, um dort oben zurechtzukommen, doch das schwere, einfache, auf sich gestellte Leben macht sie auch sehr glücklich.

Eva hat „die Nase“, kann unzählige Gerüche unterscheiden, studiert Pharmazie und arbeitet nebenher in einer Apotheke, interessiert sich für Naturkosmetik und gesunde Ernährung. Bei Milo scheint sie jetzt endlich angekommen zu sein, auch wenn sie ihre Freundin in Indien schrecklich vermisst und die Suche nach ihrer richtigen Mutter weiter vorantreibt.

Schon der erste Band hatte mir gut gefallen, aber mit der Fortsetzung konnte mich Stephanie Schuster noch mehr fesseln – ich habe die 640 Seiten komplett am Stück gelesen. Ihre Protagonistinnen sind bewundernswert starke, selbstbewusste und selbstbestimmte Frauen, die ihren Weg und ihre Stimme gefunden haben.
Sie beschreibt Annas harte Leben, die vielfältige Natur und die Umstände, unter denen sie allein hoch oben in den Bergen lebt, sehr mitreißend.
Auch Evas Lebensumstände und die Suche nach ihrer Herkunft sind sehr spannend, denn sie muss einige Entscheidungen treffen, die sie zum Teil selber überraschen.

Mein Fazit: Ein toller zweiter Band, schade, dass es keinen weiteren über Evas Mutter geben wird.

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Veröffentlicht am 16.01.2024

Schöner Wohnen im eigenen Körper

Achtsam morden durch bewusste Ernährung
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„Mein Gehirn wusste, wie Sprinten geht, aber mein Körper zeigte mir innerhalb der ersten 100 m, dass er über diese Fähigkeit nicht mehr verfügte.“
Nur mit Mühe und Not kann der achtsame Anwalt Björn Diemel ...

„Mein Gehirn wusste, wie Sprinten geht, aber mein Körper zeigte mir innerhalb der ersten 100 m, dass er über diese Fähigkeit nicht mehr verfügte.“
Nur mit Mühe und Not kann der achtsame Anwalt Björn Diemel die Entführung seiner Tochter auf einem Schulausflug im Zoo verhindern, leider nehmen die Entführer stattdessen sein Handy mit allen kompromittierenden Daten und Fotos mit. Will etwa einer seiner Konkurrenten Rache? Schließlich war Björn in den letzten Jahren nicht zimperlich, wenn es um die Durchsetzung seiner Pläne und das Ausweiten seiner Unternehmen ging.

Sein Leben, das in letzter Zeit in zu ruhigen und eingefahrenen Bahnen verlief und nur durch (nächtliches) Frustfressen unterbrochen wurde, bekommt plötzlich wieder die gewünschte Abwechslung und ordentlich Tempo, nur leider kann sein schlaffer Köper da nicht mithalten. „Ganz offensichtlich hatte ich mich durch die Gitterstäbe der Monotonie meines Alltags nach außen gezwängt. Jetzt stand ich hilflos außerhalb meiner Mitte und war zu dick um wieder zurückzukehren.“

Zum Glück geht er immer noch regelmäßig zu seinem Achtsamkeitscoach Joschka Breitner, der auch dafür eine Lösung hat. Er bringt Björn bei, wie er seinen Frust in etwas Positives umwandelt und dann abnimmt, um sich wieder in seinem Körper wohlzufühlen.

Auch das 5. Hörbuch der Reihe hat mich wieder extrem gut unterhalten. Ich mag Carsten Dusse als Sprecher sehr, wie er in seinen Krimis Wissenswertes unterbringt – hier alles zum Thema Ernährung und Fasten – und das alles mit viel bitterbösem Humor garniert.

Abgesehen von seinen kriminellen Aktivitäten ist Björn wie aus dem Leben gegriffen: Ein geschiedener mittelalter weißer Mann, der sich liebevoll um seine Tochter kümmert und dabei am Schulsystem verzweifelt. Die versuchte Entführung zwingt ihn zur Selbsterkenntnis, dass er endlich wieder was seine physische und psychische Gesundheit tun muss. Das er bei letzterem auf ein neues, ökologisches Hobby setzt, um seinen Co2-Fußabdruck zu verringern, verwundert dabei kaum, auch nicht, dass dieses Hobby wieder mal nicht legal ist und am Ende jemand stirbt …

5 Sterne für diese Hörvergnügen, ich hoffe, Björn stolpert bald in sein nächstes Abenteuer.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Das Haus der bunten Vögel

Wir Frauen aus der Villa Hermann
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„Du bist eine Frau, Luise. Zu viel geschäftliche Einsatz ziemt sich nicht für dein Geschlecht.“ (S. 14) Als Luises Mann 1932 stirbt, bleibt sie mit einem großen Haus, zwei kleinen Kindern und einer bankrotten ...

„Du bist eine Frau, Luise. Zu viel geschäftliche Einsatz ziemt sich nicht für dein Geschlecht.“ (S. 14) Als Luises Mann 1932 stirbt, bleibt sie mit einem großen Haus, zwei kleinen Kindern und einer bankrotten Holzhandlung zurück. Als Freunde ihr raten, ein eigenes Geschäft zu eröffnen, gründet sie eine Näherei für Berufsbekleidung, weil die immer gebraucht wird und im Obergeschoss des Hauses betrieben werden kann. Der Plan geht auf, auch wenn sie im 2. WK Krieg Uniformen statt Arbeitsanzügen nähen müssen. Doch nach 1945 weiß auch Luise nicht mehr weiter, da tauchen die ersten Soldaten in Levi‘s auf …

Pia Rosenberger erzählt 20 Jahre deutsche Geschichte und wie die (Mustang) Jeans nach Deutschland kam, dabei orientiert sie sich an der wahren Geschichte der L. Hermann Bekleidungswerke Künzelsau. Sie beschreibt diese Jahre so emotional und fesselnd aus verschiedenen Blickwinkeln, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und an nur 2 Tagen gelesen habe.

Luise ist eine pragmatische, herzensgute Frau, die niemandem abweisen kann. Ihr Haus entwickelt sich schnell zum Sammelbecken bunter Vögel. Neben ihrer Tochter Erika und ihrem Sohn Rudolf lebt hier auch die Haushälterin Marga mit ihrer Tochter Lia. Marga äußert sich nie zu Lias Vater und Luise fragt nicht nach. Als sie die Näherei eröffnen, stellen sie einen Herrenschneider ein – Paul Falbe, einen ewigen Junggesellen mit einem pikanten Geheimnis.

Die drei Kinder wachsen wie Geschwister auf, Erika und Lia werden beste Freundinnen. Leider hat Erika weder das Talent noch Lust dazu, sich in die Schneiderei einzuarbeiten, dafür überrascht Lia alle mit ihrer Kreativität und ihrem treffsicheren Geschmack. Doch als sie eine jugendliche Dummheit begeht, wird sie nach Berlin in Sicherheit gebracht. Dadurch bekommt man einen sehr guten Einblick, wie unterschiedlich sich der Krieg im beschaulichen Baden-Württemberg und in Berlin „anfühlte“.
Erika erleidet einen herben Verlust, als ihre Jugendliebe Martin, ein Jude, aus Deutschland fliehen muss.

In „Wir Frauen aus der Villa Hermann“ geht es um Menschlichkeit, Mitgefühl und Zusammenhalt. Die Geschichte zeigt, dass man auch in dunkelsten Zeiten für seine Ideale und Überzeugungen einstehen sollte. „Die Dinge, die wir tun, sind so geheim, dass wir sie selbst nicht wissen dürfen.“ (S. 147) Heimlich und unabhängig voneinander engagieren sich alle 4 Frauen für Verfolgte und unterstützen z.B. jüdische Mitbürger, obwohl sie sich damit selber in Gefahr bringen.
Aber sie zeigt auch, wie anpassungsfähig, kreativ und vorausschauend die Frauen waren, dass sie sich nie von den äußeren Umständen unterkriegen ließen, wie sie die Jeans nach Deutschland holten und dabei neben dem geschäftlichen auch ihr privates Glück fanden. Ein absolutes #Lesehighlight!

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