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Veröffentlicht am 22.10.2022

Anspruchsvoller, facettenreicher Krimi

Das neunte Gemälde
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Der Kunstexperte Lennard Lomberg erhält einen rätselhaften Anruf. Gilles Dupret geht es um ein verschollenes Gemälde, das möglichst an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden soll. Lomberg soll ...

Der Kunstexperte Lennard Lomberg erhält einen rätselhaften Anruf. Gilles Dupret geht es um ein verschollenes Gemälde, das möglichst an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden soll. Lomberg soll dies ermöglichen. Anspielungen Duprets lassen darauf schließen, dass Lomberg an dieser Sache ein persönliches Interesse haben sollte. Noch bevor ein Treffen stattfinden kann, bekommt Lomberg Besuch von einer Ermittlerin des BKA. Dupret wurde ermordet in einem Hotelzimmer aufgefunden, doch es gibt keine Spur von einem Gemälde. Lomberg steht unter Verdacht. Sein verstorbener Vater, der ehemalige Generalbundesanwalt, scheint in die Sache verwickelt gewesen zu sein und so begibt sich Lomberg auf eine Zeitreise, die eine künstlerische Sensation bedeuten könnte. Doch auch andere haben Interesse daran, mit dem Gemälde Schlagzeilen zu machen.

Obwohl mich das Titelbild so überhaupt nicht angesprochen hat, war der Klappentext Ausschlag genug, um diesen Krimi zu beginnen, was gar nicht so einfach war. Die sehr förmliche, gebildete und ausgefeilte Schreibweise des Autors ist recht komplex und ließ erstmal keinen guten Lesefluss aufkommen. Hier kann ich nur raten nicht aufzugeben und sich durchzubeißen, denn man gewöhnt sich mit der Zeit an den Stil und hat dann viele spannende Details vor sich. Immer wieder greift der Autor neue Fäden auf und lässt sie fallen, wenn man gerade meint, etwas in Erfahrung zu bringen. Später greift er die losen Enden dann immer wieder auf und verknüpft sie zu einem Netz aus genial konstruierten Zusammenhängen.

Der Autor wechselt sehr häufig die Zeitebene und auch die Orte, was jedoch immer durch eine genaue Orts- und Zeitangabe über jedem Kapitel angezeigt wird. So behält man den Überblick. Thematisch spielt nicht nur die Beutekunst des Zweiten Weltkriegs eine Rolle, sondern auch das Kunstmilieu, die Sammelleidenschaft in diesem, politische und historische Ereignisse in Deutschland und Europa und die Familienverhältnisse der Lombergs und anderer eine Rolle. So taucht eine Vielzahl von Akteuren und Details auf, so dass man leicht den Überblick verlieren könnte. Doch einiges davon dient auch nur der Ausschmückung. Ein Personenverzeichnis wäre hier ganz nützlich gewesen.

Trotz oder gerade wegen des großen Facettenreichtums und wegend er vielen losen Enden, möchte man sich am liebsten ohne Pause durch die Geschichte schmökern. Lomberg habe ich zwar anders, als auf dem Cover angegeben, nicht als wirklichen Ermittler empfunden, aber er ist der Dreh- und Angelpunkt, an dem die Informationen zusammenlaufen. Er ist ein interessanter, kultivierter, wenn auch etwas unnahbarer Charakter, mit dem man nicht so leicht warm wird. Dennoch hat er eine Aura, die sehr gut zur Handlung passt.

Natürlich gilt das Hauptinteresse beim Lesen dem geheimnisvollen Gemälde. Daher habe ich nach einem spannenden Mittelteil auf ein fulminantes Ende gehofft. Tatsächlich werden alle losen Fäden logisch miteinander verknüpft, was für mich allerdings in einer ziemlich unaufgeregten Art und Weise passiert. Für mich kam dies eher einer Aufzählung der letzten Schritte gleich, weshalb ich nach dem hervorragenden Hauptteil doch etwas enttäuscht war. Jedoch lässt der Schluss auch auf einen weiteren Kriminalfall im Kunstmilieu schließen, den ich mit Sicherheit auch lesen werde. 4 Sterne

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Veröffentlicht am 20.10.2022

Fesselnde Geschichte mit schwachem Setting

Vega – Der Wind in meinen Händen
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Die junge Vega lebt in einer deutschen Stadt der Zukunft. Nach dem Verschwinden ihrer Mutter ist der Wettermacher Esper ihr einziger Freund und Vertrauter. Zusammen erzeugen sie Regenwolken über trockenen ...

Die junge Vega lebt in einer deutschen Stadt der Zukunft. Nach dem Verschwinden ihrer Mutter ist der Wettermacher Esper ihr einziger Freund und Vertrauter. Zusammen erzeugen sie Regenwolken über trockenen Gebieten. Doch keiner weiß, dass Vega das Wetter - anders als die anderen Wettermacher - ohne Chems und Drohnen beherrscht. Nach einem schrecklichen Unfall jedoch verliert sie Esper und ist mir ihrem Retter Leo auf der Flucht vor den Behörden. Zudem ziehen immer wieder bedrohliche Stürme auf, die nur Vega aufhalten kann. Zwischen Flucht und der Suche nach Esper gerät sie in einen Strudel aus Verdächtigungen und Verrat.

Ich lese eher selten in diesem Genre, doch das Cover hat mich so sehr angesprochen, dass ich das Buch haben musste. Ich finde auch, dass es sehr gut zur Story passt. Zum einen wegen ihrer richtig toll dargestellten Gabe, zum anderen, weil sie auf dem Titelbild allein ist, denn das ist sie auch im Buch oft. Außer Esper hat sie niemanden. Auch Espers Freunde akzeptieren sie nur wegen ihm. Zudem wurde ihr eingeimpft, dass sie niemandem von ihrer Gabe erzählen soll, so dass sie häufig einfach nicht sie selbst sein kann. Auch ihrem Retter Leo öffnet sie sich nur langsam, obwohl es deutlich zwischen den beiden knistert.

Der Schreibstil der Autorin Marion Perko ist meist rasant mit einigen etwas trockeneren Abschnitten, in denen es meist um die enger werdende Beziehung zwischen Vega und Leo geht, die erstere aber wegen Esper nicht zulassen möchte. Mir gefielen vor allem die Sturmszenen, die häufiger vorkommen. Ansonsten ist das Buch eine Mischung aus wiederholter Flucht, etwas Romantik und trister Stadtkulisse, doch auch Vertrauen und Verrat spielen eine große Rolle, vor allem gegen Ende des ersten Bandes. Aus der Suche nach Esper wird eine Suche nach dem Auslöser der flutähnlichen Regengüsse, die die Menschen in den ärmeren Vierteln der Stadt bedrohen. Das Ende kommt hier ziemlich abrupt und bringt die in dem Genre üblichen Cliffhanger mit.

Laut Buchrücken ist das Buch der Auftakt einer Klima-Saga. Leider ist mein größter Kritikpunkt, dass zwischen all den Problemen und Fähigkeiten, die Vega hat, die Atmosphäre eines vom Klimawandel bedrohten Landes kaum herausgearbeitet wurde. Oft wird nur von sehr heißen Temperaturen gesprochen oder von Trockenheit, aber das Setting fühlt sich für den Leser überhaupt nicht so an. Da wird sogar in einem See geschwommen, in der Stadt gibt es zum Duschen genug Wasser, aber für die Felder werden Wettermachen gebraucht. Das hat für mich nicht wirklich Sinn ergeben. Beim Einstieg kam für mich einfach auch nicht rüber, in welchem Zustand sich das Land befindet. Das ist ein bisschen verschenktes Potential, weil die Bedrohung gar nicht greifbar ist.

Trotzdem hat mich das Buch bis zum Schluss gefesselt und der Cliffhanger wird dafür sorgen, dass ich den nächsten Band wohl auch lesen werde.

4 Sterne

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Veröffentlicht am 13.10.2022

Märchenhaft ruhig erzählte Dystopie

Unsre verschwundenen Herzen
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Bird ist 9 Jahre alt, als seine Mutter, die asiatische Wurzeln hat, plötzlich verschwindet und fortan keine Rolle mehr in seinem Leben spielt. Mit seinem Vater lebt er ein bescheidenes Leben auf dem Uni-Campus. ...

Bird ist 9 Jahre alt, als seine Mutter, die asiatische Wurzeln hat, plötzlich verschwindet und fortan keine Rolle mehr in seinem Leben spielt. Mit seinem Vater lebt er ein bescheidenes Leben auf dem Uni-Campus. Freunde hat er nicht, wird eher gehänselt. Eines Tages, Bird ist mittlerweile 12, trifft ein seltsamer Brief ein, der nur von seiner Mutter stammen kann. Er macht sich auf die Suche nach ihr, nimmt seine Umwelt wahr und erfährt Dinge über die Vergangenheit, die ihn bisher nicht wirklich interessiert haben, die er nicht verstanden hat und die alle mit einem 10 Jahre alten Gesetz zur Erhaltung amerikanischer Kultur und Traditionen zusammenhängen.

Das eher unscheinbare Cover und der "herzige" Titel lassen bei diesem Buch kaum auf den doch anspruchsvollen und teilweise bedrückenden Inhalt schließen. Auffällig ist zunächst einmal die Erzählweise. In der Gegenwart begleiten wir Bird anfangs bei seiner Suche, immer wieder unterbrochen von Rückblicken und Erinnerungen an seine Mutter, daran wie sich sein Leben nach ihrem Verschwinden veränderte, an seine Freundin Sadie, die - ihrer Familie entrissen - in einer Pflegefamilie aufwächst und dann ebenfalls verschwindet. Der Ton ist sehr ruhig, fast schon zu ruhig, wenn man bedenkt, was vor sich geht. Das erzeugte bei mir vor allem im ersten Teil eine bedrohliche Stimmung.

Manche Sachverhalte, die wie ein nettes Märchen geschildert werden, in dem das Böse eben auch mal zuschlägt, haben mir tatsächlich sehr bedrückt, vor allem der Umgang mit den Kindern. Assoziationen zu verschiedenen Regimen kamen mir wie automatisch in den Sinn und oft auch die Frage, wie es so weit kommen kann. Immer wieder. Tatsächlich war es wie immer eine Krise, die einem falsch motivierten Gesetz Tür und Tor öffnete. Diese Krise wird zwar im weiteren Verlauf etwas beleuchtet, allerdings war die Entwicklung zum Gesetzt PACT hier für mich nicht so glaubwürdig oder auch lückenhaft und somit nicht ganz nachzuvollziehen.

Die Beziehung zwischen Mutter und Sohn ist nahezu ohne Reibungspunkte, Bird sehr verständig für sein Alter. Doch die vielen Einzelschicksale von Familien, die unter PACT zu leiden haben sind, obwohl eben auch wie beiläufig erzählt, dennoch schockierend und tun weh, wie immer, wenn unbeholfen verdeckter Rassismus oder auch ganz offener Fremdenhass und Angst die Berater von Regierungen und Gruppierungen sind. Als Leser habe ich gehofft, dass sich etwas ändert, dass Unrecht wieder gut gemacht wird, doch das ist, wie das Buch zeigt, leider alles andere als einfach und dauert wesentlich länger, als es zu begehen. Eine eindrückliche Lektüre, die mich in weiten Teilen fasziniert hat, jedoch wegen einiger Längen nur 4 Sterne erhält.

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Veröffentlicht am 04.10.2022

Solider, spannender Reihentitel

Der Code der Knochen
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Temperance Brennen gerät in einen Sturm aus Ereignissen, nachdem ein Hurrican über Charlotte hinweggezogen ist. Eine alte Frau bittet sie um Hilfe in einem seltsamen Fall, in dem es um eine Totenmaske ...

Temperance Brennen gerät in einen Sturm aus Ereignissen, nachdem ein Hurrican über Charlotte hinweggezogen ist. Eine alte Frau bittet sie um Hilfe in einem seltsamen Fall, in dem es um eine Totenmaske geht, die ihr zum verwechseln ähnlich sieht, ihre Schwester braucht Hilfe beim Aufräumen der Sturmschäden und Detective Vislosky vom Charleston PD Unterstützung bei der Aufklärung eines Falles. Während des Sturms wurde ein Behälter an Land gespült, in dem sich die Knochen zweier Leichen befinden. Tempe traut ihren Augen kaum, denn der Behälter und die Plane, sowie die Todesart sind ihr allzu bekannt. Vor 15 Jahren gab es einen ähnlichen Fall in Montreal, der nie gelöst wurde. Hat der Mörder erneut zugeschlagen? Nur langsam kommen Tempe und die Detective hinter den perfiden eines Mannes, der nicht nur durch Mord über Leichen geht.

Als Fan der Temperance Brennan Reihe musste ich nun endlich auch diesen 20. Band lesen, bevor im Herbst der nächste erscheint. Ich liebe Cold Cases, daher war der Hauptfall hier genau das Richtige für mich. Aber auch die Nebenschauplätze waren wie immer sehr interessant. Ich bin froh, dass ich den Klappentext erst hinterher gelesen habe, denn ich finde er verrät doch etwas viel.

Klar ist, dass Kathy Reichs wieder unglaublich gut recherchiert hat, um hier in das Thema Genetik einzutauchen. Bestimmte Inhalte stellen auch eine Verbindung zu den aktuellen Ereignissen der Corona-Pandemie her, was ich grundsätzlich gut finde, hier aber nicht ganz deutlich wird, was Fiktion und was real machbar ist bzw. kritisiert sie die Möglichkeiten nicht stark genug.

Die Ermittlungen sind wie gewohnt spannend, die Wortwechsel mit Ryan und Detective Vislosky amüsant und schlagfertig. Temperence jagt von einem Ort zum nächsten, um die Puzzleteile aufzudecken, die für die Lösung des Falles nötig sind. Ihr Status als forensische Anthropologin kommt mir diesmal ein wenig zu kurz. Sie wirkt eher wie eine zweite Detective und nicht nur Ryan sondern auch sie selbst gerät dadurch in Gefahr. Leider gibt es nicht allzu viele verdächtig, so dass es eher darum geht, belastbare Beweise für die Schuld des Täters zu finden.

Alles in Allem ein solider, spannender Band der Reihe. 4 Sterne

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Veröffentlicht am 23.08.2022

Spannend mit vielen sich wiederholenden Erklärungen

Acht perfekte Morde
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Buchhändler Malcom Kershaw wird von einer FBI-Agentin in seinem Laden aufgesucht. Sie meint eine Verbindung zwischen einigen kürzlich geschehenen Tötungsdelikten und einer Liste von Büchern hergestellt ...

Buchhändler Malcom Kershaw wird von einer FBI-Agentin in seinem Laden aufgesucht. Sie meint eine Verbindung zwischen einigen kürzlich geschehenen Tötungsdelikten und einer Liste von Büchern hergestellt zu haben, die Malcolm vor Jahren im Blog der Buchhandlung gepostet hatte: Acht perfekte Morde. Darin beschreibt Malcolm die Inhalte der Krimis recht genau. Zunächst glaubt er verdächtig zu sein, doch die Agentin bittet ihn um Hilfe und bald vermuten sie den Täter sogar in Malcolms Umfeld. Wer könnte seine Liste für eigene Mordpläne missbrauchen? Und was verschweigt Malcolm?

Das Cover war nichts Besonderes, aber die Inhaltbeschreibung hat mich sofort angesprochen. Was für eine tolle Idee, einen Mörder eine vollkommen harmlose Blogliste von Kriminalromanen als Vorlage für echte Morde nutzen zu lassen. Man fragt sich sofort, was das für Bücher sind, was für perfekte Taten und wer so dreist sein könnte, sie zu nutzen. Die Liste wird sehr früh präsentiert, leider musste ich feststellen, dass ich als Krimifan die wenigsten kannte, da sie sehr weit in die Vergangenheit reichen. Wenigstens steht einer von Agatha Christies Roman darauf, den ich gelesen habe. Der Autor lässt Malcolm die Fälle aber im Blog vorstellen (Achtung Spoiler!). Die Verbindung, die die Agentin sieht, ist für mich nicht ganz eindeutig, aber gut, Malcolm ist sehr hilfbereit. Allerdings macht er den Leser auch darauf aufmerksam, dass man ihm wohl auch nicht trauen kann. Ansonsten lebt der Buchhändler sehr in sich gekehrt mit wenigen Freunden und Bekannten und man wird nicht so recht warm mit ihm. Seine positivste Eigenschaft ist seine freundliche Art.

Im Laufe des Falles lernen wir Malcolm aber immer besser kennen, erfahren Geheimnisse und sind vollauf damit Beschäftigt im Trüben zu fischen. Dabei werden leider die begangenen Verbrechen samt Inhalten der Liste etwas häufig wiederholt. Diese Stellen sind dann ein bisschen langatmig, da sich kaum Neues ergibt. Dafür ist der Schreibstil ansonsten doch recht spannend und fesselnd. Man könnte sich jeden in Malcolms Umkreis als Täter vorstellen und sucht hinter jeder Geste und jedem Wort etwas Auffälliges. Das macht den Thriller auf der anderen Seite wieder recht kurzweilig.

Die Lösung präsentiert sich in einem Showdown, der wieder ähnlich war, wieder Rest des Buches, mal Neues, mal Wiederholung. Auf die Auflösung und die Wendungen wäre ich nicht gekommen. Von daher hat das Buch auf jeden Fall 4 Sterne verdient.

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