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Veröffentlicht am 02.11.2023

Upstairs,Downstairs

Unsereins
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„Was Georg hier im kleinsten Staat will? Die Übergabe eines Ölzweigkranzes überwachen und sich vor Celia blamieren. Falls der morgige Abend wie erwartet verläuft.“

Für ihre Publikation „Archipel“ ...

„Was Georg hier im kleinsten Staat will? Die Übergabe eines Ölzweigkranzes überwachen und sich vor Celia blamieren. Falls der morgige Abend wie erwartet verläuft.“

Für ihre Publikation „Archipel“ wurde Inger-Maria Mahlke 2018 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Das Familienepos „Unsereins“ kann sich ebenfalls sehen lassen, die Rechercheleistung Mahlkes ist beachtlich, die Erzählung ist formal in 15 Teile gegliedert. ‚Die Buddenbrooks‘ lassen grüßen.
Der Roman ist zeitlich im langen 19. Jahrhundert (und zu Beginn des 20. Jahrhunderts) angesiedelt, ein auktorialer Erzähler führt durch das Geschehen. Im Zentrum steht eine Lübecker Familie, die eigentlich alle Kriterien erfüllt, die es sozial zu erfüllen gibt: Die kinderreichen Lindhorsts sind ebenso kaisertreu wie konservativ. Als Juden werden sie dennoch Außenseiter bleiben.
Handlungsort ist der Stadtstaat Bremen, und die Geschichte ist in ihrem Kern eine Milieustudie und zugleich ein Gesellschaftsporträt, eine Erzählung über Ständeunterschiede im Kaiserreich. Upstairs, Downstairs. Angesichts der Fülle der handelnden Personen habe ich mich sehr über das Personenverzeichnis gefreut, auch die Karte zu Beginn des Buches war hilfreich. Bei der Betrachtung des historischen Romans sollte man aber nicht nur in der Kategorie „Wirtschafts- und Sozialgeschichte“ denken. Die Autorin Inger - Maria Mahlke legt das Augenmerk vor allem auf die Frauen und geht der Frage nach, inwiefern Emanzipation in den engen gesellschaftlichen Grenzen möglich war, auch das Geschlecht war natürlich ein Faktor, welcher der Selbstverwirklichung im Wege stand. Man kann definitiv etwas Lernen, das Sittengemälde bietet aber mehr als eine flache Faktensammlung.
Der Ton ist ironisch-distanziert, zynisch ist er jedoch nicht. Mir hat es gut gefallen, dass die Vergangenheit hier weder verteufelt noch glorifiziert wird; während der Lektüre kam keine Langeweile auf. Man sollte als Leser dennoch geduldig sein – „Unsereins“ ist keine Geschichte, die in einem Rutsch gelesen ist.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Gute Grundidee, schlechte Umsetzung

From Lukov with Love - Wenn Liebe das Eis zum Schmelzen bringt
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In der Sportkarriere der 26jährigen Jasmine Santos aus Houston läuft es nicht gut: Da ihr Partner ihr den Laufpass gab, musste die Eiskunstläuferin vom Paarlauf zum Soloauftritt wechseln. Sie arbeitet ...

In der Sportkarriere der 26jährigen Jasmine Santos aus Houston läuft es nicht gut: Da ihr Partner ihr den Laufpass gab, musste die Eiskunstläuferin vom Paarlauf zum Soloauftritt wechseln. Sie arbeitet und trainiert hart, es reicht dennoch nie für das Siegertreppchen. Man legt ihr bereits nahe, die Schlittschuhe an den Nagel zu hängen, um Trainerin zu werden, als sie ein unglaubliches Angebot bekommt – sie soll für ein Jahr die Partnerin des Goldmedaillengewinners Ivan Lukov werden. Dumm nur, dass die beiden sich nicht ausstehen können…
Ich habe mich sehr auf die Lektüre von „From Lukov with Love. Wenn Liebe das Eis zum Schmelzen bringt“ gefreut, da ich zuvor auch „Icebreaker“ von Hannah Grace gelesen hatte.
Die Autorin des Romans wird als Meisterin des „Slow Burn“ bezeichnet, und Enemies – to – Lovers – Geschichten mit witzigen Wortgefechten liebe ich seit der Lektüre von „Much Ado about Nothing/Viel Lärm um Nichts.“ Mir ist klar, dass es sich bei Mariana Zapatas Geschichte um einen 544 Seiten starken New-Adult-Roman handelt, insofern habe ich meine Erwartungen an den Stil im Vorfeld etwas heruntergeschraubt. Als Leser verfolgen wir die lineare Handlung aus Jasmines Perspektive, was mir gut gefiel, da ich das Stilmittel der alternierenden Perspektiven in dem Genre ausgelutscht finde. Anders als in „Icebreaker“ spielt der Eiskunstlauf wirklich eine Rolle, die Beschreibungen rund um den Sport fand ich spannend. Mariana Zapata beschreibt die Protagonistin Jasmine „Jas“ Santos als ehrgeizigen, toughen Dickschädel, der trotz Rückschlägen (und Nebenjob) an seinem Traum festhält. Auch Jasmins Familie (und ihr zunächst abwesender Vater) spielt eine große Rolle. Der Adonis Ivan Lukov wird als arroganter Überflieger vorgestellt. Obwohl seine Schwester Karina Jasmines beste Freundin ist, spielt sie nur eine Nebenrolle, und auch Familie Lukov nimmt weniger Raum im Roman ein als etwa die Trainerinnen Nancy & Galina. Jasmine und Ivan sind wie Feuer und Wasser, sie diskutieren und debattieren permanent. Ivan nennt Jasmine „Fleischklops“, Jasmine macht sich über seine Outfits lustig. Ich muss aber sagen, dass ich mir von den Wortgefechten mehr erhofft habe. Beleidigungen sind für mich kein banter. Da sich Jasmine auch mit ihren Brüdern und Schwestern streitet, sind die Wortgefechte mit Ivan nichts Außergewöhnliches, und es knistert auch nicht zwischen den beiden, da frage ich mich, wo der Unterschied zur Geschwisterrivalität ist? Überhaupt Jasmine: Die Figur soll als eine toughe Sympathieträgerin fungieren. Dazu passt aber nicht, dass sie sehr oft mit ihrem Schicksal hadert & sich beklagt. Nach dem ersten Drittel hat mich Jasmines Gemecker genervt, ihr Gedankenkarussell fand ich nicht so prickelnd. Auch das Drama rund um Jasmine fand ich ermüdend (Grippe, Autounfall, Verletzungspech, Vaterkomplex, Geschwisterrivalität). Die Autorin verzichtet aber zum Glück auf Dreiecksbeziehungen und Eifersuchtsanfälle. Der loyale Ivan war mir sympathischer, auch wenn ich seine Zuneigung zu Jasmine (deren Aussagen manchmal regelrecht doof klingen) konstruiert fand. Die Figurenzeichnung der Nebencharaktere war mir zu klischeehaft, und eigentlich verhielten sich die Protagonisten (beide sind fast dreißig Jahre alt) wie Teenager. Jasmines Probleme assoziiert man eher mit dem Erwachsenwerden einer Jugendlichen, ich fand es aber stark, dass sie Schwächere beschützte und sich klar gegen Mobbing aussprach. Mariana Zapata hätte die Story auch straffen können, teils zieht sich die Geschichte leider wie Kaugummi, von Stil und Sprache war ich sehr enttäuscht, dies liegt aber keinesfalls an der sehr guten deutschen Übersetzung. Ich erwarte von einem New-Adult-Roman weder eine Figurenzeichnung à la Tolstoi noch stilistische Finessen nach Art eines Thomas Mann. Auch wenn man ein Auge zudrückt, ist das, was Zapata abliefert, schwach. Für mich bedeutet banter nicht, dass sich die Protagonistin mit allen kabbelt. Sorry, dass ich es so sagen muss, aber das Etikett "Slow Burn" ist hier eine Ausrede dafür, dass die Autorin nicht weiß, wie man einen Roman richtig gliedert oder strukturiert. Noch am Schluss bringt sie neue Infos, anstatt sich zu fokussieren. Die Liebesgeschichte wird regelrecht in den Finalteil „gequetscht“. Der erste Kuss findet erst kurz gegen Ende statt, und Jasmine gibt selbst angesichts einer Liebeserklärung Widerworte, was albern ist. Obwohl ich es gut fand, dass „From Lukov with Love“ nicht nur aus einer Ansammlung von Liebesszenen besteht (und dass auch Freundschaft eine Rolle spielt) war ich von der Ausarbeitung enttäuscht. Wenn der Untertitel eines Buches „Wenn Liebe das Eis zum Schmelzen bringt“ lautet, erwarte ich mehr Romantik im Roman.

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Veröffentlicht am 22.10.2023

Unlogische Prämisse

Cruel Castaways - Rival
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„Sparrow“ von Shen fand ich eigentlich ganz unterhaltsam für Zwischendurch, daher habe ich auch zum ersten Band der „Cruel Castaways“- Reihe gegriffen.

Worum geht’s?

Arya Roth und Nicholai „Nicky“ ...

„Sparrow“ von Shen fand ich eigentlich ganz unterhaltsam für Zwischendurch, daher habe ich auch zum ersten Band der „Cruel Castaways“- Reihe gegriffen.

Worum geht’s?

Arya Roth und Nicholai „Nicky“ Ivanov wachsen gemeinsam auf. Trotz der sozialen Unterschiede verlieben sie sich ineinander – Nics Mutter Ruslana (gebürtig aus Weißrussland) ist das Hausmädchen des Park- Avenue-Tycoons Conrad Roth. Als Ivanov verbotenerweise Arya küsst, setzt ihr Vater alles daran, Nicholais Leben zu zerstören. Jahre später kehrt Nicholai als gemachter Mann & mit neuem Namen nach New York zurück und schwört Rache. Als Conrad Roth der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz bezichtigt wird, sieht der Top-Anwalt Christian Miller (aka Nicky) seine Chance gekommen. Aber er ist immer noch verliebt in seine Jugendliebe, die ihn nicht erkennt, da sie glaubt, er sei in Belarus (oder tot) …
„Rival“ ist eines Enemies-to-Lovers – Liebesroman, aber auch eine Second Chance – Schmonzette. Und irgendwie auch ein „Abbitte“– Retelling, was LJ Shen aber eher schlecht als recht gelingt. Der Anfang des Romans ist spannend, ich mochte auch Ivanovs (der stellenweise als eine Art Aschenputtel oder wie eine Art Oliver Twist präsentiert wird) Ersatzfamilie, seine beiden Kumpels aus dem Internat und Aris loyale beste Freundin. Auch die spritzigen Wortgefechte zwischen Nicholai/Christian und Arya haben mir gut gefallen. Ungefähr ab der Mitte des Romans häuften sich dann aber die plot-holes und die unlogischen Elemente. Papakind Ari kam relativ schnell über die Entfremdung vom Vater (und Mutterersatz Conrad) hinweg & baute ohne größere Probleme eine Beziehung zur über lange Strecken emotional abwesenden Mutter auf. Ich fand es aber total abwegig, dass sie Christian nicht erkannte – seine stahlblauen Augen wurden ständig von der Autorin beschworen, da macht es überhaupt keinen Sinn, dass Arya den Jungen /Mann nicht erkannte, mit dem sie immer zum Grab ihres toten Bruders ging. Und die Autorin konnte sich nicht recht entscheiden, ob Aris Vater ihn als tot oder verzogen bezeichnete. Was denn nun? Nach einem guten Beginn trug Shen bei der Figurenzeichnung viel zu dick auf. Conrad Roth wurde vom liebevollen Vater zur Karikatur eines Schurken, Nicholais Mom zur Rabenmutter. Der Handlungsstrang rund um Ruslana verlief einfach im Sand (vom Osteuropäerinnen – Stereotyp ganz zu schweigen!). Christians amerikanische Ersatzmutter Alice war eine klischeehafte, auf flott getrimmte Mentorin,für die der Leser erkennbar Sympathie empfinden sollte, die Charakterisierung hat aber leider den gegenteiligen Effekt. Ab der Mitte der Geschichte löst Shen die Konflikte schnell auf, und die Handlung besteht aus viel Blabla. Ich hätte am liebsten ein paar Passagen übersprungen. Auch das sensible Thema Belästigung wird mit dem Holzhammer abgehandelt. Ich kann mir die Qualitätsunterschiede im Buch gar nicht erklären, nach einem tollen Einstieg liest sich das Ganze wie schlechte, in einem Rutsch herunter geschriebene Fanfiction. Die Wortgefechte und das banter waren aber klasse. Schade.

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Veröffentlicht am 18.10.2023

Homo homini lupus est

Ich träumte von einer Bestie
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Fleur arbeitet als IT’lerin und säubert das Netz u.a. von Rachepornos. Ihre Dates findet sie via Tinder, das Internet ist ihre Welt. Als sie erfährt, dass ihr leiblicher (französischer) Vater verstorben ...

Fleur arbeitet als IT’lerin und säubert das Netz u.a. von Rachepornos. Ihre Dates findet sie via Tinder, das Internet ist ihre Welt. Als sie erfährt, dass ihr leiblicher (französischer) Vater verstorben ist, und dass sie als Erbin eingesetzt wurde, obwohl sie diesen Teil der Familiengeschichte am liebsten vergessen würde, reist sie via Luxemburg nach Frankreich, obwohl ihr geliebter Stiefvater und ihre resolute Mutter dagegen sind. Einzig ihr jüngerer Bruder, der sein FSJ zwecks Selbstfindung gar nicht erst antritt, unterstützt seine Schwester & fährt mit ihr über die Grenze.
In Frankreich muss sich die junge Frau ihrer traumatischen Vergangenheit stellen und sie stößt auf ein Geheimnis, dass es zu erforschen gilt …
Die Legende um die Bestie des Gévaudan, der zwischen 1764 und 1767 etwa 100 Menschen unter ungeklärten Umständen zum Opfer fielen, hat mich schon immer fasziniert, der französische Kinokracher „Pakt der Wölfe“ /«Le pacte des loups » aus dem Jahre 2001 gehört zu meinen Lieblingsfilmen. Da ich „Totenbraut“ von Nina Blazon gern gelesen habe, ist auch „Ich träumte von einer Bestie“ sofort auf meine Leseliste gewandert, der Roman ist jedoch nur auf dem ersten Blick ein Fantasy - Schmöker. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass die Autorin sehr viel recherchiert hat, und ich finde, dass man bei der Lektüre viel lernt, insofern ist es mehr als „schnöde“ Unterhaltung, die Nina Blazon bietet. Nina Blazon tangiert mit ihrer Geschichte aktuelle gesellschaftliche Debatten, ohne allzu „woke“ zu werden. Der gesellschaftskritische Ansatz gefiel mir sehr gut. Ich mochte auch die kulturgeschichtliche Dimension des Romans, auch frankophile und frankophone Leser kommen hier auf ihre Kosten, über das code-switching habe ich mich sehr gefreut, die historischen Besonderheiten Okzitaniens werden auch angesprochen, sehr viele Informationen werden unheimlich leichtfüßig in den Text integriert. Toll ist auch die kleine Märchenkunde, die en passant angesprochen wird. Den Anfang fand ich sehr spannend, ein ruhiger Erzählfluss ist insgesamt vorherrschend. Ungeduldige werden vielleicht einwenden, dass die Geschichte sich zieht wie Kaugummi. Diesen Eindruck hatte ich nicht, da ich stets wissen wollte, wie die Geschichte enden wird, obwohl sich meine ursprüngliche Annahme, Fleur sei eine unzuverlässige Erzählerin, nicht wirklich bestätigt hat. Obwohl ich die Charakterisierung der handelnden Personen im Roman insgesamt spannend fand, war die Protagonistin für mich als Figur nicht ganz stimmig, auch wenn die persönliche Entwicklung Fleurs geschildert wird. Ein bisschen verwundert war ich auch über die Wiederholungen, ich habe schon beim ersten Lesen kapiert, dass die keltischen Feen nicht lieblich, sondern kämpferisch und kratzbürstig sind, die Autorin hätte es nicht mehr als einmal schreiben müssen. Fleurs Stiefvater ist ein ehemaliger Polizist, der ihr aus der Ferne hilft, das Rätsel rund um die Familie zu lösen, und mir war nicht ganz klar, wie dazu die Hauptstadt Sri Lankas – „Colombo“ – passt, die zwei Mal im Text genannt wird, genannt wird auch „Columbo“ (Peter Falk), was Sinn macht. Gegen Ende ist vom „Waschbären – Lock“ statt von einem Look die Rede. Die Autorin hat sich beim Verfassen der Geschichte erkennbar Gedanken gemacht, daher hat der Roman eigentlich ein tadelloses Korrektorat verdient, schließlich wurde er nicht im Selbstverlag publiziert. Die Landschaftsschilderungen und die Beschreibungen von sakralen Objekten sind ganz klasse, ich habe während der Lektüre richtig Lust bekommen, an die Orte zu reisen, die Nina Blazon im Buch beschreibt, auch wenn ich mit manchen Thesen und Ansätzen, die sie literarisch im Buch verarbeitet, nicht konform gehe.

Fazit: Trotz der genannten Schwächen empfehle ich „Ich träumte von einer Bestie“ zur Lektüre, ich habe das E-Book gerne gelesen.

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Veröffentlicht am 16.10.2023

„Das Buch flüstert nicht, verführt nicht. Es verspricht nichts.“

Das Buch Eva
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„Sofort muss ich daran denken, dass ich Sophia einmal gefragt habe, warum die Kurie Ovids Metamorphosen verboten hat, ein Werk, das nicht mehr Liebe oder Heidentum enthält als die Aeneis, was ...

„Sofort muss ich daran denken, dass ich Sophia einmal gefragt habe, warum die Kurie Ovids Metamorphosen verboten hat, ein Werk, das nicht mehr Liebe oder Heidentum enthält als die Aeneis, was sie ja zugelassen hat.“

Geschichten rund um das sagenumwobene Voynich – Manuskript mag ich sehr gerne. Daher war klar, dass Meg Clothiers „Das Buch Eva“ auf meine Leseliste wandert. Es geht in dem Roman um ein geheimnisvolles, schwer umkämpftes Buch, das von der Klosterbibliothekarin Beatrice beschützt wird (sie ist die Ich-Erzählerin). Handlungsort ist wohl Italien, zeitlich wird die Epoche der Renaissance abgedeckt. Vor der Lektüre hatte ich eine vielschichtige Geschichte wie Ecos „Der Name der Rose“ erwartet, ich dachte an einen historischen Kriminalroman und an ein philosophisches Traktat. Clothier präsentiert jedoch einen Genremix, der durch seine Fantasyanteile eher an Deborah Harkness‘ „Seelen der Nacht“ – Reihe erinnert (Harkness hat sich als Professorin auch mit dem Voynich-Manuskript beschäftigt und den Mythos rund um das Schriftstück ebenfalls literarisch verarbeitet).

Die Erzählperspektive gefiel mir richtig gut, und die Exposition ist mehr als mitreißend, da eines Nachts zwei schwerverletzte Frauen vor den Klostermauern gefunden werden, die der ebenso klugen wie resoluten Beatrice ein Schriftstück anvertrauen. Leider kann Meg Clothier das anfängliche Erzähltempo nicht halten, daher kommt es zu Längen in der Erzählung, die Figurenzeichnung ist dennoch sehr interessant. Die blumige Sprache (beziehungsweise die deutsche Übersetzung) klang für die beschriebene Zeit stellenweise zu modern, es gab aber auch Passagen, die mich zum Lachen brachten:

„Als ich den Fußboden in den Latrinen wische, wird mir klar, dass ich mit Mopp und Eimer so langsam bin wie Laura im Zusammensuchen der Bestandteile eines Ablativus absolutus.“ (S.231)

In seiner Quintessenz transportiert der Roman eine Kritik am Androzentrismus, an bestimmten Geschichtsbildern. Er feiert die Weiblichkeit und die Weisheit von Frauen, regt zum Nachdenken an. Die Grundidee der Geschichte ist gar nicht schlecht, ich hätte das Ganze als Autorin jedoch ein wenig gestrafft. Das wunderschön gestaltete Cover des Buches, welches sicher an die Voynich-Illustrationen erinnern soll, ist ein weiteres Plus. Schade, dass es sich bei der Publikation nicht um ein Hardcover handelt.

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