Profilbild von lielo99

lielo99

Lesejury Star
offline

lielo99 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit lielo99 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.11.2019

"Wieso haben wir das alles zugelassen?"

Die zwei Seiten der Medaille
0

„Alle DDR-Sportler waren auch Diplomaten im Trainingsanzug.“

Der oben angeführte Satz ist einer der ersten in dem Buch Die zwei Seiten der Medaille. Der Autor Sören Resch beschreibt die Situation von ...

„Alle DDR-Sportler waren auch Diplomaten im Trainingsanzug.“

Der oben angeführte Satz ist einer der ersten in dem Buch Die zwei Seiten der Medaille. Der Autor Sören Resch beschreibt die Situation von Ronny, einem Leistungssportler in der ehemaligen DDR. Es verging kaum Zeit und er musste seine Laufbahn beenden. Die Ärzte entschieden das und der Grund lag darin, dass er häufig verletzt war. Trotzdem durfte er weiter als Trainer der Volleyballmannschaft arbeiten. Eins wollte er allerdings nie, einfach abnicken, was die „Genossen“ der SED beschlossen. Nein, in die Partei eintreten, nur um sein Fortkommen zu sichern, das widersprach so ganz seinem Charakter. Dass er dennoch als Trainer tätig sein durfte, war fast ein Wunder.

Der Autor schreibt über die Ereignisse in Prag als Herr Genscher den Flüchtlingen dort mitteilte, dass sie die Grenze zur Bundesrepublik passieren dürfen. Nie werde ich vergessen, wie Genscher auf dem Balkon der Prager Botschaft stand und nach dem entscheidenden Satz der Jubel toste. Aber auch die vorherige Flucht vieler Menschen ist Thema in dem Buch Die zwei Seiten der Medaille. Sie wurden als Asoziale tituliert und in der systemtreuen Zeitung „Neues Deutschland“ scharf verurteilt. Die Sprache dort war von dem „faschistischen und kapitalistischen Westen“. Das wurde übrigens bereits den Kleinsten schon vorgebetet und das täglich.

Ronny durfte verreisen und kam auch in den kapitalistischen Westen. Nie hatte er den Wunsch, dort zu bleiben. Er wollte stets zurück, da Eltern und Geschwister hier lebten. Der Roman ist eigentlich keiner im üblichen Sinn. Es ist eher eine Autobiographie von Sören Resch. Allerdings entsprechen nicht alle hier dargestellten Ereignisse den Tatsachen und so wurde das Buch als Roman betitelt.

Die zwei Seiten der Medaille ist in vier große Kapitel gegliedert. Mal wird aus der Ich-Perspektive und dann wieder aus der eines Betrachters von Außen berichtet. Ich verstehe nach dem Lesen ein wenig mehr, was die „Ossis“ nach der Wende erlebten und durchmachten. Ja, bis heute rechne ich beim Einkauf vom Euro in DM um. Wie mag es damals gewesen sein, als von heute auf morgen eine neue Währung bindend wurde? Und nicht nur das. Viele Betriebe schlossen und wer dachte, dass die Treuhand für Arbeitsplätze und Gerechtigkeit sorgte, der irrte sich gewaltig. Es gibt noch viele Fakten, die ich nicht auf dem Schirm hatte und mir erst durch das Lesen von #DieZweiSeitenDerMedaille bewusst wurden.

Noch ein Zitat aus dem Buch, welches übrigens die Situation in Berlin zur Zeit der Wende sehr gut darstellt: „Nette Menschen – oder Idioten – lassen sich nicht anhand ihrer Ost-West-Herkunft identifizieren.“ So ist es und dafür tritt der Autor ein. Er möchte, dass die Vorurteile und festgefahrenen Meinungen über Ossis und Wessis möglichst schnell der Vergangenheit angehören.

Veröffentlicht am 03.11.2019

Ein schönes Buch für die Vorweihnachtszeit

Das Weihnachtswunder von Hope Street
0

Das Weihnachtswunder von Hope Street ist viel mehr als ich zunächst annahm. Die Autorin wählte eine Protagonistin, die erfolgreich in ihrem Job ist und von ihrem Vater behütet wird. Sie heißt Ruth, verdient ...

Das Weihnachtswunder von Hope Street ist viel mehr als ich zunächst annahm. Die Autorin wählte eine Protagonistin, die erfolgreich in ihrem Job ist und von ihrem Vater behütet wird. Sie heißt Ruth, verdient gut und kann sich nahezu jeden Wunsch erfüllen. Ihr Beruf macht ihr Freude und eigentlich ist sie wunschlos glücklich. Aber nur eigentlich. Es gibt ein Kindheitstrauma, das sie immer verfolgt und ihr sogar Albträume bereitet. Dann stirbt ihr Vater und für sie bricht eine Welt zusammen. Sie kommt nicht raus aus dem schwarzen Loch. Der Todestag ist kurz vor Weihnachten und sogar ein Jahr später leidet sie sehr. Aber nicht nur unter dem Verlust des Vaters. Es ist auch die Einsamkeit, die ihr zusetzt. Sie trifft sich mit oberflächlichen Leuten und muss permanent Lächeln, obwohl ihr absolut nicht danach zumute ist.

Ruth Ryans, so heißt die Hauptperson, arbeitet bei einer Zeitschrift als Beraterin von Menschen in Not. Sie ist berühmt und hat viele Verehrer/innen. Ihre Fangemeinde ist groß, da sie sich ernsthaft mit den Problemen anderer befasst und ihnen Lösungsvorschläge macht. Nur sich selbst kann sie nicht helfen. Dann hat sie eine Idee und das wiederum schenkt ihr ein Weihnachtsfest, das sie niemals vergessen wird.

Das Weihnachtswunder von Hope Street ließ sich gut lesen. Die Sprache ist einfach aber nicht platt und die Story abwechslungsreich. Die Mitte hat einige Längen, die aber nicht sehr relevant sind. Die „Botschaft“ hinter der Erzählung ist sehr gut und daher empfehle ich den Roman auch als typische Weihnachtsgeschichte.

Veröffentlicht am 02.11.2019

Was geschah vor 100 Jahren?

Der Ursprung der Welt
0

Es ist ein Kunstwerk des Malers Gustave Courbet und trägt den Namen L'Origine du monde („Der Ursprung der Welt“). Als ich mir die Aussagen zu diesem Werk im Internet anschaute, wurde mir der Roman von ...

Es ist ein Kunstwerk des Malers Gustave Courbet und trägt den Namen L'Origine du monde („Der Ursprung der Welt“). Als ich mir die Aussagen zu diesem Werk im Internet anschaute, wurde mir der Roman von Ulrich Tukur wesentlich klarer. Es gehört zur Geschichte im gleichnamigen Buch von Ulrich Tukur und lässt sich auf unterschiedliche Weise interpretieren. Ich schaute mir das Gemälde an und bin noch immer beeindruckt. Es stammt aus dem Jahr 1866 und befindet sich im Museum d´Orsay, einem Kunstmuseum in Paris. Was mich so beeindruckte? Das Gemälde ist für mich nicht von einer Fotografie zu unterscheiden und das finde ich imponierend.

In dem Roman geht es um einen jungen Mann namens Paul Goullet, der alleine lebt und vor den eigenen vier Wänden in Stuttgart flieht. Er macht sich im Jahr 2033 auf den Weg nach Paris. Neben anderen Gründen, die ihn dazu veranlassten, spielt oben erwähntes Gemälde dabei eine Rolle. Vor vielen Jahren fand er eine Postkarte mit eben diesem Torso des Ursprungs der Welt im Büro seines Großvaters. Er möchte es im Original sehen und der Weg führt ihn zur Hauptstadt Frankreichs. Dort schlendert er durch die Straßen und beim Anschauen von Werken alter Meister, fällt ihm ein Fotoalbum in die Hände.

Das Cover des roten Albums zeigt seine Initialen P.G. und ein Foto, welches von ihm sein könnte. Auch im Innenteil befinden sich nur Fotografien, sein Ebenbild vor 100 Jahren zeigen. Er macht sich auf die Suche nach diesem Menschen und begibt sich dabei in Gefahr.

Der Ursprung der Welt ist ein eigenwilliger und besonderer Roman. Besonders, weil der Autor einen außergewöhnlichen Stil hat und eigenwillig, weil die häufigen Wechsel zwischen den Zeiten nicht dem momentan üblichen Aufbau eines Romans entsprechen. Es fehlen ebenfalls Überschriften und ich musste höllisch aufpassen, damit ich dem Geschehen folgen konnte.

Paul reist im Heute durch Paris und in Frankreich herrscht der Ausnahmezustand. Es ist ein Polizeistaat und wer nicht spurt, wird weggesperrt. Überwachung an allen Ecken und sogar Drohnen werden dafür eingesetzt. Im Gegenzug gibt es Widerständler, die sich mit den Polizisten blutige Auseinandersetzungen liefern. „In Deutschland herrscht das blanke, aufgeheizte Chaos, das sich im Netz schon längst in einen virtuellen Bürgerkrieg ausgewachsen hatte.“(Ein Zitat aus dem Roman) Ist das wirklich utopisch und kann es nicht sein, dass wir in Europa bald diese Zustände haben?

Die andere Zeitstrang spielt im Zweiten Weltkrieg. Nazis besetzten Frankreich und auch damals boten Widerständler den Eindringlingen die Stirn. Doch, was haben diese beiden Zeitstränge gemeinsam? Wie passt der Großvater Pauls ins Bild und welche Gräueltaten geschahen damals in Paris? Der Ursprung der Welt ist ein Roman, der sich zu lesen lohnt. Weitab des Mainstreams bietet er Spannung und unterhaltsame Lektüre. Also, von mir eine eindeutige Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 29.10.2019

Ein Mord im Land der tausend Seen

Marlene Torvett und das Märchen vom Glück
0

Neustrelitz ist ein kleiner und bis vor wenigen Tagen auch ruhiger Ort an der Mecklenburger Seenplatte. Alles ändert sich als eine junge Frau in der Nacht über eine Leiche stolpert. Sie kam von ihrem Freund, ...

Neustrelitz ist ein kleiner und bis vor wenigen Tagen auch ruhiger Ort an der Mecklenburger Seenplatte. Alles ändert sich als eine junge Frau in der Nacht über eine Leiche stolpert. Sie kam von ihrem Freund, den sie heimlich besuchte und war auf dem Heimweg. Dabei beobachtete sie ebenfalls, wie ein Mann und eine Frau die Leiche in den Zierker See stießen. Wer ist der Mann und warum wurde er getötet?

Marlene Torvett ist Krankenschwester, arbeitet aber nicht mehr in ihrem Beruf. Sie schreibt Romane und verdient damit Geld, sehr viel Geld. Damit es ihr nicht gar zu langweilig wird, hilft sie dem Hauptkommissar Babuske bei der Aufklärung von Kriminalfällen. Die beiden ergänzen sich sehr gut und arbeiten erfolgreich zusammen. Leider vergisst Marlene dabei häufig, sich zu schützen und sieht die Gefahr für Leib und Leben nicht.

Marlene Torvett und das Märchen vom Glück ist ein Kriminalroman, der sich gut lesen lässt. Es kommt immer mal wieder zu Verdachtsmomenten, die sich aber oft als nichtig herausstellen. Marlene ist eigensinnig und bringt den Kommissar immer mal wieder auf die Palme. Bis zum Ende, welches für mich nicht vorauszusehen war, hält die Autorin die Spannung hoch. Das gefiel mir gut und ich freue mich auf die nächsten Bücher von ihr. Sehr schön fand ich auch die Beschreibung der Landschaft. Die hätte für meine Begriffe ruhig noch ein wenig ausführlicher ausfallen können.

Veröffentlicht am 28.10.2019

Eine sehr gute Mischung aus Lovestory und Krimi

Im Fokus der Vergangenheit
0

Erst dachte ich: „Ein Liebeskrimi, was soll das denn sein?“ Aber ich bin neugierig und fing an zu lesen. Jetzt weiß ich nicht nur, was sich hinter dem Begriff verbirgt, sondern entdeckte ein neues Genre ...

Erst dachte ich: „Ein Liebeskrimi, was soll das denn sein?“ Aber ich bin neugierig und fing an zu lesen. Jetzt weiß ich nicht nur, was sich hinter dem Begriff verbirgt, sondern entdeckte ein neues Genre für mich. Worum geht es im Buch Im Fokus der Vergangenheit?

Eine junge Frau zieht wieder zu ihren Eltern nach San Diego. Sie hat dort einen Job bei der Polizei und zwar als Assistentin der Chefin. Die Kollegen sind freundlich und sie lebt sich schnell ein. Dass sie vor der Vergangenheit floh und nicht ganz freiwillig wieder bei den Eltern wohnt, das verschweigt sie. Das Schweigen rächt sich aber schon bald und ….

Neben der Spannung rund um Joselyne und ihrer Vergangenheit spielt auch die Liebe eine Rolle. Es knistert zwischen Jo und Eric, ihrem Kollegen, aber wie es sich entwickelt, ist keineswegs vorauszusehen. Im Fokus der Vergangenheit glänzt durch die fein ausgearbeiteten Charaktere. Es sind ganz „normale“ Menschen, die sowohl Fehler als auch ihre Vorzüge haben.

Im Fokus der Vergangenheit gefiel mir sehr gut und diese Mischung aus Liebe und Krimi ist der Autorin perfekt gelungen. Sie hat es verstanden, die Spannung aufzubauen und bis zur letzten Seite fiebert der Leser mit. Und die Liebesgeschichte ist niemals schnulzig oder dick aufgetragen. Ein tolles Debüt, das hoffentlich noch einige Fortsetzungen erhält.