Platzhalter für Profilbild

mabuerele

Lesejury Star
offline

mabuerele ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mabuerele über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.08.2020

Zwischen Pflicht und Liebe

Frau Beethoven
0

„..Sie wusste in diesem Moment, dass dieser Mann sie niemals loslassen würde. Es war nicht nur sein Äußeres, das ihr Herz schneller schlagen ließ, es waren nicht nur sein Witz und seine Charme, nein, es ...

„..Sie wusste in diesem Moment, dass dieser Mann sie niemals loslassen würde. Es war nicht nur sein Äußeres, das ihr Herz schneller schlagen ließ, es waren nicht nur sein Witz und seine Charme, nein, es war diese Musik, die ihr Innerstes erfüllte...“

Diese Worte gehen Josephine durch den Kopf, als sie Ludwig van Beethoven kennenlernt. Da ahnt sie noch nicht, was diese Liebe für sie bedeutet.
Es ist das Jahr 1799, als Josephine mit ihrer Mutter und ihrer 24jährigen Schwester aus dem ungarischen Martonvasar nach Wien reist. Der Vater lebt nicht mehr, und die Mutter hält es für geboten, ihre Töchter der Öffentlichkeit vorzustellen, damit sie den richtigen Ehemann finden. Außerdem plant sie, dass der junge Musiker und Komponist Ludwig van Beethoven ihre Töchter am Klavier unterrichten soll.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Ihr ist es ausgezeichnet gelungen, den Geist der Zeit wiederzugeben. Das zeugt von exakter Recherche.
Der Schriftstil lässt sich zügig lesen.
Gut beschrieben wird das Wien der damaligen Zeit. Josephines Mutter, die einst Hofdame bei Maria Theresia war, weiß, was in Adelskreisen üblich ist. Und das macht sie ihren Töchtern unmissverständlich klar.
Noch 1806, bei der Komposition seiner La Passionata, hat Beethoven die Hoffnung auf eine Zukunft mit Josephine nicht aufgegeben.

„...Eine wunderbare Melodie musste ausgearbeitet und wieder geschliffen werden wie ein Rohdiamant. So würde es auch mit ihm und Josephine sein...“

Dass Beethoven von Anfang von Josephine beeindruckt war, zeigt sich sicher auch darin, dass er dem Unterricht zustimmte. Bisher hat er dies bei vielen anderen immer abgelehnt.
Deutlich kommt zum Ausdruck, dass sich zwar der Adel mit Beethoven und seinem Können schmückte, er aber lange nicht wirklich dazugehörte. Als Heiratskandidat war er schon mal außen vor. Selbst die Titel der Kompositionen, die er für Josephine schrieb, mussten gut überlegt sein. Auch musste er Rücksicht auf seinen Mäzene nehmen, der ihn finanziell absicherte. Das klingt dann so:

„...Wie oft muss ich den Bückling machen, obwohl ich aufbegehren will. Ich muss mein Temperament drosseln wider meine Natur...“

Hier kommt klar zum Ausdruck, dass Beethoven kein einfacher Charakter war. Mit schönen Sprachbildern gelingt es der Autorin, seine Musik erlebbar wiederzugeben und sein Können als Pianist zu würdigen.
Entgegen ihrem Willen wird Josephine mit dem deutlich älteren Joseph Müller verheiratet. Trotzdem ist die Ehe glücklich. Er geht auf ihre Interessen ein und lässt ihr viel Freiheiten. Anders als es damals üblich war, regelt Joseph seinen Nachlass. Er sorgt dafür, dass Josephine nach seinem Tod die Verwalterin des Vermögens und der Vormund der Kinder wird. Was gut gemeint war, hat zwei Schattenseiten. Zum einen ist das Vermögen rasant im Schwinden begriffen, zum anderen würde Josephine bei einer Heirat mit Beethoven die Vormundschaft für die Kinder verlieren. Da Beethoven nicht von Adel ist, kann sie dies auch nicht an ihm übertragen.
Die Geschichte wird über weite Strecken aus Josephines Sicht erzählt. Das zeigt sich insbesondere in der Beschreibung ihres weiteren Lebens, aber auch in ihrer inneren Zerrissenheit. Sie fragt sich nicht nur einmal, ob sie sich Beethoven als Vater ihrer Kinder aus erster Ehe vorstellen könnte. Und sie wägt die Chancen einer Ehe mit deren Risiken ab.
Während sie bei Beethoven genau überlegt, was sie tut, geschieht das gegenüber anderen Männer nicht. Dadurch nimmt ihr Leben erneut eine unerwartete Wendung.
Ein ausführliches Nachwort und ein Personenverzeichnis runden die Geschichte ab.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Am Ende bleibt die Frage: Hätten sie eine Chance gehabt, wenn sich Josephine an den Wendestellen ihres Lebens anders entscheiden hätte oder haben die Zeitverhältnisse gar kein anders Szenarium zugelassen? Eine Frau zwischen Pflicht und Liebe, die sich letztendlich für die Pflicht entschieden hat und daran zerbrochen ist – genauso sehe ich Josephine.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.08.2020

Beeindruckender historischer Roman

Eine Liebe zwischen den Fronten
0

"...Stark wie der Tod ist die Liebe, heißt es in der Schrift, viele Wasser der Trübsal können sie nicht löschen…"

Im Berlin des Jahres 1870 sind Albert Tellier und seine Tochter Madeleine zu Gast bei ...

"...Stark wie der Tod ist die Liebe, heißt es in der Schrift, viele Wasser der Trübsal können sie nicht löschen…"

Im Berlin des Jahres 1870 sind Albert Tellier und seine Tochter Madeleine zu Gast bei Dr. Paul von Gerlau. Es soll der Tag ihrer Verlobung werden. Madeleine ist allerdings traurig, dass weder ihre Mutter noch ihr Bruder aus Frankreich gekommen sind.
Kurz bevor Paul die entscheidenden Worte sagen kann, klingelt es an der Tür. Paul bekommt seinen Einberufungsbefehl. In wenigen Worten formuliert die Autorin, was die Zukunft bringen wird:

„...Von diesem Tag an standen sie auf gegnerischer Seite...“

Nicht einmal der Austausch von Briefen war mehr möglich. Am 19.07.1870 beginnt offiziell der Krieg. Er wird Deutschland und Frankreich grundlegend verändern und eine Feindschaft besiegeln, die für die Zukunft nichts Gutes verheißt.
Die Autorin hat einen spannenden und exakt recherchierten historischen Roman geschrieben. Der Schriftstil ist ausgefeilt und passt sich gekonnt der Situation an.
Während Paul nach Coblenz als Militärarzt berufen wird, machen sich Madeleine und ihr Vater in die Heimat nach Metz auf den Weg.
Sehr berührend werden die Zeiten der Belagerung beschrieben sei es Metz oder Paris. Die Not ist mit den Händen greifbar. Hier erweist sich allerdings auch die Selbstsucht von Clotilde, Madeleines Mutter. Das unterscheidet sie grundlegend von ihrem Mann und ihrer Tochter. Madeleine stelt sich als Krankenschwester zur Verfügung.
Einer der schwierigsten Charaktere des Buches ist Clement, Madeleines Bruder. Er sympathisiert mit den Freischärlern und sieht seine Zukunft in einer französischen Republik. Innerlich aber ist er zerrissen. Er kann weder mit Adelsgebaren seiner Mutter etwas anfangen, noch versteht er seinen Vater, der zum Arbeiten und zur Weiterbildung nach Berlin gegangen war. Aber auch unter den Komunarden ist Clement ein Fremdkörper. Eigentlich gehört er nirgendwo dazu. Das hat dafür gesorgt, dass er alle und jeden hasst. Die Liebe zu seiner Schwester lässt sich allerdings nicht aus seinem Herzen reißen, auch wenn er ihr ab und zu furchtbare Dinge an den Kopf wirft.
Madeleine findet auf ihrer Reise immer wieder Hilfe. Es gibt auch in dunklen Zeiten Menschen, die sich das Erbarmen und Hilfsbereitschaft bewahrt haben, ohne auf die Nationalität und den Glauben zu sehen. Paul hatte das auf der geplanten Verlobungsfeier schon so formuliert.

"...Ich bin aber der Meinung, dass es gerade in Zeiten der Krise Menschen geben muss, die in ihrem privaten Leben ein Beispiel geben für Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit Vertrauen und Freundschaft, auch über Landesgrenzen hinweg…"

Die Beschreibungen der Schlachten und deren Grausamkeiten lässt sich nicht vermeiden. Die Autorin berichtet das Notwendige und hält sich meist wohltuend zurück.
Involviert in das Geschehen ist aber ungewollt noch eine weitere Nation. Frankreich verlässt sich unter anderen auf die Stärke seiner algerischen Hilfstruppen. Sie sind zwar Menschen zweiter Klasse, und das wird in ihrer Behandlung deutlich, aber um die Kohlen aus dem Feuer zu holen, sind sie gut genug. Dabei ist Karim, dessen Schwester Djamila als Dienstmädchen bei Clotilde arbeitet.
Madeleine und Paul geben auch in den schwersten Stunden die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft nicht auf. In jeder Zeile wird allerdings die Angst um den Partner und sein Schicksal deutlich.
Zu den interessanten Personen gehört Pauls Bursche. Der junge Mann hat im Krieg nichts verloren. Er wollte Priester werden. Dazu steht er nach wie vor. Und er bringt seine Meinung auf den Punkt:

"...Wie kann es sein, dass wir aufeinander schießen, obwohl es in der Schrift unzweideutig heißt, wir sollen selbst unsere Feinde lieben?…"

Einer historischen Person gibt die Autorin einen besonderen Part im Geschehen, denn ohne ihn wäre historisch nichts so gelaufen wie es gelaufen ist: Otto von Bismarck.
Eine Karte, ein Glossar, das Personenverzeichnis und Reisetipps ergänzen unter anderen das Buch. Hervorzuheben ist insbesondere das informative und ausführliche Nachwort.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt auf vielerlei Art und Weise die Schattenseiten eines Krieges. Und das, was einer der Protagonisten formuliert hat, gilt auch heute noch:

"...Wer Krieg führen will, findet einen Grund…"

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.08.2020

Sehr empfehlenswert

Die Sündenbraut
0

„...Wie ich die Kleine einschätze, wird sie dort eine Menge Schlamm aufwühlen und möglicherweise dem Falschen auf den Fuß treten...“

Bevor Gerald zu dieser Einschätzung von Fenja kommt, ist schon eine ...

„...Wie ich die Kleine einschätze, wird sie dort eine Menge Schlamm aufwühlen und möglicherweise dem Falschen auf den Fuß treten...“

Bevor Gerald zu dieser Einschätzung von Fenja kommt, ist schon eine Menge geschehen. Wir befinden uns im Jahre 1238. Fenja ist mit ihrer Ziehmutter Runhild unterwegs. Sie verdienen ihr Geld als Heilerinnen, kennen aber auch die Kunst, den Toten ihre Sünden zu nehmen. Sie werden meist dann gerufen, wenn ein Priester nicht rechtzeitig zur Stelle war. Einmal haben sie als Bezahlung einen jungen Welpen erhalten. Seitdem begleitet Rufus die beiden Frauen. Doch der Hund kann nicht verhindern, dass Runhild ermordet wird. Bevor sie für immer die Augen schließt, drückt sie Fenja ein Stück Stoff mit einem Wappen in die Hand. Fenja macht sich auf den Weg, um anhand des Wappens den Mörder zu finden.
Gerald von Aue dient als Ritter des Kaisers. Momentan findet der Krieg in der Lombardei statt. Der Ort Brecia will sich einfach nicht ergeben. Da lässt Friedrich Gerald rufen. Als einfachen Handwerker verkleidet soll er an den Rhein gehen, da ein dortiger Alchimist ein sogenanntes Donnerkraut erfunden hat.
Die Autorin hat einen spannenden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Als Gerald an der Isar überfallen und liegengelassen wird, treffen er und Fenja aufeinander. Sie zeigt ihm das Wappen. Beide reisen nun gemeinsam.
Neben der äußeren Spannung, die dadurch gewährleistet wird, dass der Mörder gekonnt Fenja auf den Fersen bleibt, was ich häppchenweise nebenbei erfahre, gibt es eine innere Spannung. Weder Fenja noch Gerald vertrauen sich dem anderen vollständig an. Jeder behält ein Geheimnis für sich.
Nebenbei erfahre ich einiges über die Heilmittel der Zeit.

„...Die Braunelle ist ein starkes Heilkraut. Zusammen mit paar inbrünstigen Gebeten an den Heiligen Blasius wird dein Sohn bestimmt wieder gesund werden...“

Fenja ist als selbstbewusste junge Frau aufgewachsen. Für Gerald ist es ungewohnt, dass ihn eine Frau Widerworte gibt. Doch nach und nach kann er damit umgehen. Außerdem ist spürbar, wie es zwischen beiden knistert.
Gerald darf ich bei der Herstellung des Donnerkrauts über die Schulter schauen. Als er die Rezeptur in der Hand hält, hat er eigentlich seinen Auftrag erfüllt. Jetzt aber kommen ihn Zweifel. Kann er die Waffe wirklich dem Kaiser in die Hand geben? Kann er dann mit der Schuld leben, vielen Menschen den Tod gebracht zu haben?
Ich lerne eine Menge über das Leben dieser Zeit, sei es bei den Bauern, in den Städten oder an den Höfen des Adels. Der Weg führt die Protagonisten von der Isar bis Burg Blankenburg am Rhein. Erst dort klärt sich Fenjas Herkunft und das Schicksal ihrer Familie.
Eine Karte und ein Personenverzeichnis ergänzen das Buch.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie hat genau die richtige Mischung aus Spannung und Information.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.07.2020

Empfehlenswert

Mein Puste-Licht-Buch: Wenn im Dunkeln Sterne funkeln
0

„...Benni Bär hat den ganzen Tag gespielt. Jetzt fallen ihm schon die Äuglein zu. Zum Einschlafen braucht er aber unbedingt sein Kuscheltier...“

Mit diesen Zeilen beginnt die zweite Doppelseite des farbenfrohe ...

„...Benni Bär hat den ganzen Tag gespielt. Jetzt fallen ihm schon die Äuglein zu. Zum Einschlafen braucht er aber unbedingt sein Kuscheltier...“

Mit diesen Zeilen beginnt die zweite Doppelseite des farbenfrohe Kinderbuchs. Doch nicht nur Benni Bär ist müde, auch Emma Ente, Fine Fuchs und Milo Maus. Mit wenigen Zeilen wird das jeweils beschrieben. Dabei kommen Dinge vor, die das Kind aus eigenen Erleben kennt wie Kuscheltier oder Schlaflied.
Die Bilder dazu sind kindgerecht und bieten viele Möglichkeiten, das eine oder andere darauf zu entdecken.
Das Buch hat aber noch eine besondere Eigenschaft. Im unteren Teil fällt ein Halbkreis auf, im oberen vier Löcher. Wenn das Kind auf das Loch im Halbkreis pustet, leuchten kurzzeitig die vier Löcher wie Sterne. Dazu wird es auf jeder Doppelseite aufgefordert.
Es empfiehlt sich, die Batterie auf der Rückseite nur einzuschalten, wenn das Buch benutzt wird. Die Seiten sind stabil und vorsichtig abwaschbar. Der technische Teil dürfte für kleine Kinderhände nicht zu öffnen gehen. Damit ist die nötige Sicherheit gewährleistet.
Das Einschlaf – Ritual gefällt mir sehr gut.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.07.2020

Wer die Gefahr unterschätzt ...

Vor dem Abgrund
0

„...Das Ding ist von einer Marktreife soweit entfernt wie die Erde vom nächsten bewohnbaren Planeten...“

Diese Worte von Ayaz fassen das Prüfergebnis der Studenten glasklar zusammen. Was aber war dem ...

„...Das Ding ist von einer Marktreife soweit entfernt wie die Erde vom nächsten bewohnbaren Planeten...“

Diese Worte von Ayaz fassen das Prüfergebnis der Studenten glasklar zusammen. Was aber war dem vorausgegangen?
Wir schreiben das Jahr 2031. Stephanie Ruber hat einen Termin bei Dr. Dr. Ing. Labner an der Universität Wien. Der lässt an ihrer Diplomarbeit keinen guten Faden. Das würde das Ende ihrer wissenschaftlichen Karriere auf dem Gebiet der Robotik und Nanotechnologie bedeuten. Dann macht er ihr erstaunlicherweise ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann. Sie soll zusammen mit einem Team die Marktfähigkeit der Nanobots einer japanischen Firma überprüfen.
In den letzten Jahren hatte Stephanie bei unterschiedlichen Gelegenheiten Miriam, Ayaz, Ralph und Steven kennengelernt. Die bilden nun das Team für den Test. Das Ergebnis zeigt das Eingangszitat.
Der Autor hat einen fesselnden Wissenschaftsthriller geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er passt sich gekonnt dem entsprechenden Inhalt an. Die technische Seite der Geschichte wird allgemeinverständlich erklärt, setzt aber, meiner Meinung nach, gewisse Grundkenntnisse in der Informatik voraus, um hinter die Feinheiten der Geschichte zu kommen. Logischerweise dominiert hier ein sachlicher Schriftstil.
Als besonderes Stilmittel gewährt mir der Autor ab und an einen Blick in Ralphs Gedankenwelt. Dies wird kursiv wiedergegeben.

„...Das war unsere Chance! Wir spürten ein Lodern der Begeisterung in uns. Bedenken gab es zu diesem Zeitpunkt keine. Wir waren gierig auf die Perspektive, die sich uns bot. Wir würden Teil der technischen Revolution sein...“

Mit dem Testergebnis verfliegt die Begeisterung, denn eines ist ihnen klar: Schreiben sie die Wahrheit, können sie sich einen neuen Job suchen. Bestätigen sie die Marktreife, dann bekommt der Kunde ein Produkt, dessen Software keinesfalls dem Preis entspricht und gravierende Sicherheitsrisiken aufweist.
Sie finden einen dritten Weg. Sie lassen die Markteinführung zu und bieten kurze Zeit später eine App an, die die Fehler ausbügelt. Noch ahnen sie nicht, auf was für ein Abenteuer sie sich einlassen.
Wichtige Etappen der technischen Entwicklung werden durch Zeitungsberichte unterstrichen. Auch ein reger Mailverkehr an einem Kernpunkt des Geschehens fehlt nicht.
Ab und an trifft ein feiner Humor meinen Nerv als Leser. Dazu gehören Melniks Worte:

„...Sie können alles planen, doch nicht, wann und wie Ihre Mandanten Fehler begehen, um die Sie sich kümmern müssen. Eines habe ich in fünfzig Berufsjahren gelernt: So richtig dampft die Kacke meist am Freitagabend...“

Schön zu lesen, wie sich nach dem Angebot der App in der Öffentlichkeit die Verantwortlichen der Firma gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben. Plötzlich hat es jeder schon gewusst, das die Zeit zu kurz und ein Studententeam für den Test ungeeignet sei. Nur einer findet eine sehr pragmatische Lösung – und damit beginnt der Aufstieg der Studenten.
Die Geschichte dieses Teils endet im Jahre 2042. Es ist spannend, zu verfolgen, wie sich die Protagonisten mit zunehmenden Erfolg auch in ihrer Persönlichkeit ändern.
Gegen Ende unterstützt der Schriftstil den nun rasanten Handlungsablauf.
Im Kopf jeden Kapitels wird der Name des Protagonisten, der Ort, Datum und Uhrzeit genannt. Eingerahmt wird das Ganze mit stilisierten Leitungen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das liegt auch an der Ausgewogenheit der Darstellung. Anfangs geht es um die Vorteile der Nanobots, bevor die Handlung kippt. Das folgende Zitat einer der Protagonisten steht ganz am Anfang vor dem ersten Kapitel. Es sollte uns Mahnung sein.

„...Alle streben nach Wachstum. Der Hunger nach mehr ist grenzenlos und es ist offensichtlich, dass diese maßlose Gier, von der unsere Welt getrieben wird, viele für die Realität blind macht. Jedes Wachstum hat Grenzen, natürliche oder künstlich geschaffene. Dort, wo der Ausbreitung keine Grenzen gesetzt werden, spricht man nicht mehr von Wachstum, sondern von Krebs...“

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere