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Veröffentlicht am 02.09.2020

Ganz famos!

Der falsche Preuße
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Mit dem Hauptmann Wilhelm Freiherr von Gryszinski schickt Uta Seeburg einen rundum freundlichen Zeitgenossen auf Verbrecherjagd. Gryszinski kommt aus Berlin, ist Reserveoffizier der preußischen Armee und ...

Mit dem Hauptmann Wilhelm Freiherr von Gryszinski schickt Uta Seeburg einen rundum freundlichen Zeitgenossen auf Verbrecherjagd. Gryszinski kommt aus Berlin, ist Reserveoffizier der preußischen Armee und das Schöne: Er ist einfach nur glücklich in München, wo er bei der Königlich Bayerischen Polizeidirektion arbeitet.

Ein Genießer ist er, verliebt in seine Frau und ein bisschen auch in München, das er sich bei seinen Ermittlungen gerne mal zu Fuß erwandert. Überhaupt entspricht dieser Ort so sehr seiner Wesensart, dass man sich fragt, wie er es jemals als Preuße ins Erwachsenenalter geschafft hat.

Auf den Punkt kommt diese Entwicklung bei einer privaten Abendgesellschaft mit seinen Jugendfreunden aus Berlin: Während die Kollegen in ihre Uniformen gewandet zur Soirée erscheinen, begnügt sich Gryszinski mit dem Anzug, vor allem, weil er sich aus der Dragonerkluft schon lange lustvoll herausgefuttert hat.

Als Leser sind wir staunender Begleiter Gryszinskis, der sich mit allen Sinnen durch die herbstliche Pracht seiner Wahlheimat bewegt. Wir schreiben das Jahr 1894, die Trambahn wird noch von Pferden gezogen, wenngleich man ab und an schon eins dieser neuartigen Automobile sichtet, für das es in München bereits einige wenige Fahrerlaubnisse gibt.

Und auch Gryszinski ist beruflich seiner Zeit voraus, denn er bedient sich neuester kriminalistischer Methoden. Der Spurensuche am Tatort etwa und ihrer akribischen Dokumentation sowie der Daktyloskopie, also der Feststellung von Fingerabdrücken, mit deren Hilfe Personen neuerdings tatsächlich identifiziert werden können.

Ach ja, und einen Mord gibt es auch. Das Opfer wird am Ufer der Isar gefunden, mittels einer Ladung Schrot erschossen und in einen Mantel aus Vogelfedern gewandet. Bei seinen Ermittlungen lernt Gryszinski Zeitgenossen unterschiedlichster Couleur kennen, unter anderem die dekadente Nervensäge Eduard Lemke, einen Emporkömmling und Angeber, der uns in seiner überkandidelten Prachtvilla mindestens so unerträglich wird wie unserem wackeren Ermittler. Durch Lemke handelt sich Gryszinski zu allem Überfluss auch noch eine missliebige Spionagetätigkeit für die preußische Regierung ein, bei der es um ein zurückliegendes Verbrechen in der Kolonie Deutsch-Ostafrika geht.

Alles in allem: Gryszinskis Kriminalgeschichte ist ein kompletter Genuss, und dazu als Serie angelegt. Das ist besonders erfreulich.

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Veröffentlicht am 29.08.2020

Kabinett der schrägen Figuren

Malamander - Die Geheimnisse von Eerie-on-Sea
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„Malamander – Die Geheimnisse von Eerie-on-Sea“ lebt von der skurrilen Atmosphäre, die dieser winterlich verlassene, englische Badeort versprüht. Für jüngere Kinder könnte das eine Spur zu trist sein, ...

„Malamander – Die Geheimnisse von Eerie-on-Sea“ lebt von der skurrilen Atmosphäre, die dieser winterlich verlassene, englische Badeort versprüht. Für jüngere Kinder könnte das eine Spur zu trist sein, ältere Leser werden ihre Freude genau daran haben.

Held der Geschichte ist Herbert Lemon, der pflichtbewusste kleine Sachenfinder des Grand Nautilus Hotels – einer mondänen, jetzt aber fast gänzlich entleerten Nobelherberge am Platze.

Im und um das Hotel versammelt sich eine einzigartige Gruppe von Figuren, die meist seltsam isoliert voneinander agieren: Neben Herbert, dem man bis zum Schluss nicht wirklich nahe kommt, ist da zum Beispiel Violet Parma, eine wagemutige Ausreißerin, die ihre verschollenen Eltern sucht. Dazu kommen Sebastian Eels, ein zwielichtiger, harpunenbewehrter Schriftsteller, die verschrobene Hotelbesitzerin Lady Kraken, Wendy Fossil als ebenso hauptberufliche wie undurchsichtige Strandgutsammlerin, ein orakelnder Meeraffe, ein verfluchter Kapitän und natürlich der Malamander, das legendenumwobene Seeungeheuer, nach dem das Buch betitelt ist.

Allein diese beachtliche Ansammlung schräger Vögel in nur einer Geschichte macht das Buch lesenswert. Hinzu kommen maritime Abenteuer, Geschichten aus alten Zeiten und ungeklärte Familiengeheimnisse – das alles umweht von einem genüsslichen Hauch Einsamkeit und der tröstlichen Erkenntnis, dass nicht jede Anstrengung in ein perfektes Ende mündet.

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Veröffentlicht am 28.07.2020

Anti-Fee

Klara Katastrofee und das große Feen-Schlamassel (Klara Katastrofee 1)
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Wenig feenhaft flattert Klara übers Kornblumenfeld. Während die anderen adrett frisiert und sauber gekleidet durch ihre Gefilde schweben, hat sie es nicht so mit dem Ordentlichen. Und auch manch magischer ...

Wenig feenhaft flattert Klara übers Kornblumenfeld. Während die anderen adrett frisiert und sauber gekleidet durch ihre Gefilde schweben, hat sie es nicht so mit dem Ordentlichen. Und auch manch magischer Versuch geht in die Binsen.

Klara trifft dann den Menschenjungen Oskar, der ihr seine absonderliche Welt zeigt und Klara dabei hilft, ihr geliebtes Kornblumenfeld zu retten.

Die simple Geschichte ist inhaltlich für jüngere Kinder geeignet. Fürs Selberlesen sollten sie etwas Übung mitbringen, denn die Texte sind zum Teil doch stramm gebaut.

Anspruchsvolle Vorleser könnten die teils abgenudelten Formulierungen stören. Hier wird verschmitzt gegrinst, unwillkürlich an etwas gedacht, sichtlich erleichtert aufgeatmet, herzhaft reingebissen und natürlich fieberhaft nachgedacht.

„Klara Katastrofee“ ist jedoch mit seinen großformatigen und satt colorierten Bildern ein klarer Hingucker.

Insgesamt freundliche dreieinhalb Sterne für Klara und Konsorten.

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Veröffentlicht am 22.03.2020

Eher experimentell

Das Rätsel von Ainsley Castle
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Lizzy erhält seltsame E-Mails von einem Unbekannten. Der berichtet live aus ihrem Leben, und er zitiert sogar exakt aus ihren Gedanken. Wer tut sowas und was bezweckt er damit? Die Liste der Verdächtigen ...

Lizzy erhält seltsame E-Mails von einem Unbekannten. Der berichtet live aus ihrem Leben, und er zitiert sogar exakt aus ihren Gedanken. Wer tut sowas und was bezweckt er damit? Die Liste der Verdächtigen ist klein, denn das Buch kommt mit wenigen Figuren aus. Die Lösung ist – sagen wir mal: experimentell.

Was irgendwie enttäuschend ist, denn sowohl der Titel als auch das Umschlagbild suggerieren ein fesselndes Abenteuerbuch für Kinder. Was man kriegt, ist eine dialog- und techniklastige Geschichte, die auf der einen Seite zu unlogisch ist, um zu überzeugen, und auf der anderen Seite zu wenig Zauberhaftes hat, um als Fantasy durchzugehen.

Dabei sind erstklassige Voraussetzungen für ein bildgewaltiges und spannendes Abenteuer gegeben: Die Handlung spielt in einem Hotel auf einer schottischen Insel, nahe einer alten Burgruine, in der angeblich eine getötete Hexe spukt. Dazu gibt es unter anderem eine fiese Stiefmutter, eine mysteriöse Doppelgängerin und den attraktiven Freund mit Computerkenntnissen.

Dieses Potential bleibt ungenutzt. Stattdessen münden viele Ansätze ins Leere. Zu bemängeln sind insbesondere die ausufernden Lagebesprechungen der Kinder und die langatmigen Gedankengänge, ohne dass sich ein Ergebnis abzeichnet. Die Dialoge ziehen sich, und auch für des Rätsels schwache Lösung nimmt sich die Autorin viel Zeit, ohne dass sie dadurch plausibler wird.

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Veröffentlicht am 20.09.2019

Rastloses Spektakel

Die Waldmeisterinnen
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Um Waldmeister geht es nicht in diesem Buch, obwohl es bei dem Titel „Die Waldmeisterinnen“ eine gute Idee gewesen wäre, zu erklären, dass der Geschmack nicht grün ist und auch nicht aus der Flasche kommt. ...

Um Waldmeister geht es nicht in diesem Buch, obwohl es bei dem Titel „Die Waldmeisterinnen“ eine gute Idee gewesen wäre, zu erklären, dass der Geschmack nicht grün ist und auch nicht aus der Flasche kommt.

„Waldmeisterinnen“ sind Holly und Lia erstmal, weil sie im Wald wohnen und da einen Laden haben. Lia ist Bäckerin und Holly ist Erfinderin; zusammen sind sie leidenschaftliche Problemlöser.

Das Geschäft läuft aber nicht so gut. Da haben die zwei die Idee, mal ein Fest für die Waldbewohner zu machen. So kommt endlich Schwung ins Kontor und die Nachfrage der Tiere ist so groß, dass Holly und Lia sogar Termine für ihre Dienstleistungen vergeben.

Wobei die vermeintlichen Probleme der Kundschaft meist harmloser Natur sind. Der Wolf braucht zum Beispiel eine Sockenanziehhilfe und die Wildschweinkinder wünschen sich einen Ball, der automatisch wieder zurückrollt. Das kriegen die zwei
hyperaktiven Waldmeisterinnen natürlich hin und sprühen dabei nur so vor guter Laune und Hilfsbereitschaft.

„Die Waldmeisterinnen“ ist eine abgedrehte, rastlos erzählte Geschichte ohne Verschnaufpausen. Ein Thema ist noch nicht ganz beendet, da geht es auch schon an einer anderen Stelle rund.

Das hektische Geschehen wird durch die überfüllten Satzkonstruktionen zusätzlich aufgeladen. Auf der anderen Seite punktet das Buch mit vielen bunten Illustrationen und einem liebevollen Layout.

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