Profilbild von melange

melange

Lesejury Star
offline

melange ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit melange über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.11.2025

Schwere Kost

Haus zur Sonne
0

Zum Inhalt:
Der Ich-Erzähler kämpft mit seiner psychischen Krankheit, die ihn schon viele Beziehungen und Freundschaften gekostet hat und ihn zudem im Beruf behindert. Jetzt hat er beschlossen, seinem ...

Zum Inhalt:
Der Ich-Erzähler kämpft mit seiner psychischen Krankheit, die ihn schon viele Beziehungen und Freundschaften gekostet hat und ihn zudem im Beruf behindert. Jetzt hat er beschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen und dafür das Angebot des "Haus zur Sonne" zu nutzen. Hier darf er bis zu seinem durchgeführten Tod auf Verlangen in Simulationen das Glück finden, dass ihm im wahren Leben verwahrt bleibt. Doch will man überhaupt noch sterben, wenn das funktioniert?

Mein Eindruck:
Zu Beginn zieht einen die Geschichte wunderbar in ihren Bann; man hofft und bangt mit dem Erzähler, bedauert ihn, leidet mit ihm und wünscht ihm einen Ausweg aus seiner Krankheit. Doch irgendwann wird es für die Leser ähnlich ermüdend wie für den Protagonisten, wenn sich die Konversationen immer wieder um "das eine" drehen, nämlich den Weg zum Ziel und warum er gegangen werden muss, oder ob man ihm letztendlich ausweichen möchte. Irgendwann ist dann auch die Empathie aufgebraucht (ähnlich wie bei Freunden, Verwandten und Kollegen des Erzählers) und man hofft auf ein Ende - wie auch immer dieses gestaltet sein mag - weil die Geschichte kreist und kreist. In schönen Sätzen, wunderbaren Ideen und mit wirklich gut ausgearbeiteten Charakteren... aber sie bewegt sich kaum vorwärts. Doch eins muss man dem Autor unbedingt lassen: Das Ende ist absolut genial!

Mein Fazit:
Für Menschen mit viel Empathie und Leidensfähigkeit und wunderbar geschrieben

Veröffentlicht am 26.10.2025

Fingerübung

Down Cemetery Road
0

Zum Inhalt:
Während Sarah einen Geschäftspartner ihres Mannes und ein befreundetes Paar bewirtet, fliegt ein Haus in der Nachbarschaft in die Luft. Das bei dem Anschlag anwesende Kind geht Sarah nicht ...

Zum Inhalt:
Während Sarah einen Geschäftspartner ihres Mannes und ein befreundetes Paar bewirtet, fliegt ein Haus in der Nachbarschaft in die Luft. Das bei dem Anschlag anwesende Kind geht Sarah nicht mehr aus dem Kopf; insbesondere deshalb, weil es spurlos verschwunden scheint. Sarah versucht es zu finden und bringt sich und ihr Umfeld in Lebensgefahr.

Mein Eindruck:
Was Mick Herron später in seiner Slow-Horses-Serie in Perfektion betreibt - Licht und vor allen Dingen Schatten im Umfeld von Macht und Geheimdiensten - ist in dem schon vor zwanzig Jahren erschienenen Buch noch eine Fingerübung. Herron zeigt auch hier schon die Distanz der (Schreibtisch-)Täter, die sich an Menschen wie an Schachfiguren bedienen: Gerne nützlich, um sich einen Vorteil zu verschaffen aber zumeist auch einfach nur Kanonenfutter. Mit der Figur der Privatermittlerin Zoe Boehm, die allerdings erst im zweiten Teil des Buches von einer Rand- zu einer Hauptfigur wird, kommt auch der lakonische, schwarze Humor zum Tragen und das Buch gewinnt dadurch nicht nur an Tempo, sondern auch an Esprit. Denn die Spannung ist von Beginn vorhanden, - den perfiden Einfällen Mick Herrons sei Dank, der nicht müde wird, die Politprofis aus der zweiten Reihe gekonnt zu diskreditieren und jedem seiner Leser auch schon in diesen Büchern die Blauäugigkeit und das Glauben an das Gute mit dem Dampfhammer aus dem Leib prügelt... oder mit einer Schrotflinte.... oder Zahnseide.... Kreativität ist Micks zweiter Vorname!

Mein Fazit:
Ein Muss für jeden Verschwörungstheoretiker, der es schon immer gewusst hat

Veröffentlicht am 26.10.2025

Geld allein macht nicht glücklich

Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code (Die Mordclub-Serie 5)
0

... und hier beruhigt es noch nicht einmal.

Achtung:
Das Buch ist Teil einer Serie und auch wenn man es ohne Kenntnis der Vorgänger hören oder lesen kann, macht es den doppelten Spaß, wenn die Vorgeschichten ...

... und hier beruhigt es noch nicht einmal.

Achtung:
Das Buch ist Teil einer Serie und auch wenn man es ohne Kenntnis der Vorgänger hören oder lesen kann, macht es den doppelten Spaß, wenn die Vorgeschichten bekannt sind.

Zum Inhalt:
Joyce' Tochter heiratet und auf der Feier findet Elizabeth den Trauzeugen Nick in einem schlechten Zustand vor. Es stellt sich heraus, dass jemand nach Nicks Leben trachtet, weil dieser Bitcoins in hoher Menge, aber nur die Hälfte des Zugangscodes besitzt. Die andere Hälfte gehört seiner Geschäftspartnerin Holly. Als Holly stirbt und Nick spurlos verschwindet, wird es zur Ehrensache für das Quartett aus der Altenresidenz, die Hintergründe aufzuklären.

Mein Eindruck:
Mit viel schwarzem Humor und der Fähigkeit, selbst die trockene Welt der Finanzen anschaulich, spannend und leicht verdaulich zu gestalten, bleibt auch das fünfte Buch von Richard Osman nicht hinter den (hohen) Erwartungen zurück. Unterstützt von zwei sehr guten Sprechern (Beate Himmelstoss für Joyce' direkte Ansprache, Johannes Steck für alle anderen Erzählungen in der dritten Person) amüsiert der Text mit liebenswerten Charakteren bis in die kleinste Nebenfigur, die zudem mit glaubhaften Entwicklungen überzeugen. Dass selbst die Gauner Herz zeigen können und sich Allianzen ergeben, mit denen nicht zu rechnen ist, macht einfach nur Spaß, überrascht und überzeugt. Schön, dass ganz nebenbei die Rekrutierung von Nachwuchs vorbereitet wird, vor allen Dingen dann, wenn dem Alter doch ab und an Tribut gezollt werden muss. Dadurch und durch die hohe Anzahl an interessanten unterstützenden Charakteren behält sich Osman die Möglichkeit vor, die Senioren noch oft ermitteln zu lassen - und das ist auch gut so!

Mein Fazit:
Gerne mehr, gerne schnell - bevor einer möglicherweise ganz natürlich ins Gras beißen muss

Veröffentlicht am 12.10.2025

Gut ausbalanciert

Zuhause ist vorübergehend geschlossen
0

Diese Rezi behandelt das Hörbuch

Zum Inhalt:
Das komplette Pflegepersonal streikt und die Regierung beschließt per Notverordnung, die Bewohner der Pflegeheime in Privathaushalten unterzubringen. Meistens ...

Diese Rezi behandelt das Hörbuch

Zum Inhalt:
Das komplette Pflegepersonal streikt und die Regierung beschließt per Notverordnung, die Bewohner der Pflegeheime in Privathaushalten unterzubringen. Meistens trifft es Verwandte; doch da einige Insassen über keinerlei Familie verfügen, werden auch andere Personen mit teilweise dementen alten Menschen beglückt. Und wo es schnell gehen muss und viel in kürzester Zeit zu erledigen ist, passieren auch Fehler und so sucht ein Sohn seinen Vater, während die Geduld vieler Familien auf die Probe gestellt wird, - denn zu allem Überfluss ist bald Weihnachten.

Mein Eindruck:
Das Buch hält - auch durch die gute Sprecherin - hervorragend die Balance zwischen trockenem Humor (nie Slapstick) und ernsten Momenten. Durch die Augen einiger exemplarisch ausgewählter Personen führt die Autorin Antje Huhs behutsam und doch eindringlich Lesern und Hörern vor Augen und Ohren, was bei einem Streik des Pflegepersonals auf die Bürger zukommen könnte. Dabei kann man sehr viele Standpunkte verstehen, - selbst die egoistischen und listigen Versuche, sich aus der Verantwortung zu tricksen oder der bisweilen bösartig erscheinende Umgang mit den alten Leuten wird von Huhs mit Gründen unterfüttert, die nachvollziehbar sind. Das Buch wird dadurch ein wunderbares Exemplar für die Nutzung von Grautönen - nur schwarz und weiß ist eben keine Menschenseele - und in dieser Tradition hält die Autorin ein Ende bereit, welches genau das spiegelt: Nicht alles ist rosarot, aber es gibt Ansätze von Hoffnung.

Mein Fazit:
Perfekt für die besinnliche Zeit - mit Glitzern von Humor

Veröffentlicht am 04.10.2025

Was danach geschah

Westend
0

Diese Rezi behandelt das Hörbuch

Zum Inhalt:
Gereon Rath bekommt im Seniorenheim Besuch von einem Historiker, welcher ihn über die Zustände bei der Berliner Polizei vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg ...

Diese Rezi behandelt das Hörbuch

Zum Inhalt:
Gereon Rath bekommt im Seniorenheim Besuch von einem Historiker, welcher ihn über die Zustände bei der Berliner Polizei vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg befragen will. Als das Interview jedoch schnell ins Persönliche gesteuert wird, zeigt sich, dass beide Herren dem anderen etwas vortäuschen.

Mein Eindruck:
Dieses kurze Hörspiel mit perfekt ausgesuchten Sprechern ist ein Bonbon für die Liebhaber der Buchreihe. Diese beschäftigte sich mit Raths Erlebnissen als Polizist in der Weimarer Republik mit all den Herausforderungen, die es damals gab: Aufkommender Nationalsozialismus, Judenhass, SA und Verbrecherringe. Wer also schon immer wissen wollte, was mit einigen der Hauptakteure passierte, ist hier wirklich gut aufgehoben, - anderen werden die vielen Namen, Orte und Handlungen nicht so viel sagen. Aber wie Volker Kutscher sein Garn weiterspinnt, sich mit der Nachkriegsgeschichte in BRD und DDR bei aller Kürze perfekt auf den Punkt befasst, ist auch für Nichtkenner interessant; insbesondere die Einbindung von echten Personen der Zeitgeschichte gefällt dabei. Kutscher zeigt auch damit, dass viele Menschen auf die Füße fallen, egal was sie verbrochen haben und es trotzdem immer wieder welche gibt, die zu ihren Überzeugungen stehen, - egal, was es kostet.

Mein Fazit:
Ein Mensch kann nicht aus seiner Haut