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Veröffentlicht am 10.08.2017

Endstation Neukölln

Endstation Neukölln
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In Neukölln gibt es zwei Tote: einen Drogendealer, der erstochen wurde und einen Rechtsextremen, der erschlagen wurde. Hauptkommissar Breschnow und sein Team müssen beide Fälle aufklären. Dabei werden ...

In Neukölln gibt es zwei Tote: einen Drogendealer, der erstochen wurde und einen Rechtsextremen, der erschlagen wurde. Hauptkommissar Breschnow und sein Team müssen beide Fälle aufklären. Dabei werden sie mit Existenzen konfrontiert, die in einem schwierigen sozialen Umfeld leben und den Weg in ein normales Leben nicht finden. Und dann gibt es noch die Menschen, die diese Situationen für ihren eigenen Vorteil ausnutzen. Bei seinen Ermittlungen bringt Breschnow sich und andere in tödliche Gefahr.

Dieser Krimi hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte ist sehr realitätsnah und atmosphärisch dicht. Ich war stets fest beim Buch gefangen und es gab keine Passagen, die langweilig oder uninteressant waren oder die keine Informationen brachten. Dadurch empfand ich das Lesen und die Geschichte als sehr intensiv.
Die Einblicke in die schwierigen sozialen Probleme wie Drogen- und Alkoholsucht und Obdachlosigkeit und die daraus resultierenden Folgen, insbesondere für Angehörige und Freunde, gefielen mir sehr gut. Dass es häufig eine ausweglose Situation ist, macht betroffen. Zum Beispiel gibt es hier das Mädchen Kimmie, deren Mutter Alkoholikerin ist und die sich deshalb nicht mehr vernünftig um ihre Kinder kümmern kann. Kimmie übernimmt weitestgehend diese Rolle und sorgt sich rührend um ihre beiden kleinen Schwestern. Nebenbei ist ihr seit frühester Kindheit bester Freund Toto den Drogen verfallen. Auch ihm versucht sie zu helfen, auch wenn sie seinem Verfall machtlos gegenüber steht. Die Auswirkungen dieser Situationen auf sie wurde sehr gut dargestellt.
Die Charaktere wurden insgesamt gut ausgearbeitet. Sie waren für mich authentisch und greifbar. Einzig Breschnow war ein Charakter, den ich eher unsympathisch fand. Er ist schwerer Alkoholiker, aber noch immer im aktiven und leitenden Polizeidienst. Durch seine Trinkerei verhielt er sich teilweise unprofessionell und unverständlich und brachte sich und andere dadurch auch in Gefahr. Ich kann und will mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein schwerer Alkoholiker in einer solchen Position geduldet wird.
Der Fall selbst war prima durchdacht und ich hatte viel Raum zum Rätseln. Bei dem ersten Mord schien der Täter zuerst klar, während beim zweiten Mord schon mehr Fragen auftauchten. Aber so klar war es dann doch nicht, denn je weiter die Geschichte fortschritt, umso mehr kam ich ins Grübeln. Zu Recht, wie sich am Ende herausstellte.
Der Krimi war durchgängig spannend, wobei die Spannung nicht ganz oben war. Aber ich war stets neugierig, wie die Zusammenhänge sind, ob die beiden Morde eventuell miteinander in Verbindung stehen und wer der Mörder ist.
Das Ende gefiel mir sehr gut, denn es war stimmig und alles wurde nachvollziehbar aufgelöst.

Ein sehr dichter Krimi, den ich empfehlen kann. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 06.08.2017

Die Hölle im Kinderheim

Die Hölle im Kinderheim
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Dieses Buch befasst sich mit den Missbräuchen in einem katholischen Kinderheim in Luxemburg durch Geistliche und Beschäftigte. Dutz, der in den fünfziger Jahren selbst ein Heimkind in dieser Anstalt war ...

Dieses Buch befasst sich mit den Missbräuchen in einem katholischen Kinderheim in Luxemburg durch Geistliche und Beschäftigte. Dutz, der in den fünfziger Jahren selbst ein Heimkind in dieser Anstalt war und dort seine Kindheit und Jugend verbrachte, spricht über die unvorstellbaren Grausamkeiten, die ihm und den anderen Kindern zugefügt wurden. Er hat psychischen und physischen sowie sexuellen Missbrauch erleiden müssen, er wurde gefoltert und ausgebeutet und stark traumatisiert. Durch seine Erzählungen will er das Schweigen brechen.

Dieses Buch ist wirklich heftig. Es liest sich wie eine Dokumentation über unfassbare Grausamkeiten, die an unschuldigen Kindern verübt werden. Die Hauptperson ist Dutz, doch es gibt auch Berichte von vielen anderen Kindern, denen Dutz begegnet ist.
Positiv finde ich, dass man liest, wie die jeweiligen Kinder überhaupt im Kinderheim gelandet sind. Häufig wurden sie abgeschoben, weil sie im Weg waren, zu anstrengend oder schlichtweg die Zeit fehlte, um sich um sie zu kümmern. Alles keine Gründe, ein eigenes Kind abzuschieben. Aber den Eltern wurde suggeriert, dass die Kinder im Heim in besten Händen seien. Doch ob es so ist, haben die Eltern nicht mehr interessiert. Kaum im Heim angekommen, wurden diese Kinder sofort auf verschiedenste Arten misshandelt. Schläge und Essensentzug sowie Isolationen im Keller waren an der Tagesordnung. Ihnen wurde stets eingebläut, dass sie nichts wert seien.
Die Kinder wurden als kostenlose Arbeitskräfte missbraucht, obwohl sie oftmals viel zu schwach für die Arbeit waren. Auch wurden sie an andere Familien ausgeliehen, um dort anfallende Arbeiten zu erledigen. Den Lohn steckte das Heim ein, die Kinder erhielten Schläge.
Diese Greueltaten wurden durch sexuellen Missbrauch getoppt. Geistliche vergingen sich an den hilflosen Kindern und sie wurden auf den Kinderstrich geschickt.
Die Verantwortlichen, insbesondere die katholische Kirche, versuchen die Anschuldigungen zu vertuschen und Betroffene mit Geld mundtot zu machen. Das zugefügte Leid will niemand anerkennen, obwohl dies das Mindeste wäre.
Das Buch ist wirklich schockierend, denn die Beschreibungen beschönigen nichts. Zwar geht es hier um ein Kinderheim in Luxemburg, doch es ist mittlerweile bekannt, dass es solche Missbräuche zu dieser Zeit in vielen Ländern gab und die Betroffenen noch heute darunter leiden.

Ein lesenswertes Buch, das nichts verschweigt und gehört bzw. gelesen werden sollte. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 04.08.2017

"Bea macht blau" von Tessa Hennig

Bea macht blau
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Beas Leben steht auf dem Kopf. Ihre Tochter ist ausgezogen, weil sie mit ihrem Freund zusammenleben will. Ihr Mann zieht es vor, statt Zeit mit Bea zu verbringen, sich lieber seiner Geliebten zu widmen. ...

Beas Leben steht auf dem Kopf. Ihre Tochter ist ausgezogen, weil sie mit ihrem Freund zusammenleben will. Ihr Mann zieht es vor, statt Zeit mit Bea zu verbringen, sich lieber seiner Geliebten zu widmen. Bea reicht es und sie macht sich auf den Weg ins Baskenland zu ihrer Schwester Karin, auch wenn die beiden schon lange keinen Kontakt mehr hatten. Das Klima, die netten Menschen und das leckere Essen zeigen Bea, wie schön das Leben sein kann. Ist vielleicht genau dort der Ort, wo sie bleiben will?

Dieser Roman hat mir sehr gut gefallen. Ich habe einen entspannenden, unterhaltsamen und schönen Sommerroman erhofft und diesen auch bekommen.
Dank des flüssigen und leicht verständlichen Schreibstils konnte ich sofort in die Geschichte von Bea eintauchen. Die Beschreibungen, insbesondere im Baskenland und dem dortigen Gästehaus, fand ich unglaublich bildhaft und detailliert. Ich fühlte mich wirklich mittendrin und habe das alles prima miterleben können.
Neben den manchmal traurigen Momenten gibt es auch viele Szenen, die mich zum Lachen brachten. Das war eine tolle und lebhafte Mischung.
Bea ist ein toller und menschlicher Charakter. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr authentisch beschrieben, so dass ich richtig mit ihr mitfühlen konnte. Zuerst der gefühlte Verlust der Tochter, weil diese auszieht und ihre Mutter vielleicht nicht mehr braucht. Dann die Enttäuschung über den Ehemann, der eine Affäre hat und sich von Bea trennen möchte. Ihre Welt ist plötzlich nicht mehr die, die sie all die Jahre war. Schön fand ich, dass Bea sich die Probleme in ihrer Ehe eingesteht, aber trotzdem nicht den Kopf in den Sand steckt, sondern zu ihrer Schwester fährt.
Die Erlebnisse und Erfahrungen, die Bea im Baskenland sammelt, fand ich toll beschrieben. Sie lernt dort Menschen kennen, die freundlich und entgegenkommend sind. Und sie und ihre Schwester Karin bekommen die Möglichkeit, sich wieder anzunähern. Außerdem kommt Bea ihrem Traum von einem Hotel ganz nahe, denn das Gästehaus braucht einen neuen Besitzer und muss auf Vordermann gebracht werden.
Das Ende hat mir sehr gut gefallen, denn es war stimmig und positiv. Es passte perfekt zu der ganzen Geschichte.

Ich kann diesen Sommerroman sehr empfehlen und vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 01.08.2017

Kommando Schluckspecht

Kommando Schluckspecht
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Tim Feldmann hat in seiner Heimatstadt Bottrop die Lieblingskneipe von sich und seinen Freunden übernommen, in der sie ihre regelmäßigen Kegelabende abhalten. Allerdings hat Tim gar keine Ahnung von Gastronomie. ...

Tim Feldmann hat in seiner Heimatstadt Bottrop die Lieblingskneipe von sich und seinen Freunden übernommen, in der sie ihre regelmäßigen Kegelabende abhalten. Allerdings hat Tim gar keine Ahnung von Gastronomie. Zum Glück hat er seine Bardame Jutta, die viel für ihn regelt. Doch mit der Kneipe läuft es leider nicht gut. Zu allem Überfluss hat seine Freundin Lisa dann auch noch eine erschreckende Neuigkeit für ihn: sie hat ein lukratives Jobangebot in München erhalten und will mit Tim dorthin ziehen. Ausgerechnet München! Tim will seine Kneipe und seine Freunde nicht verlassen und so schmiedet er einen Plan.

Dieses Buch hat mich super gut unterhalten! Es gab unendlich viele Szenen, bei denen ich lauthals lachen musste und das Kopfkino an ging. Herrlich!
Der Schreibstil ist locker-leicht und passt perfekt zu der humorvollen Geschichte. Sehr gut gefallen hat mir auch der breite Dialekt von Jutta, der zusammen mit ihren Sprüchen und Weisheiten einfach grandios rüber kam.
Die Charaktere sind authentisch und mit ihren speziellen Eigenarten beschrieben und ich konnte sie mir sehr gut vorstellen. Es hat mir großen Spaß gemacht, bei den Kegelabenden der Freunde im Schluckspecht dabei zu sein. Die Ideen, die sie zur Rettung des Schluckspechts und zum Schlechtmachen von München entwickeln, waren spitze. Auch die gegenseitigen Attacken zwischen Tim und seinem Konkurrenten Orgun, der das Barlokal “fit-and-green” für gesunde Sachen wie Smoothies betreibt, waren sehr unterhaltsam.

Dieses Buch macht einfach einen riesigen Spaß und ich kann es unbedingt empfehlen. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 29.07.2017

Die Lieferantin - konnte mich nicht überzeugen

Die Lieferantin
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In London in nicht weit entfernter Zukunft: Der Brexit hat seine Spuren hinterlassen und die Regierung will nun einen Druxit beschließen, also den absoluten Verbot sämtlicher Drogen verbunden mit extrem ...

In London in nicht weit entfernter Zukunft: Der Brexit hat seine Spuren hinterlassen und die Regierung will nun einen Druxit beschließen, also den absoluten Verbot sämtlicher Drogen verbunden mit extrem harten Sanktionen bei Verstoß. In dieser Zeit führt Ellie Johnson ein lukratives, aber auch höchst illegales Geschäft, denn sie verkauft Drogen von bester Qualität und liefert diese in kürzester Zeit per Drohne an ihre Kunden. Ihr Unternehmen ist anonym und perfekt organisiert. Doch den Londoner Drogenbossen ist sie ein Dorn im Auge und sie haben ein Kopfgeld auf “Die Lieferantin" ausgesetzt.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr flüssig und prima lesbar, so dass ich das Buch schnell durchgelesen hatte.
Die Geschichte wird aus den Perspektiven mehrerer Personen erzählt. Diese einzelnen Erzählstränge bilden eine komplexe und interessante Geschichte, die von den jeweiligen Handlungen beeinflusst wird.
In diesem Buch spielen Politik, Rechtsradikalismus, Bandenkriminalität und Drogenhandel die Hauptrollen. Zu Beginn war ich sehr gefesselt von dem Buch. Ellies Freund Leigh, ein Restaurantbesitzer, bringt einen Gangster um, der immer höheres Schutzgeld von ihm erpresst, und lässt ihn verschwinden. Im Prinzip wird damit das ganze Geschehen in Gang gesetzt. Auch die weiteren parallelen Erzählungen fand ich interessant, denn sie brachten weitere Einblicke und Zusammenhänge.
Allerdings konnten sich bei mir die anfängliche Spannung und Neugierde nicht halten. Der Sumpf aus Drogen und Kriminalität fing leider an, mich zu nerven, da ich für Drogen absolut nichts übrig habe. Für mich überwog auch viel zu sehr das Für und Wider eines möglichen Druxit. Das Augenmerk lag mir zu sehr auf der Politik, wodurch die Verfolgung von Ellie zu sehr in den Hintergrund rückte.
Die Charaktere wurden zwar gut beschrieben und durch die Perspektivwechsel bekommt man einen guten Einblick in deren Gedanken, doch keiner ist mir in bleibender Erinnerung geblieben. Selbst Ellie war mir nicht sonderlich sympathisch, ich wurde mit ihr nicht wirklich warm.

Mich konnte dieses Buch leider nicht überzeugen, so dass ich nur 2 von 5 Sternen vergebe.