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Veröffentlicht am 05.06.2019

Unterhaltsamer Roman über zwei ungewöhnliche Charaktere und eine Liebesgeschichte im Zeitgeist der 70er, 80er und 90er-Jahre bis ins 21. Jhd.

Königskinder
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Das Buch erzählt die Lebensgeschichten von Mark und Simone, genannt Saraswati. Beide sind am selben Tag 1970 in Hamburg geboren und werden sich im Laufe ihres Lebens immer wieder flüchtig begegnen. Während ...

Das Buch erzählt die Lebensgeschichten von Mark und Simone, genannt Saraswati. Beide sind am selben Tag 1970 in Hamburg geboren und werden sich im Laufe ihres Lebens immer wieder flüchtig begegnen. Während Simone bei ihrer alleinerziehenden Hippie-Mutter aufwächst, die Inhaberin eines esoterischen Teegeschäftes ist, stammt Mark aus der Oberschicht und geht aufgrund seiner Hochbegabung auf eine elitäre Schule in Hamburg. Mark erlebt während seiner Kindheit und Jugend das ein oder andere Abenteuer durch seinen besten und einzigen Freund Hassan, während sich Simone als SDAJ-Anhängerin, militante Tierschützerin und Greenpeace-Aktivistin immer wieder selbst in Schwierigkeiten bringt. Ihre Wege kreuzen sich an den verschiedensten Orten in unterschiedlichen Situationen, aber zu einem Kennenlernen will es einfach nicht kommen.

Der Roman schildert immer abwechselnd Episoden aus den Leben von Mark und Simone, die zeitlich parallel verlaufen. Beide stammen sie aus unterschiedlichen Verhältnissen, haben keine Gemeinsamkeiten, weshalb es keine Berührungspunkte in ihrer beider Leben gibt. Nur durch Zufälle kommen sie sich immer mal näher, verpassen sich letztlich aber stets um Haaresbreite. Beide haben kein großes Glück in der Liebe oder finden eine Arbeit, die sie erfüllt und sind deshalb rastlos auf der Suche. Die Situationen, in die sie dabei geraten, sind manchmal abstrus, aber herrlich komisch, ohne dass der Autor albern oder unrealistisch wird. Mit großem Vergnügen verfolgt man deshalb, wie sich die beiden Charaktere von ihrer Kindheit bis zu ihrem Erwachsenenalter in unterschiedliche Richtungen entwickeln.
Das Buch ist gleichzeitig eine Zeitreise in die Hippie-Zeit der 70er, die politischen 80er bis über die 90er in das 21. Jahrhundert. Dabei werden historische Ereignisse geschickt mit den Biographien von Mark und Simone verwoben und der Zeitgeist durch Kleidungsstile, Fernsehen oder Musik nahe gebracht.
"Königskinder" ist ein wunderbar humorvoller, kurzweiliger Roman über zwei nicht ganz gewöhnliche Charaktere, deren Eigenschaften und ihre das Leben prägenden Erlebnisse mit Liebe zum Detail geschildert sind. Bis zum Ende im Jahr 2009 fiebert man mit, ob die zwei Seelenverwandten ihre Suche beenden können und sich doch noch begegnen und als diese erkennen.

Veröffentlicht am 03.06.2019

Authentischer Gesellschaftsroman über fünf verschiedene Paarbeziehungen mit ihren ganz eigenen Problemen

Die Verlobungen
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"Die Verlobungen" handelt von vier Paaren, drei in den USA, eines in Frankreich, und ihren Liebesbeziehungen. Die Geschichten spielen zu unterschiedlichen Zeiten und scheinen nichts miteinander zu tun ...

"Die Verlobungen" handelt von vier Paaren, drei in den USA, eines in Frankreich, und ihren Liebesbeziehungen. Die Geschichten spielen zu unterschiedlichen Zeiten und scheinen nichts miteinander zu tun zu haben, werden aber von der Lebensgeschichte von Frances Gerety, die 1947 den Werbeslogan "A diamond is forever" für die Diamanten-Dynastie De Beers entwickelt hat, umfasst. Mit dem Slogan werden bis heute Verlobungsringe beworben, während Frances selbst nie verheiratet war.

1972 besucht Teddy seine Eltern Evelyn und Gerald um ihnen zu eröffnen, dass er sich von seiner Ehefrau Julie scheiden lassen möchte. Anfang der 1970er-Jahre war eine Scheidung noch nicht üblich, weshalb Evelyn nicht nur von ihrem einzigen Sohn bitter enttäuscht, sondern auch unfassbar wütend ist.

1987 kämpft James gegen seine Minderwertigkeitskomplexe und sein schlechtes Gewissen an, dass er seiner Frau Sheila als verschuldeter Rettungssanitäter nicht das Leben bieten kann, das sie ihn seinen Augen verdient hätte.

2003 zertrümmert die 40-jährige Delphine die Wohnung des jungen Geigenvirtuosen P.J. in New York, für den sie ihren Ehemann Henri verlassen hatte, und der die Pariserin nun selbst betrogen hat.

2012 ist Kate gezwungen die Hochzeit ihres homosexuellen Cousins Jeffrey zu organisieren, obwohl dies zutiefst gegen ihre Prinzipien verstößt. Sie lehnt die Institution Ehe ab und stellt darüber hinaus noch viele weitere gesellschaftliche Gepflogenheiten in Fragen, die ihrer Meinung nach die Stellung der Frau untergräbt oder Menschen anderer Schichten unterdrückt.

Der Roman liest sich wie eine Sammlung von Kurzgeschichten, die allerdings nicht auf einander folgen, sondern kapitelweise abwechselnd erzählt werden. Jede Geschichte und die darin handelnden Akteure sind entsprechend der Zeit und des gesellschaftlichen Standes verschieden und haben jeweils ein unterschiedliches Thema in Sachen Paarbeziehung im Fokus.
Trotz der Fülle an Protagonisten fällt es leicht sich, immer wieder in sie und ihre Lebenssituationen hineinzuversetzen. Der Roman ist auf diese Weise sehr abwechslungsreich gestaltet und verbindet die einzelnen Geschichten durch die Symbolik des Diamantrings, der sich unterschwellig wie ein roter Faden durch alle Geschichten zieht und die Handlungsstränge auf diese Weise ungewöhnlich, aber letztlich raffiniert und am Ende doch überraschend zusammenzieht.
Interessant ist zu lesen, wie sich die Einstellung zur Ehe über die Jahre hinweg verändert hat und wie Evelyn, James, Delphine oder Kate mit den Herausforderungen ihrer Zeit umgehen.
Es ist ein Gesellschaftsroman, der den übertriebenen Konsum in Frage stellt und Kritik am hedonistischen, freiheitsliebenden "American Way of Life" übt.

Veröffentlicht am 01.06.2019

Herzerfrischend freche und humorvolle Lektüre, die sich einem ersten Thema dennoch empathisch nähert

Für jede Lösung ein Problem
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Gerri ist 30 Jahre alt, wohnt in einer Einzimmerwohnung und schreibt im Akkord Groschenromane, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Von ihrer Familie wird sie nicht als Autorin anerkannt und gilt als ...

Gerri ist 30 Jahre alt, wohnt in einer Einzimmerwohnung und schreibt im Akkord Groschenromane, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Von ihrer Familie wird sie nicht als Autorin anerkannt und gilt als kinderloser Single als schwarzes Schaf. All ihre Freunde und Bekannten sind inzwischen verheiratet und/ oder haben Kinder, weshalb sich Gerri auch in diesem Kreis außen vor fühlt.
Als der Verlag, für den sie arbeitet, mit einem anderen fusioniert und ihre romantischen Arztromane eingestellt werden, ist die mittels Google-Selbstanalyse neurotisch-depressive Gerri am Ende und beschließt, sich umzubringen. Als Sternzeichen Jungfrau plant sie ihren Selbstmord akribisch, schreibt Abschiedsbriefe, mistet ihre Wohnung aus, reserviert sich ein Hotelzimmer und deckt sich mit den aussortierten Schlaftabletten ihrer Mutter ein. Neu eingekleidet und frisch vom Friseur möchte Gerri in dem Luxushotel einen würdigen Abschied zelebrieren, doch der Abend verläuft ganz und gar unerwartet, als sie mit den Eheproblemen eines befreundeten Paares konfrontiert wird. Am nächsten Morgen ist Gerri immer noch am Leben und kann nicht verhindern, dass ihre Abschiedsbriefe, in denen sie kein Blatt vor den Mund genommen hat, an die Empfänger geraten. Um die Wogen zu glätten, ist Gerri abgelenkt von ihrer Depression und auch ihr Berufs- und Liebesleben entwickelt sich plötzlich in eine ganz andere Richtung.

Der Roman handelt mit dem verzweifelten Suizid von einem ernsten und traurigen Problem, ist aber herzerfrischend frech und humorvoll, gleichzeitig aber empathisch genug geschrieben, um das Thema nicht ins Lächerliche zu ziehen. Gerri ist eine sympathische, unabhängige junge Frau, bei der aber auf einmal alles im Leben schief läuft, sie sich daraufhin so in eine Depression hineinsteigert, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sieht, als ihrem Leben ein Ende zu setzen. Auch wenn man als Leser die Gründe für den Selbstmord nicht weiter hinterfragen sollte, da sie objektiv betrachtet etwas fadenscheinig sind, ist die Geschichte wunderbar witzig und (selbst-)ironisch erzählt. Herrlich amüsant sind die Abschiedsbriefe zu lesen, die den Kapiteln vorangestellt sind und mit denen Gerri schonungslos ehrlich mit Freunden, Bekannten und Verwandten abrechnet.

"Für jede Lösung ein Problem" ist eine lebendige Unterhaltungslektüre, die sich einem ernsten Thema auf humorvolle Art und Weise widmet. Sie zeigt, was passiert, wenn einer verunsicherten Frau die Probleme des Alltags über den Kopf wachsen und wie wichtig es dann ist, Halt bei Freunden und der Familie zu finden.

Veröffentlicht am 31.05.2019

Nette Geschichte um ein zum Verkauf stehendes Anwesen, die sich leicht lesen lässt, aber spannungsarm ohne Höhen und Tiefen ist

Ein Haus fürs Herz
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Die junge Immobilienmaklerin Belinda Baxter ist glücklich, dass sie den Auftrag erhalten hat, Hunter's Moon, ein Anwesen auf dem Land wenige Kilometer von London entfernt, zu veräußern. Das Haus gehört ...

Die junge Immobilienmaklerin Belinda Baxter ist glücklich, dass sie den Auftrag erhalten hat, Hunter's Moon, ein Anwesen auf dem Land wenige Kilometer von London entfernt, zu veräußern. Das Haus gehört dem älteren Ehepaar Sally und Alexander Willoughby, die dort seit über 50 Jahren gemeinsam leben. Es ist das Elternhaus von Alexander, dessen Mutter die berühmte Schriftstellerin Margot Willoughby ist. Schweren Herzens müssen sie das Familienerbe aufgrund der Erkrankung Alexanders aufgeben. Während Belinda durch einen "Tag der offenen Tür" versucht, den perfekten Interessenten für das Anwesen zu finden, fühlt sie sich an ihre eigene jüngste Vergangenheit erinnert, als sie aufgrund ihrer Scheidung gezwungen war, ihr geliebtes Zuhause aufzugeben.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen in der Gegenwart und in der Vergangenheit im Jahr 1967 erzählt. 1967 begegnet Sally zufällig Alexander Willoughby und wird von dessen Familie spontan als Haushälterin engagiert. Beide fühlen sich seit ihrer ersten Begegnung zueinander hingezogen, aber es dauert, bis die beiden sich ihre Liebe eingestehen und ein Paar werden. Solange versucht Sally den Haushalt der skurrilen Familie mit der exzentrischen Bestseller-Autorin Margot an der Spitze, die an einer Schreibblockade leidet, in den Griff zu bekommen.
Der Teil in der Vergangenheit ist eine etwas märchenhafte Geschichte: mittelloses Mädchen erobert die Herzen einer reichen Familie im Sturm und findet ihren Traumprinz.

In der Gegenwart ist Belinda eine Frau, die sich mit einem Maklerbüro selbstständig gemacht hat und nach einer schlimmen Enttäuschung mit einem Ehemann, der sie nicht nur emotional sondern auch finanziell hintergangen hat, allein für ihren Traumberuf lebt und sich nach dem Verlust ihres ersten Eigenheimes zum Ziel gesetzt hat, wieder ein Zuhause zu finden, das sie als Kind so schmerzlich vermisst hatte.

"Ein Haus fürs Herz" ist eine zuckersüße Geschichte um das Anwesen Hunter's Moon und die Familie Willoughby, die sich flüssig und leichtfüßig lesen lässt, die aber auch ohne jegliche Höhen und Tiefen auskommt und mir deshalb nicht weiter im Gedächtnis bleiben wird. Die Charaktere sind allesamt nett, ohne Ecken und Kanten.
Auch wenn es an der Geschichte, bis auf die fehlende Spannung nicht wirklich etwas zu kritisieren gibt, fehlte mir ein herausragendes Merkmal, was den Roman zu etwas Besonderem gemacht hätte. Die Handlung plätschert auf beiden Erzählebenen ohne Tiefgang dahin, ohne dass ich von einem der Schicksale emotional gepackt worden wäre.

Veröffentlicht am 29.05.2019

Einstieg in die Neapolitanische Saga, Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft, geprägt von Neid, Eifersucht und dem Streben nach mehr.

Meine geniale Freundin
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Seit 30 Jahren kündigt Raffaella Cerullo, von allen nur Lina gerufen, an, zu verschwinden. Offensichtlich ist ihr dies nun gelungen, denn ihre beste Freundin aus Kindertage Elena Greco, die Lina immer ...

Seit 30 Jahren kündigt Raffaella Cerullo, von allen nur Lina gerufen, an, zu verschwinden. Offensichtlich ist ihr dies nun gelungen, denn ihre beste Freundin aus Kindertage Elena Greco, die Lina immer nur Lila nannte, erhält von deren Sohn einen Anruf, dass die 66-Jährige seit zwei Wochen unauffindbar ist.
In Elena kommen Erinnerungen auf und sie blickt zurück auf die gemeinsame Kindheit mit Lila, die von Gewalt, Neid, Konkurrenzdruck, Eifersucht, Eifer und einer engen Verbundenheit der beiden Mädchen geprägt war.

"Meine geniale Freundin" ist Band 1 der Reihe "Neapolitanische Saga" von Elena Ferrante und ein sehr eigenwilliges Porträt über ein intelligentes, unberechenbares Mädchen sowie eine Kindheit und frühe Jugend Ende der 1950er-Jahre in Rione, einem Stadtteil von Neapel in Italien.

Elena und Lila freunden sich im Grundschulalter an. Elena eifert der zierlichen und hochintelligenten Lila nach, die ohne große Anstrengungen Klassenbeste ist. Elena fühlt sich dadurch angespornt, möchte so sein wie die selbstbewusste Lila, die vor keinen Streitigkeiten oder Aufsässigkeiten gegenüber Lehrer und Eltern zurückschreckt.
Nach der Grundschule trennen sich allerdings ihre Wege, da es Lila, der Tochter eines Schusters seitens der Eltern nicht gestattet wird, eine höhere Schule zu besuchen. Elena ist zwar auch nur die Tochter eines Pförtners, darf aber dennoch auf das Gymnasium gehen. Zunächst lassen ihre schulischen Leistungen nach, aber als sie merkt, dass Lila ganz alleine lernt und ihr immer noch stets einen Schritt voraus ist, strengt sie sich erneut an und kann aufgrund des selbstgemachten Konkurrenzdrucks das Gymnasium mit Bestnoten abschließen. Elena hadert allerdings mit ihrem äußeren Erscheinungsbild seitdem sie in der Pubertät ist. Im Gegensatz zu der noch knabenhaften Lila fühlt sie sich mit ihren weiblichen Formen und dem pickeligen Gesicht dick und hässlich. Und so ist es wiederum Lila, die wenig später aufblüht und ohne es zu wollen oder zu kokettieren, die Aufmerksamkeit der Jungen auf sich zieht.

Elena steht stets im Schatten von Lila, fühlt sich ihr gegenüber minderwertig, ist dadurch aber auch bestrebt, sich anzustrengen und immer mehr zu geben, als gefordert ist. Ihre Verbindung ist in meinen Augen eine wenig herzliche Freundschaft, sondern würde von mir als anstrengend und einseitig empfunden werden. Dies macht die Geschichte auch so besonders, da es sich nicht um eine 08/15-Freundschaft handelt.

Die Schilderung der damaligen Zeit in den 1950er-Jahren, als Frauen sich den Männern unterzuordnen hatten und Mädchen weniger Anerkennung und Unterstützung für ihre schulischen Leistungen fanden, sehr authentisch. Auch die Atmosphäre in dem etwas heruntergekommenen, ärmlichen Stadtteil, in dem nicht nur Gewalt zwischen Schülern herrscht, sondern ganz selbstverständlich auch unter Erwachsenen eingesetzt wird, um die Fronten zwischen konkurrierende Familien zu klären oder Konflikte zu lösen.

"Meine geniale Freundin" ist ein interessanter, wenn auch stellenweise etwas langatmiger Einstieg in die "Neapolitanische Saga", hat mich aber neugierig auf die weiteren Bände gemacht. Ich bin gespannt darauf zu erfahren, wie sich die kindliche, wetteifernde Freundschaft zwischen Elena und Lila im Erwachsenenalter entwickelt, vor allem ob diese immer noch so von der Dominanz von Lila geprägt sein wird und was den Ausschlag dafür gibt, dass diese verschwinden möchte.