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Veröffentlicht am 15.07.2019

Dramatische Familiengeschichte, romantische Liebesgeschichte und ein Roman über Selbstfindung und den Mut Entscheidungen zu treffen

Mehr als Worte sagen können
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Nina Gregory ist 33 Jahre alt, als ihr Vater an Krebs verstirbt und sie sein Erbe als Leiterin des Familienunternehmens antreten muss. Seit jeher stand sie unter großem Druck, denn die Erwartungshaltung ...

Nina Gregory ist 33 Jahre alt, als ihr Vater an Krebs verstirbt und sie sein Erbe als Leiterin des Familienunternehmens antreten muss. Seit jeher stand sie unter großem Druck, denn die Erwartungshaltung ihres Vaters Joseph an seine einzige Tochter ist groß. Die Gregory Corporation, bestehend aus einer Hotelkette mit Restaurants und Bars sowie einer reichen Kunstsammlung wurde von Ninas Großvater gegründet und steht für Erfolg und Luxus, Eleganz und Kunst und ist der ganze Stolz von Joseph Gregory.
Nina ist studierte Betriebswirtschafterin, arbeitete bis zum Tod ihres Vaters allerdings im Wahlkampfbüro von Rafael O'Connor-Ruiz, einem der aussichtsreichsten Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in New York City. Sie ist seine Redenschreiberin und hat ein sehr enges, freundschaftliches Verhältnis zu ihm entwickelt.
Als Ninas Vater stirbt, gerät ihre Welt ins Wanken. Sie fühlt sich der Leitung der Gregory Hotels nicht gewachsen, gerät ins Grübeln, ob der Lebenstraum ihres Vaters überhaupt ihrer ist und findet zudem Dinge über ihren Vater heraus, die sie seine angeblich so integere Persönlichkeit in Frage stellen lassen. Sie bricht aus ihrer Rolle der folgsamen Gregory-Tochter heraus, erfindet sich neu und stößt damit ihren Partner Tim vor den Kopf. Dieser war bis vor wenigen Wochen noch ihrer bester Freund, bevor sie ein Paar wurden. Sie weiß nicht mehr, ob sie ihn wirklich liebt oder nur mit ihm zusammen ist, weil er in den Augen Josephs der ideale Partner war. Stattdessen fühlt sie sich zunehmend zu ihrem charismatischem und einfühlsamen Chef hingezogen.

Durch den warmherzigen Erzählstil kann man sich als Leser sehr gut in die Situation der Alleinerbin Nina hineinversetzen. Ihre Mutter hat sie früh durch einen Unfalltod verloren, weshalb sie zu ihrem Vater ein besonders enges Verhältnis hat und zu ihm aufsieht.
Der Beginn des Romans ist melancholisch und bedrückend, da Nina täglich mit dem Tod ihres Vaters rechnen muss. Sein Vermächtnis wird damit zunehmend zu einer Belastung für die junge Frau. Nach seinem Tod ist Nina voller Trauer, gleichzeitig wirkt sie aber auch befreit und probiert sich aus, was auch den Roman lebendiger werden lässt.

Die Charaktere wirken authentisch, Ninas dramatische Familiengeschichte glaubwürdig. Allerdings ist Ninas Luxusleben mit Villen in New York und den Hamptons und eigenem Fahrer von der Lebenswelt der geneigten Leserin sehr weit weg, so dass Nina durch weniger Protz noch nahbarer wäre.

"Mehr als Worte sagen können" ist ein Roman über Selbstfindung und die Entscheidung darüber, welches Leben man führen möchte. Darüber hinaus wird eine romantische Liebesgeschichte erzählt, bei der die Entscheidung zwischen zwei Männern im Vordergrund steht.

Veröffentlicht am 13.07.2019

Sommerliches Setting auf La Gomera, aber etwas konstruierte Geschichte, bei der mit nichtigen Details vom Wesentlichen abgelenkt wird

Der Wind nimmt uns mit
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Maya ist 32 Jahre alt und als Reisebloggerin ständig auf der ganzen Welt unterwegs. In Thailand lernt sie Tobias kennen, von dem sie nach einer gemeinsamen Nacht schwanger wird. Sie entscheidet sich gegen ...

Maya ist 32 Jahre alt und als Reisebloggerin ständig auf der ganzen Welt unterwegs. In Thailand lernt sie Tobias kennen, von dem sie nach einer gemeinsamen Nacht schwanger wird. Sie entscheidet sich gegen das Kind, möchte aber dennoch die Meinung von Tobias einholen, weshalb sie einen Aufruf auf ihrem Blog veröffentlicht, um Tobias zu finden. Durch Hinweisgeber findet Maya heraus, dass sich Tobias auf La Gomera aufhalten soll. Diese Insel wollte Maya nie besuchen, da dort ihre Adoptivmutter Karoline wohnt, mit der sie sich vor sechs Jahren zerstritten hat, als sie durch einen Zufall erfuhr, dass sie nicht das leibliche Kind von Karoline ist.

Es kommt, wie es kommen muss. Maya muss länger als geplant auf La Gomera bleiben und trifft statt auf Tobias zunächst auf Karoline. Eine Aussprache oder Versöhnung erscheint in weiter Ferne. Darüber hinaus kommt Maya auf der Hippie-Insel, umgeben von vielen skurrilen Charakteren und abseits von jeglichem Mobilfunknetz ins Grübeln, ob die Entscheidung, das Baby abzutreiben, die richtige ist.

"Der Wind nimmt uns mit" entführt den Leser auf die kleinste kanarische Insel, La Gomera, die sehr anschaulich beschrieben wird. Allerdings wirken die dort lebenden, überwiegend deutschen Protagonisten so der Welt entrückt, dass der Eindruck entsteht, La Gomera bestehe aus einer einzigen hinterwäldlerischen Hippie-Kommune aus deutschen Aussteigern. Maya wirkt dagegen bodenständiger, aber verhält sich für ihr Alter unreif und naiv.

Die ganze Geschichte, insbesondere der Hintergrund des Aufenthalts von Maya auf La Gomera erscheint arg konstruiert und im Hinblick auf die Begegnung mit ihrer Adoptivmutter vorhersehbar. Karoline bleibt als Charakter fremd, da helfen auch die Rückblicke in die Vergangenheit der 1980er-Jahre kaum weiter, um ihr näher zu kommen und ihr Handeln zu verstehen. Die Entzweiung mit ihrer Tochter erscheint dadurch übertrieben dramatisch, das Geheimnis darum fast banal.

Aufgrund des Settings auf der exotischen Insel, das sehr anschaulich beschrieben wird, ist "Der Wind nimmt uns mit" ein perfekter Roman für den Sommer - die Familiengeschichte um Aufklärung der Vergangenheit, Versöhnung, Selbstfindung und einen Neuanfang bleibt aufgrund der eindimensionalen Charaktere jedoch oberflächlich und wird recht holprig erzählt. Auch die Liebesgeschichten von Mutter und Tochter überzeugen und berühren nicht. Die Ausführungen zu Esoterik, merkwürdigen Charakteren und zum fehlenden Handyempfang wogen im Vergleich zur Aufarbeitung der Mutter-Tochter-Beziehung und der Entscheidung für oder gegen ein Baby viel zu schwer und lassen den Roman trotz Potentials platt und nicht ganz durchdacht erscheinen.

Veröffentlicht am 12.07.2019

Dunkle Familiengeschichte mit verhaltenen Thrillerelementen - Nervenkitzel erwartet man vergebens

Der Hof
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Der Engländer Sean befindet sich in Südfrankreich und ist offenbar auf der Flucht vor etwas, was er in England getan hat. Ohne Ziel unterwegs tritt er auf dem Gelände eines Hofes in eine Eisenfalle, die ...

Der Engländer Sean befindet sich in Südfrankreich und ist offenbar auf der Flucht vor etwas, was er in England getan hat. Ohne Ziel unterwegs tritt er auf dem Gelände eines Hofes in eine Eisenfalle, die der Eigentümer aufgestellt hat, um Fremde von seinem Anwesen fernzuhalten. Sean wird von dessen Töchtern gefunden und verarztet und darf auf dem Dachboden der Scheune bleiben. Für freie Kost und Logis kann er auf dem Hof als Maurer arbeiten und das Haus ausbessern. Avancen macht ihm dabei immer wieder die jüngere der beiden Töchter, Gretchen. Ihr Vater Arnauld beäugt Sean skeptisch und mit unverhohlener Feindseligkeit. Nicht nur Sean, sondern auch er scheint etwas zu verbergen zu haben.

Von Anbeginn spürt man eine bedrohliche Stimmung. Selbst der Protagonist Sean, aus dessen Sicht der Roman erzählt wird, wirkt am Anfang gefährlich. Auf dem Hof verhält er sich dagegen zurückhaltend und möchte keine Aufmerksamkeit erwecken. Als sein Fuß anfängt zu verheilen, beginnt ihn seine Vergangenheit gedanklich einzuholen. Er denkt zurück an London und seine Freundin Chloe, die er verlassen hat.

Arnauld nimmt Sean auf seinem Hof auf, obwohl er Fremde sogar mit Waffengewalt abwehrt und alles andere als ein Menschen- (und Tierfreund) zu sein scheint.
Weshalb Sean auf der Flucht ist und warum sich Arnauld und auch seine Töchter so seltsam verhalten und in der angrenzenden Stadt von allen verhasst zu sein scheinen, erfährt man lange nicht.
Man fragt sich ohnehin nach Seans Genesung, wann in diesem Buch mal etwas passiert?! Für einen Thriller liest sich "Der Hof" denkbar langweilig, auch wenn man durch die Geheimniskrämerei der Figuren natürlich neugierig darauf wird, was sie letztlich zu verbergen haben. Doch auch diese Erkenntnisse sind nicht so überraschend, als dass es sich lohnen würde, diese dunkle Familiengeschichte mit verhaltenen Thrillerelementen zu lesen. Nervenkitzel erwartet man bei diesem Buch vergeblich.

Veröffentlicht am 10.07.2019

Kampf nach überstandener Krebserkrankung um die Rückkehr ins Leben und die Liebe der Familie - emotional und unterstützt durch Abis Überlebens-Playlist

Ziemlich wunderbares Leben
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Abi ist 37 Jahre alt, als sie nach überstandener Krebserkrankung wieder nach Hause zu ihrem Mann John und ihrem 17-jährigen Sohn Seb zurückkehrt. Sie möchte fortan keinen Tag mehr verschwenden, das Beste ...

Abi ist 37 Jahre alt, als sie nach überstandener Krebserkrankung wieder nach Hause zu ihrem Mann John und ihrem 17-jährigen Sohn Seb zurückkehrt. Sie möchte fortan keinen Tag mehr verschwenden, das Beste aus ihrem Leben herausholen und überlegt, das Psychologiestudium aufzunehmen, das sie wegen ihrer frühen Mutterschaft nicht mehr in Erwägung gezogen hatte. Doch in dem Jahr ihrer Erkrankung hat sich vieles geändert. Ihr Mann hat seine Firma in die Insolvenz gebracht und das Familienvermögen wegen der Kosten für zusätzliche Behandlungen dezimiert. Emotional kommt sie nicht mehr an John heran und fühlt sich von ihm nicht mehr begehrt. Auch ihr Sohn macht ihr Sorgen. Seine Schulnoten haben sich derart verschlechtert, dass die Aussicht auf ein Medizinstudium gefährdet ist und hat sich darüber hinaus in seine eigene Welt zurückgezogen.

Abi kann nicht akzeptieren, dass sie nun gesund ist, aber ihre Familie an den Folgen ihrer Erkrankung zerbrochen sein soll und beginnt für ihr Leben und ihre Liebe zu kämpfen.

Der dritte Roman von Katie Marsh ist wieder eine emotionale Geschichte, in der eine Krankheit eine wesentliche Rolle spielt. Dieses Mal ist die Erkrankung aber bereits überstanden und es sind die Auswirkungen des Jahres, in dem Abi nicht da war und John in Sorge um sie die falschen Entscheidungen getroffen hat und Seb mit zu großen Druck auf die Zukunft und den Problemen der Pubertät allein gelassen wurde, die für Probleme sorgen.

Der Roman ist abwechselnd aus der Sicht von Abi bzw. Seb geschrieben. Beide Charaktere sind sympathisch und nahbar, ihre Sorgen und Probleme sind verständlich und nachvollziehbar.
Es ist kein Buch über den Kampf ums Überleben aufgrund der Diagnose Krebs, sondern ein Buch über den Kampf um Beziehungen und den Zusammenhalt in einer Familie. Es geht um Vertrauen und Geheimnisse, die gehegt werden, um sich oder andere zu schützen. Doch natürlich hat Abi auch Angst, dass der Krebs jederzeit zurückkehren könnte, hört unwillkürlich verstärkt in ihren Körper hinein und versucht seine Signale zu deuten. Es ist verständlich, dass jedes Ziepen im Bauch oder Verdauungsbeschwerde sie unsicher machen.
Die Geschichte macht bewusst, dass das Leben endlich ist und dass man seine Zeit nicht mit Nichtigkeiten und falschen Erwartungen verschwenden sollte und sein Lebensglück nicht aus den Augen verlieren sollte. Dabei ist der Roman keinesfalls vorhersehbar wie es aufgrund des Plots vielleicht zu vermuten ist, sondern überrascht durch Wendungen, so dass nicht gewiss ist, ob es für die Familie ein zufriedenstellendes Ende geben kann.

Die Kapitel werden unterbrochen durch Abis Überlebens-Playlist, eine Liste von Songs, die sie während ihrer Krebserkrankung verfasst hat und die sie ihrer Familie und Freunden als Abschiedsgeschenk hinterlassen wollte, falls sie den Krebs nicht überlebt. Es sind Lieder aus Abis Leben, die sie begleitet haben, die ihr etwas bedeuten oder sie an Schlüsselsituationen erinnern und die sie jeweils einer oder mehrere Personen gewidmet hat. Die Erklärungen zu den Songs runden die emotionale Geschichte perfekt ab und sind eine kreative Idee, die den Roman besonders machen.

Dennoch konnte mich die Geschichte nicht komplett überzeugen, da ich eine aktive Problemlösung durch die Charaktere vermisste. Für meinen Geschmack ließen sie sich zu sehr vom Schicksal leiten. Das Ende war für mich zu abgehackt und hätte nicht auf diese Weise offen enden müssen.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Nicht so dramatisch und packend wie die Vorgängerromane, aber dennoch ein spannender Psychothriller

Das Haus am Rand der Klippen
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Elle Fielding ist Anfang 30 und wurde zuletzt für ihr Romandebüt gefeiert, ein Thriller, der ein großer Erfolg war. Nach einer Auszeit in Frankreich kehrt sie nach Cornwall zurück, um an ihrem zweiten ...

Elle Fielding ist Anfang 30 und wurde zuletzt für ihr Romandebüt gefeiert, ein Thriller, der ein großer Erfolg war. Nach einer Auszeit in Frankreich kehrt sie nach Cornwall zurück, um an ihrem zweiten Buch zu arbeiten. Ihr Mann hat sich von ihr getrennt und so ist sie allein in dem großen Haus am Rand der Klippen, das sie aufwändig hat umbauen lassen und während ihres Urlaubs per airbnb vermietet hatte. Das Geld ist knapp und der Druck aufgrund des nahenden Abgabetermins für ihr Manuskript groß.
Elle ist nervös, fahrig und unsicher, leidet an einer Schreibblockade. In ihrem Haus merkt sie Veränderungen, hat das Gefühl, dass jemand ihre Sachen durchwühlt hat und sie beobachtet. Als sie dann auch noch bei einer Lesung die Worte "Du Lügnerin" in ihrem ersten Roman markiert sieht, fühlt sie sich ertappt. Jemand muss ihr Geheimnis entdeckt haben...

Der Roman ist in der Gegenwart in der Ich-Perspektive von Elle geschrieben, deren Unsicherheit und Angst man am eigenen Leib spüren kann. Der Roman enthält daneben Rückblenden in die Jahre 2003/ 2004 und die Perspektive der Person, die während ihrer Abwesenheit in ihrem Haus war.
Dabei verschwimmen Wahrheit und Fiktion auf eine raffinierte Art und Weise. Als Leser kann man sich nicht sicher sein, was Elle tatsächlich erlebt, was ihrer Einbildung entspringt, was Erinnerungen sind und welche Teile davon Zeilen aus ihrem neuen Roman sind.

Lucy Clarke beweist auch mit diesem Roman ihr Talent bei der Herstellung von Atmosphäre, die hier düster und unbehaglich ist und den Leser gekonnt an die Küste Cornwalls versetzt.

Während man zu Beginn mit Elle leidet und sich fragt, wer sie quält und sich aus unbekannten Gründen an ihr rächen möchte, spürt man im weiteren Verlauf, dass Elle etwas zu verbergen hat und eine Mitschuld an ihrer Situation trägt. Elle ist kein offener, sympathischer Charakter. Sie teilt ihr gesamtes Leben auf Facebook und stellt sich dort anders da, als sie tatsächlich ist. Ihr Feind scheint sich ihre Posts allerdings zunutze zu machen, was sie spät registriert.

Welches Geheimnis Elle verbirgt, das sie quält und mit dem sie gequält wird, bleibt bis zum Schluss spannend zu entdecken.
Auch wenn mir die Vorgängerromane von Lucy Clarke besser gefallen haben, da sie dramatischer und noch überraschender konstruiert waren, ist "Das Haus am Rand der Klippen" ein spannender Psychothriller, wenn auch kein echter Pageturner.