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Veröffentlicht am 09.05.2018

Ein amüsantes Lesevergnügen im sonst so bierernsten Krimibereich.

Unterholz
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Kult-Ermittler Hubertus Jennerwein vor seinem abgründigsten Fall.

Auf der entlegenen Wolzmüller-Alm oberhalb eines alpenländischen Kurorts wird eine Frauenleiche gefunden. Dort werden Managerseminare ...

Kult-Ermittler Hubertus Jennerwein vor seinem abgründigsten Fall.

Auf der entlegenen Wolzmüller-Alm oberhalb eines alpenländischen Kurorts wird eine Frauenleiche gefunden. Dort werden Managerseminare abgehalten. Jennerwein hat die Aufgabe, die Identität der Frau, die kein Gesicht mehr hat, zu ermitteln. Das Bestatterehepaar a.D. Grasegger gibt dann dem Kommissar den entscheidenden Tipp, es soll die "Äbtissin" sein, eine berüchtigte Auftragskillerin. Doch wer hat sie ermordet? Als ein weiterer Almenmord geschieht, muss Jennerwein mit seiner Truppe durchs Unterholz…


Jörg Maurer bringt in diesem Krimi eine Menge Figuren aufs Parkett, alle besondere und zum Teil recht skurrile Charaktere versteht sich.

Mit einer Menge Wortwitz, abgründigem Humor und krimineller Raffinesse erlebt man gemeinsam mit Jennerwein die Alpenregion im Werdenfelser Land bei einer Mordermittlung. Für Maurer steht der Lokalpatriotismus als besonderes Erkennungsmerkmal ganz vorne.

Und er übertreibt, in Handlungssprüngen, bei der Anzahl der Figuren und Namen und mit der überspitzten Darstellung seiner Figuren. Die lustigen, aber auch ironischen Dialoge sorgen für humorvolle Unterhaltung, lenken aber auch von der kriminalistischen Spannungskurve ab und das bringt die Krimihandlung fast ins Nebensächliche.

Ich mochte besonders das Bestatterpaar, den Inder und den Wolzmüller-Michel.
Der Wolzmüller-Michl ist der Sohn des Almbauers, er lebt sehr zurückgezogen, kann nicht mehr gut sehen und wird für einen schrägen Kauz gehalten. Doch von geistiger Verwirrtheit kann keine Rede sein, er kann sogar hervorragend malen. In seinen detailgenauen Skizzen hält er Gesichter und Beobachtungen fest, die wie Steckbriefe für jeden Kriminellen sein könnten.

Und wo hat man schon einmal einen Krimi gelesen, bei dem der Mordfall aus Sicht einer Mordwaffe erzählt wird? In diesem Fall ist das ein Klappspaten für den Garten.


Jörg Maurer hat tolle Einfälle und bringt diese auch wunderbar zu Papier. Er kann erzählen, macht das sehr umfassend und mit einem besonderen ironischen Blick, der für viele Lacher sorgt. Er streift auch interessante Dinge wie die "Optografie", man kann also beim Lesen auch noch etwas dazulernen.


Dieser Krimi lebt durch den Dialekt, den regionalen Charakter und die skurrilen Figuren und ist ein amüsantes Lesevergnügen im sonst so bierernsten Krimibereich.

Veröffentlicht am 07.05.2018

Eine heitere Urlaubs- oder Strandlektüre mit Entspannungseffekt.

Nackt unter Krabben (Ein Heisterhoog-Roman 1)
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Falk ist ein ruhiger Typ, er lässt immer alles auf sich zukommen und ist nicht gerade das, was man zielgerichtet nennt. Immerhin studiert er schon im 13. Semester Soziologie und auch damit kommt er irgendwie ...

Falk ist ein ruhiger Typ, er lässt immer alles auf sich zukommen und ist nicht gerade das, was man zielgerichtet nennt. Immerhin studiert er schon im 13. Semester Soziologie und auch damit kommt er irgendwie nicht voran. Seine Freundin Bille ist diejenige, die entscheidungsfreudig ist und plant eine Partyreise nach Goa. Eigentlich gar nicht Falks Ding und so nimmt ihn die Nachricht vom Tod seines Lieblingsonkels zwar traurig auf, kann aber Billes Plan erstmal abbiegen.

Auf Heisterhoog angekommen, merkt er, wie arbeitsaufwändig so ein Strandkorbverleih doch sein kann. Zumal die Touristen alle ihre Sonderwürste brauchen, der eine sucht den FKK-Bereich, andere brauchen die Toilette in der Nähe und da soll sich mal erst mal einer auskennen, der die Körbe und ihre Standorte noch gar nicht kennt. Aber Falk hat mit Nille, einem alten Freund seines Onkels und mit seinem Nachbarn Thies das ganz große Los gezogen, denn die kennen sich aus und helfen ihm.

Insgeheim rechnet Falk sich schon aus, was er finanziell aus der Vermietung schlagen kann. Dagegen ist das tolle Angebot des aufdringlichen Herrn von Boistern, einem neureichen Immobilien-Hai, eigentlich ein guter Deal. Doch ehe es zu einem Verkauf kommen kann, lernt Falk die Interessengemeinschaft für den Küsten- und Naturschutz kennen, die gegen die Bebauungspläne sind.
Seine neue Flamme Gina ist Architektin und arbeitet für von Boistern, eigentlich ist die Entscheidung damit doch ganz klar, oder nicht?

Mit Falk reist man gerne auf die Insel und erlebt auf humorvolle Weise die unterschiedlichen Typen von Touristen bei ihrer Strandkorbsuche. Ich habe die Familie mit ihren vier Kindern ins Herz geschlossen, dort ist immer etwas los und man kann nur hoffen, das sich die Mutter auch mal ruhige fünf Minuten im Korb gönnen kann.


Die Interessen der Bewohner für den Naturschutz sind nachvollziehbar, jedoch scheint es schwierig zu sein, sich gegen den einflussreichen Immobilienfutzi zu behaupten.

Marie Matisek zeigt wie gewohnt einen sehr flüssigen Schreibstil, sehr lebendig bringt sie die Besonderheiten ihrer Figuren zum Ausdruck und trifft damit genau ins Schwarze. Genau solche Familien mit Kindern, Rentner und auch Golfspieler kennt man und damit auch ihre Macken und Vorlieben.

Der Erzählton ist von einer schwungvollen Leichtigkeit und einige humorvolle Szenen machen das Lesen zum Vergnügen. Mit dem Protagnonisten freundet man sich schnell an.

Er ist am Anfang noch recht unbeholfen und versucht sich in seiner neuen Rolle zurecht zu finden. Dazu braucht er schon noch einige Unterstützung und er ist auch nicht der arbeitseifrigste. Dennoch wirkt er sympathisch und man gönnt ihm seine neue Lebensaufgabe und ist gespannt, wie er sich entscheidet, ob für oder gegen einen Verkauf des Grundstücks. Auch seine persönliche Entwicklung ist schön mitzuerleben.



Auch das Nordseefeeling mit Strand, Meer und Urlaubsgefühl kann die Autorin gut vermitteln. Man wäre am liebsten mit auf der Insel und würde gerne einen Strandkorb bei Falk mieten.

Dieser unterhaltsame Roman eignet sich gut für den nächsten Strandurlaub oder aber als Ersatz für fehlende Urlaubstage für daheim. Eine heitere Urlaubs- oder Strandlektüre mit Entspannungseffekt.



Veröffentlicht am 19.04.2018

Wie das Wiedersehen der großen Liebe alte Geheimnisse zutage bringt ist humorvoll und lebensnah beschrieben!

Kalt ist der Abendhauch
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Zitat S. 181:
Hugo und ich plaudern genussvoll über exclusive Details aus unseren verflossenen Eheleben, wobei wir die Regel, über Tote nur Gutes zu sagen, geflissentlich missachten.

Und wieder hat es ...

Zitat S. 181:
Hugo und ich plaudern genussvoll über exclusive Details aus unseren verflossenen Eheleben, wobei wir die Regel, über Tote nur Gutes zu sagen, geflissentlich missachten.

Und wieder hat es Ingrid Noll geschafft, mich mitzureißen und eine interessante Person zu beschreiben. Was sich so in Charlottes Leben alles ereignet hat, erzählt die Autorin auf unglaublich frische Weise. Ironisch, humorvoll und auch sarkastisch. Toll!

Es ist wieder ein großer Genuss, eine Person wie Charlotte kennen zu lernen. Man merkt wie faustdick es diese alte Dame hinter den Ohren hat. Denn der Besuch von Hugo, ihrem Freund, Schwager und zeitweiligem Geliebten lässt die beiden Jugendfreunde über alte Zeiten plaudern und dabei werden dunkle Geheimnisse gelüftet, die man so nicht erwartet hat. Natürlich spielt wie immer bei Ingrid Noll hier eine Frau die Rolle der Mörderin eines Mannes, dessen Tod man aus Lesersicht
gut verkraften kann und man hat vollstes Verständnis für die Beweggründe Charlottes.

Hier werden alte Menschen aus einer Perspektive jenseits von verkalkten, friedfertigen und geduldsamen Menschen ohne eigene Wünsche dargestellt. Man hat es vielmehr mit einer Heldin zu tun, die ironisch auf ihre Jugend, die Liebe und ihre eigene Nachkommenschaft schaut. Sie reflektiert das Gewesene, erklärt die schwierige Zeit um 1945 und folgende Jahre, in der ihr Ehemann Bernhard als Kriegsheimkehrer in ihr Leben unerwartet zurück kehrte. Sie zeigt aber auch ihre jetzigen Wünsche für ihren Lebensabend, nimmt kein Blatt vor den Mund was die Sexualität angeht und zeigt mit ironischer Weise wie sie die Welt sieht.

Amüsant ist auch die Rolle der Enkelin dargestellt, die nicht nur äußerlich, sondern auch mit ihrer speziellen Art ihrer Großmutter nacheifert. Mehr kann ich hier nicht verraten!

Die raffinierte Erzählweise Ingrid Nolls hat mich auch bei diesem Roman wieder erfreut und wie sie Familiengeheimnisse erfindet, sie literarisch leicht zu einer komplexen Handlung umsetzt und dabei einfach nur gut unterhält ist anerkennenswert.

Eine brillant geschriebene Erzählung, die tief in verschiedene Generationen hineinleuchtet und mit leichter Ironie und etwas schwarzem Humor gut unterhält.

Veröffentlicht am 19.04.2018

Kniffliger Krimi mit interessantem Fall, der unter die Haut geht.

Die weißen Schatten der Nacht
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Lydia Louis leitet die Moko Toni, diese Position wird nicht von allen Kollegen anerkannt. Aber ihr gelingt es bestens als Frau ihre Rolle in dieser Männerdomäne versiert zu spielen.
Sie ist ein Charakter, ...

Lydia Louis leitet die Moko Toni, diese Position wird nicht von allen Kollegen anerkannt. Aber ihr gelingt es bestens als Frau ihre Rolle in dieser Männerdomäne versiert zu spielen.
Sie ist ein Charakter, der so seine Probleme mit sich herum trägt, immer öfter spricht sie dem Alkohol zu und ihre häufigen
Liebschaften sind wohl ein verzweifelter Versuch, den Verlust einer fehlenden dauerhaften Partnerschaft zu ersetzen.
Aber auch ihr sympathischer Kollege Chris Salomon leidet entsetzlich am Verlust seiner verstorbenen Tochter. Das macht ihn allerdings auch für den vorliegenden Fall besonders sensibel und man merkt ihm tiefe Zuneigung und Verständnis für die Mädchen in seinen Befragungen an.
Gemeinsam bilden sie ein gutes Team, ihre persönlichen Beziehungen werden in diesem Buch auch privat ausgebaut.

Der Fall bringt einige tragische Dinge ans Licht, die von der Autorin aufgrund von wahren Fakten in diesem Krimi verarbeitet wurden.
Vor dem Hintergrund dieser authentischen Begebenheiten ist die Handlung im Nachhinein noch erschreckender und erst am Ende des Buches versteht man den Prolog in seiner Tragik vollständig.

Was steckt hinter dem Tod dieses Mädchens und wie kann man die Zusammenhänge der weiteren in die Handlung drängenden Figuren finden.
Man findet schnell einen Verdächtigen, ein Exhibitionist aus der Gegend, aber warum wird er auf einmal gewalttätig?

Die Handlung ist spannend aufgebaut, die einzelnen Puzzleteile zeigen dem Leser die Lösung nicht offensichtlich auf. Der Fall bleibt lange rätselhaft und unergründlich.

Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd und die Dialoge sind glaubhaft realistisch gestaltet.
Lediglich das Privatleben von Lydia Louis ist mir etwas too much. Aber das ist ja Geschmacksache!

Ein kniffliger Fall, der unter die Haut geht und für spannende Lesezeit sorgt. Endlich mal wieder eine deutsche Autorin, die für guten Kriminachschub sorgt.

Veröffentlicht am 19.04.2018

Französische Küche vom Feinsten, daneben eine unterhaltsame Mordaufklärung! Tolle Urlaubslektüre für jeden Frankreichfan!

Ein Soufflé zum Sterben
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Dieser Krimi wird ausdrücklich als französischer Gourmet-Krimi tituliert. Somit sollte jedem Leser klar sein, hier eher ein Buch über Genussjournalismus vorzufinden, als einen echten Krimi.

Mir hat dieses ...

Dieser Krimi wird ausdrücklich als französischer Gourmet-Krimi tituliert. Somit sollte jedem Leser klar sein, hier eher ein Buch über Genussjournalismus vorzufinden, als einen echten Krimi.

Mir hat dieses Buch gut gefallen, es ist sehr lesenswert, die Gegend wird stimmungsvoll beschrieben, die Geschichte der Bouchons wird ausführlich erklärt und Feinschmecker werden an den vielen erwähnten Gerichten der exquisiten Französischen Küche ihre wahre Freude haben. Es ist das passende Buch, um sich auf einen Feinschmeckerurlaub in Frankreich einzustimmen und vorzubereiten.

Lyon ist die Heimat von Paul Bocuse, aber nicht erst durch ihn wurde Lyon zur Gourmethauptstadt Frankreichs. Das haben die Köchinnen der berühmten Bouchons mit ihrer legendären regionalen Küche dem Ort in die Wiege gelegt.

Im Buch erfährt man, dass Paul Bocuse 1945 bei Mère Brazier in ihrer Bouchon als Koch gelernt hat.

Laure ist eine junge Frau, die mit großem Elan ihre Arbeit lebt und trotz der zahlreichen Verkostungen recht schlank ist. Ihr Begleiter Paco setzt Gerichte, Köche, Interieurs und Lebensmittel fotografisch stilvoll in Szene und dafür gemeinsam besuchen sie für ihre Reportage alle möglichen Spitzenrestaurants. Dort essen, testen, beschreiben sie die Örtlichkeiten und Besonderheiten der Bouchons. Paco scheint eine Vorliebe für Laure zu haben, das wird in den weiteren Folgen sicherlich noch eine Rolle spielen.

Die Besuche der Beiden sind für Interessierte und Kenner dieser Gastronomie ein ganz besonderer Leckerbissen. Ich bin eher Liebhaber der bürgerlichen Küche ohne umstrittene Gänsestopfleber, Austern und Innereien, aber die Beschreibungen haben mich dank des französischen Flairs gut unterhalten.

Für die beiden Personen konnte ich mich nicht so begeistern, aber vielleicht entwickeln sie sich noch in den Folgebänden.

Die Krimihandlung ist eher nebensächlich, es kommt aber durchaus zur Aufklärung der Mordserie und daran hat Laure einen großen Anteil. Als Leser ist man aber nicht in der Lage, den Täter zu entlarven.

Dieser Gourmet-Krimi schenkt angenehme Lesestunden, zeigt ein stimmungsvolles Bild der französischen Esskultur und nebenbei spielt sich ein unterhaltsamer Krimi ab.
Echte Frankreichurlaubslektüre für Geniesser!