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Veröffentlicht am 31.05.2024

Ein abwechslungsreicher Abenteuer-/Schelmenroman

König von Albanien
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Inhalt: Salzburg 1913. Otto Witte ist in die städtische „Heilanstalt für Gemütskranke“ eingewiesen worden. Der Grund: Otto ist fester Überzeugung, er sei der König von Albanien. Professor Meyring, Leiter ...

Inhalt: Salzburg 1913. Otto Witte ist in die städtische „Heilanstalt für Gemütskranke“ eingewiesen worden. Der Grund: Otto ist fester Überzeugung, er sei der König von Albanien. Professor Meyring, Leiter der Heilanstalt, ist nicht dieser Meinung; er ist sich absolut sicher, dass Otto an Demenz erkrankt sein muss. Der junge Doktorand Alois Schilchegger sieht diesen Befund differenzierter: Abgesehen von Ottos Überzeugung, König von Albanien zu sein, verhält er sich völlig unauffällig, sodass Schilchegger unschlüssig ist, wie er Otto behandeln soll. Nach anfänglichem Zögern lässt sich Schilchegger auf Ottos Geschichte ein – was nicht nur Folgen für ihn und Otto hat, sondern die gesamte Anstalt auf den Kopf stellt…

Persönliche Meinung: „König von Albanien“ ist ein Roman von Andreas Izquierdo, der sich mit der historischen Persönlichkeit Otto Witte beschäftigt (Otto Witte (1872 – 1958) war ein Schausteller, der mit Nachdruck behauptete, im Balkankrieg fünf Tage lang König von Albanien gewesen zu sein. Seine Geschichte schrieb er in zwei Büchern auf). Erzählt wird der Roman in zwei, sich abwechselnden Handlungssträngen. Der erste, kürzere Handlungsstrang ist die Rahmenhandlung um Alois Schilchegger. Schilchegger erzählt hier aus Ich-Perspektive von seinen Erlebnissen mit Otto sowie von seinen Versuchen, das Leben der Patienten in der Heilanstalt zu verbessern. Eingebettet in diese Rahmenhandlung ist Ottos Geschichte, in der von unterschiedlichen personalen Erzählern berichtet wird, wie Otto zum König von Albanien wird. Roman und Handlung lassen sich schwerlich einem Genre zuordnen: Besonders in Albanien/im Osmanischen Reich geraten Otto und sein Freund Max Hoffmann (meist selbst verschuldet) in einige risikoreiche Situationen, sodass „König von Albanien“ Elemente eines Abenteuerromans besitzt. Aus diesen Situationen befreien sie sich meist mit Witz; zudem sind sie auch für die ein oder andere Hochstapelei zu haben, weshalb sich auch Anklänge an die Gattung Schelmenroman finden. Eingebettet in die Abenteuer/Schelmereien ist zudem eine feine Liebesgeschichte. Daneben findet sich in der Rahmenhandlung zudem eine Portion Gesellschaftskritik, wenn dargestellt wird, wie – vor Schilcheggers Veränderungsbemühungen – mit den Patienten der Heilanstalt umgegangen wird. So ergibt sich insgesamt eine abwechslungsreiche, meist humorvolle Lektüre, die trotz kleinerer Längen viel Spaß macht. Erhöht wird das Lesevergnügen noch durch Andreas Izquierdos Schreibstil: Izquierdo schreibt anschaulich, detailverliebt und mit einem Augenzwinkern, sodass sich der Roman sehr flüssig lesen lässt. Insgesamt ist „König von Albanien“ ein abwechslungsreicher und humorvoller Schelmen-/Abenteuerroman mit einem schillernden Protagonisten.

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Veröffentlicht am 19.05.2024

Ein fesselnder Regiokrimi

Im Eichtal
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Inhalt: Kommissar Wim Schneider, der gerade erst in seine alte Heimat Braunschweig zurückgekehrt ist, sieht sich mit mehreren Verbrechen konfrontiert: Zuerst wird nahe der Oker eine bis zur Unkenntlichkeit ...

Inhalt: Kommissar Wim Schneider, der gerade erst in seine alte Heimat Braunschweig zurückgekehrt ist, sieht sich mit mehreren Verbrechen konfrontiert: Zuerst wird nahe der Oker eine bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Leiche gefunden; kurze Zeit später würgt eine Schlange im Naturhistorischen Museum eine Fingerkuppe hervor. Zudem geht eine Vermisstenanzeige bei der Polizei ein: Die honorige Vorsitzende einer Förderstiftung ist verschwunden. Als wäre die Klärung der Verbrechen allein nicht schon kompliziert genug, wird die Situation für Wim Schneider und seine Teampartnerin Rosalie Helmer noch durch einen weiteren Faktor erschwert: Yves Degenhardt, der neue Vorgesetzte von Wim und Rosalie, der ihnen genaustens auf die Finger schaut…

Persönliche Meinung: „Im Eichtal“ ist nach „Gaußberg“ und „Hinter Liebfrauen“ der dritte Band um den Kriminalhauptkommissar Wim Schneider. Die Fälle sind jeweils in sich abgeschlossen, sodass man die Krimis nicht zwangsläufig der Reihe nach lesen muss. In der Reihe spielt allerdings auch die Entwicklung der Figuren (z. B. Liebesbeziehungen, Freundschaften, Erkrankungen) eine große Rolle, sodass es sinnvoll ist, die Reihe chronologisch zu lesen, um besser mit den Figuren fühlen zu können (im 3. Band wird beispielsweise eine Freundschaft stark auf die Probe gestellt – welche dies ist, soll hier allerdings nicht gespoilert werden). Erzählt wird die Handlung aus unterschiedlichen personalen Perspektiven. Ankerpunkte dabei bilden Wim, Rosalie und Wims (ehemalige) Arbeitskollegin Biggi. Mit den Perspektivwechseln geht häufig ein Wechsel des Schauplatzes einher, sodass die Handlung einerseits ein schönes Tempo erhält, andererseits die Fälle immer wieder neu – aus einer anderen Sicht – betrachtet werden (Keine Angst: Mario Bekeschus tariert die Perspektiven stimmig aus, sodass man immer genau weiß, wer gerade wo erzählt/ist). Zur Handlung selbst möchte ich gar nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Sie ist fesselnd, besitzt die ein oder andere überraschende Wendung und wird stimmig aufgelöst. Eine zusätzliche – über die Krimihandlung hinausgehende – Tiefe erhält der Roman durch die bereits angesprochene Thematisierung des Privatlebens der Figuren. Hier geschehen ebenfalls Dinge, mit denen man nicht gerechnet hätte – und die eine potentielle Sprengkraft für zukünftige Krimis rund um Wim Schneider besitzen. Der Schreibstil von Mario Bekeschus ist anschaulich und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Im Eichtal“ ein fesselnder Niedersachsen-Krimi, der sich stimmig in die Reihe fügt und sehr gespannt auf den nächsten Teil macht.

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Veröffentlicht am 04.04.2024

Schräge Kurzgeschichten mit einer Portion Gesellschaftskritik

Minihorror
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„Minihorror“ ist ein Kurzgeschichtenband von Barbi Marković, in dem der „Horror“ des Alltags behandelt wird. Hauptfiguren der Geschichten sind Mini und ihr Partner Miki, die gemeinsam das Leben des Mittelstandes ...

„Minihorror“ ist ein Kurzgeschichtenband von Barbi Marković, in dem der „Horror“ des Alltags behandelt wird. Hauptfiguren der Geschichten sind Mini und ihr Partner Miki, die gemeinsam das Leben des Mittelstandes meistern: So begleitet man die beiden während der Lektüre u. a. auf Familienbesuche, die nicht ganz konfliktfrei verlaufen, auf Urlaubsreisen, die einen ganz spezifischen Druck ausüben, bei alltäglichen Routinen mit ihren eigenen Schrecken, beim Durchdenken von Zukunftssorgen oder beim Erleben des Arbeitsstresses. Die Geschichten, die z. T. einige wenige Seiten umfassen, sind episodenhaft und folgen keiner strikten Chronologie, sodass man sie nicht unbedingt in der abgedruckten Reihenfolge lesen muss. Geeint werden alle Geschichten durch ihre Skurrilität: Sie sind – mal mehr, mal weniger – abgedreht und neigen ins Phantastische. So kann es auch mal sein, dass Mini und Miki in ihrem Alltagshorror auf Monster treffen; vielleicht sterben sie auch das ein oder andere Mal, um im Alltagstrott des nächsten Tages wieder aufzuerstehen. Erzählt werden diese Geschichten lakonisch-distanziert, zugleich allerdings mit einem Augenzwinkern. Trotz aller Schrägheit sind die Situationen, die in den Geschichten beschrieben werden, von der Wirklichkeit inspiriert und daher in irgendeiner Form nachvollziehbar, sodass sich außerdem in „Minihorror“ eine gehörige Portion Gesellschaftskritik findet. Insgesamt ist „Minihorror“ ein flüssig zu lesender Band mit schrägen Kurzgeschichten, die humorvoll den Schrecken des Alltags einfangen.

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Veröffentlicht am 09.03.2024

Ein brandaktueller Thriller mit einigen Längen

Die Burg
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Inhalt: Der Milliardär Nevio hat sich einen Traum erfüllt: die Erschaffung einer gigantischen Escape-Welt. Dafür hat er die gesamte Burg Greiffenau renoviert sowie das weitläufige Höhlen- und Kellersystem ...

Inhalt: Der Milliardär Nevio hat sich einen Traum erfüllt: die Erschaffung einer gigantischen Escape-Welt. Dafür hat er die gesamte Burg Greiffenau renoviert sowie das weitläufige Höhlen- und Kellersystem unterhalb der Burg gesichert und mit großflächigen Bildschirmen bestückt. Auf diesen soll eine KI immersive wie erzähltechnisch einmalige Escape-Rooms erschaffen. Nun steht die Eröffnung der Themenwelt kurz bevor, sodass Nevio – zur Feinjustierung – ein Expertenteam durch eine individuell kreierte Welt rätseln lässt. Allerdings: Die KI hat ganz eigene Pläne mit den Besuchern…

Persönliche Meinung: „Die Burg“ ist ein KI-Thriller von Ursula Poznanski. Erzählt wird die Handlung aus zwei personalen Perspektiven: Die Hauptperspektive ist diejenige von Maxim, einem Mitglied der Expertengruppe. Maxim ist Besitzer einiger analoger Escape-Rooms und ist von Nevio eingeladen worden, um die Vertracktheit der Rätsel, die die KI entwirft, zu beurteilen. So fasziniert Maxim auch von der Technologie ist: Er befürchtet, das digitale Escape-Erlebnis wird seinen Ruin bedeuten. Die zweite Perspektive bildet Alissa, die persönliche Assistentin von Nevio, deren Rolle lebensnotwendig für die Expertengruppe wird, als die KI ihr eigenes Ding macht. Das Thema des Thrillers ist brandaktuell und verspricht durch die Verknüpfung von KI, alter Burg und Escape Room eine spannungsgeladene Handlung. Dies trifft auch für den Beginn des Thrillers zu: Alles ist neu, ungewohnt und man erwartet gespannt, wie die KI arbeitet. Nach diesem vielversprechenden Anfang flacht die Spannung allerdings ab. Zwar sind die Räume, die von der KI kreiert werden, durch ihr düster bis gruseliges Mittelaltersetting interessant, allerdings in Bezug auf die Handlungslogik insgesamt austauschbar. Eher episodenhaft stolpert die Expertengruppe durch die Räume, wobei – mal mehr, mal weniger – schwierige Rätsel gelöst werden müssen. Dadurch weist der Mittelteil des Thrillers gewisse Längen auf. Gerettet wird die Handlung ein Stück weit durch die Auflösung: Hier finden sich einige Twiste (Geheimnisse der handelnden Figuren), die in dieser Form nicht zu erahnen sind. Der Schreibstil von Ursula Poznanski ist gewohnt anschaulich und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Die Burg“ ein Thriller, der mich zwiegespalten zurücklässt: Einerseits besitzt er ein interessantes und brisantes Thema, einen schönen Einstieg und ein überraschendes Ende, andererseits weist er – gerade im Mittelteil – einige Längen auf.

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Veröffentlicht am 09.03.2024

Ein stimmiger dritter Band

Der Konzern
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Inhalt: Der Skandal um die BWG-Bank zieht weiter Kreise: Die Bank scheint eine zentrale Rolle in einem vor Jahrzehnten ausgeklügelten Plan zu spielen, der die Altersversorgung von Millionen von Deutschen ...

Inhalt: Der Skandal um die BWG-Bank zieht weiter Kreise: Die Bank scheint eine zentrale Rolle in einem vor Jahrzehnten ausgeklügelten Plan zu spielen, der die Altersversorgung von Millionen von Deutschen betrifft. Nachdem Laura Jacobs die Bank bereits zwei Mal gerettet hat, wenden sich auch dieses Mal ihre Vorgesetzten an sie, die Bank wieder in ruhiges Fahrwasser zu lenken. Doch die Finanzwelt hat ganz eigene Fallstricke – was Laura bald (erneut) zu spüren bekommt…

Persönliche Meinung: „Der Konzern“ ist ein Finanzthriller von Veit Etzold. Es handelt sich – nach „Die Filiale“ und „Die Zentrale“ – um den dritten Band der Laura Jacobs-Reihe, die sich um die gleichnamige junge Bankerin dreht. Da die einzelnen Bände aufeinander aufbauen und einige Figuren bandübergreifend wichtig sind, ist es sinnvoll, die Reihe chronologisch zu lesen. Erzählt wird „Der Konzern“ – wie schon die Vorgänger – meist aus der personalen Perspektive Lauras, die sich von Band zu Band weiterentwickelt. Wie der Titel des Thrillers bereits ankündigt, ist der Antagonist des Romans eher das System, wobei es hier verstärkt ein Gesicht bekommt. Auch sollte man sich vor der Lektüre darauf einstellen, dass man erneut vergleichsweise tief in die Finanzwelt (inklusive Fachsprache und systemspezifische Prozesse) eintaucht. Dies erfolgt aber so anschaulich und informativ, dass die Lektüre nicht trocken ist. Kurze Kapitel und häufige Perspektivwechsel sorgen außerdem für ein rasantes Tempo, sodass man insgesamt durch die Seiten von „Der Konzern“ fliegt. Die Handlung ist spannend konstruiert und weist einige Twists auf, durch die man bereits aus den Vorgängerbänden Bekanntes aus einer anderen Perspektive sieht. Der Schreibstil von Veit Etzold ist angenehm und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Der Konzern“ ein stimmiger und spannender dritter Teil der Reihe um Laura Jacobs.

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