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Veröffentlicht am 28.01.2022

Leben nach Jim

Eingeäschert
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Nach langjähriger Ehe ist der über siebzigjährige Jim Skelf plötzlich verstorben. Seine Frau Dorothy ist untröstlich, aber gleichzeitig pragmatisch. Sie hat mit Jim im gemeinsamen Bestattungsunternehmen ...

Nach langjähriger Ehe ist der über siebzigjährige Jim Skelf plötzlich verstorben. Seine Frau Dorothy ist untröstlich, aber gleichzeitig pragmatisch. Sie hat mit Jim im gemeinsamen Bestattungsunternehmen gearbeitet und sie respektiert seinen Wunsch, dass er im eigenen Garten eingeäschert werden möchte. Ihr zur Seite stehen ihre Tochter Jenny und die Enkelin Hannah. Und dann muss das Leben weitergehen, was sich für die drei trauernden Frauen als nicht so einfach herausstellt. Denn nicht nur das Bestattungsunternehmen muss weitergeführt werden, auch die Detektei soll weiterlaufen. Und nicht jeder Kunde kennt den Verlust und so gibt es nicht immer eine gewisse Rücksichtnahme.

Wie gehen Bestatter mit Trauer um? Sie sollten es doch eigentlich wissen. Doch die drei Skelf-Frauen aus Edinburgh verhalten sich nicht viel anders als andere Trauernde auch und damit wirken sie erfrischend normal. Es gilt, Leichen für die Bestattung vorzubereiten, es gilt, alten Herren zu helfen, die vermuten, sie würden bestohlen, es gilt, vermeintlich untreue Ehemänner zu beschatten. Und Hannah will ihre verschwundene Studienkollegin finden, während Dorothy sich daran macht, Jims große Lüge aufzudecken. Sie versuchen, ihren Verlust zu verarbeiten und gleichzeitig weiterzumachen. Dabei müssen die Drei feststellen, dass das Herz trotz aller Arbeit weiter schmerzt.

Tartan Noir nennen sich diese leicht düsteren Kriminalromane, die in Schottland angesiedelt sind. Und dieser Roman ist ein guter Vertreter des Genres. Die schottische Hauptstadt hat ihren gebührenden Platz in der Handlung. Im Mittelpunkt stehen jedoch die drei Skelf-Frauen, die den Familienmittelpunkt verloren haben. Sie sind starke Frauen, die sich finden und durchsetzen wollen. Auch wenn sie manchmal etwas übertrieben reagieren, ihr Wille ist überzeugend. Und die Aufträge, die sie annehmen, sind spannend und mitunter im positiven Sinne skurril. Mag man hin und wieder auch einige Vorahnungen haben, bleiben doch reichlich Überraschungen. Dorothy, Jenny und Hannah haben ihre Eigenheiten, ja, aber sie sind durchweg sympathisch und sie haben Potential für weitere Abenteuer.

Veröffentlicht am 23.01.2022

Den Job machen

Todland
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Der Tote Anwalt wurde vom Regen reingewaschen, die meisten Spuren sind verwischt. Deshalb sehen die Löcher in seinem Schädel auch beinahe harmlos aus. Trotzdem ist der Polizist Martin Juncker schockiert. ...

Der Tote Anwalt wurde vom Regen reingewaschen, die meisten Spuren sind verwischt. Deshalb sehen die Löcher in seinem Schädel auch beinahe harmlos aus. Trotzdem ist der Polizist Martin Juncker schockiert. Der Tote war Partner in der Kanzlei, die Junckers Vater dereinst gegründet hatte. Nun muss Juncker die Aufgabe übernehmen, der Witwe des Mannes die Nachricht zu überbringen. Martins Frau Charlotte, die sich von ihm getrennt hat, bekommt einen Hinweis, dass der verheerende Anschlag vom letzten Winter hätte verhindert werden können. Die Journalistin wittert eine brisante Story und sie beginnt nachzuforschen. Ihr ist zunächst nicht bewusst, in welche Gefahr sie geraten könnte.

In diesem zweiten Band um die Ermittler Juncker und Kristiansen geht es richtig zur Sache. Juncker, der immer noch zur Arbeit in der heimatlichen Provinz verdonnert ist, muss sich mit einem Mordfall beschäftigen, der ihn auch persönlich betrifft. Und immer noch kann ihn der Tod seines Vaters nicht loslassen. Signe Kristiansen dagegen versucht alles ihre Ehe zu retten, obwohl ihr das Eheleben seit einem Ereignis vor ein paar Jahren schwerfällt. Ein Teil des Problems ist sicher auch, dass sie nicht wirklich darüber redet. Da ist es fast schon eine glückliche Ausrede, wenn sie zu einem Fall gerufen wird.

Auch in diesem zweiten Band wird durch das Autoren-Duo wieder gekonnt geschildert, wie vermeintlich unterschiedliche Fälle doch ineinandergreifen. Gut werden alte Fäden erneut aufgenommen und mit neuen versponnen. Auch die Entwicklungen im Privatleben der Protagonisten werden mit interessanten Nuancen versehen, so dass man den Eindruck gewinnt, man komme den Ermittlern auch persönlich nahe. Die Fallkonstellationen sind dabei noch etwas packender und überraschender als im ersten Band. Brisant und rasant, doch immer im Rahmen dessen, was sehr glaubhaft wirkt. Menschliche Schwächen, die fatale Folgen haben können und ein paar Polizisten, die ihr Möglichstes tun, um Schlimmeres zu verhindern. Dieser Kriminalroman packt einen fast auf der ganzen Länge.

Veröffentlicht am 22.01.2022

Der Reiseschriftsteller

Mord in Highgate
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Wie ein Reiseschriftsteller kommt er sich vor, denkt der Autor, der wieder einmal als Chronist für den Privatermittler Hawthorne fungiert. Über drei Bücher hat er den Vertrag abgeschlossen. Ob Hawthorne ...

Wie ein Reiseschriftsteller kommt er sich vor, denkt der Autor, der wieder einmal als Chronist für den Privatermittler Hawthorne fungiert. Über drei Bücher hat er den Vertrag abgeschlossen. Ob Hawthorne ihm so sympathisch ist, er ist unsicher.. Und schließlich hat er beim letzten Mal alles falsch aufgefasst und ist dann noch fast umgebracht worden. Nun ist ein Anwalt tot aufgefunden worden und Hawthorne wird als Berater der Polizei engagiert. Nicht, dass die Beamten darüber erfreut wären. Der Autor, gleichzeitig Produzent einer Fernsehserie, hat mit eben dieser Produktion gibt es Probleme.

Das ist schon eine super Idee, wenn ein Autor sich selbst quase als Dr. Watson in seinen Roman hineinschreibt. So bekommt man einen kleinen Einblick in die Produktion der hervorragenden TV-Serie „Foyle’s War“, die wohl nicht im frei empfänglichen deutschen Fernsehen gelaufen ist. Doch man kommt auch einen Eindruck, wie der Ermittler Hawthorne den Autor vereinnahmt und dieser sich auch vereinnahmen lässt. Auch in dem Autor, wie vielleicht in jedem wohn ein kleiner Ermittler, der wissen will, wie es zu einer Tat kommen konnte, wer ein Motiv hatte und die Gelegenheit und was man sonst noch herausfinden muss, um die Täter zu überführen. Wenn es sich bei dem Privatdetektiv dann noch um einen ehemaligen Polizisten handelt, ist diese beinahe überflüssig.

Bei diesem zweiten Teil um den Ermittler Hawthorne handelt es sich um einen englischen Detektivroman. Der Ermittler erweist sich dabei als gewitzt und schlauer als die dumpfe Polizeibeamtin. Der Autor tritt als Chronist auf, der seine Aufzeichnungen akribisch führt und gerne selbst ermitteln würde. Er hat ein gewisses Talent, mit seinen Gedanken falsch zu liegen. Auch wenn die Untersuchung eher behäbig abläuft, so ist das Setting besonders und es zeichnet sich wahrscheinlich durch einiges an Authentizität aus, schließlich ist der Autor tatsächlich auch Produzent, verheiratet und hat zwei Kinder. So wird die Illusion der wahren Erzählung auf unterhaltsame Weise aufrecht erhalten. Der Fall ist gut konstruiert und man hechelt dem schlauen Daniel Hawthorne in den Schuhen des Autors gerne hinterher.

Veröffentlicht am 21.01.2022

Mein Käferchen

Perfect Day
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Mein Käferchen, so hat ihr Vater sie immer genannt und nun sitzt er in Untersuchungshaft. Angeblich soll er mehrere Mädchen umgebracht haben. Seine Tochter Ann kann das einfach nicht glauben. Ihr lieber ...

Mein Käferchen, so hat ihr Vater sie immer genannt und nun sitzt er in Untersuchungshaft. Angeblich soll er mehrere Mädchen umgebracht haben. Seine Tochter Ann kann das einfach nicht glauben. Ihr lieber guter Vater, der immer für sie da ist. Sie hat deshalb nur ein Ziel, sie wird seine Unschuld beweisen. Diesen Justizirrtum muss sie einfach verhindern. Ann beginnt Nachforschungen anzustellen und sie findet Hinweise, die sie in ihrer Ansicht bestärken. Ihr Studium hat sie hintenangestellt und bei ihrer Arbeit in einem Fast Food Restaurant hat sie Jakob kennengelernt, der ihr vielleicht helfen könnte.

Was für eine schwierige Situation muss es sein, wenn der eigene Vater verdächtigt wird, ein schweres Verbrechen begangen zu haben. Ann Lesniak muss mit ansehen, wie ihr geliebter Vater verhaftet wird. Das stürzt auch sie in eine schwerwiegende Krise. Sie unterbricht ihr Studium, wegen eines Streites mit ihrer Freundin Zoe zieht sie erstmal wieder in ihr Elternhaus und nimmt die Arbeit in dem Restaurant an. Doch Ann weiß nicht, was sie fühlen, wie sie sich verhalten soll. Einzig, dass sie ihrem Vater helfen will, dass ist sicher. Informationen wünscht sie sich vom Anwalt ihres Vaters, der gleichzeitig ihr Patenonkel ist.

In ihrem dritten Roman hat Romy Hausmann wieder ein spannendes Werk geschaffen. Die vielfältigen Formen, die sie dabei verwendet, lockern die Handlung auf und laden dazu ein, sich Gedanken zu machen. Man kommt ins Rätseln und liegt doch meist falsch. Dass der Handlung ein gewisses Thema zugrunde liegt, merkt man allerdings erst, wenn einen die Autorin darauf stößt. Davon abgesehen, ist man von der Handlung gefesselt. Obwohl Ann durch die Situation psychisch angegriffen ist, versucht sie alles, um den wahren Mörder zu finden. Ihre Zielstrebigkeit und Gewieftheit dabei sind sehr beeindruckend. So entwickelt die Handlung einen gewissen Sog, dem man sich lange nicht entziehen kann.

Veröffentlicht am 15.01.2022

Schach dem Herrn

Das Damengambit
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Beth Harmon wächst in einem Waisenhaus auf. dort hat sie es nicht leicht. Die Lehrer sind streng und bei ihren Mitschülern gilt sie als unsportliche Streberin. Ein Trost sind nur die grünen Pillen, die ...

Beth Harmon wächst in einem Waisenhaus auf. dort hat sie es nicht leicht. Die Lehrer sind streng und bei ihren Mitschülern gilt sie als unsportliche Streberin. Ein Trost sind nur die grünen Pillen, die sogar schon an die achtjährigen verteilt werden. Jedenfalls bis das Jugendamt dahinter kommt und es nur noch Vitamintabletten gibt. Ein kleiner Lichtblick sind die Stunden, die sie mit dem älteren Hausmeister verbringen kann. Er bringt ihr das Schachspiel bei und bald merkt Beth, dies ist genau die Ablenkung, die ihr eine kleine Flucht erlaubt. Als Beth fast schon die Hoffnung aufgegeben hat, wird sie von einem älteren Ehepaar adoptiert wird.

Ungewöhnlich, dass ein kleines Mädchen ans Schach spielen kommt und dieses Spiel nach kurzer so gut beherrscht, dass es auffällt. Ihre Lehrer angefangen von dem zurückhaltenden und wortkargen Mr. Shaibel werden nach und nach besser. Beth saugt sämtliche Informationen, die sie über das Spiel und verschiedene Schachpartien bekommen kann, förmlich auf. Und noch ist sie ein Kind. Nach ihrer Adoption durch die Wheatleys entdeckt Beth, dass die Möglichkeit besteht, auf Schachturnieren zu spielen. Ob das etwas für sie sein könnte? Als Mrs. Wheatley in finanzielle Schwierigkeiten gerät, bietet sich für Beth sogar die Möglichkeit, zur Verbesserung der Lage beizutragen.

Gerade die Geschichte der frühen Kindheit und Jugend von Beth Harmon zieht einen in ihren Bann. Wie das junge Mädchen durch das Schachspiel sich selbst entdeckt und dass es noch eine andere Welt gibt da draußen, das ist toll beschrieben. Zwar verliert das Ganze etwas an Fahrt als Beth beginnt, gegen stärkere und renommoriertere Schachspieler anzutreten. Wenn man selbst nicht Schach spielt, geraten die Beschreibungen von Zügen und Partien etwas weniger spannend. Dennoch bleibt die Darstellung von Beths Entwicklung zu einem besonderen Menschen und einer außerordentlichen Schachspielerin bemerkenswert und mit den Höhen und Tiefen von Beths Entwicklung hat man ein Bild von einem Mädchen wie aus dem Leben.