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Veröffentlicht am 01.04.2019

Kommt auf leisen Sohlen daher

Der Wal und das Ende der Welt
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Das Buch von John Ironmonger "Der Wal und das Ende der Welt" ist ein rundum gelungenes Buch. Beginnend bei dem wunderschönen Einband, der happtisch ein warmes Gefühl gibt und optisch durch eine ungewöhnliche ...

Das Buch von John Ironmonger "Der Wal und das Ende der Welt" ist ein rundum gelungenes Buch. Beginnend bei dem wunderschönen Einband, der happtisch ein warmes Gefühl gibt und optisch durch eine ungewöhnliche Farbgebung besticht, denn der blaue Wal schwimmt aus dem blauen in ein auffälliges Orangen. Auf jeden Fall auf jedem Büchertisch und in jedem Bücherschrank ein Hingucker. Natürlich soll man sich nicht auf so etwas alleine verlassen beim Kauf eines Buches. Aber es erregt die Aufmerksamkeit und beim zweiten Blick ist man weiter positiv eingestimmt.

Ein Zitat aus dem Leviathan steht dem Roman voran. Die Kapitel haben eingängige Überschriften, die Augenblicke der Abschnitte wiedergeben. Der Schreibstil macht schnell klar, dass der Tenor der Geschichte durchaus Märchenhaft und überspitzt ist. Gleichzeitig mochte ich die feine Ironie und das Augenzwinkern, mit dem der Autor erzählt. Er spricht damit den Leser direkt an, reflektiert und stupst in die richtige Richtung. Ich fühlte mich schnell wohl in dem kleinen Dorf am Meer, in dem ein nackter Mann und ein Wal angeschwemmt werden und die Dorfgemeinschaft durcheinanderwirbeln.

Der Roman wird mit ziemlich großen Worten und Versprechungen beworben. Das hat er aber eigentlich nicht nötig und finde ich schade. Die Stärke des Buches ist nämlich der leise und kluge Ton, der ohne erhobenen Zeigefinger und wirklichen Weltuntergang auskommt. Und gerade durch sein unspektakuläres eher ruhiges Tempo verfehlt der Plot nicht sein Ziel den Leser zu unterhalten und dennoch die Augen für die Umweltproblematik zu öffnen und nachdenklich zu machen.

Ein ganz eigenes Leseerlebnis abseits vom Mainstream. Ich kann es aus ganzem Herzen empfehlen.

Veröffentlicht am 19.03.2019

Leseempfehlung

Als die Tage ihr Licht verloren
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Der Titel „Als die Tage ihr Licht verloren“ beschreibt sehr gut die Essenz dieses Romans aus der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Der Klappentext dagegen könnte irreführend sein, da hier nur ...

Der Titel „Als die Tage ihr Licht verloren“ beschreibt sehr gut die Essenz dieses Romans aus der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Der Klappentext dagegen könnte irreführend sein, da hier nur ein Teilthema hervorgehoben wird, welches aber erst im letzten Drittel wichtig wird.

Für mich war es die Geschichte der Familie Hoffmann, vor allem der Schwestern Gitte und Linda. Die beiden sind jung, hungrig nach Leben und auf der Suche nach einem Mann und einem Beruf, der sie ausfüllt. Und es war die Geschichte der Nachbarstochter Lene, die einen unbedeutenden Beamten heiratet, der sich nach und nach den Nazis zuwendet und seine Frau mitzieht.

So geht es also um ganz normale Durchschnittsbürger in einem Deutschland, welches immer grauer und dunkler wird. So langsam geht das Licht aus. Unmerklich schleicht sich die Furcht ins Leben der Schwestern und schließlich steht der Krieg vor der Türe. Lindas Ehemann wird eingezogen und schließlich erhält sie die Nachricht, er wäre gefallen.

Ich will nicht zu viel verraten – das tut der Klappentext sowieso schon – aber am Ende wird es richtig spannend. Es handelt sich um den Erstling von Stephanie von Hayek. Mir hat vor allem der etwas ungewöhnliche, ja oft sogar sperrige Schreibstil gut gefallen. Er passte zur Geschichte und man musste ihm Aufmerksamkeit schenken, damit er seine ganze Intensität entfalten konnte. Tatsächlich habe ich mich, wie andere Leserinnen auch, anfangs etwas schwer getan mit der Zuordnung, welche Schwester gerade welche war. Vielleicht hätte man die Charaktere noch etwas schärfer zeichnen müssen oder Eigenheiten deutlicher hervorheben sollen. Aber natürlich sind es Schwestern und gewisse ähnliche Hoffnungen und Verhaltensweisen sind ja auch naheliegend. Gut fand ich auch die Zeichnung der negativen Charaktere im Buch. Sie kamen sehr realistisch daher. Der kleine Nachbar von nebenan konnte genauso eine Bedrohung darstellen, wie ein hoher Parteifunktionär oder SS-Scherge.

Leseempfehlung

Veröffentlicht am 13.03.2019

ein bisschen etwas zum Wasser

Die Geschichte des Wassers
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Der Titel des Buches ist relativ hochtrabend und ich hatte durch die Werbung eine hohe Erwartung an das Buch. Ich dachte, es wäre eine Art Öko/SF/Roman in dem die Bedeutung des Wassers, die dramatischen ...

Der Titel des Buches ist relativ hochtrabend und ich hatte durch die Werbung eine hohe Erwartung an das Buch. Ich dachte, es wäre eine Art Öko/SF/Roman in dem die Bedeutung des Wassers, die dramatischen Veränderungen der Natur durch die Hand des Menschen in einer dystophischen Zukunft erzählt würden. In Ansätzen ist das natürlich auch so geschehen.

Die Vernichtung eines norwegischen Gletschers ist nur ein kleiner Baustein auf dem Weg ins Jahr 2045, in dem eine große Dürre in Südfrankreich zu einer Massenflucht führt. Große Auffanglager sind die einzigen Rettungsanker ohne Wasser, Verkehrsmittel, Telefon oder Handy, Nahrungsmittel u.ä. Alles scheint zusammenzubrechen.

In drei Zeitebenen erfährt man etwas über die Signe und David und Lou. Über ihr jeweiliges Schicksal, die Hintergründe ihrer Flucht, ihr Leben. Allerdings konnte ich mich irgendwie nicht so richtig mit ihnen anfreunden und das Wasser spielte auch keine zentrale Rolle. Ja, Signe versuchte als Öko-Terroristin für den Gletscher zu kämpfen und David und seine Tochter Lou waren in einer wasserlosen, lebensfeindlichen Gegend immer mit der Suche nach Wasser beschäftigt. Aber das Thema an sich wurde nur in den Raum geworfen und dann in keiner Weise wirklich näher behandelt. Außerdem erfuhr man wenig über den Rest der Welt. So kommen die Schicksale anderer Menschen und anderer Länder nicht wirklich vor und es gab weder genaue Erklärungen darüber, was in den 30 Jahren der Zunft passiert ist, noch wie der Zustand von Europa überhaupt ist. Jede Menge Andeutungen, die mich nicht zufriedengestellt haben.

Leider ein Buch, welches für mich nur marginal interessant war und ein bisschen am eigentlichen Thema vorbei erzählt hat.

Veröffentlicht am 13.03.2019

eine nachdenkliche Geschichte

Wie man die Zeit anhält
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Matt Haig hat über die Jahre an Autoren-Format für mich gewonnen. Es geht ihm nicht mehr darum, nur zu unterhalten, er will auch etwas mit seinen Büchern sagen. So ist dieses Buch, welches auf den ersten ...

Matt Haig hat über die Jahre an Autoren-Format für mich gewonnen. Es geht ihm nicht mehr darum, nur zu unterhalten, er will auch etwas mit seinen Büchern sagen. So ist dieses Buch, welches auf den ersten Blick wie ein SF-Roman daherkommt, in Wirklichkeit eines über das Leben an sich, über die Wertigkeit von Beziehungen und dass die Endlichkeit des Lebens nicht nur negativ und voller Schrecken sein muss.

Der Hauptdarsteller, Tom lebt ein fast endlos langes Leben. Der Verlust der vielen Menschen über die Jahrhunderte nagt an ihm. Denn wichtiger als ein unendliches Leben ist die Nähe zu denen die man liebt und was ist ein Leben wert, wenn ständig die sterben, die man liebt.

Wiie man die Zeit anhält, das versucht Tom für sich herauszufinden. Und Matt Haig kleidet seine fiktive Geschichte in die reale Gechichte, bemüht Personen, wie Shakespeare, seinem Helden zu begegnen.

Ein Buch voller kleiner feiner Episoden, welches zum Nachdenken anregt. Nicht immer wirklich spannend aber mit dem Mut zu verweilen und Raum zu lassen für Tom, seine Verluste und für die Überlegungen um Zeit und Leben und Liebe.

Veröffentlicht am 13.03.2019

durchwachsen

Dunkles Arles
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Capitain Roger Blanc wird diesmal in ein Verbrechen auf ganz persönliche Weise verwickelt. Bei einem heimlichen Treffen mit seiner verheirateten Geliebten Aveline wird diese Zeugin eines Mordes. Der Täter ...

Capitain Roger Blanc wird diesmal in ein Verbrechen auf ganz persönliche Weise verwickelt. Bei einem heimlichen Treffen mit seiner verheirateten Geliebten Aveline wird diese Zeugin eines Mordes. Der Täter stiehlt dabei auch ihre Handtasche mit wichtigen Unterlagen, so dass Blanc und sie gezwungen sind, auf eigene Faust nach den Tätern zu suchen. Dabei geraten sie in einen Strudel weiterer Anschläge und sind mehr oder weniger ständig auf der Flucht oder zumindest in Gefahr. Das war es auch, was mich etwas störte.

Ich hatte das Gefühl, der Autor möchte mit seinem Helden diesmal aus dem gewohnten Kriminalgeschehen – Mord, Ermittlungen, Aufklärung - ausbrechen und sich ein bisschen ins Thrillergenre zu begeben. Aber irgendwie kam das bei mir nicht so positiv an. Blanc ist ein bodenständiger und solider Ermittler. Als Held taugt er so gar nicht und den Ärger, auf den er sich da aus Liebe und Schuldbewusstsein einlässt, hätte er sich sparen können. So wirkte für mich alles etwas aufgesetzt und die Zuneigung, die ich eigentlich für Aveline empfinde, bekam ein paar Risse, da ich langsam denke, die beiden sollten die Liaison beenden oder endlich Nägel mit Köpfen machen.

Hinter all den Heimlichkeiten verlor der eigentliche Fall an Farbe, was schade ist, denn der hätte durchaus noch mehr Raum vertragen können. Ein netter Krimi für Zwischendurch aber an die besten Romane aus seiner Feder kann Rademacher diesmal nicht anknüpfen.