Cover-Bild Unter den hundertjährigen Linden
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19,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Knaur
  • Themenbereich: Belletristik - Liebesroman: Zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 512
  • Ersterscheinung: 04.11.2019
  • ISBN: 9783426226933
Valérie Perrin

Unter den hundertjährigen Linden

Roman
Elsbeth Ranke (Übersetzer), Katja Hald (Übersetzer)

Diese Friedhofswärterin wird Ihr Herz verzaubern:
Trauer und Hoffnung, Verlust und Liebe in dem wunderbaren zweiten Roman der französischen Autorin Valérie Perrin über das Leben und all die kleinen Dinge, die es lebenswert machen

Violette Toussaint ist Friedhofswärterin in einem kleinen Ort in Burgund. Dort lebt und arbeitet sie, kümmert sich liebevoll um die Gräber und die Trauernden, die auf unterschiedliche Arten mit ihrem jeweiligen Verlust zu kämpfen haben.
Bis Julien auf ihren Friedhof kommt und ein ungewöhnliches Anliegen vorbringt: Seine Mutter ist gestorben und möchte neben einem Mann beerdigt werden, den Julien nicht kennt …
Juliens Geschichte weckt Violettes Interesse, und bald verbringen sie immer mehr Zeit miteinander, während das Tagebuch von Juliens Mutter eine anrührende Liebesgeschichte preisgibt. Violette jedoch trauert selbst um einen geliebten Menschen und hat Angst, Julien ihr Herz zu öffnen. Schafft sie es, noch einmal neu anzufangen?

Nach »Die Dame mit dem blauen Koffer« bezaubert auch Valérie Perrins zweiter Roman mit französischem Charme, großen Emotionen und viel Fingerspitzengefühl.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.01.2020

Das Blumenwasser wechseln

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Die französische Originalausgabe dieses sehr berührenden Romans von Valérie Perrin (Fotografin und Drehbuchautorin; Lebensgefährtin des bekannten französischen Regisseurs Claude Lelouch) lautet: "Changer ...

Die französische Originalausgabe dieses sehr berührenden Romans von Valérie Perrin (Fotografin und Drehbuchautorin; Lebensgefährtin des bekannten französischen Regisseurs Claude Lelouch) lautet: "Changer l'eau des fleurs" - also "Das Blumenwasser wechseln" - für mich noch passender als der deutsche Titel!
Aus dem Französischen übersetzt wurde der Roman von Katja Hald und Elsbeth Ranke; er erschien (HC, gebunden) 2019 bei Droemer-Knaur.

Bourgogne, Frankreich, Brancion-en-Chalon:

Violette Toussaint, vormals Trenet, übernimmt mit ihrem Mann Philippe die Stelle als Friedhofswärterin, da Sasha, der diese Aufgabe mit viel Leidenschaft fürs Gärtnern übernommen hatte, nach Eintritt ins Rentenalter den Entschluss gefasst hat, durch die Welt zu reisen und alte Freunde zu besuchen...

In Rückblenden lernt man die beiden Hauptprotagonisten, Violette und Philippe kennen und erfährt in verschiedenen zeitlichen Sequenzen immer mehr von ihnen: Während Violette einen schweren Start ins Leben hatte; ihre Kindheit bei Pflegeeltern verbrachte und selten das Gefühl hatte, wirklich "dazuzugehören", wächst Philippe als Einzelkind von Eltern auf, die nicht eben perfekt sind und dem Jungen eher mit auf den Weg geben, dass er niemandem trauen solle und stets an sich selbst zu denken habe; der Vater kann sich der sehr dominanten Mutter gegenüber nicht behaupten und von der Heirat mit der "sehr einfachen" Violette ist besonders die Mutter von Philippe alles andere als begeistert - schlimmer noch, sie ignoriert ihre Schwiegertochter, die fortan einfach "übersehen" wird.

Philippe, der niemals wirklich etwas leisten musste, hatte zuvor mit Violette einen Job als Schrankenwärter inne, wobei es stets Violette ist, die die Schranken der vorüberfahrenden Züge öffnet bzw. schließt. Die Familie vergrößert sich und Violette, die nun wieder lernen will und sich John Irving's Roman "Gottes Werk und Teufels Beitrag" kauft, versucht mit Erfolg, ihre Lesekompetenz zu verbessern. Sie hat eine grundsätzlich versöhnliche Einstellung zum Leben und im Gegensatz zu Philippe fühlt sie sich weder einsam noch ist ihr langweilig: Sie hat viele Interessen - und Fantasie, während Philippe sie immer mehr alleine lässt, Touren mit seinem Motorrad unternimmt und sie betrügt. Dies berührt Violette nicht wirklich - jedoch geschieht eines Tages ein Unglück, das ihr Leben - und auch das von Philippe von grundauf ändert: Ein schwerer Verlust, dessen Schmerz der Leser nur erahnen kann, wird Violette einige Zeit lähmen, bis sie wieder zu neuer Kraft finden wird...

In dieser Zeit lernen wir den weiteren Protagonisten kennen; Julien Seul - ein Kommissar aus Bordeaux, erscheint auf dem Friedhof (auch diesen Job meistert Violette alleine; ihr Mann Philipp fuhr immer länger weg, bis er eines Tages gar nicht mehr wiederkam), da er das Grab von Gabriel Prudent sucht. Einem Mann, der seiner Mutter einen Platz in der Ewigkeit garantierte und von dem Julien bis dato nichts wusste. Die Asche der verstorbenen Mutter, Irène Fayolle, soll im Grab von Monsieur Prudent beigesetzt werden, so wie es notariell besprochen war. In Tagebüchern, die Julien findet und die er - sich sogleich angezogen fühlend von der freundlichen und attraktiven Friedhofswärterin Violette - ihr später ausleiht, kommt eine tragische Liebesgeschichte zweier Menschen zutage, die sich wünschten, nach ihrem Tod in aller Ewigkeit vereint zu sein. Wird es Julien und Violette gelingen, zueinander zu finden?

Die Themen dieses Romans sind sehr vielschichtig; die Lebenswege der Hauptprotagonisten sind sehr gut nachvollziehbar erzählt; es geht um Tragik, Liebe, Verlust, Schmerz, aber auch Lebensfreude und (wiedergewonnener) Lebensmut, der aus regenerierter Lebenskraft erwachsen kann. Es geht um die kleinen Dinge, die glücklich machen (können), um Pflanzen und das Gärtnern; auch vor allem darum, dass sich das Leben jeden Tag ändern kann und vor Verlust und Schmerz niemand gefeit ist. Aber vor allem geht es darum, dass man wieder aufstehen sollte, wenn das Schicksal hart an der Türe klopft. Dass Leben und Tod nahe beieinander liegen und gerade in kleinen Dingen wie Blumen, das Gärtnern, das Säen, die Pflege und das Aufkeimen von Pflanzen ein Reigen des Lebens ist, dem der Mensch viel Positives entnehmen kann: Er kann seinen eigenen Garten gestalten; so wie Violette sehr leidenschaftlich ihre Aufgaben auf "ihrem" Friedhof wahrnimmt: Ihre Zeit den Pflanzen auf dem schönen Friedhof widmet, der vier "Bezirke" hat: das Lorbeer-, Pfaffenhütchen-, Zedern- und Eibenviertel.

So entwickelt sie auch die richtige Nähe und auch Distanz zu all den Trauernden, die ihr vertrauensvoll in ihrem "Wartezimmer" ihr Herz ausschütten; ist eine empathische Seelentrösterin, was auch Julien sofort bemerkt. Das Aussagekräftigste an diesem sehr sensibel geschriebenen, stellenweise poetischen Roman ist für mich die Tatsache, dass die Liebe letztendlich stärker ist als der Tod: Sie überlebt ihn!

Die Figurenzeichnung ist sehr authentisch; durch die Rückblenden lernt der Leser Reaktionen der Protagonisten zu verstehen und eine sehr starke Violette Toussaint kennen, deren Charakter wirklich fesselt und beeindruckt. Während Philippe über lange Strecken wenig "punkten" kann, lernt man auch ihn am Ende von einer anderen, unbekannten Seite kennen. Einige liebenswerte Nebenfiguren wie Célia und vor allem Sasha, der Violette auf seine - fast schon therapeutische Weise - ins Leben zurückführt und sie durch ihn die Stelle als Friedhofswärterin bekommt, mochte ich auch sehr gerne. Die Gräfin, La Comtesse de Darrieux, die Violette die Geschichte ihrer großen Liebe erzählt (am Tag, als diese beigesetzt wird), bringt den Leser ebenfalls zum Schmunzeln: Auch in dieser Rolle spielt die Liebe einen ebenso wichtigen Part wie der Tod, der wiederum nur durch Liebe zu überwinden ist. Was mich an ein altes spanisches Sprichwort erinnert, das ich nie vergessen habe:

"Jedes Mal, wenn sich in deinem Leben ein Loch auftut, fülle es mit Liebe!" Dies könnte der Tenor dieses teils melancholischen, teils tragischen, aber auch sehr poetischen und vor allem lebensbejahenden Romans von Valérie Perrin sein! Mir hat er sehr gut gefallen und ich kann diesen berührenden und zu Herzen gehenden Roman besonders jenen Menschen empfehlen, die vielleicht in letzter Zeit einen schmerzhaften Verlust - im Freundes- oder Familienkreis - durchleben mussten. Aber auch allen anderen sensiblen LeserInnen sei er sehr gerne weiterempohlen!

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Veröffentlicht am 16.01.2020

Gibt es für Friedhofswärterin Violette doch noch Hoffnung auf Glück und Liebe? Intensiver, französischer Roman über die Selbstfindung einer Frau.

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Das Leben hat es bislang nicht gut gemeint mit Violette Touissant. Von den Eltern bereits nach ihrer Geburt abgelehnt, im Waisenhaus groß geworden, traf die ungeliebte junge Frau irgendwann in einer Bar ...

Das Leben hat es bislang nicht gut gemeint mit Violette Touissant. Von den Eltern bereits nach ihrer Geburt abgelehnt, im Waisenhaus groß geworden, traf die ungeliebte junge Frau irgendwann in einer Bar auf den attraktiven Taugenichts Philippe. Schon bald, zog Violette in dessen Wohnung, doch außer Leidenschaft verband das Paar nicht viel.
Trotzdem blieben beide zusammen, arbeiteten als Schrankenwärter und schlugen sich mehr schlecht als recht durch. Philippes Faulheit und seine Untreue und ein tragischer Todesfall trieben Violette immer weiter von dem einst begehrten Mann fort. Und als er eines Tages spurlos verschwand, weinte sie ihm keine Träne mehr nach.
Seitdem sind fast zwanzig Jahre vergangen und Violette arbeitet als Friedhofswärterin. Sie liebt die Ruhe des Friedhofs, hat sich mit den Friedhofsgärtnern und dem Pfarrer angefreundet und immer ein offenes Ohr für die Besucher des Friedhofs.
Doch obwohl sich Violette mit ihrem Leben arrangiert hat und eigentlich ausgeglichen und für ihre Verhältnisse glücklich erscheint, hat sie bislang nie die wahre Liebe erlebt.

Eines Tages tritt ein Kommissar mit einer seltsamen Bitte an sie heran. Seine Mutter ist kürzlich verstorben und möchte im Grab eines Verstorbenen, der auf dem von Violett betreuten Friedhof begraben liegt, beigesetzt werden. Der Kommissar ist verwirrt, denn bis zu ihrem Ableben, hatte dessen Mutter niemals besagten Verstorbenen erwähnt. Überhaupt begreift Julien Seul, dass er seine Mutter nicht gut kannte. Selbst eine Grabrede für sie, will ihm nicht einfallen. Daher bittet er Violette um Hilfe. Und die hilfsbereite Violette weist ihn nicht ab. Denn Julien ist ihr sympathisch…

„Unter den hundertjährigen Linden“, ist bereits der zweite Roman der Autorin, nach „Die Dame mit dem blauen Koffer“, der im Droemer/Knaur Verlag erschienen ist. In Valerie Perrins aktuellem Buch steht die Friedhofswärterin Violette im Fokus des Geschehens und die Geschichte wird in „Ich-Form“ aus Violettes Sicht erzählt. In Rückblenden erfährt der Leser, welche Schicksalsschläge sie zu der sehr abgeklärt wirkenden Frau haben werden lassen und selbst wenn Violette diese Ereignisse auf nüchterne Art schildert, geht einem ihr Lebensweg sehr unter die Haut. Überhaupt fordert die Autorin ihre Leser, nicht nur rein von der Thematik her sehr. Ihr Schreibstil ist ungewöhnlich, sehr langsam, sensibel, sie beschreibt Landschaften, Stimmungen, Eindrücke sehr tiefgehend und das französische Flair macht die Geschichte besonders. Ich mochte die Idee, die diesem Roman zugrunde liegt genauso, wie auch die Umsetzung des Ganzen. Allerdings liegt auch eine gewisse Schwermütigkeit über allem, die wahrscheinlich nicht jeder Leser mögen wird. Es ist also keine leichte „Gute-Laune“ Lektüre, die man zur Entspannung lesen kann. Die Intensität hat mir beim Lesen selbst sehr zu schaffen gemacht und ich musste den Roman mehrfach zwischendurch weglegen, um diverse Ereignisse und Schicksalsschläge, die die Romanheldin erdulden musste, eine Weile sacken zu lassen.
Zwar wird auch eine Liebesgeschichte erzählt, doch ist diese eher Nebensache, die das große Ganze am Ende abrunden soll. Es ist ein Roman, der nach dem Lesen noch einige Zeit im Leser nachhallt und ihn beschäftigen wird. Aber man sollte der Thematik des Romans gegenüber aufgeschlossen sein und die Langsamkeit des Erzählens ertragen können, sonst hat man das falsche Buch ausgewählt.

Kurz gefasst: Gibt es für Friedhofswärterin Violette doch noch Hoffnung auf Glück und Liebe? Intensiver, französischer Roman über die Selbstfindung einer Frau.

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Veröffentlicht am 10.01.2020

Zeigt, wie nah Liebe und Verlust, Trauer und Lebensfreude beieinander liegen

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In ihrem zweiten Roman „Unter den hundertjährigen Linden“ lässt die Französin Valérie Perrin die fiktive Protagonistin Violette Toussaint von ihrem Leben erzählen. Im Vergleich zu ihrem Debüt ist auffällig, ...

In ihrem zweiten Roman „Unter den hundertjährigen Linden“ lässt die Französin Valérie Perrin die fiktive Protagonistin Violette Toussaint von ihrem Leben erzählen. Im Vergleich zu ihrem Debüt ist auffällig, dass ebenfalls eine Frau mit Koffer auf dem Cover zu sehen ist, doch die beiden Geschichten sind gänzlich verschieden und so hat auch die Umschlaggestaltung eine andere Bedeutung und steht hier für den Neuanfang, den die Protagonistin nach einem Schicksalsschlag wagt.

Violette ist seit etwa 20 Jahren Friedhofswärterin in dem kleinen Ort Brancion-en-Chalon in der Region Bourgogne-France-Comté und liebt ihre Tätigkeit auf dem Friedhof, der beschattet wird von den an den Wegen stehenden hundertjährigen Linden. Ich hatte zu Beginn des Romans den Eindruck, dass sie mit ihrem Leben zufrieden ist. Doch bereits auf den ersten Seiten deutet Violette an, dass es eine Zeit in ihrem Leben gab, in der sie sehr unglücklich war, was bei mir die Frage nach dem Grund dafür aufwarf. Aufgewachsen ist sie bei Pflegefamilien und im Heim. Später hatte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann jahrelang eine Stelle als Schrankenwärterin in der Region Grand Est inne. Die Tätigkeit als Friedhofswärterin hat sie von ihrem verschwundenen Mann Philippe Toussaint übernommen. Durch die Erwähnung des Weggangs von Philippe wurde meine Neugier darauf geweckt zu erfahren, warum und wohin er gegangen ist und ob er überhaupt noch lebt.

Eines Tages erscheint ein Kommissar aus Marseille bei Violette. Aber Julien Seuls Anliegen ist es nicht, eine Straftat aufzuklären, sondern die Asche seiner Mutter im Grab ihres Geliebten, den Julien nicht kennt, beizusetzen. Im Tagebuch seiner Mutter erfährt er von ihrer Liebe.

Valérie Perrin versteht es auch in ihrem zweiten Roman leise Töne anzuschlagen und dabei Lebensgeschichten berührend zu erzählen. Violette, die in ihrer Kindheit die Liebe ihrer Eltern vermisst hat, bindet sich schon früh an Philippe. Um die Beziehung aufrecht zu erhalten ist sie bereit, seine Eigenheiten zu akzeptieren. Er scheut vor Arbeit zurück, lieber tourt er stunden- und tagelang mit seinem Motorrad. Für Violette ist es wichtig, ein Zuhause zu haben. Sie liebt Lesen und gute Musik. Nach einem Schicksalsschlag verändert sie sich. Statt ihre Wut zuzulassen, beginnt sie Fragen zu stellen und begibt sich auf neue Wege. Als Friedhofswärterin erscheint sie als Frau mit zwei Gesichtern. Nach außen hin ist sie ihrem Beruf verpflichtet diskret, distanziert und dunkel gekleidet, doch wenn sie im Haus allein ist, genießt sie helle Farben und das Licht. Sie beeindruckte mich als Leser mit ihrem Wissen über die Verstorbenen auf „ihrem“ Friedhof und vielen Bewohnern des Orts.

Nur zögerlich erzählt Valérie ihr Leben im Rückblick, denn sie hat die Vergangenheit ruhen lassen. Aber durch die Begegnung mit Julien wird ihr bewusst, dass sie immer noch verheiratet ist und zunehmend kommen die Erinnerungen zurück. Das Tagebuch von Juliens Mutter gibt den Anstoß zur Erzählung einer langen weiteren Geschichte, die die Autorin in den Roman einflechtet. Sie konnte mich aber nicht näher ergreifen, vielleicht weil sie mich immer wieder von den Geschehnissen rund um Valérie wegführte und es dadurch zu Längen kommt.

In ihrem Roman „Unter den hundertjährigen Linden“ schreibt Valérie Perrin über Liebe und Trauer, Verlust und Lebensfreude und zeigt auf, wie nah diese im Leben beieinanderliegen. Ihre Protagonistin Violette hat einige schwere Zeiten auf ihre eigene Art und Weise gemeistert und sich einen für sie passenden Rahmen gesucht in dem sie glücklich ist. Gerne empfehle ich das Buch an Leser weiter, die eine Hoffnung im Herzen auf schöne Zeiten mit sich tragen.

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Veröffentlicht am 08.11.2019

Berührende Geschichte über das Leben und den Tod, die sich jedoch in vielen Einzelgeschichten verliert

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Violette Toussaint ist Anfang 50 und arbeitet als Friedhofswärterin in einem kleinen Ort in Burgund. Sie lebt allein und zurückgezogen, hat jedoch ein offenes Ohr für die Trauernden und Besucher des Friedhofs. ...

Violette Toussaint ist Anfang 50 und arbeitet als Friedhofswärterin in einem kleinen Ort in Burgund. Sie lebt allein und zurückgezogen, hat jedoch ein offenes Ohr für die Trauernden und Besucher des Friedhofs. Sie hat sich mit dem gleichförmigen Leben arrangiert und ist auf ihre Weise zufrieden damit, scheint nicht mehr viel vom Leben zu erwarten.
Julian Seul aus Marseille kommt auf sie zu, als seine Mutter verstorben ist und als letzten Wunsch angegeben hat, auf dem Friedhof in Burgund neben einem Verstorbene beerdigt zu werden, den Julien nicht kennt. Er fragt sich, was seine Mutter ihm im Laufe ihres Lebens verschwiegen hat und kann anhand ihres Tagebuches recherchieren.
Violette ist neugierig auf Julien und möchte ihn bei der Bestattung seiner Mutter unterstützen. Dabei werden bei ihr Erinnerungen wach, denn sie selbst trauert nach einem Unglücksfall im Sommer 1993 um einen geliebten Menschen, den sie verloren hat und der ihr einziger Halt im Leben war.

Es ist ein ruhig erzählter Roman, der sich sehr gemächlich entwickelt. Als Leser taucht man in den monotonen Alltag von Violette ein und spürt von Anbeginn, dass mehr hinter ihrer Zurückgezogenheit und Distanz zu anderen Menschen stecken muss. Als Waisenkind geprägt, hat sie es sich aus Angst vor Ablehnung angewöhnt, nicht anzuecken und möglichst unscheinbar zu sein. Ihr Leben umgeben von Toten wirkt wie eine Flucht, um sich vor Schwierigkeiten und Verletzungen zu schützen. Im weiteren Verlauf gibt Violette mehr von sich preis und über Rückblenden und Erinnerungen erfährt man ihre tragische Lebensgeschichte und bekommt damit eine Erklärung für ihr Einzelgängertum. Dabei werden weitere Erzählstränge eröffnet, die die unglücklichen Geschichten weiterer Personen erzählen, denen Violette bei der Aufklärung des Unglücks begegnet.

Es ist eine berührende Geschichte über das Leben und den Tod, bei der man geduldig sein muss, bis Violette für den Leser nahbarer wird. Es ist ein bittersüßer Roman über das Leid, das widerfahren kann, der aber auch zeigt, wie widerstandsfähig der Mensch ist und dass es selbst nach tragischen Ereignissen und Verlusten die Chance auf einen Neuanfang und Glück im Leben gibt. Das erfordert jedoch Mut und die Bereitschaft, sich zu öffnen zu Vertrauen zu haben, die eigene verletzliche Seite zu zeigen.

"Unter den hundertjährigen Linden" ist eine gefühlvolle Erzählung, die zunächst den Fokus auf Violette hat und sich dann in mehreren Einzelgeschichten verliert. Die Perspektivwechsel und sprunghaften Zeitenwechsel empfand ich als zu viel und vermisste nach der Hälfte des Romans einen roten Faden. Die Liebesgeschichten konnten mich neben all der Tragik nicht berühren.