Von Alicia Zett habe ich mittlerweile ihre "Love is"-Reihe und ihre "Wer,wenn nicht wir?" Dilogie gelesen und gemocht. Umso gespannter war ich auf den Auftakt ihrer neuen "Camp Rainbow"-Reihe, der im April erschienen ist. In "Über mir der Himmel" begleiten wir die 17-jährige Malin durch drei Sommerwochen in einem queeren Feriencamp in den bayerischen Alpen – und erhalten dabei einen weiteren starken Coming-of-Age-Roman mit all den Themen, die Alicia Zetts Bücher so besonders machen: queere Repräsentation, Freundschaft, erste Liebe und die Suche nach sich selbst.
Wie schon in ihren früheren Romanen setzt die Autorin dabei auf eine bewusst ruhige Handlung, um den Fokus auf die Figuren und ihre innere Entwicklung zu legen. Das funktioniert vor der Kulisse eines Sommercamps ganz wunderbar, etwas mehr mehr Herausforderungen und ein bisschen mehr Zeit für die Liebesgeschichte hätten aber definitiv nicht geschadet, um die Geschichte etwas komplexer und nicht so gradlinig zu machen.
"Manchmal beobachte ich die Menschen um mich herum und frage mich, wieso es für sie so leicht ist. Das Leben. Die Liebe. Es fühlt sich an, als hätten sie alle einen Leitfaden gelesen, den ich nie erhalten habe."
Was die Autorin erzählerisch manchmal nicht in der Handlung ausspielt, gleicht sie durch ihren lebendigen, gefühlvollen Schreibstil mehr als aus. Alicia Zett hat ein besonderes Talent dafür, Orte mit Leben zu füllen. Was ihr zuvor schon beispielsweise mit dem Internat Schloss Mare geglückt ist, wiederholt sie hier mit dem Camp, das so liebevoll und atmosphärisch beschrieben, dass man sich sofort dorthin wünschen möchte. Egal ob Filmabende, Stockbrot am Lagerfeuer, Kuchentasting mit der Back-AG, lange Wanderungen oder Tage am See - die fast 500 Seiten sind abermals voller wundervoller Momente, die eine Wohlfühlatmosphäre voller Wärme, Intimität und kindlicher Nostalgie erschaffen. So fällt es schwer, das Buch aus der Hand zu legen, weil es nicht nur erzählt, sondern auch ein Gefühl transportiert – von Sommer, Ferien, Freiheit, Freundschaft und Abenteuer. Auch wenn es in erster Linie ein Wohlfühlbuch ist, werden ernste Themen nicht ausgeklammert, sondern wertschätzend eingebettet. Neben queerer Repräsentation und mentaler Gesundheit werden auch Familienbeziehungen angeschnitten.
"Das ist einfach meine Art zu denken. Sie ist nicht besser oder schlechter als die von anderen Menschen. Sie existiert einfach.“
Erzählt wie die Geschichte aus der Perspektive von Marlin, die eine starke und authentische Hauptfigur ist: queer, neurodivergent, manchmal etwas impulsiv, aber stets reflektiert und sympathisch. Sie trägt die Geschichte mit einer Mischung aus Unsicherheit und Mut, die für diese Lebensphase charakteristisch ist. Von ihr können wir viel über Freundschaft, Ehrlichkeit und Selbstakzeptanz lernen.
Auch das übrige Figurenensemble mit den Love Interests Nora, Juan oder Marlins Freund:innen Basti und Flo ist durchweg gelungen. Besonders gefreut habe ich mich auch über das kleine Wiedersehen mit Samuel und Caro aus "Wie Farben im Regen". Malins Zwillingsschwester Lila bleibt noch etwas im Hintergrund, was aber zur Figurenkonstellation passt – schließlich soll sie ihre eigene Geschichte in Band 2 ("Zwischen uns die Wolken", ET: 31.10.2025) bekommen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es weitergeht!
"Wenn man es so nimmt, dann ist Musik für mich fast so schön, wie die Sterne zu betrachten. Musik bringt alles um mich herum zum Leuchten.”
Fazit
In "Camp Rainbow – Über mir der Himmel" erzählt Alicia Zett abermals einen starken Coming-of-Age-Roman mit bunter, queerer Repräsentation und locker-leichter Wohlfühl-Atmosphäre.
4,5 Sterne