Cover-Bild Unentdeckt
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kanon Verlag Berlin
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 27.02.2025
  • ISBN: 9783985681655
Gabriela Wiener

Unentdeckt

Roman
Friederike von Criegern (Übersetzer)

Welche Spuren hinterlässt koloniale Gewalt?

Die heiligen Orte in den Anden beherbergten einst wertvolle Grabbeigaben. Heute findet man sie in den großen Sammlungen europäischer Museen. Dort wird Gabriela Wiener mit ihrem Erbe konfrontiert: ausgerechnet ihr Ururgroßvater Charles Wiener, ein jüdisch-österreichischer Forscher, erbeutete im 19. Jahrhundert Tausende Artefakte. Als sie der väterlichen Linie ihres Stammbaums nachgeht, stößt sie auf patriarchale Heldenerzählungen: die Legende des bescheidenen Deutschlehrers, der über Nacht zu Indiana Jones wird, aber in Peru Frau und Kind zurücklässt. Und die Parallelbeziehung ihres Vaters, in der dieser mit Vorliebe eine Augenklappe trug. Werden Vorstellungen von Liebe und Lust weitergetragen? – Ausgehend von ihrem Nachnamen wird Gabriela Wiener nicht nur zur Chronistin von Kolonialverbrechen, sondern auch zur Chronistin ihrer selbst. 

»Die vielleicht mutigste Stimme der neuen literarischen Generation lateinamerikanischer Frauen. Sie hat praktisch jedes heikle Problem erforscht, mit dem sich die heutige Gesellschaft herumschlägt.« The New York Times

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2025

Der Familiengeschichte auf der Spur

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Gabriela Wiener vereint mehrere Themen in ihrem ungewöhnlichen, autofiktionalen Buch.
Zum einen ist es die Geschichte ihres Vaters, der lange Jahre eine Geliebte hatte, mit der auch ein Kind und der gerade ...

Gabriela Wiener vereint mehrere Themen in ihrem ungewöhnlichen, autofiktionalen Buch.
Zum einen ist es die Geschichte ihres Vaters, der lange Jahre eine Geliebte hatte, mit der auch ein Kind und der gerade gestorben ist.
Zudem spürt Wiener der Geschichte ihres Urgroßvaters, Charles Wiener nach.
Und zuletzt ist es auch ihre Geschichte zwischen Peru und Spanien, z.B. wie sie schon als Kind Rassismus erlebte oder wie sie in Madrid in einer Dreierbeziehung Freiheit empfand.

Einiges an dem Buch fand ich interessant, stilistisch blieb ich etwas skeptisch. Manches erreichte mich, anderes weniger. Insgesamt ist es aber eine gute Arbeit.

Das Buch war auf der Longlist des Booker Awards und hatte viel Aufmerksamkeit bekommen.

Veröffentlicht am 22.02.2025

Kolonialismus und die Suche nach der eigenen Identität

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Unsere Ahnen lebendig halten – für jeden Menschen mag dies eine eigene Bedeutung, Inhalt und Dringlichkeit haben, ist mit der jeweiligen Kultur, Tradition und Religion verbunden. Für Gabriela Wiener ist ...

Unsere Ahnen lebendig halten – für jeden Menschen mag dies eine eigene Bedeutung, Inhalt und Dringlichkeit haben, ist mit der jeweiligen Kultur, Tradition und Religion verbunden. Für Gabriela Wiener ist es ein Zurückblicken auf ihre Familiengeschichte in Peru, auf ihren Ururgroßvater, welcher Beutekunst, tausende präkolumbianische Objekte – dingliche und lebendige Menschen – nach Europa gebracht hat. Diebesgut, gestohlen im Namen der Wissenschaft und für die Neugierde und den Voyeurismus seiner Bevölkerung.
Gabriela Wiener lebt mit dieser Vergangenheit, die tief in ihrem Geist und Körper eingeschrieben ist. Sie begibt sich auf Spurensuche. Selbst inzwischen in Spanien lebend, reist sie aus Anlass des Todes ihres Vaters zu ihrer Mutter nach Peru, begibt sich dort in Identitäten und Parallelen, welche über Raum und Zeit hinweg ihre Familie zu durchdringen scheinen. Das Doppelleben ihres Vaters mit zwei Beziehungen, Haushalten und Kindern erscheint dabei als eine Widerspiegelung des Lebens des Deutschlehrers Charles Wiener, des großen Abenteurers und Entdeckers, der Frau und Kind in Peru zurückgelassen hat.
Und auch Gabriela Wieners eigene Beziehungsgeschichte ist von Treulosigkeit und dem Priorisieren ihrer eigenen Bedürfnisse geprägt. Mit ihrem Mann lateinamerikanischer Herkunft und einer gebürtigen Spanierin in einer Lebens- und Hausgemeinschaft hat sie zahlreiche sexuelle Affairen und Seitensprünge und ist gequält von ihrer eigenen Untreue und Eifersucht in ihrer Partnerschaft. Ihre Suche nach Identität, Herkunft und Zugehörigkeit wird zu einer Belastung für alle Beteiligten und stellt das Beziehungsmodell zunehmend in Frage – sowie auch ihre Verwandtschaft mit Charles Wiener plötzlich nicht mehr gesichert scheint.
Gabriela Wieners autobiographischer Roman ist auch für ihre Leser*innen ein Reisen, Erfahren und Entdecken von Ungeahntem und Ungesagtem, von Schwere und Schrecken, von Dunklem in der Geschichte und Wegen aus dieser Schuld und Vergangenheit hinaus. Und sie ist ein Mahnen vor einer Überlegenheit und Vorherrschaft im Denken, dem Setzen von Normen und Werten und einem Eurozentrismus in der Begegnung von Menschen, Völkern und Kulturen.

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Veröffentlicht am 01.05.2025

Koloniales Erbe trifft persönliche Offenbarung

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In ihrem vielschichtigen, autofiktionalen Roman „Unentdeckt“ verwebt Gabriela Wiener persönliche Familiengeschichte mit einer kritischen Auseinandersetzung mit Kolonialismus, kulturellem Erbe und Identität. ...

In ihrem vielschichtigen, autofiktionalen Roman „Unentdeckt“ verwebt Gabriela Wiener persönliche Familiengeschichte mit einer kritischen Auseinandersetzung mit Kolonialismus, kulturellem Erbe und Identität. Die peruanische Autorin und Journalistin ist bekannt für ihre schonungslos ehrlichen Texte über Sexualität, Mutterschaft und gesellschaftliche Machtverhältnisse. Mit „Unentdeckt“, das 2024 auf der Longlist des International Booker Prize stand, legt sie ein hybrides Werk zwischen Essay, Autobiografie und Reportage vor, das sie selbst als Akt der Spurensuche versteht.

Worum geht’s genau?
Im Zentrum des Buches steht die Frage: Welche Spuren hinterlässt koloniale Gewalt – kollektiv und persönlich? Ausgangspunkt ist die Figur von Charles Wiener, Gabriela Wieners Ururgroßvater, ein österreichischer Forscher, der im 19. Jahrhundert Tausende Artefakte aus Peru nach Europa brachte. Seine „Entdeckungen“ sind heute Teil großer europäischer Museumssammlungen. Für Gabriela Wiener wird dieser Mann zum Symbol kolonialer Gewalt und familiärer Scham. Während sie sich mit seinem Erbe auseinandersetzt, stößt sie auf Lücken, Unausgesprochenes und verdrängte Wahrheiten. Parallel entfaltet sie ihre eigene Geschichte: als Migrantin in Spanien, als Tochter eines Mannes mit Doppelleben, als polyamor lebende Frau mit vielen Fragen zu Begehren, Treue, Macht und Verletzlichkeit. So wird aus einer historischen Spurensuche ein tief persönlicher, oft schmerzhafter Reflexionsprozess.

Meine Meinung
Gabriela Wieners „Unentdeckt“ ist vielschichtig aber - zumindest auch für mich - leider auch schwer zugänglich. Die erzählerische Struktur folgt keiner klaren Linie – sie besteht aus Fragmenten, essayistischen Gedanken, Erinnerungen, Reflexionen über koloniale Gewalt und intime Einblicke in das eigene Beziehungsleben. Diese Mischung ist mutig und bedeutsam, aber nicht einfach zu lesen. Der Stil wirkt oft sperrig, stellenweise fast hölzern, mit langen, verschachtelten Sätzen, die das Lesen erschweren. Ich musste viele Passagen mehrfach lesen, um ihren Sinn zu erfassen. Der Lesefluss war dadurch brüchig, das Buch fordernd – vielleicht zu fordernd für mich.

Dennoch hat mich die thematische Tiefe beeindruckt: Die Autorin erzählt von kolonialem Raub, rassistischem Trauma, Migration, familiären Lügen, polyamorem Leben und sexueller Selbstbestimmung. Sie spricht über die Scham, Nachfahrin eines Mannes zu sein, der Kulturgüter geplündert hat – und über die Verlegenheit, wenn ihre eigene Beziehung zwischen Offenheit und Eifersucht schwankt. Die Parallelen zwischen persönlichem und historischem Erbe sind aufwühlend – besonders die Verbindung von emotionaler Ehrlichkeit mit gesellschaftskritischer Wut. Das Buch verlangt den Leser:innen (und nicht zuletzt mir) viel ab, aber es ist wichtig, dass diese Perspektiven ihren Platz finden.

Die fragmentarische Form – mal autobiografisch, mal fast philosophisch, mal sachlich berichtend – wirkt gewollt und ist wohl Ausdruck von Wieners Zerrissenheit. Dennoch konnte ich oft keinen Zugang finden. Der Ton schwankt zwischen anklagend und zweifelnd, was auf der inhaltlichen Ebene nachvollziehbar ist, mich stilistisch aber verloren zurückließ. Es gibt starke, aufrüttelnde Passagen, keine Frage – aber auch viele, die mir fremd blieben. Vielleicht ist genau das Teil des Konzepts: dass sich marginalisierte Perspektiven nicht immer für alle lesbar machen müssen.

Fazit
„Unentdeckt“ ist ein bedeutendes Buch, das wichtige Themen wie koloniales Erbe, Identität, Sexualität und Rassismus verhandelt – mutig, unbequem und mit einer scharfen, wütenden Stimme. Doch der sperrige Stil und die fragmentarische Form erschwerten mir persönlich den Zugang. Deshalb vergebe ich 3 von 5 Sternen – für ein Werk, das wichtig, aber nicht für jede:n zugänglich & lesbar ist.

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Veröffentlicht am 07.03.2025

Leider keinen Zugang gefunden

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Queer, postkolonial und machtkritisch, dabei zugleich verletzlich und berechtigt wütend - die (Literatur-)Welt braucht mehr solcher Bücher, mehr marginalisierte Stimmen, die sich erheben. Ich fand jedoch ...

Queer, postkolonial und machtkritisch, dabei zugleich verletzlich und berechtigt wütend - die (Literatur-)Welt braucht mehr solcher Bücher, mehr marginalisierte Stimmen, die sich erheben. Ich fand jedoch leider keinen Zugang zum Buch; gefühlt habe ich es nicht verstanden bzw. nicht erfassen können, was es mir sagen will.



Vor allem durch Babel angestoßen, beschäftige ich mich momentan mit dem Kolonialismus und seinen Folgen; als ich diese own voice Erzählung in der Verlagsvorschau entdeckte, wollte ich sie unbedingt lesen.

Und nachdem ich sie gelesen hatte, wusste ich zunächst lange nicht, was ich dazu sagen soll. Weiß es eigentlich bis jetzt nicht. Ich fand den Roman - ich weiß nicht mal, ob das das passende Genre ist; viel mehr sind es Erzählfragmente, mal sachbuchartig, mal autobiographisch, mal fast schon philosophisch - nicht schön. Ich habe ihn nicht verstanden. Ich glaube, nicht die richtige Zielgruppe zu sein oder zumindest zu wenig Hintergrund- und Kontextwissen zu haben. Und gleichzeitig gab es kraftvolle, aufwühlende Textpassagen und es ist so wichtig, dass weiße Menschen wie ich sich mit dem Kolonialismus und seinem Erbe beschäftigen. Dass People of Colour sich nicht immer erklären müssen, dass keine editorischen Notizen den Text überschreiben. Ich bin zwiegespalten; ihr merkts.

Ich sagte es schon, das Buch setzt sich aus einzelnen, kurzen Texten zusammen; lose chronologische Erlebnisse, aber auch Gedankenexkurse, Ausführungen zu Charles Wiener und dem Kolonialismus im Allgemeinen, der Familiengeschichte der Autorin und ihrem Sexualleben. Der Ton schwankt zwischen anklagend und (selbst-)zweifelnd; beides kann ich nachvollziehen und machte den Schreibstil zusammen mit fast schon vulgärerer Direktheit für mich jedoch unschön, unrund. Und gleichzeitig kann ich sehen, wie das gewollt und notwendig ist.

Neben den persönlichen Erzählungen wie gesagt auch historisches - und hier konnte ich dazulernen; über Charles Wiener im Speziellen wie Peru im Allgemeinen. Gerade die Erklärung des Originaltitel Huacos retratos fand ich interessant: Huacos bezeichnen prähistorische Keramik und huacos retratos dementsprechend Porträtkeramik; oder wie Gabriela Wiener sagt: prähispanische Passfotos. Im Spanischen entfaltet die ganze Wortspielerei um huacas (heilige Tempel), huacos und huaqueros (Plünderer archäologischer Stätten) sicher mehr Wirkung.

Abschließend kann ich weder eine Empfehlung aussprechen noch vom Buch abraten - ähnlich wie damals mit Flüchtige Umarmung gelang mir der Zugang nicht und gleichzeitig empfinde ich das Buch als Bereicherung des Buchmarktes und glaube, dass es anderen Menschen deutlich besser gefallen könnte, als mir. Es sind ja auch nur wenige Seiten, zumal in sehr kurzen Abschnitten.

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Veröffentlicht am 01.03.2025

Leider nicht meine Geschichte

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Die Familiengeschichte der Autorin ist nicht einfach. Die Vergangenheit zieht sich wie ein roter Faden durch die Familie. Ururgroßvater Charles Wiener hinterlässt Scham und Schande und die Nachkommen werden ...

Die Familiengeschichte der Autorin ist nicht einfach. Die Vergangenheit zieht sich wie ein roter Faden durch die Familie. Ururgroßvater Charles Wiener hinterlässt Scham und Schande und die Nachkommen werden immer wieder damit konfrontiert bzw. sie stehen selbst vor Fragen, die sie nicht beantwortet bekommen. Der äußere Schein des erfolgreichen Forschers bröckelt immer mehr, sobald man sich mit der Kolonialgeschichte Perus beschäftigt. Charles Wiener war zudem ein untreuer Mensch und scheinbar hat sich auch die Untreue in die Gene der Nachfahren eingeschlichen.

Die Autorin erzählt viel von ihrer Polyamorie, ihrer Untreue und der eigenen Eifersucht. Obwohl sie die Untreue auslebt, kommt sie damit nicht so gut zurecht und ihre Gedanken drehen sich mehr als es gut um diesen Umstand.

Der Schreibstil war anstrengend. Hölzern und sperrig. Die Sätze teilweise so verschachtelt, dass man sie zweimal lesen musste, um herauszufinden, was die Autorin damit zum Ausdruck bringen wollte. Leider ergab sich dadurch kein schöner Lesefluss, sondern eher ein Stolpern durch den Text.

Ich wünschte mir, dass ich in den Lobgesang der anderen Lesenden einstimmen könnte. Aber leider bin ich weder mit der Geschichte, noch dem Schreibstil warm geworden.