Eine kluge Emanzipationsgeschichte über eine Frau, die mitten im Leben noch mal von vorn anfängt – nach »Lempi, das heißt Liebe« der neue Roman von Minna Rytisalo
Als die Kinder aus dem Haus sind, beendet Jenni Mäki die unglückliche Ehe mit Jussi, ändert ihren Namen und bricht endlich aus dem Leben aus, das für sie vorgesehen war: Als Jenny Hill fängt sie noch einmal von vorn an. Ein Chor weiblicher Märchenfiguren begleitet sie dabei und kommentiert voller Scharfsinn die Absurdität der Ansprüche, denen Frauen in unserer Welt immer noch gerecht werden sollen. Ein starker Roman über das Älterwerden als Frau und darüber, dass es nie zu spät ist, den eigenen Weg zu finden – in Finnland als feministisches Manifest gefeiert.
„Zwischen zwei Leben“ ist ein kluger und zugleich warmherziger Roman über das Älterwerden, über Feminismus, über Rollenbilder und die großen Fragen nach Sinn und Selbstbestimmung. Jenny Hill steht als ...
„Zwischen zwei Leben“ ist ein kluger und zugleich warmherziger Roman über das Älterwerden, über Feminismus, über Rollenbilder und die großen Fragen nach Sinn und Selbstbestimmung. Jenny Hill steht als Frau Anfang fünfzig mitten in diesem Prozess. Nach der Trennung von ihrem untreuen Mann sucht sie nach neuen Wegen, fragt sich, was im Leben wirklich zählt und wie sie ihre verbleibende Zeit erfüllter gestalten kann.
Das Buch zeigt sehr lebensnah und oft schmerzhaft realistisch, welche Herausforderungen Frauen in dieser Lebensphase erleben. Es geht um Kinderwunsch, den Anspruch, allen gerecht zu werden, um Schicksalsschläge, Zukunftsängste und darum, wie man sich selbst dabei nicht verliert. Gleichzeitig macht der Roman Mut, denn er erinnert daran, dass es nie zu spät ist, neue Wege zu gehen. In Finnland wurde er sogar als feministisches Manifest gefeiert und das völlig zu Recht.
Besonders originell ist der Einsatz von Märchenfiguren als Kommentatoren. Sie bringen eine fast magische Erzählebene ins Spiel, eröffnen neue Sichtweisen und vertiefen die Geschichte. Ihre Beobachtungen machen den Roman einzigartig.
Mir kommt es so vor, als tauchten solche Themen in letzter Zeit immer häufiger in der Literatur auf. Zumindest ist das mein persönliches Empfinden, vielleicht ist es tatsächlich ein wachsendes Interesse an Geschichten über Frauen, Selbstbestimmung und Lebensübergänge.
Auch wenn das Cover eher unscheinbar wirkt, ist der Inhalt umso eindringlicher, bewegender und voller Tiefe. Für mich ganz klar eine Leseempfehlung.
Der Roman Zwischen zwei Leben von Minna Rytisalo handelt von Jenny/Jenni, die einen Neuanfang wagt und als Jenni Mäki ihre unglückliche Ehe beendet und als Jenny Hill einen neuen Weg beschreitet. Begleitet ...
Der Roman Zwischen zwei Leben von Minna Rytisalo handelt von Jenny/Jenni, die einen Neuanfang wagt und als Jenni Mäki ihre unglückliche Ehe beendet und als Jenny Hill einen neuen Weg beschreitet. Begleitet wird sie dabei von ihrer Schwester Johanna, von ihrer Therapeutin und von den Ajatarras, den weiblichen Märchenfiguren, die wir alle kennen, die aber von sich und dem Märchen ganz anders reden.
Wir begleiten Jenni/Jenny bei ihrer persönlichen Entwicklung. Das Buch setzt sich aus einzelnen Erzählungen und Gedankengängen von Jenny zusammen, zwischendrin unterbrochen von den Ajatarras und von den Briefen an Frau Macron. Schreibstil und Prosa vom Feinsten. Ich musste das Buch schon sehr langsam lesen, um die Gedankengänge nachvollziehen zu können, aber wenn ich den Sinn dahinter verstanden habe: WOW. Klasse umgesetzt.
Für das Buch braucht man Zeit und Ruhe, sonst kann man Jenny einfach nicht folgen. War für mich eine Herausforderung und hat mir am Ende sehr gut gefallen.
Die Geschichte von Jenni Mäki hat mich von Anfang an fasziniert. Als ihre Kinder aus dem Haus sind, trennt sie sich von ihrem Mann und gibt ihr bisheriges Rollenverständnis auf. Diese mutige Zäsur markiert ...
Die Geschichte von Jenni Mäki hat mich von Anfang an fasziniert. Als ihre Kinder aus dem Haus sind, trennt sie sich von ihrem Mann und gibt ihr bisheriges Rollenverständnis auf. Diese mutige Zäsur markiert den Beginn einer Reise, die ich als Leserin mit großer Spannung und Anteilnahme verfolgt habe. Ich habe ihre Gedanken so gerne nachvollzogen und wollte unbedingt wissen, wohin dieser Weg sie führen würde.
Besonders gelungen fand ich den Perspektivenwechsel durch die weiblichen Märchenfiguren. Dadurch wurde Jenni Mäki noch einmal aus einem völlig anderen Blickwinkel beleuchtet – und ich habe mich oft dabei ertappt zu denken: Stimmt, so könnte man es auch sehen! Diese Momente haben die Geschichte für mich noch spannender und vielschichtiger gemacht.
Minna Rytisalo erzählt klar und stimmig, dabei feinfühlig und niemals belehrend. Zwischen zwei Leben ist für mich ein faszinierendes, rundum gelungenes Buch, das lange nachklingt.
Kleine Nebenbemerkung: Die Literaturtipps der Autorin am Ende fand ich superspannend – fast wie ein eigener, kleiner Schatz. Und ich werde garantiert in das ein oder andere Buch hineinlesen.
Minna Rytisalo ist eine finnische Autorin, die uns hier eine Frau Anfang Fünfzig sehr lebensnah und beinahe schmerzhaft realistisch präsentiert. Jenny Hill erfindet sich gerade neu. Nach der Trennung von ...
Minna Rytisalo ist eine finnische Autorin, die uns hier eine Frau Anfang Fünfzig sehr lebensnah und beinahe schmerzhaft realistisch präsentiert. Jenny Hill erfindet sich gerade neu. Nach der Trennung von ihrem notorisch fremdgehenden Mann stellt sie sich die Frage, was im Leben noch geht, was von Wert ist und wie sie der verbleibenden Zeit noch Sinn geben kann.
„Jenny ist momentan nicht in Bestform, und es ist auch nicht gerade hilfreich, dass sie zu wenig schläft, über Erinnerungen grübelt, ihre Lebensgeschichte rekapituliert, und all das nächtliche Herumwälzen hat zu der Schlussfolgerung geführt, dass sie gehen muss, und deshalb sitzt sie jetzt im Taxi. Sie möchte glücklich sein und dass ihr Leben irgendwie einfacher und lockerer ist, sie möchte gut zu sich sein und sich selbst verstehen, so wird es überall geraten, aber das ist furchtbar schwierig in einer Welt, die einen Wunsch und einen Anspruch nach dem anderen hervorbringt, Ziele steckt und einen zur Anstrengung zwingt, so ist es ihr immer vorgekommen, seit jungen Jahren, und jetzt ist sie nach vielen Maßstäben alt.“
Begleitet wird sie im Geiste von den Ajattaras – bekannten Märchenfiguren, die ihre wahren Geschichten erzählen, die sich jeweils gänzlich von den bekannten tradierten Versionen unterscheidet. Im Klappentext wird dies humorvoll geschildert, doch für mich kam es kaum so rüber, sind doch alle Alternativen glaubwürdig und mit historischen Frauenbildern vergleichbar.
Tatsächlich ist „Zwischen zwei Leben“ ein Buch übers Frausein – und zu meiner Freude eines mit einer Protagonistin, die ihr Muttersein liebt, ja, darunter leidet nicht noch mehr Kinder gehabt zu haben – während die Vergleiche mit gleichaltrigen Männern stetig präsente Gegensätze zwischen den Geschlechtern offenbaren:
„Jenny verbrachte zahllose Nachtstunden … damit, bei Instagram das Profil eines italienischen Millionärs zu studieren… der sich auch Grandpa Playboy nennt, und bei diesem Namen hat Jenny geschmunzelt, ja, ein Mann darf sich ja wohl nennen, wie er will. … Der Opa hatte einen Labrador und hundert Tattoos … und Jenny hat sich gefragt, wie viele Frauen sich auf diesem Planeten wohl ihren eigenen Namen in ihre Haut einritzen lassen würden. Aber nein, so etwas würde niemand tun – nicht einmal Madonna oder Beyoncé. Vielleicht würde Rihanna es in Betracht ziehen. … Die Gefühle, die Jenny beim Anblick seiner bedrückt hatten: dass ein Mann altern und seine ledrige Hand auf die straffe Pobacke einer Zwanzigjährigen legen darf, als ob es ein Naturgesetz und die Ordnung der Welt wäre.“
Rytisalo beschreibt die Gedanken- und Gefühlswelt ihres Hauptcharakters beneidenswert klug und klarsichtig. Sie vermeidet offensichtliche Kniffe und Lösungen. Hier kommt kein weißer Ritter und rettet unsere Jenny Hill. Sie schafft das aus eigener Kraft mit dem Wissen, dass es in ihrer Ehe auch gute Zeiten und eine Verbindung gab, die nach dem Aus Bestand haben darf, auch wenn ihr übel mitgespielt wurde.
„Am nächsten Morgen probiert Jenny Hill in der Unterwäscheabteilung des Kaufhauses das teuerste Nachthemd von allen an. Mit diesem Kleidungsstück will sie sich niemandem nähern und auch niemandem ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen, und es ist auch nicht der erste Schritt in Richtung eines wilden Singlelebens, es ist eine erlernte Art, mit Sorgen und Enttäuschungen umzugehen.“
Für Finninnen der gleichen Generation dürfte der Roman eine schöne Zeitreise in die eigenen erlebten Jahrzehnte sein, den hier fließt auch viel Kulturelles und der Zeitgeist der vergangen 50 Jahre ein. Für mich als fast gleichaltrige Leserin war die Lektüre ein schmunzelnder Blick in den Spiegel, der zu mehr Weichheit im Umgang mit sich und seinen Lieben und zur Selbstfürsorge einlädt. Am Ende war das Buch mit meinen Post-it Lesemarkern gespickt und schon allein das spricht für sich selbst.
„Zwischen zwei Leben“ ist eine reife, kluge Auseinandersetzung mit dem Älterwerden, mit Feminismus, Geschlechterrollen, Lebenszielen und Selbstansprüchen – warmherzig und mit erfrischendem Zugang. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!
Jenni verlässt ihren Mann, der nicht mal schafft, die Zahnbürste seiner Affäre wegzuräumen, und damit ihr altes Leben. Eigentlich hielten nur die beiden gemeinsamen Kinder, die Gewohnheit, aber vor allem ...
Jenni verlässt ihren Mann, der nicht mal schafft, die Zahnbürste seiner Affäre wegzuräumen, und damit ihr altes Leben. Eigentlich hielten nur die beiden gemeinsamen Kinder, die Gewohnheit, aber vor allem alte Glaubenssätze Jenni in dieser Vernunftehe. Nun wird sie zu Jenny Hill und tritt den steinigen Weg der Selbstfindung an, zwar mit Unterstützung von emanzipierten Märchenprinzessinnen, aber ohne esoterischen Firlefanz.
„Zwischen zwei Leben“ von Minna Rytisalo hat mich überrascht. Ich hatte einen klassischen Selbstfindungsroman einer Frischgetrennten erwartet und habe etwas aufgeschlagen, was ich nicht so recht benennen kann. Es ist feministisch und kämpferisch, aber auch zart und liebevoll. Durch die weiblichen Märchenfiguren, die wir alle kennen, bekommt es eine ganz besondere Note, denn diese Frauen, die als Paradebeispiel des Weiblichen herhalten müssen und uns geprägt haben, erzählen ihre Geschichten ganz anders. Und sie flüstern Jenny ins Ohr, welchen Lügen sie aufgesessen ist und damit auch uns. Was ich einen äußerst geschickt finde, denn so kam auch ich ganz automatisch ins Grübeln.
Gerade die letztes 100 Seiten, die ich in einem Rutsch verschlungen habe, fand ich lesetechnisch besonders spannend, weil ich immer wieder das Gefühl hatte, dass hier das perfekte Ende wäre. Alle Fragen sind beantwortet und Jennys Verwandlung vollzogen. Doch das war nicht das Ende, und was danach kam, passte genau dorthin und das immer wieder. Ich kann mich nicht erinnern, so etwas schon mal gelesen zu haben.
Zudem hat es mir sprachlich richtig gut gefallen. Minna Rytisalo hat eine feine Sprache, leicht und doch komplex. Da muss ich tatsächlich den Übersetzer loben, wobei ich mich wie so oft frage, warum nicht eine Übersetzerin bei einer Autorin zum Zug kommt.
Ein toller Roman für alle, die dem internalisierten Frauenbild und der vorherrschenden Misogynie den Spiegel vorhalten wollen.