Sehr lesenswert!
Als in der Wohnung ihres Sohnes Andreas Wasserleitungen ausgetauscht werden müssen, bietet Åsa ihm und seiner Freundin Josefin an, solange bei ihr einzuziehen. Das Zusammenleben gestaltet sich schwierig, ...
Als in der Wohnung ihres Sohnes Andreas Wasserleitungen ausgetauscht werden müssen, bietet Åsa ihm und seiner Freundin Josefin an, solange bei ihr einzuziehen. Das Zusammenleben gestaltet sich schwierig, trotz umfangreicher Bemühungen seitens Åsa, mit ihrer Schwiegertochter in Spe eine gute Beziehung aufzubauen. Je mehr Åsa sich bemüht, umso mehr zieht sich das Paar zurück, bis die Situation schließlich untragbar wird und eskaliert.
»Hätte ich doch nur nicht. Hätte ich stattdessen. Wäre ich doch nur. Ich konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken, was geschehen wäre, wenn ich mich anders verhalten hätte.« (Seite 26)
Den überwiegenden Teil der Geschichte bestreitet Åsa als Ich-Erzählerin, man muss sich als Leserin und Leser also darauf verlassen, dass sie wahrheitsgemäß wiedergibt, was passiert sein muss, bevor die Situation völlig außer Kontrolle geraten ist. Und das tut Åsa auf ihre ganz eigene Weise. Ich brauche lange, um zu durchschauen, wie ihre Denkweise funktioniert und auch dann komme ich einfach nicht dahinter, was ausgelassen wird. Erst als im letzten Teil des Buches die Perspektive wechselt und das Geschehen später von außen betrachtet wird, setze ich für mich die Puzzleteile zusammen, die dadurch ein stimmiges Bild ergeben, dies aber nur vielleicht, denn so richtig klar wird alles dadurch nicht. Klingt kompliziert, ist es jedoch nicht.
»War das jetzt meine Strafe? Ich hatte doch schon ein schlechtes Gewissen. Jetzt hätte ich es am liebsten ungeschehen gemacht. Ich hatte keine bösen Absichten gehabt, aber natürlich war es unverzeihlich, dass ich die Lage so falsch eingeschätzt hatte. Ich schämte mich.« (Seite 110)
Der Weg zur Auflösung war lang, aber langatmig war er deswegen nicht. Es faszinierte mich ungemein, von Åsa zu erfahren, was geschehen ist, sowie mir nach und nach eine Meinung bilden zu können, die keine endgültige war. Bis zuletzt schwankte ich zwischen Sympathie und Unglauben, hatte Spaß, fühlte aber auch Wut. Ein großartiges Familiendrama, das mich perfekt unterhalten hat. Lesen!