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Veröffentlicht am 14.02.2022

Ossis und Wessis

Im Schatten der Wende
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Tobias Falck ist 1988 ein junger Polizist, überzeugt von der DDR und dem Sozialismus. Es erschüttert ihn daher, als ein ABV unter dubiosen Umständen stirbt und alle es als Unfall darstellen. Ein knappes ...

Tobias Falck ist 1988 ein junger Polizist, überzeugt von der DDR und dem Sozialismus. Es erschüttert ihn daher, als ein ABV unter dubiosen Umständen stirbt und alle es als Unfall darstellen. Ein knappes Jahr später, als die Demonstrationen stattfinden gegen die Parteiführung, steht er in der ersten Reihe der Gesetzeshüter, die diese Demonstranten aufhalten sollen. Und dann ist sie plötzlich da, die Wende, im November, und keiner weiß, was jetzt passiert. Nur dass jetzt viel mehr Kriminalität existiert, und auf einmal eine Frankfurter Kommissarin um Amtshilfe wegen eines Serienkillers ersucht.

Das hätte schon ein gutes Buch werden können, wenn sich der Autor hätte entscheiden können, ob er einen Krimi oder eine Art Tatsachenbericht über die letzten Monate der DDR/die Zeit nach der Wende hätte schreiben wollen. So kam nichts Halbes und nichts Ganzes raus, im Gegenteil. Die Ermittlungen waren ein Witz und ich weiß aus ziemlich sicherer Quelle, dass die Kriminalisten im Osten sehr gut geschult und engagiert waren. Auch das ewige DDR-Bashing (Dresden auch 45 Jahre nach Kriegsende immer noch ein reines Kriegsgebiet und Polizisten ständig dabei, junge Leute zu schikanieren und Wohnungen waren grundsätzlich abbruchreif) war nicht nur maßlos übertrieben, sondern schlichtweg einfach nur das: gehässiges DDR-Bashing. Die Lösung des "Falls" dann auch nur eine Frechheit - ach, ich hatte das mal so im Gefühl, ich gebe jetzt mal einen Todesschuss ab; wir DDR-Bullen machen das halt so. No, Herr Goldammer. Das war mal nichts.

Veröffentlicht am 26.01.2022

Durch die Jahrhunderte

Zum Paradies
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1893: Es ist anders, dieses Amerika, als jenes, welches wir kennen. In den Free States ist die gleichgeschlechtliche Liebe erlaubt, und sind nicht alle Menschen gleich und frei? Ein junger Mann, der sich ...

1893: Es ist anders, dieses Amerika, als jenes, welches wir kennen. In den Free States ist die gleichgeschlechtliche Liebe erlaubt, und sind nicht alle Menschen gleich und frei? Ein junger Mann, der sich nicht an den standesgemäßen Verehrer halten will, sondern einen jungen Lover wählt, erfährt es anders.

1993: Ein bisschen vergangene Gegenwart, ein junger Mann und ein alter Mann, und eine Kommunikation, die diesen Namen nicht verdient.

2093: Eine dystopische Zukunft, die ich jedoch noch am besten als "realistisch" erkennen konnte. Pandemien überziehen regelmäßig die Welt, Überwachungsstaat, Big Brother, Depressionen, 1984 all over again.

Um ehrlich zu sein fällt es mir schwer, hier eine Rezension zu schreiben. Ich weiß nicht, was die Autorin damit bezweckte: Diversität, das große Wort "Freiheit", Warnung vor der Zukunft? Wir bekommen hier drei Geschichten aus verschiedenen Jahrhunderten, ohne Anfang, ohne Ende, einfach mal so vorgeworfen wie ein zähes Stück Fleisch, da, nimm hin.

Es ist dasselbe Fleisch wie gestern, es wird auch morgen wieder dasselbe geben, kau darauf herum, bis deine Zähne abgescheuert sind.

Wir haben dieselben Orte, dieselben Namen, selbst die Geschichten sind dieselben, wenn man nur lange genug hinsieht, und dafür wurden 900 Seiten verbraucht? Die "bildgewaltige" Sprache wird gefeiert, die Innovation, die Originalität, aber wenn man mich fragt, ist ein Baum manchmal einfach nur ein Baum und ein Haus auch einfach nur ein Haus und des Kaisers neue Kleider sind immer noch nicht vorhanden, egal wie viele Leute seine Nacktheit als großartige Errungenschaft preisen.

Veröffentlicht am 11.01.2022

Im Käfig

Der fürsorgliche Mr. Cave
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Mister Cave ist der nette Antiquitätenhändler von nebenan. Vor Jahren hat er seine Frau verloren und zieht die beiden Teenager/Zwillinge allein auf, unterstützt von seiner Schwiegermutter. Doch dann stirbt ...

Mister Cave ist der nette Antiquitätenhändler von nebenan. Vor Jahren hat er seine Frau verloren und zieht die beiden Teenager/Zwillinge allein auf, unterstützt von seiner Schwiegermutter. Doch dann stirbt eines Tages sein Sohn und Cave ist völlig verzweifelt. Er will alles tun, um seine Tochter Bryony zu schützen, und wenn das auch bedeutet, sie in einen goldenen Käfig zu sperren. Dabei treibt er es auf immer neue Tiefpunkte zu, bis er eines Tages sogar glaubt, von seinem toten Sohn besessen zu sein. Er ist bereit, über alle Grenzen zu gehen, um seine Tochter zu schützen.

Also, mit mir und dem fürsorglichen Mister Haig wird das wohl nicht mehr die große Liebe werden. Eigentlich mag ich seine Ideen, aber seine Umsetzungen sind furchtbar, abgesehen vielleicht von seinem Kinderbuch. Seine Erwachsenenromane zeichnen sich durch Zähigkeit und Langatmigkeit und durch unsympathische Charaktere aus - hier ist das keine Ausnahme, sondern wird sogar noch auf die Spitze getrieben. Vielleicht ist das der Grund, warum das Buch, das scheinbar von 2008 ist, erst jetzt übersetzt wurde. Jedenfalls habe ich mich hier durchkämpfen müssen und kann keine ernsthafte Empfehlung für die Geschichte geben.

Veröffentlicht am 05.01.2022

Barghestbrut

Der Herzgräber
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Heather hatte seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter, doch als diese jetzt durch Selbstmord stirbt, kehrt sie zurück in ihren Heimatort, um sich um die Beerdigung und das Haus zu kümmern. Beim ...

Heather hatte seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter, doch als diese jetzt durch Selbstmord stirbt, kehrt sie zurück in ihren Heimatort, um sich um die Beerdigung und das Haus zu kümmern. Beim Sichten der Unterlagen fallen ihr Briefe in die Hand und sie erkennt, dass ihre Mutter seit Jahren Kontakt zu einem bekannten Serienmörder gehalten hat. Das ist umso unheimlicher, als dass plötzlich wieder Morde geschehen wie die, die Michael Reave, der Killer, vollbracht hatte. Die Polizei lässt Heather mit dem Killer reden in der Hoffnung, dass dieser Täterwissen preisgibt. Zur selben Zeit passieren in ihrem Haus unheimliche Dinge und Heather macht sich daran, diese Rätsel zu lösen.

Eigentlich klingt das alles richtig gut und tatsächlich war der Anfang nicht nur spannend, sondern enthielt direkt unheimliche Momente. Doch so stark, wie es anfing, so stark ließ es nach den ersten Seiten abrupt nach. Das liegt nicht daran, dass hier nicht die Polizei ermittelt, sondern Heather, sondern einfach daran, dass Heather einfach ein furchtbarer Mensch ist, die absolut keine Sympathien erzeugen kann. Auch das wäre noch in Ordnung, man braucht keine sympathischen Protagonisten, wenn wenigstens die Handlung durch das Buch tragen würde. Aber dank Heathers absoluter Dummheit und Egoismus entstehen an den Haaren gezogenen Situationen, die einfach nur ärgerlich sind. Diese Frau tut einfach nichts, was der gesunde Menschenverstand diktieren würde und das Einzige, was sie wirklich hervorragend beherrscht, ist Saufen. So ist das Buch gut geschrieben und ließ sich schnell lesen, gleichzeitig war man immer wieder schnell verärgert, hat aber den Vorteil zu wissen, dass man das Buch auch schnell wieder vergessen wird.

Veröffentlicht am 22.08.2021

Kentucky Hills

Unbarmherziges Land
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Linda Hardin ist der erste weibliche Sheriff von Kentucky und hat ihren ersten Mordfall. Als ein alter Mann eine tote Frau findet, glaubt nicht nur der lokale Politiker nicht daran, dass sie unfähig ist, ...

Linda Hardin ist der erste weibliche Sheriff von Kentucky und hat ihren ersten Mordfall. Als ein alter Mann eine tote Frau findet, glaubt nicht nur der lokale Politiker nicht daran, dass sie unfähig ist, diesen Fall zu lösen. "Zum Glück" für sie ist gerade ihr Bruder Mick, eigentlich Ermittler beim CID in Deutschland, auf Heimaturlaub, und Mick wird das Kind schon schaukeln.

Mit diesen kargen Worten ist eigentlich auch dieser karge Krimi erzählt. Ich hatte das Gefühl, der Autor hält nicht allzu viel von Frauen, zumindest nicht von Frauen, die eine verantwortungsvolle Aufgabe bzw. einen verantwortungsvollen Job haben. Dafür war er unglaublich heftig in den eigentlich Protagonisten dieses Buches verliebt: Mick Hardin. Kann alles, weiß alles, ist besser als jeder andere, sieht und hört all das, was andere nicht sehen und hören, versteht auf Anhieb, wer was warum macht ... Es war furchtbar ermüdend. Was er offensichtlich nicht begriffen hat - also der Autor, Mick schien es ziemlich egal zu sein - ist, dass er eigentlich nur ein Ar...och par excellence erschaffen hat. Einer, der seine Frau permanent allein in den Staaten lässt, während er selbst in Deutschland stationiert ist, sich aber wundert, wenn die irgendwann die Schnauze von ihm voll hat. Die einzige Frage, die sich mir in dieser Hinsicht stellte, war, warum sie ihn überhaupt so lange ertragen hat. Weil er so ein Held ist, wahrscheinlich. Und damit er sich von ihr trennen kann, um als lonely wolf weitermachen zu können. Wozu Linda, die Sheriff, eingeführt wurde, weiß zum Schluss eigentlich weder eine LeserIn noch der Autor, nehme ich an. Ihr Job war es, Ja, Mick oder Nein, Mick zu sagen und als Stichwortgeber (gedanklich) zu dienen, um uns tumben LeserInnen klar zu machen, wie genial Mick war. Gähn. Ein bisschen Lokalfeeling werte ich positiv, den Rest des männlich-feuchten "Krimis" kann man höchstens als Einschlafhilfe werten.