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Veröffentlicht am 03.09.2023

DIE Frau

Ein Skandal in Böhmen
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Es ist ein seltsamer Besucher, der sich eines Abends in der Baker Street 221b einfindet und den Rat von Sherlock Holmes sucht. Der Mann, ein wahrer Riese von Gestalt, erscheint mit einer Gesichtsmaske ...

Es ist ein seltsamer Besucher, der sich eines Abends in der Baker Street 221b einfindet und den Rat von Sherlock Holmes sucht. Der Mann, ein wahrer Riese von Gestalt, erscheint mit einer Gesichtsmaske und stellt sich als böhmischer Adliger vor, der eine delikate Angelegenheit erledigt haben möchte. Holmes erkennt in ihm natürlich sofort den König von Böhmen und erfährt, dass dieser als junger Mann eine leidenschaftliche Affäre mit der berühmten Abenteuerin und Schauspielerin Irene Adler gehabt hatte und diese noch immer eine belastende Fotografie von ihnen beiden besitzt, mit deren Hilfe sie seine Heirat mit einer dänischen Prinzessin verhindern kann. Holmes verspricht Abhilfe für das Problem - doch er merkt bald, dass Miss Adler niemand ist, den er hinters Licht führen kann ...

Ich mag diese Geschichte ganz gern, zeigt sie doch, dass auch ein Holmes nicht immer Erfolg hat und dass ausgerechnet eine Frau, auf deren Intelligenz er nicht immer allzu sehr viel gibt, ihm ebenbürtig sein kann. Und auch, wenn ich noch immer finde, dass der Sprecher von Watson eindeutig ein bisschen zu alt für die Rolle klingt, so haben doch alle Sprecher einen guten Job gemacht. Allerdings hat mir die Hörspielumsetzung nicht in allen Belangen immer gut gefallen und ich könnte mir vorstellen, dass manche HörerInnen, die die Geschichte nicht kennen, von der Auflösung irritiert sein könnten. Trotzdem nette und angenehme Unterhaltung.

Veröffentlicht am 02.09.2023

Unstern

The Romeo & Juliet Society, Band 1 - Rosenfluch
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Joy begleitet ihren alleinerziehenden Vater, der als Schauspieler arbeitet, an viele Orte. Kurz vor seinem nächsten Auftritt werden sie von seltsamen Leuten entführt. Sie nennen sich die Romeo-&-Juliet-Society ...

Joy begleitet ihren alleinerziehenden Vater, der als Schauspieler arbeitet, an viele Orte. Kurz vor seinem nächsten Auftritt werden sie von seltsamen Leuten entführt. Sie nennen sich die Romeo-&-Juliet-Society und behaupten, Joy gehöre zu ihnen und würde sterben, wenn sie nicht mit ihnen nach Verona käme. Dort wird sie in eine Akademie aufgenommen, an die nur Nachfahren der Montagues und Capulets bzw. deren Freunde gehen. Dort wird es noch seltsamer. Der Fluch zwingt die Jugendlichen alle 17 Jahre, sich in einen Angehörigen des anderen Hauses zu verlieben, nur um dann das Liebespaar zu opfern. Joy wird als Capulet dem Haus des Schlangenfürsten Rhyme zugeteilt und sieht sich bald Gefahren ausgesetzt, die sowohl ihr Leben als auch das Herz bedrohen.

Auch nach zwei Tagen weiß ich nicht so recht, was ich von der Geschichte halten soll. Deshalb erstmal das Positive: Die Autorin kann schreiben und sie hat zwar YA-typisch zwei megaheiße, aber dafür auch Frauen gegenüber nette Loveinterests erschaffen. Und mir gefiel der Anfang, als Joy noch nicht an der Akademie war. Aber dann wird es seltsam und liest sich immer mehr wie eine Harry-Potter-Fanfiction. Der Draco-Verschnitt heißt Rhyme, hat einen Body zum Niederknien, helle, blonde Haare - und eine Vorliebe für Schlangen. Sein Gegenpart heißt Cut, ist strubbelig-schwarzhaarig, ebenso hot und mag ... (Groß)Katzen. Die Erwachsenen nutzen dauernd eine Art Magie, mit der sie Leute beeinflussen - also quasi den Imperius. Joy selbst ist ein Lily-Klon mit grünen Augen.

Aber gut, man muss ja das Rad nicht neu erfinden, um gute Geschichten zu erzählen. Was mich viel mehr gestört hat als irgendwelche FF-Anwandlungen, war das seltsame Worldbuilding, das überhaupt keinen Sinn ergibt. Da ist ein Fluch, weil ...? Und schuld daran ist der Unstern - ein Komet, den nur Capulets und Montagues sehen können, weil ...? Welches Interesse hat ein Komet an Leuten? Warum spucken die Verfluchten Rosen? Sind sie auch noch mit dem Biest von der Schönen verwandt? Was lernt man an dieser Akademie außer Tanzen und Kämpfen? Gefühlt wurden eigentlich ständig nur irgendwelche Klamotten anprobiert (habe ich schon erwähnt, dass die da alle megareich sind? - Okay, wäre ich auch, wenn ich Imperius könnte, just saying.) Und was für großartige Gene die dort haben müssen - alle waren richtig gutaussehend und fit. Jedes Mädchen konnte da quasi durchsichtige Badeanzüge tragen, ohne sich unwohl zu fühlen, den Jungs wurden beim Joggen schon die Klamotten von liebeshungrigen Mädchen vom Leib gerissen. Keine Ahnung, was die Autorin damit rüberbringen wollte, ich persönlich fand das cringeworthy.

Was ist eigentlich mit den Eltern der Jungs? Es gab einen Vater (Cut) und eine Tante (Rhyme), die dort einen auf Haus Malfoy und Haus Potter machten, aber keine anderen Erwachsenen außer den Souffleuren/Souffleusen, die dazu wurden, weil man ihnen eine Maske aufs Auge drückt? Welche Logik bitte steckt dahinter? Man muss mir ja nicht alles im ersten Buch erzählen, aber ein bisschen nachvollziehbares Worldbuilding erwarte ich schon. Welchen Sinn haben die seltsamen Namen aller Beteiligten? Warum sollen Tränen oder Lachen jemanden stärken, warum sollten manche immun gegen Schlangengift oder Feuer sein? Dass man es vermeiden sollte, sich in jemanden vom anderen Haus zu verlieben, ist rein von den Konsequenzen her verständlich, aber jede*r fand es okay, sich in ein eigenes Familienmitglied zu verlieben? Inzest ist quasi legal, aber alles andere uncool, wenn man überleben möchte? Sorry, aber "isso" ist keine Antwort. Im Übrigen empfand ich mehr Love-Vibes zwischen den beiden Jungs als zwischen einem der Jungs und Joy.

Es gab zwischendurch ein paar geheimnisvolle Andeutungen zu Joys Herkunft und ich frage mich, warum eigentlich bis zum Schluss niemand die richtigen Fragen gestellt hat (die ich aus Spoilergründen nicht aufführen kann). Aber gut. Vermutlich werden 99 Prozent der LeserInnen das Buch feiern, denn es hat einen Farbschnitt. Darauf kommt es mittlerweile viel eher an als nach sinnvollen Handlungen. Bis zur Hälfte fand ich die Geschichte ein bisschen zäh, danach habe ich sie nicht ungern gelesen, auch wenn mich all die unbeantworteten Fragen und mangelnde Logik immer wieder seufzen ließen. 2.5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 29.08.2023

Der erste gemeinsame Fall

Eine Studie in Scharlachrot
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Diese Rezension bezieht sich auf das Hörspiel, das in diesem Archiv nicht zu finden ist.
Erst vor kurzem ist Doktor Watson aus Afghanistan zurückgekommen, wo er als Militärarzt gedient hat. Außer einer ...

Diese Rezension bezieht sich auf das Hörspiel, das in diesem Archiv nicht zu finden ist.
Erst vor kurzem ist Doktor Watson aus Afghanistan zurückgekommen, wo er als Militärarzt gedient hat. Außer einer Schulterverletzung und mangelnden finanziellen Mitteln hat er nichts mitgebracht, sodass er jetzt im teuren London nach jemandem sucht, mit dem er zusammenziehen und sich eine Wohnung teilen kann. Ein Bekannter bringt ihn mit einem Gentleman namens Sherlock Holmes zusammen - ein seltsamer Mann mit vielen Interessen, der sich selbst als beratenden Detektiv bezeichnet. Eines Tages wird er von Scotland Yard um Hilfe bei einem Mord gerufen und zum ersten Mal kann Watson seinen neuen Freund in Action erleben.

Zugegeben, das ist nicht Conan Doyles bestes Werk, aber man sollte es trotzdem kennen, weil es ein schönes Licht auf den Beginn einer wunderbaren Freundschaft wirft. Die Sprecher machten einen guten Job, auch wenn der Watson eindeutig zu alt klang. Man muss bedenken, dass die beiden Männer zu dem Zeitpunkt noch keine dreißig waren und so gut er agierte, hört sich der Watson hier eindeutig nach einem Mann in den Fünfzigern oder älter an. Ein bisschen anstrengend sind auch die zu langen Musiksequenzen zwischen den einzelnen Szenen und mir gefiel nicht, wie das Wort "Rache" umgesetzt wurde, das eine große Rolle spielt. Insgesamt gesehen ist es jedoch ein schönes Hörspiel mit entschleunigender Wirkung.

Veröffentlicht am 28.08.2023

Vollmaschine

Dream Chaser
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Kasim Edebali ist ein Hamburger Jung mit deutsch-türkischen-amerikanischen Wurzeln. Aufgewachsen mit einer alleinerziehenden Mutter, die alles dafür tat, um ihm ein gutes Leben zu ermöglichen, lernte er ...

Kasim Edebali ist ein Hamburger Jung mit deutsch-türkischen-amerikanischen Wurzeln. Aufgewachsen mit einer alleinerziehenden Mutter, die alles dafür tat, um ihm ein gutes Leben zu ermöglichen, lernte er früh, wie man sich durchsetzt. Und er kam auch früh mit American Football in Verbindung, das in Deutschland ja doch eher noch ein Nischenhobby ist. In diesem Buch erzählt er von seinen Anfängen, von seinen Chancen, Möglichkeiten, Niederlagen und Siegen. Er beschreibt seinen Weg bei den Kindern und Jugendlichen im Football in Deutschland und wie er sich im Kader machte. Schnell wurde klar, dass dieser Junge talentiert war - doch würde das reichen, um es in die NFL zu schaffen.

Edebali sagt selbst über sich, dass er nie der talentierteste Spieler auf dem Platz war. Was ihn von anderen, möglicherweise besseren Spielern unterschied, war sein unbedingter Wille, immer 100 Prozent zu geben. Unglaublich motivierend fand ich, dass er immer positiv an alles heranging, was ihm passierte. Er betont auch, dass es seinem Wesen entspricht, immer das Beste anzunehmen und zu geben. Ich bin kein extremer Football-Fan, aber vieles von dem, was er schrieb, konnte ich gut nachvollziehen. Was ich gern mehr gehabt hätte, war die Beschreibung des Collegelebens für einen jungen Deutschen, der noch nicht perfekt Englisch spricht. Auch waren mir die letzten Kapitel ein bisschen too much und weniger interessant für mich und die Interviews, die random immer eingestreut wurden, erschienen mir auf Dauer immer gleich mit ihrem sicherlich verdientem, aber doch sich wiederholendem Lob auf Kasim Edebali. Alles in allem war es mal ein interessanter Einblick in einen in Deutschland relativ wenig beachteten Sport.

Veröffentlicht am 21.08.2023

Point Break

One Second to Love (Breaking Waves 1)
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Noch vor zehn Jahren waren Avery, Isabel, Odina, Lee und Josie unzertrennlich. Zwar trafen sie sich immer nur einmal im Jahr im Surfcamp auf Harbour Bridge, aber sie waren so gut befreundet, wie es nur ...

Noch vor zehn Jahren waren Avery, Isabel, Odina, Lee und Josie unzertrennlich. Zwar trafen sie sich immer nur einmal im Jahr im Surfcamp auf Harbour Bridge, aber sie waren so gut befreundet, wie es nur gehen kann. Doch seitdem hat Avery sie nicht mehr gesehen. Sie ist ein gefeierter Rockstar und braucht nach der letzten Tour eine Pause, die sie am Ort ihrer Kindheit und Jugend einlegen möchte. Da erhält sie eine seltsame Nachricht, in der es um Josie geht: Josie, die schon damals ein Kinderstar war und spurlos verschwand. Josie, mit der sich Avery am letzten Abend, als sie gesehen wurde, gestritten hat, wegen Jake, der nicht nur ihr Bandkollege, sondern in ihrem Herzen schon so lange viel mehr ist. Avery will wissen, was mit Josy passiert ist - und mit Jake, der ausgerechnet jetzt um sie kämpfen will.

Zuerst das Positive: Ich habe diese Gegend mit dem Meer, das Surfen, die Insel-Vibes wirklich gefühlt. Und ich mochte die Idee mit den Freundinnen, die sich alle was verschweigen, und natürlich wollte ich wissen, was mit Josy passiert ist. Es ist auch nicht so, dass die Autorin nicht schreiben kann - denn das kann sie. Leider nur hat sie ein schlechtes Korrektorat und Lektorat gehabt.

Es gab so viel Längen und Wiederholungen derselben Gedanken oder Gefühle, dass es einfach nur anstrengend wurde. Und es hat mich extrem geärgert, dass ausgerechnet die eine wichtige Sache - nämlich die Nachricht, die in Bezug auf Josy alles ins Rollen gebracht hat - falsch geschrieben war. Und das alle beiden Male, die sie vorkam. Dadurch ergab das beabsichtigte Wortspiel natürlich keinen Sinn. Anstatt also vielleicht viel Geld in einen völlig sinnlosen Farbschnitt und ein überflüssiges Bildchen, Verzeihung, das heißt natürlich ganz edel "Page Overlay" zu investieren, hätte man vielleicht denjenigen mehr zahlen sollen, die aus einem Manuskript ein Buch machen sollen. Dann wäre vielleicht aufgefallen, dass man Fragen/Antworten/Dialoge nicht "lachen" kann und manche seltsamen Formulierungen wären rausgefallen.

Aber am schlimmsten fand ich, was hier als männlicher Counterpart präsentiert wurde. Ich habe Jake von Minute eins an gehasst. Er ist ein egoistischer, unsensibler Typ von Mann, den ich an Averys Stelle keine zehn Minuten lang ausgehalten hätte. Wahrscheinlich sollen sein Saufen, seine Frauengeschichten auf das Rockstarleben verweisen, aber gesund ist die Beziehung so einem Typen nicht. Und dieser Typ hier war dazu übergriffig und manipulierend. Er zwingt Avery gegen ihren Willen gleich zu Beginn des Buches auf eine Party, auf die sie nicht gehen will, indem er droht, ihren Eltern von ihrem ONS zu erzählen. (Mal davon abgesehen, was das für eine Drohung sein soll, Avery ist erwachsen und ER ist der Ar..., der eine Ehefrau zuhause sitzen hat.)

Er nistet sich ohne zu fragen auf ihrem Grundstück ein, benutzt ihren Strom, taucht trotz der Tatsache, dass sie mehrmals gesagt hat, sie möchte Abstand von ihm, bei ihr auf. Er wirft ihr vor, dass sie ihm nie zuhört, was eine blanke Lüge ist. Es gab nichts zum Zuhören bei ihm, er hat nie etwas von Belang gesagt. Und wenn, dann ging es immer nur um das, was Jake will: Er will sie. Oder auch nicht. Oder doch. Aber eigentlich nicht. Dass Avery diesem Typen nie dahin getreten hat, wo es richtig wehtut, kann man natürlich nur ihr vorwerfen. Ebenso die Tatsache, dass sie die Hälfte ihres Lebens in diesen Egotripper verknallt ist. Ich hatte so gehofft, dass sie einen anderen findet, aber als jemand Interesse an ihr zeigt, muss der natürlich so mies charakterisiert werden, dass fast (aber nur fast!) Jake noch eine Alternative darstellt.

So gab es leider bei Avery so viele Heiß-kalt-Momente, dass es nur noch anstrengend war. Dabei hätte man sie als wirklich starke, unabhängige Frau zeigen können, es waren alle Anlagen vorhanden, manchmal schaffte sie es sogar, Jake zu kontern. Aber ihre ungesunde Abhängigkeit zu diesem Mann war abtörnend und hat mir den Spaß am Lesen verdorben.