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Veröffentlicht am 15.09.2016

Plitscher, Plätscher, Feder, Wasser mag doch jeder ...

Pearl Nolan und der tote Fischer
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Pearl Nolan, die Titelheldin des Romans (ein echter Krimi ist das nicht), besitzt eine Austernbar, die sie zusammen mit ihrer exentrischen Mutter Dolly führt. In dem kleinen Ort an der englischen Küste ...

Pearl Nolan, die Titelheldin des Romans (ein echter Krimi ist das nicht), besitzt eine Austernbar, die sie zusammen mit ihrer exentrischen Mutter Dolly führt. In dem kleinen Ort an der englischen Küste kennt jeder jeden; umso schockierender ist es für Pearl, dass sie einen ihrer Lieferanten, den Austernfischer Vinnie, tot auf seinem Boot findet. Nur wenige Stunden vorher hat ein Mann namens Stroud versucht, Pearl in Bezug auf Vinnie anzuheuern. Sie hat nämlich auch vor kurzem ein Detektivbüro eröffnet, auch wenn sie noch nie einen Fall bearbeitet hat. Verdächtigerweise findet sie eben diesen Stroud auch noch tot auf, was Chief Inspector McGuire nicht lustig findet, zumal Pearl auch darauf besteht, an den Ermittlungen beteiligt zu werden.

Wie schon erwähnt, ein richtiger Krimi ist das trotz der Toten und eines Ermittlers nicht. Dazu wird viel zu viel Wert darauf gelegt, ausführlich und manchmal auch zu ausschweifend die Gegend, die Austernfischerei oder auch das Oyster Festival zu beschreiben. Ich habe gelesen, dass das als Cosy oder Wohlfühlkrimi bezeichnet wird. So richtig mein Fall ist das nicht, denn dauernd werden Beziehungen beschrieben oder dass irgendwer irgendwen attraktiv findet. Oft habe ich mich gefragt, wann Pearl denn mal arbeitet, denn meistens fährt sie in der Gegend herum, marschiert zum oder am Strand entlang, flirtet mit dem Inspector oder tut jedenfalls alles andere als sich um ihr Restaurant zu kümmern. Auch handwerklich sticht das Buch nicht hervor, man merkt einfach, dass die Autorin Drehbücher schreibt, wo Handwerk eher Nebensache ist. Wann immer sie es meint, wird lustig innerhalb von einzelnen Sätzen die Perspektive gewechselt. Interessant ist das Buch für Leute, die keinen professionellen Ermittler haben wollen und sich für die Geflogenheiten an der englischen Küste interessieren, für alle anderen ist es wohl kein explodierender Stern am Krimihimmel. Apropos Sterne, ich vergebe 2,5/5.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Spiel mir das Lied von der Beraterfirma

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Ausnahmsweise gehe ich mal auf den Klappentext ein. Dort heißt es, als sich Christian ein Video ansieht, das an ihn geschickt wird, ist er entsetzt über das, was er sieht: eine Wasserleiche. Diese Szene ...

Ausnahmsweise gehe ich mal auf den Klappentext ein. Dort heißt es, als sich Christian ein Video ansieht, das an ihn geschickt wird, ist er entsetzt über das, was er sieht: eine Wasserleiche. Diese Szene kommt auch wirklich vor, allerdings hat der Klappentextersteller vergessen zu sagen, dass es ein langer, langer Weg bis dahin wird. Ein Weg, der sich vor allem durch Langeweile auszeichnet. Ausgiebig und bis zum Einschlafen wird erst mal Christian beschrieben. Ein junger Businesstyp, der versucht, auf der Karriereleiter einer Beraterfirma hochzuklettern und dabei Arbeitszeiten von 80 Stunden oder mehr in Kauf nimmt und nie zu Hause ist, was seiner Freundin wenig schmeckt. Davon abgesehen, dass Christian ein langweiliger Typ ist, interessiert mich die Hierarchie und der Aufbau in so einer Firma null. Zwischendurch bekommt man Einblicke in das Leben eines Kommissars, der möchtegernzynisch einen auf einsamen Wolf macht. Bevor es um die erste Leiche geht, ist ein Drittel des Non-Thrillers vergangen.

Dann benimmt sich Christian so dermaßen irrational, dass man sich mit der Hand gegen den Kopf schlagen möchte. Andererseits kann er sonst natürlich nicht selbst zum Verdächtigen werden, denn ein kurzzeitiges Nachdenken der Ermittler (Kommissar plus Gerichtsmedizinerin plus Ex-Hackerin) hätte jeden von den drei ziemlich schnell in die Richtung des Täters geführt. Es wurde also konstruiert auf Teufel komm raus; Leichen pflastern den Weg, Christian macht sich immer verdächtiger. Aufgeteilt ist das Ganze in Buch 1, 2 und 3, wobei 3 den wenigsten Platz einnimmt, aber wenigstens noch so etwas ähnliches wie Spannung aufzubauen vermag. Spannend und interessant ist das Buch für Leute, die sich für Strukturen großer Beraterfirmen interessieren, alle, die einen fesselnden Thriller erwarten, werden enttäuscht. 1,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Von verschwundenen Jungs und Rabenfedern

Rabenherz
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June ist ein intelligentes Mädchen, das seit Jahren ein Stipendium für die St. Gilberts High School besitzt; eine Tatsache, über die sie nicht sprechen darf, ebenso wie über ihre (Top-)Ergebnisse. Jahr ...

June ist ein intelligentes Mädchen, das seit Jahren ein Stipendium für die St. Gilberts High School besitzt; eine Tatsache, über die sie nicht sprechen darf, ebenso wie über ihre (Top-)Ergebnisse. Jahr für Jahr muss sie also zusehen, wie die Zweitbeste ihre Auszeichnung entgegen nimmt. Diese ist außerdem die Schulzicke und Tochter eines Oberhaus-Mitglieds. St. Gilbert ist eine seltsame Schule, in der seit Jahrhunderten Jungs verschwinden. Zurück bleiben an deren Stellen Rabenfedern. Es ist daher verboten, zwischen Sonnenunter- und -aufgang den Park zu betreten. Das neue Jahr wird für June ereignisreich. Zuerst wird ihr mitgeteilt, dass sie vielleicht in irgendeiner Gefahr ist, über die nicht gesprochen wird, ihre hellsichtige Tante ist der Meinung, sie sei auserwählt, den Fluch der verschwundenen Jungen zu brechen, sie kann Geister sehen und dann kommen auch noch ein gutaussehender junger Lehrer und drei gutaussehende Jungs neu an ihre Schule.

Das Positive an diesem Buch ist der Schreibstil. Schreiben kann die Autorin und sie ist auch nicht der Meinung, dass man Jugendlichen einen einfachen und naiven Schreibstil vorsetzen muss. June ist ein typisches Teenagermädchen, meistens sympathisch, wobei ich nicht weiß, ob es wirklich notwendig ist, im Teenageralter alle Nase lang in so viel Tränen auszubrechen, dass man hunderte Taschentücher braucht. Sie hat eine coole, reiche, bayerische Freundin, die zu ihr hält, eine cool-verrückte Tante und jede Menge Geheimnisse, die ihre Schule umgeben und die sie lüften soll oder kann oder muss. Und eine Stimme im Kopf, die ihr erzählt, dass sie ihr gehört. Zwischendurch gibt es Tagebuchauszüge von jemandem, der sich Rabenlord nennt, und der wahrscheinlich hunderte von Jahren überlebt hat - die Stimme in ihrem Kopf wahrscheinlich. An und für sich ist das eine spannende Geschichte, die sich jedoch gerade zum Ende hin mit den ganzen (selbstverständlich sehr gut aussehenden) Jungs und dem (verbotenen) Ball im Kreis dreht und die vor allem ein sehr unbefriedigendes Ende hat. Es sollen noch Nachfolger kommen, aber das ist kein Grund, nicht einen gewissen Abschluss des ersten Bandes zu bringen. Man stelle sich vor, Harry Potter endete im ersten Band an der Stelle, wo er mit seinen Freunden Fluffy gegenübersteht und dann kommt ein Epilog, der sich mit Dumbledore und Grindelwald beschäftigt, dann hat man eine gute Vorstellung von der Sache. Mir hat die Geschichte selbst auch gefallen, werde auch die Nachfolger lesen, aber dafür gibt es Abzüge. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Geschichte über Menschlichkeit und Barbaren

Susi, die Enkelin von Haus Nummer 4
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Januar 1933. Die Weltwirtschaftskrise ist auf dem Höhepunkt angelangt, die Inflation schreitet schneller voran als Leute überhaupt Geld ausgeben können und die Menschen sind verzweifelt. Da gelangt ein ...

Januar 1933. Die Weltwirtschaftskrise ist auf dem Höhepunkt angelangt, die Inflation schreitet schneller voran als Leute überhaupt Geld ausgeben können und die Menschen sind verzweifelt. Da gelangt ein Mann in Deutschland an die Macht, der hinter einer nicht sehr beeindruckenden Gestalt und einem Oberlippenbart, einem harmlosen Aussehen eine Bestie versteckt. Adolf Hitler heißt dieser Mann, und er zieht sofort in den Krieg. Nicht gleich gegen Polen, die Sowjetunion oder die restliche Welt, nein, zuerst wendet er sich den Juden zu. Immer mehr und mehr Einschnitte müssen diese hinnehmen. Erst dürfen sie nicht mehr ins Kino, Theater, oder zu nichtjüdischen Ärzten, dann werden sie mit dem Judenstern gekennzeichnet, schließlich ermordet.
April 1936. Inmitten dieser grausamen Zeit wird ein kleines Mädchen geboren, Susi, Tochter zweier Juden. Schon von frühester Kindheit an bemerkt sie, welche Unterschiede zwischen ihr und anderen Kindern gemacht werden, doch obwohl ihre Eltern und ihre Großmutter so unter den neuen Gesetzen leiden, vermitteln sie ihrem Kind tiefe Menschlichkeit. Immer schlimmer wird es - schließlich muss ihre Großmutter die Wohnung verlassen, wird deponiert und dann im September 1942 ermordet. Bevor auch sie deponiert werden sollen, werden sie gewarnt, und die Familie flieht. Zu Freunden, Bekannten, Unbekannten - Menschen, die sie getrennt aufnehmen und immer ihr Leben riskieren, um das Leben der Familie zu retten.

Das ist eine wahre Geschichte, und allein das Wissen darum lässt alles viel gewaltiger und erschüttender vor einem entstehen, als es eine erdachte Story könnte. Die Zeichnungen wechseln zwischen Bildern, die fast Fotos gleichen und Bleistiftzeichnungen ab, erzählt wird nicht nur die Geschichte von Susi und ihrer Familie, sondern es gibt eine kurze Zusammenfassung von der Machtübernahme der Nazis bis zum Ende des Krieges. Das geschieht in einer Art, der sowohl kindlich angemessen als auch manchmal fast poetisch zu bezeichnen ist und zieht einen noch tiefer in dieses Buch hinein. Ich kann dieses Buch nur völlig empfehlen und würde sogar so weit gehen zu sagen, dass es als Schullektüre Pflicht sein sollte, weil man damit Kinder und Jugendliche wahrscheinlich besser erreicht als mit trockenem und sachlichem Stoff.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Dämonen und Geister

Sunshine Girl - Die Heimsuchung
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Sunshine ist ein unangepasstes, oft tollpatschiges Mädchen (Pluspunkte allein dafür, dass das auch so bleibt und sie nicht über Nacht zu einem Bella-Swan-Girl mutiert!). Mit ihrer (Adoptiv)-Mutter Kat ...

Sunshine ist ein unangepasstes, oft tollpatschiges Mädchen (Pluspunkte allein dafür, dass das auch so bleibt und sie nicht über Nacht zu einem Bella-Swan-Girl mutiert!). Mit ihrer (Adoptiv)-Mutter Kat zieht sie aus dem heißen Texas nach Washington (dem Staat, nicht der Stadt), in eine Gegend, in der es immer kalt und nass ist. Sobald sie ihr neues Haus betritt, wird ihr sogar noch kälter und nass ist es auch ständig. Als sie anfängt, Stimmen und Schritte zu hören, zweifelt sie erst an sich selbst, doch dann begegnet ihr in ihrer neuen Schule Nolan, ein Außenseiter, und gemeinsam finden sie heraus, warum Sunshine so anders ist und warum sich ihre Mutter nach und nach zum Negativen verändert. Zusammen geraten sie in Geschehnisse, die sie mit Geistern und Dämonen konfrontiert und nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihre Leben bedrohen.

Richtig, richtig gut gefallen hat mir, dass sich die Autorin verkniffen hat, die gängigen Klischees zu bedienen. Sunshine ist trotz ihres Namens kein wunderschönes Mädchen mit alabasterweißer Haut, nach der sich alle Jungs umdrehen und die stets und ständig Aufmerksamkeit erregt. Obwohl sie irgendwann weiß, dass sie besondere Fähigkeiten hat, gelingt es ihr kaum, sich darauf einzustellen oder sie gar mit Leichtigkeit abzurufen - eine typische Auserwählte ist sie schon mal nicht. Und auch Nolan ist nicht der Bad Boy der Schule, nicht der schönste Junge der Weltgeschichte und trotz seiner coolen Lederjacke eher ein Nerd als ein Superheld. Trotzdem ist er äußerst sympathisch, schon allein deshalb, weil er nicht einmal an Sunshine zweifelt, ihr immer zur Seite steht und selbst in Lebensgefahr nicht wankt und weicht. Abzug von meiner Seite aus gibt es eigentlich nur, weil es ein paar Wiederholungen zu viel waren (immer wieder "gruselig" zu erwähnen, macht eine Situation nicht gruseliger und dass Nolan "straßenköterblond" war, wusste ich auch nach den ersten drei Erwähnungen. Auch der Showdown war ein bisschen zu kurz angebunden, doch der Gesamteindruck der Geschichte passt hervorragend und ich habe das Buch gern gelesen. Empfehlung von mir.