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Veröffentlicht am 15.09.2016

Flapper, Morde, Okkultismus

The Diviners - Aller Anfang ist böse
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Evie O'Neill hat ein großes Mundwerk und ziemlich oft auch was dahinter - denn was sie erzählt, sind manchmal die tiefsten Geheimnisse der Leute. Es ist ihre Gabe, bei Dingen, die sie berührt, eben diese ...

Evie O'Neill hat ein großes Mundwerk und ziemlich oft auch was dahinter - denn was sie erzählt, sind manchmal die tiefsten Geheimnisse der Leute. Es ist ihre Gabe, bei Dingen, die sie berührt, eben diese Geheimnisse zu erfahren. Nicht unbedingt ein Vorteil, denn sie ist ein 17jähriges Mädchen in den 1920iger Jahren. Wegen eines "Vorfalls", bei dem sie ihre Gabe eingesetzt hat, wird sie von ihren Eltern aus ihrer hinterwäldlerischen Kleinstadt nach New York, zu ihrem Onkel, geschickt. Der ist Direktor des Museums für amerikanisches Volkstum und Okkultismus und ziemlich patent, denn er lässt ihr große Freiheiten. Als er eines Tages als Berater zu einem Mord hinzugezogen wird und Evie dabei ist, entdeckt sie dank ihrer Gabe etwas Ungewöhnliches - sie weiß, dass in wenigen Tagen nicht nur viele weitere Mordopfer existieren werden, sondern möglicherweise auch das Ende der Welt kommt.

Das hat Potenzial für eine spannende Geschichte, zumal man wirklich tief in das Flair der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eintaucht. Auch die Ausgangsbasis ist interessant. Doch ich hatte große Probleme mit der Hauptperson des Ganzen, Evie. Ich finde sie zum Teil unerträglich mit ihrem Leichtsinn, ihrem Egoismus, ihrer Arroganz. Sie ist immer so von sich überzeugt, dass sie nicht nur einmal ihren Onkel und ihre Freunde/Gefährten in Gefahr bringt. Sie ist eitel bis zum Abwinken, hält sich für überklug und ist doch manchmal erschreckend naiv. Das ist zwar meistens normal für eine 17jährige, doch all diese Eigenschaften zusammen waren teilweise schlimm. Zudem hat die Autorin die Angewohnheit, alles sehr langatmig zu beschreiben, so dass die Spannung oft genug auf der Strecke bleibt. Zwischendurch gab es wirklich mitreißende Stellen, doch die wurden dann wieder durch Zwischensequenzen von Leuten, die zumindest in diesem Band kaum eine Rolle spielten, unter- und durchbrochen.

Meines Erachtens nach hätte man das Buch um gut einhundert oder zweihundert Seiten kürzen sollen, das hätte der Handlung und der Spannung gut getan.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Märchenhaft ist anders

Zwischen Schnee und Ebenholz (Die Märchenherz-Reihe 1)
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Alex White ist siebzehn, lebt bei ihrer Großmutter und kommt nur mit wenigen Leuten ihrer Altersgruppe klar. Sie hat eine Freundin namens Lily Hunt, das war's auch schon. Ihre Oma verdient sich ihr Geld ...

Alex White ist siebzehn, lebt bei ihrer Großmutter und kommt nur mit wenigen Leuten ihrer Altersgruppe klar. Sie hat eine Freundin namens Lily Hunt, das war's auch schon. Ihre Oma verdient sich ihr Geld als Märchenvorleserin. Alex ist zwar wunderschön mit ihrer blassen Haut und ihrem Schneewittchenlook, wird aber in der Schule gemobbt. (Ja, klar, logisch.) Das ändert sich auch nicht, als der neue Referendar William Grimm an dieser Schule beginnt, doch Alex fühlt sich sofort zu ihm hingezogen. Und dann sind da noch seltsame Zwillinge, bei denen sie nicht weiß, was es mit ihnen auf sich hat.

Falls sich jemand NICHT über die englischen Namen wundert, sollte er es jetzt tun. Das Ganze spielt nämlich in Deutschland. Dass Alex kaum Freunde hat, verwundert wenig. Sie ist eine Heulsuse, die sich stets und ständig selbst bemitleidet und dafür, dass sie als intelligent beschrieben wird, sich nur dumm anstellt. Wie sie zu so einer relativ coolen Freundin wie Lily kommt, erscheint rätselhaft. Überhaupt hätte Lily als Protagonistin viel besser funktioniert, denn im Gegensatz zu Alex hat die wenigstens ein bisschen literarisches Fleisch auf den Knochen. Die restlichen auftauchenden Leute sind aus der Klischeeschmiede für Anfänger entnommen. Die liebevolle Oma, der mobbende Sportler, der sexy Angehimmelte.

Das Lektorat bestand laut Angaben aus zwei Personen, die sich jedoch offensichtlich darauf verließen, dass der jeweils andere seinen Job erledigte. Anders ist nicht zu erklären, dass immer wieder Rechtschreibfehler auftauchten und sich Wiederholungen häuften, die einem geradezu ins Gesicht sprangen.

Dieses Märchen war nichts. Es funktioniert auf keiner Ebene, weder romantisch noch erzählerisch. Dankend verzichte ich auf jegliche Nachfolger.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Dystopie? Teenieschnulze? Man weiß es einfach nicht.

Infernale (Band 1)
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Trotz des ausdruckslosen, billigen Covers konnte ich die Finger nicht von diesem Buch lassen, denn die Idee klang fesselnd: In einer nahen Zukunft hat man erkannt, dass alle Mörder und Gewalttäter dasselbe ...

Trotz des ausdruckslosen, billigen Covers konnte ich die Finger nicht von diesem Buch lassen, denn die Idee klang fesselnd: In einer nahen Zukunft hat man erkannt, dass alle Mörder und Gewalttäter dasselbe Gen in sich tragen, das HTS-Gen, dem kurze Zeit später einfach der Name Mördergen verpasst wird. Deshalb werden nach und nach bei der gesamten Bevölkerung Gentests durchgeführt, um die potenziellen Mörder zu isolieren.

Und plötzlich ist Davy, die Ich-Erzählerin, eine von DENEN. Die mit dem Mördergen. Sie, die eine typische Schulzicke ist, eine, die weiß, dass sie etwas Besonderes ist, begnadet, talentiert. Sie kann auch einfach mal so irgendwelche Musikinstrumente lernen, im Alter von drei Jahren schon. Hat auch ein Goldkehlchen, das die Menschheit dahinschmelzen lässt. Hilft ihr aber alles nichts: Ihre Eliteschule nicht, ihre superreichen Eliteeltern, ihr Elitefreund. Denn sie wurde positiv auf HTS getestet, was bedeutet, sie muss jetzt runter von ihrer Eliteschule und in eine Art geschlossene Schulklasse, in der nur Genträger lernen dürfen. Wobei Lernen eher ein positiver Ausdruck dafür ist, dass ein paar Psychos zusammen in einer Klasse sitzen und sich diversen Stoff einprägen müssen. (Oder auch nicht, denn gelernt hat in der ganzen Zeit kein Mensch was.)

Plötzlich ist Davy so isoliert wie ihre Schulklasse, und keiner hat sie mehr lieb. Nicht ihre beste Freundin, nicht ihre Eltern, ihr Freund auch nicht. Nur noch ihr Bruder hält zu ihr, aber helfen kann der ihr auch nicht. Und da Genträger sich absolut nichts zuschulden lassen kommen dürfen, wird sie sehr schnell mit einem Tattoo als gewalttätig markiert und nach einem Vorfall mit anderen Genträgern in eine Art KZ gesteckt.

Wenn ich das so zusammenfasse, klingt es immer noch gut. Leider ist die Umsetzung alles andere als das. Das Problem ist Davy selbst. Das Mädel, so um die 17 herum und angeblich überdurchschnittlich intelligent und begabt, stellt sich die meiste Zeit an wie der erste Mensch. Außerdem denkt sie wie ein vorpubertärer Bengel. Sie kann sich in keiner Minute mal auf wirklich wichtige, teilweise lebensbedrohliche Sachen konzentrieren, weil sie in einer Tour zuerst nur an ihren heißen Freund und später an ihren noch heißeren Mitschüler denken kann. Alle zwei Minuten erzählt zu bekommen, wie sexy der eine oder wie muskulös der andere ist, ganz zu schweigen von diversen Augenfarben, die keinen Menschen interessieren, kann echt anstrengend werden.

Irgendwo steht, dass die Autorin Englisch unterrichtet hat. Das hat mich erschüttert, denn ihr Schreibstil ist gut - zumindest, wenn man Achtklässler ist. Für eine Bestsellerautorin ist er eher unterirdisch. Und ich verlange keine ausgefeilte Sprache, denn ich habe zum Beispiel die Hunger Games wirklich gern gelesen. Aber was hier als Dystopie angeboten wird, hat leider nur einmal neben einer Dystopie gelegen. Vielleicht wäre Teeniedrama der bessere Ausdruck für dieses Buch. Teil 2 und 3 werde ich mir wohl sparen oder nur lesen, wenn es mich mit genau diesen beiden Büchern auf eine einsame Insel verschlägt und kein Freitag auftaucht, der mir das Leben ein wenig kurzweiliger gestaltet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Trantüte trifft Traumtypen

Moonlit Nights 1: Gefunden
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Eigentlich wäre mit der Überschrift schon alles gesagt, aber da eine Rezension ja doch noch aus ein bisschen mehr bestehen sollte, versuche ich mal, meine Ein-Stern-Bewertung zu begründen.

Emma ist 16, ...

Eigentlich wäre mit der Überschrift schon alles gesagt, aber da eine Rezension ja doch noch aus ein bisschen mehr bestehen sollte, versuche ich mal, meine Ein-Stern-Bewertung zu begründen.

Emma ist 16, graue Maus und billige Arbeitskraft im Obstladen ihres Vaters. In ihrer Klasse ist sie nicht gerade ein Star, ernst nehmen oder sie beachten tut keiner. (Was nach ein paar Seiten aber verständlich wird, dieses Mädchen ist phlegmatisch, nicht gerade ... ich sag es mal vorsichtig: die Klügste ... und quält sich mit schwerwiegenden Gedanken über schwer wiegende Obstkisten herum.) Dann - wow, völlig neues Konzept! - kommt ein gutaussehender Jüngling in die Stadt geritten, hievt das Mädchen in den Sattel seines weißen Pferdes und reitet mit ihr in den Sonnenuntergang. Ja, schon gut. Es stimmt nur der erste Teil mit dem gutaussehenden Jungen. Ein Pferd hat er auch nicht. Dafür schenkt er all seine Aufmerksamkeit der kleinen grauen Maus, die dafür so dankbar und hin und weg ist, dass sie bei jeder (wirklich! JEDER!!!) Begegnung bemerkt, WIE gutaussehend er ist. Dafür nimmt sie auch hin, dass er manchmal extrem seltsam ist und über Fähigkeiten verfügt, die so bei normalen Menschen nicht ganz üblich sind. (Oder besser: Wenn sie sich tatsächlich Gedanken darüber macht, dann nicht lange. Wird schon nichts sein, immerhin ist er so gutaussehend! Und so stark, der kann schwer wiegende Obstkisten schleppen!) Auf einmal bekommt das Mädchen auch ein bisschen Aufmerksamkeit von ihren Mitschülern. (Message des Buches: Das ist wichtig!) Und ihre Mutter ist ihr vor ihrem gutaussehenden Freund peinlich. Dabei ist das die coolste Person im ganzen Buch.

Wir Leser haben zwar schon beim ersten Auftritt des Jünglings begriffen, mit wem wir es zu tun haben, Emma schafft es wirklich das ganze Buch hindurch, das nicht mitzuschneiden. Ich weiß nicht, warum in Jugendfantasybüchern immer so richtig dumme Mädchen als Ideal angepriesen werden, soll das eine Art Gehirnwäsche sein, damit die Gleichberechtigung nicht allzu viele Befürworter bekommt? Was auch immer: In diesem Buch passiert null, das Mädchen verliert beim Anblick ihres gutaussehenden (ich hoffe, ich habe es jetzt ausreichend erwähnt) Freundes jedes Mal auch noch ihren letzten Rest von Verstand, und es trieft vor Klischees und Kitsch auf jeder Seite. Originalität? Fehlanzeige. Keine Empfehlung, nicht mal für Hardcore-Twilight-Fans, auf die dieses Buch wohl abzielt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Detektiv wider Willen

Oscar Wilde & Mycroft Holmes - Folge 01
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Die Geschichte lehrt uns, dass Oscar Wilde 1895 festgenommen wurde, für ein paar Jahre ins Zuchthaus kam und kurz nach seiner Freilassung an seiner dort zerstörten Krankheit starb. Doch was Maas hier mit ...

Die Geschichte lehrt uns, dass Oscar Wilde 1895 festgenommen wurde, für ein paar Jahre ins Zuchthaus kam und kurz nach seiner Freilassung an seiner dort zerstörten Krankheit starb. Doch was Maas hier mit seinem Hörspiel aus diesem Ansatz macht, gefällt mir viel besser und hätte ich mir auch eher für den Autor von Dorian Gray gewünscht.

Irgendwann mitten in der Nacht brechen Polizisten die Tür zum Anwesen Oscar Wildes auf, wo sie diesen mehr oder weniger in flagranti mit seinem Liebhaber, dem jungen Lord Alfred Douglas erwischen. Misshandelt und in einer dunklen Zelle erwachend, lernt Wilde einen Mann mit einem berühmten Namen kennen. Mister Holmes hat zwar nicht den gesellschaftlichen Status' seines jüngeren Bruders, des berühmten Detektivs, dafür jedoch die Macht, so ziemlich jeden zu erhöhen oder zu vernichten. Und Mycroft Holmes macht Wilde ein Angebot, das dieser nicht abschlagen kann: Dienst als Sonderermittler der Krone oder Zuchthaus. Wilde stimmt zu und bekommt es im ersten Fall gleich mit einem Gegner zu tun, der nichts weniger möchte als die wichtigsten Mitglieder der oberen Zehntausend zu vernichten ...

Ein sehr stark umgesetztes Hörbuch! Der Fall selbst mag jetzt nicht der grandioseste unter der Sonne sein, aber die Sprecher heben ihn mühelos in ihr Licht. Ganz klasse verleihen sie ihren Protagonisten die nötige Stimmgewalt, die leicht herablassende, sehr betonte Art von Wilde und die manchmal regelrecht cholerische von Holmes. Man merkt, dass die beiden Männer keine Freunde sind (und es wahrscheinlich auch nie werden), ganz im Gegensatz also zu dem "echten" Holmes, den ja eine tiefe Freundschaft mit seinem "Raumteiler" Watson verband. Trotzdem funktionieren sie gut zusammen, ergänzen sich, wobei ich mir Mycroft manchmal nicht so begriffsstutzig gewünscht hätte, denn Sherlock selbst behauptete ja mal irgendwann, dass sein Bruder noch cleverer und aufmerksamer wäre als er. Trotzdem: super Hörspiel, besonders für Leute, die zwar viel im Auto, aber nicht immer sehr lange unterwegs sind, denn es geht nur etwas über eine Stunde.