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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.01.2024

Zwillingsmut

Die Perlenjägerin
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Kai und Kishi sind Perlentaucherinnen, die mit ihren Eltern an der Süßen See leben. Sie sind Zwillinge und machen fast alles gemeinsam. Eines Tages wird Kishi beim Tauchen vom Geisterwal entführt. Um sie ...

Kai und Kishi sind Perlentaucherinnen, die mit ihren Eltern an der Süßen See leben. Sie sind Zwillinge und machen fast alles gemeinsam. Eines Tages wird Kishi beim Tauchen vom Geisterwal entführt. Um sie zu retten, begibt sich Kai mit Hilfe des Drachengottes in die Unterwelt, um für das Leben ihrer Schwester zu bitten. Doch das ist nicht einfach. Nur wenn sie der Fuchsgöttin die Perle stiehlt, soll ihre Bitte gewährt werden. So macht sie sich auf die Suche, wird von Räubern gefangen genommen, lernt einen machthungrigen General kennen und auch einen Jungen, der ihr hilft und bald wichtiger ist, als sie es sich selbst eingestehen möchte.

Anfangs hatte ich ein bisschen Probleme, in die sehr märchenhafte Geschichte einzutauchen (Wortspiel ist beabsichtigt), aber nach einer Weile konnte mich die Geschichte, die sich stark an japanischen Märchen und Legenden orientiert, gut mitnehmen. Kai ist eine sympathische, starke Protagonistin, die nicht nur Mut beweisen muss, sondern auch Vertrauen, Freundschaft, erste zarte Liebe und Intrigen und Verrat kennenlernt. Dazu kommt auch Verlust, der die Geschichte bei aller Fantastik zwischendurch sehr traurig macht, aber auch Kindern und Jugendlichen zeigt, dass der Tod zum Leben dazugehört. Alles in allem eine schöne, fesselnde Geschichte, die ich gern gelesen habe.

Veröffentlicht am 29.12.2023

Ein Hecht im dunklen Wasser

Florence Butterfield und die Nachtschwalbe
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Florence Butterfield, genannt Florrie, ist siebenundachtzig, moppelig, einbeinig und besitzt einen scharfen Verstand. Sie neigt dazu, immer das Beste in Menschen und Situationen zu sehen und ist rundherum ...

Florence Butterfield, genannt Florrie, ist siebenundachtzig, moppelig, einbeinig und besitzt einen scharfen Verstand. Sie neigt dazu, immer das Beste in Menschen und Situationen zu sehen und ist rundherum ein unfassbar liebenswerter Mensch. Obwohl sie sich in ihrer neuen Seniorenresidenz meist für sich hält, entgeht ihr doch trotzdem wenig. Und so stutzt sie, als kurz hintereinander zuerst ein freundlicher, älterer Herr an einem Sturz stirbt und die distanzierte, aber sympathische Heimleiterin Renata aus dem Fenster fällt. Suizidversuch, heißt es. Doch Florrie hat sich kurz zuvor mit der Frau unterhalten, und die war frisch verliebt. Das war nicht selbstverschuldet, davon ist Florrie überzeugt. Und gemeinsam mit ihrem neuen, sympathischen Bekannten Stanhope Jones beginnt Florrie zu ermitteln.

Tatsächlich ist Florrie jetzt keine uralte Miss Marple, auch wenn sie, was Lebenserfahrung angeht, aus dem Vollem schöpfen kann. Wir haben hier weniger einen Kriminalfall vorliegen, als eine rundum liebenswerte Geschichte um eine genauso liebenswürdige Person. Florrie verteilt Liebe, völlig unvoreingenommen, und dadurch nimmt sie die LeserInnen für sich ein. Sie hat eine so sympathische Sicht auf die Welt, dass man diese alte Dame einfach nur in den Arm nehmen möchte. Zum einen, um sich von ihr eine Portion Mut zu holen, zum anderen, um auch sie manchmal zu trösten. In Rückblenden und nicht zwingend einer linearen Historie folgend erzählt sie aus ihrem Leben, das ungeheuer reich an Eindrücken ist. Das Buch hatte zwar dadurch manchmal eine gewisse Länge, wirkte aber gleichzeitig auch wunderbar entschleunigend. Und auch, wenn ich Florries Entscheidung, auf die Liebe zu verzichten, wegen ... weil ... nicht wirklich nachvollziehen konnte, so ist es vielleicht ihrem Alter, ihrer Generation geschuldet. Außerdem ist es für die Liebe ja scheinbar nie zu spät, danke, Florrie. Danke, dass du so bist, wie du bist, das Leben all derer um dich herum bereicherst und ganz en passant einen oder zwei Mordfälle löst!

Veröffentlicht am 10.12.2023

Friedhofen

Der Spurenfinder
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Einst war Elos von Bergen der beste Spurenfinder (denn suchen kann ja jeder) des Reiches, bis ein von ihm auf die Spur gekommener Magier Rache an ihm übte und sein Haus abbrannte. Elos und seine beiden ...

Einst war Elos von Bergen der beste Spurenfinder (denn suchen kann ja jeder) des Reiches, bis ein von ihm auf die Spur gekommener Magier Rache an ihm übte und sein Haus abbrannte. Elos und seine beiden Kinder, die Zwillinge Ada und Naru, sind in das verschlafenste, ruhigste, abgelegenste Nest gezogen, das er finden konnte: Friedhofen. Doch wie es so schön heißt: No peace for the wicked, auch nicht in Friedhofen. Ein Mord geschieht und wer, wenn nicht Elos, könnte den Mörder finden? Wenn er sich nur nicht so viele Gedanken um seine Kinder machen müsste, die sich beinahe begeistert und manchmal recht kopflos in den Fall stürzen.

Ausnahmsweise hat der Herr Kleinkünstler mal nicht das Känguru als Partner gehabt, sondern seine beiden Töchter. Vielleicht ist deshalb auch ausnahmsweise kein sozialkritischer, zynischer, Gegenwarts/nahe-Zukunftsroman dabei herausgekommen, sondern ein netter, kurzweiliger und unterhaltsamer Genremix. Ich habe abwechselnd das Buch gelesen und das Hörbuch gehört, das vom Autor selbst gesprochen wird. Kein großartiges Highlight, aber doch ein Buch, das gern Nachfolger erhalten darf.

Veröffentlicht am 23.11.2023

Inside Patriots

Dynasty. Die Insidergeschichte der New England Patriots
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Sobald man anfängt, sich mit American Football zu beschäftigen, kommt man an den New England Patriots nicht mehr vorbei .Sie ist die Mannschaft, die zwanzig Jahre lang die NFL dominierte, die mit Tom Brady ...

Sobald man anfängt, sich mit American Football zu beschäftigen, kommt man an den New England Patriots nicht mehr vorbei .Sie ist die Mannschaft, die zwanzig Jahre lang die NFL dominierte, die mit Tom Brady den wohl berühmtesten Spieler aller Zeiten stellte und die sich sechsmal den Superbowl holte. Das sind alles Zahlen, die scheinbar erstmal nichts aussagen, aber wenn man anfängt, dieses Buch zu lesen, merkt man: Das war eine unglaubliche Aufgabe und Arbeit, die die Pats da geleistet haben.

Verantwortlich für den Erfolg sind natürlich die Spieler und lange Zeit haben Cheftrainer Bill Belichick und Besitzer Robert Kraft ein unglaubliches Händchen dafür bewiesen. Doch Benedict hält sich nicht nur mit Geschichten von Siegen und Niederlagen auf, er beschreibt auch Werdegänge. Tom Brady, klar. Der war zu dem Zeitpunkt, als Drew Bledsoe schwer verletzt wurde, noch ganz frisch dabei. Jeder, der schon mal Biographien von Footballern (zum Beispiel Vollmer oder Edebali) gelesen hat, weiß, dass allein das schon eine krasse Leistung ist, aber Brady war damals noch weit davon entfernt, der Spieler zu sein, der alles entscheiden konnte. Benedict gibt auch Einblicke in die Leben von Kraft und Belichick, er gibt sogar Spielzüge wieder und er zeigt auch die Schwere von Niederlagen auf. Was mir ein wenig zu lang wurde, war der Personenkult, der zum Beispiel um Kraft gesponnen wurde: Ja, er scheint ein echter Selfmademilliardär zu sein, aber ich hätte wirklich nicht seine Lebensgeschichte seit 1962 miterleben müssen. Ähnlich wird es gerade denjenigen gehen, die nicht extrem viel Ahnung von Football haben, wenn es um die Spielzüge geht. Allgemein hätte man gern ein paar Seiten kürzen können, ohne Infos zu verlieren. Dennoch: Es gibt so viele interessante Insidereinblicke in eine der besten Footballmannschaften aller Zeiten, dass man über manche Längen gern hinwegsieht. Nicht nur für Fans, sondern sicherlich allgemein für Footballfans eine faszinierende Lektüre.

Veröffentlicht am 16.11.2023

Ballantyne

Das Nachthaus
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Richard ist vierzehn und neu in Ballantyne. Seine Eltern sind tot und er wurde von einem netten Ehepaar aufgenommen. Richtig Fuß fasst er nicht, weder in der Schule noch außerschulisch. Lediglich Tom, ...

Richard ist vierzehn und neu in Ballantyne. Seine Eltern sind tot und er wurde von einem netten Ehepaar aufgenommen. Richtig Fuß fasst er nicht, weder in der Schule noch außerschulisch. Lediglich Tom, der immer mal stottert, hängt mit ihm ab. Als Tom plötzlich verschwindet, ist allen sofort klar, dass Richard dahinter stecken muss. Hat er seinen neuen Freund in den Fluss gestoßen? Niemand glaubt ihm, dass Tom von dem Telefonhörer in der Telefonzelle gefressen wurde. Noch schlimmer: Nur wenig später verschwindet auch ein zweiter Junge, der zuletzt mit Richard gesehen wurde. Richard wiederholt immer wieder, dass sie Jack in ein Insekt verwandelt hat, doch wieder glaubt ihm niemand und er wird sogar in eine Jugendheilanstalt gesteckt. Doch der wahre Horror erwartet ihn erst bei seiner Rückkehr nach Ballantyne ...

Die letzten Bücher des Autors mit Harry Hole haben mich maßlos enttäuscht, aber mich hatte der Klappentext und die Leseprobe neugierig gemacht. Und so kam ich in den Genuss eines überraschend kurzweiligen Horrors, wie es auch Stephen King hätte schreiben können, wäre er nicht immer so langatmig und nervtötend. Hier geraten Kinder in Schwierigkeiten und Gefahren, die so groß sind, dass sie eigentlich Hilfe bräuchten, doch niemand glaubt ihnen. Zum Glück gibt's keinen Clown, aber es ist auch so unheimlich genug. Und obwohl ich das normalerweise nicht mag, hat mich amüsiert, dass sich Richard in drei verschiedenen Darstellungen des Ganzen als unzuverlässiger Erzähler entpuppt. Von mir aus darf Nesbo in Zukunft seinen abgehalfterten Ermittler Hole dahin schieben, was der Name im Englischen bedeutet, und weiterhin solche schnellen Horrorstories raushauen.