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Veröffentlicht am 12.03.2020

Aus dem Leben einer Rebellin

Ich erwarte die Ankunft des Teufels
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Mary MacLane, geboren 1881 in Winnipeg, Kanada, zog mit ihrer Familie in die Bergarbeiterstadt Butte, Montana. Ein trostloser Ort, ein Ort für hart arbeitende Männer. Aber nicht für ein junges, extrem ...

Mary MacLane, geboren 1881 in Winnipeg, Kanada, zog mit ihrer Familie in die Bergarbeiterstadt Butte, Montana. Ein trostloser Ort, ein Ort für hart arbeitende Männer. Aber nicht für ein junges, extrem ehrgeiziges 19-jähriges Mädchen wie Mary. Und so schrieb sie sich all ihren Frust, ihre Wünsche, Hoffnungen und Träume von der Seele und veröffentlichte diese 1902 in Tagebuchform, womit sie es tatsächlich schaffte, berühmt zu werden.

Mit dem typischen Pathos einer Pubertierenden, dabei aber durchaus mit einer gewissen Portion Humor und Wortwitz, grenzenlosem Größenwahn (so schreibt sie direkt zu Anfang auf Seite 9: „Ich bin ein Genie“), schonungsloser Offenheit - sie hatte eine Vorliebe für Oliven und Frauen, wünschte sich als Liebhaber den Teufel, mindestens aber Napoleon - erschuf Mary MacLane ein frühes feministisches Werk, einen Skandal. Ein junges Mädchen gefangen zwischen Größenwahn und Todessehnsucht, fest davon überzeugt, besser, intelligenter und wertvoller zu sein als all die langweiligen Menschen um sie herum, mit einer gewissen Halbbildung gesegnet und einem grenzenlosen Selbstbewusstsein, ohne intellektuelle Ansprache und umgeben von Trostlosigkeit und Kargheit, führt uns vor Augen, wie es gewesen ein muss, in der viktorianischen Zeit im Amerika der beginnenden Arbeiterbewegung zu leben.

Lange Zeit war es still um Mary MacLane, ihre Werke, 3 Bücher und ein Stummfilm, fast vergessen, doch 2013 wurde sie wiederentdeckt und ihr Erstling nun erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht.

Mein Fazit: lesenswert, eine wirklich gelungene literarische Wiederentdeckung.

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Veröffentlicht am 10.03.2020

Zwischen Recht und Gerechtigkeit

Echo des Schweigens
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„Ein Anwalt zwischen Gesetz und Moral. Eine Rechtsmedizinerin, die auf ein ungesühntes Verbrechen stößt. Und ein Justizskandal, der das Paar zu zerreißen droht. Denn wie viel Wahrheit verträgt die Liebe ...

„Ein Anwalt zwischen Gesetz und Moral. Eine Rechtsmedizinerin, die auf ein ungesühntes Verbrechen stößt. Und ein Justizskandal, der das Paar zu zerreißen droht. Denn wie viel Wahrheit verträgt die Liebe zweier Menschen, wenn sie sich auf unterschiedlichen Seiten von Recht und Ungerechtigkeit wiederfinden?“ Soweit der Klappentext…….

Die Ausgangslage dieses Romanes bildet der Prozess gegen einen Polizeibeamten, dem vorgeworfen wird, 13 Jahre zuvor einen gefesselten senegalesischen Gefangenen in seiner Zelle verbrannt zu haben. Obwohl der Polizist bereits freigesprochen war, wird das Verfahren neu aufgerollt, nachdem die Gerichtsmedizinerin Sophie Tauber Beweise gefunden hat, dass es sich nur um ein Tötungsdelikt gehandelt haben kann. Der Strafverteidiger ist ausgerechnet Sophies neuer Freund Hannes Jansen….

Inspiriert durch das Schicksal des Sierra-Leoners Oury Jalloh, der im Jahr 2005 tatsächlich bei einem nie aufgeklärten Brand in einer Gefängniszelle in Dessau ums Leben kam, stellt Markus Thiele in seinem Roman Fragen nach Recht und Gerechtigkeit, zeigt einen Verteidiger im Zwiespalt zwischen Gesetz, Berufsethos, Pflichterfüllung und Gewissen und Moral.

Aber das Buch hat noch eine zweite, nicht weniger erschütternde Ebene: die Geschichte von Sophies Großeltern, Lea Rosenbaum und Carl Jansen, eine verbotene Liebe zu Zeiten des Dritten Reiches.

Echo des Schweigens ist ein absolut lesenswerter Roman, hochaktuell und spannend.

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Veröffentlicht am 07.03.2020

Freundschaft und Liebe in Zeiten der Unterdrückung

Goodbye, Bukarest
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In ihrem autobiographischen Roman Goodbye Bukarest nimmt uns Astrid Seeberger mit auf die Suche nach ihrem Onkel Bruno und lässt uns Teilhaben an einem lange verschütteten Teil ihrer Familiengeschichte.

Bruno ...

In ihrem autobiographischen Roman Goodbye Bukarest nimmt uns Astrid Seeberger mit auf die Suche nach ihrem Onkel Bruno und lässt uns Teilhaben an einem lange verschütteten Teil ihrer Familiengeschichte.

Bruno war ein außergewöhnlicher Mann, mit einer frappierenden Ähnlichkeit zu Chopin und der Fähigkeit, alles was er berührte, zu beruhigen. Doch sein Schicksal war ein dunkler Fleck in der Familiengeschichte von Astrid Seeberger, hat doch ihre Mutter immer behauptet, Bruno wäre im Zweiten Weltkrieg gefallen, doch nach dem Tod der Mutter wird klar, dass dies eine Lüge war.
Und so macht sich die Ich-Erzählerin auf die Suche nach ihrem Onkel.

Was sie dabei findet, sind die Lebensgeschichten dreier Männer, Bruno, Dimitri und Dinu, die sich in einem Strafgefangenenlager in Sibirien begegnen und deren Schicksal von da ab untrennbar miteinander verwoben sind. Es sind traurige Geschichten, geprägt von Verlust, Angst, Grausamkeit, aber auch von Hoffnung, Liebe zur Musik, zur Kunst und zur Literatur.

Goodbye Bukarest ist ein trauriger, ein wunderschöner, ein wichtiger Roman: er berichtet schonungslos von den Gräueln des Krieges, von den sowjetischen Straflagern, vom Leben während der Diktatur Ceausescus in Rumänien. Und er zeigt, dass selbst unter den schlimmsten Umständen, in den aussichtslosesten Situationen, Freundschaft und Liebe entstehen können.

Selten hat mich ein Roman so nachhaltig berührt. Mein Fazit: absolut lesenswert.

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Ein gar nicht so wildes Leben....

Das wilde Leben der Cheri Matzner
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Der Anfang eines Lebens wie aus einem Roman von John Irving: am 05. August 1962 betritt ein junges, drogensüchtiges Mädchen die Trenton Family Clinic und bringt ein gesundes Mädchen zur Welt, nur um es ...

Der Anfang eines Lebens wie aus einem Roman von John Irving: am 05. August 1962 betritt ein junges, drogensüchtiges Mädchen die Trenton Family Clinic und bringt ein gesundes Mädchen zur Welt, nur um es kurz darauf dort allein zurückzulassen.

Zur gleichen Zeit verlieren der jüdische Arzt Solomon Matzner und seine schöne italienische Frau Cici ihren Sohn durch eine Frühgeburt. Um den Scherz seiner geliebten Frau zu lindern beschließt Sol, ein Kind zu adoptieren – zu kaufen – und so beginnt das gar nicht so wilde sondern eher ruhelose und aufregende Leben der Cheri Matzner, die zu einer starken unangepassten Frau heranwächst, die immer auf der Suche ist, nach ihren Wurzeln und nach sich selbst.

Der Roman hat alles, was man nur erwarten kann: Liebe, Verzweiflung, Untreue und Verrat, schwierige Familienverhältnisse, Krankheit und Tod und eine gute Portion Politik. Aber es fehlt an Tiefe, die Figuren bleiben stellenweise zu flach, man wünscht sich, manche Personen näher kennen zu lernen. So wird an einigen Stellen nur an der Oberfläche gekratzt und es bleibt ein flaues Gefühl zurück.

Mein Fazit: ein durchaus lesenswerter Debütroman mit „Luft nach oben“.

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Psychologische Studie mit Potential

ATME!
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In diesem atemlosen Thriller geht es um Nile, die mit Ben die große Liebe gefunden hat. Doch just als sie ihr Traumkleid, das Hochzeitskleid, gefunden hat und anprobiert, geschieht das Unglaubliche: Ben ...

In diesem atemlosen Thriller geht es um Nile, die mit Ben die große Liebe gefunden hat. Doch just als sie ihr Traumkleid, das Hochzeitskleid, gefunden hat und anprobiert, geschieht das Unglaubliche: Ben ist spurlos verschwunden. Nile begibt sich auf die Suche nach ihrem Liebsten und findet ausgerechnet in Flo, der Noch-Ehefrau Bens, der sie den Mann ausgespannt hat, die einzige Verbündete.

So beginnt der Thriller und man taucht schnell ein in ein Wechselbad der Gefühle, eine Geschichte voller unvorhergesehener Wendungen. Dabei nimmt uns Judith Merchant mit in die Gedankenwelt einer Frau in einer absoluten Ausnahmesituation, denn der Roman ist aus der Sicht Niles erzählt. In kurzen, flüssig geschriebenen Abschnitten erfahren wir so mehr von der Protagonistin, einer Frau mit posttraumatischer Belastungsstörung, angewiesen auf Psychopharmaka – oder eben Ben und sein mantrahaft wiederholtes „Atme, Nile“. Wem kann Nile trauen, kann sie sich selber trauen?

Dieser Thriller hat Potential: leicht und flüssig zu lesen, eine interessantes Story und es wird viel für das Kopfkino geboten. Doch stellenweise wirkt die Handlung zäh und verworren, die Logik bleibt auf der Strecke. Manches lässt einen verwundert zurück, doch man will wissen, wie die Geschichte endet und was letztendlich real ist.

Mein Fazit: ein spannender Roman für die kommenden kühleren Abende, eher eine psychologische Studie als ein Thriller.

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