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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.07.2021

Ehrlich und einfühlsam

Wildtriebe
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Während der Lektüre weiter Teile des Romans, ist mir wieder einmal aufgegangen, was für ein Glück ich mit meiner Schwiegermutter habe. Seit 31 Jahren hat sie mir nie gezeigt, wie man Fenster "richtig" ...

Während der Lektüre weiter Teile des Romans, ist mir wieder einmal aufgegangen, was für ein Glück ich mit meiner Schwiegermutter habe. Seit 31 Jahren hat sie mir nie gezeigt, wie man Fenster "richtig" putzt, mit Zeitungspapier, und auch nicht wie eine gebügelte Tischdecke zusammengelegt werden muss. Wobei ich aus der Großstadt kam und sie im ländlichen Milieu gelebt hat. Danke Mama!!!
Ich habe Marlies bedauert. Lisbeth hat immer nur gesehen, was sie nicht „richtig“ tat, all das viele andere aber, das Marlies schaffte, war nichts in ihren Augen. Dass sie im Stall und auf dem Acker einen Arbeiter ersetzte, zählte nicht. Aber was hätte Marlies auch tun sollen? Kein Handgriff, den sie im Haushalt tat, war Lisbeth recht. Konrad, der Jungbauer und ihr Mann, hat ihr kein einziges Mal beigestanden, kein einziges Mal für sie Partei ergriffen. So kam es, dass Marlies versuchte es Mann und Schwiegermutter recht zu machen, zu allem schwieg, sich zurückzog, eine Fremde im Haus und Dorf blieb. Nicht einmal ihre Aussteuer durfte sie auspacken, Lisbeth hatte alles und es kam ihr nie in den Sinn, der jungen Frau anzubieten, ihrem Kaffeeservice oder Tischdecken einen Platz im Haushalt zu räumen. Eines Abends sitzen Lisbeth, Karl, Alfred und Konrad auf der Bank vor dem Haus und genießen ein Feierabendbier. Als Marlies sich hinzugesellt, bietet ihr keiner an, für sie auch auf der Bank Platz zu machen oder ihr einen Stuhl zu holen oder auch nur eine Bierflasche. Aber als sie dann weggeht, sieht ihr Lisbeth hinterher und versteht nicht, warum sie lieber im Zimmer hocken will.
In über 20 Jahren Ehe haben Marlies und Konrad keinen Abend gemeinsam irgendwo verbracht. Immer und nur in der Küche des Bauernhauses. Sie gingen kein einziges Mal aus, Tanzen, ins Restaurant, haben nie eine Reise unternommen. Und Marlies hat alles geduldig und ohne Widerworte ertragen.
Leider gestaltete sich dann das Verhältnis auch zu ihrer Tochter schwierig. Marlies wollte für Joanna ein freies, selbstbestimmtes Leben. Aber irgendwie hat sie es nie geschafft, ihr das auch so zu erklären. Sie war die Einzige, die das Gymnasium für Joanna durchsetzte, von einem Studium sprach, nie eine Aussteuer für ihre Tochter sammelte. Joanna sollte keinesfalls allein in der Ehe ihre Erfüllung finden. Nun, Joanna wird in der Tat ihren eigenen Weg gehen. Als Enkelin hat sie ein entspanntes Verhältnis zu ihrer Großmutter, so wie sie es eigentlich nicht zu ihrer Mutter hatte. Lisbeth die ständig Regeln für Marlies aufsetzte, wird sie keinesfalls bei Joanna anwenden. „Ach, und überhaupt. Mit den Regeln würde sie Joanna höchstens vertreiben. Nein, das wollte sie auf keinen Fall. Das konnte niemand wollen.“ (S. 273)
Bezeichnend ist, als Marlies sich entschließt den Bethches-Hof zu verlassen, zeigen weder Konrad noch Lisbeth auch nur eine Spur von Bedauern, keiner äußerte auch nur eine leise Andeutung, sie solle doch bleiben, dies sei auch ihr zu Hause.
Und so kommt es, Marlies verlässt den Hof ihres Mannes, wie sie gekommen ist, mit ihrer noch in den Originalkartons verpackten Aussteuer. Sie wird zwar zu Besuch kommen, aber nur weil es die Tochter so will. Auf dem Hof und im Dorf war sie stets eine Fremde gewesen. Sie hat nie richtig dazugehört. Konrad hat ihr dieses Gefühl nie richtig vermitteln können.

Ute Mank hat einen sehr feinfühligen Roman verfasst. Die Sprachlosigkeit, mit der Marlies, Lisbeth und Konrad zu kämpfen haben, ist ergreifend. Manchmal hätte ich ihnen zugerufen, sie sollen doch mal aus dieser Stimmlosigkeit ausbrechen, sich mal den Frust und die Wut und den Ärger und all die Zweifel von der Seele reden. Aber nein, alles bleibt wohlbehütet tief im Innern verborgen. Und dies versteht es Mank meisterhaft zu zeigen. All das Ungesagte, wird in halben Sätzen angedeutet, skizziert, wie eine leichte Federzeichnung. Dabei ist nichts leicht in diesem Roman, nicht das Leben, nicht die Arbeit, die nie ein Ende nimmt.
Ein lesenswertes Buch, nicht nur für jene, die als „Reingeschmeckte“ oder „Zugelaufene“ in eine feste, uralte Dorfgemeinschaft und Bauernhof reingeheiratet haben. Eine Freundin hat als Städterin, in ein fränkisches Bauerngeschlecht reingeheiratet. Ihr Schwiegervater hat es auf den Punkt gebracht: „Ja, auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn!“

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Veröffentlicht am 28.06.2021

Der Bulle und die Seelenklempnerin – tolles Gespann

Siehst du, wie sie sterben? (Thriller)
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Nach einem gruseligen Prolog lernen wir die zwei Ermittler und zugleich Kontrahenten kennen. Das wird für Spannung aber auch entspannende Kurzweil ab und zu sorgen. Das werden wir bitter nötig haben, denn ...

Nach einem gruseligen Prolog lernen wir die zwei Ermittler und zugleich Kontrahenten kennen. Das wird für Spannung aber auch entspannende Kurzweil ab und zu sorgen. Das werden wir bitter nötig haben, denn Gunnar Schwarz hat für einen rabenschwarzen Thriller gesorgt. Das bezeugt schon das schaurig spannende Titelbild.
Die Psychologin Frieda Rubens und der Polizist Marc Wittmann müssen zusammenarbeiten um einen psychopatischen Mörder zu stellen, der nach dem keltischen Jahr grausam foltert und ermordet um anschließend seine Opfer an diversen Punkten der Stadt drapiert. Ganz langsam und in kleinen Häppchen nur enthüllt Gunnar Schwarz die Puzzle-Teile dieses Thrillers. Erst beim großen Showdown im Finale erfahren wir, wer und warum hinter den Morden steckt. Die Zusammenhänge waren eigentlich schon vorher offen vor unseren Augen, aber der Autor hat es geschickt verstanden, uns davon abzulenken, sie als nebensächlich erscheinen zu lassen. Genau das macht einen guten und spannenden Thriller oder Krimi aus.

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Veröffentlicht am 28.06.2021

Reiselust und Reisefrust liegen manchmal ganz nah beieinander

Happy Road
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Ein wunderschönes Reisebuch, das sich klar von Baedeker & Co. absetzt. Bei Baedeker habe ich immer die Tendenz, die Sehenswürdigkeiten auf der Liste abzuhaken. Bei Sarah Kringes Buch kriege ich Lust mich ...

Ein wunderschönes Reisebuch, das sich klar von Baedeker & Co. absetzt. Bei Baedeker habe ich immer die Tendenz, die Sehenswürdigkeiten auf der Liste abzuhaken. Bei Sarah Kringes Buch kriege ich Lust mich noch mehr auf die Menschen, der Fauna (ok, muss ja nicht immer ein Bär sein) oder der Pflanzenwelt des bereisten Landes oder Stadt einzulassen. Kringe schriebt sehr mitreißend und begeistert. Mein Traum war nie, in einem VW-Schlaf-Koch-Wohn-Bus die Welt zu erkunden. Nach der Lektüre habe ich mich dabei ertappt, dass ich mich fragte, wie das wohl wäre…?
Die Bilder, die jedes Kapitel einleiten, stimmen uns auch auf die nun folgenden Texte ein, umso mehr, wenn man die Bilder zusammen mit dem Motto des Kapitels verbindet, ob es nun ein magischer Zauberspruch von Harry Potter ist, ein etwas derbes Zitat von Matthias ist (Scheiß di ned oa) oder ein Ausspruch von Konfuzius oder Jorma (You have very much succeeded in finding a good man) finnische Lebensweisheiten (in der Sauna sind alle gleich) usw., es heitert auf, macht neugierig auf das nun Folgende und hält dadurch den Leser bei der Stange, ähem, Buch.
Was mich besonders beeindruckt hat: beide Partner sind sich sehr bewusst gewesen, dass die Reise nicht einfach sein wird. Ein Mensch mit Zöliakie und anderen Essensunverträglichkeiten fährt nicht mal so ein paar 1000 km ins Ungewisse. Planung, ehrliche Gespräche zwischen den Partnern, all das gehört dazu, aber auch viel Toleranz und Bereitschaft sich auf den Partner und seine Belange einzulassen. Auch der Mut, zu zugeben, wenn einer am Ende seiner Kräfte ist und der andere das anerkennt und mit dem Abbruch der Reise einverstanden ist, zeugt von der Liebe und Verständnis zwischen den beiden Protagonisten. Dies alles wird in diesem Buch deutlich unter Beweis gestellt.
Der Verlag „Wenn nicht jetzt“ hat mit diesem liebevoll gestalteten Buch allen Vanlifern, Campern aber auch uns, den (bislang) nicht infizierten Lesern ein Kleinod geschenkt.
Zum Schluss muss ich mir das Wort Kalsarikännit merken. Ob ich es anwenden werde, ist eine andere Sache. Aber toll ist das Wort allemal.

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Veröffentlicht am 16.06.2021

Der kalte Krieg als Geburtshelfer der BRD

Die Akte Adenauer
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Krimi und Geschichte zugleich, spielt das Buch in einer Zeit als die deutsche Demokratie noch in den Kinderschuhen steckte und von den Amerikanern geleitet wurde. Interessante vergessene Details jener ...

Krimi und Geschichte zugleich, spielt das Buch in einer Zeit als die deutsche Demokratie noch in den Kinderschuhen steckte und von den Amerikanern geleitet wurde. Interessante vergessene Details jener Zeit kommen zu Tage. Wie das Leben in Bonn wohl war? Eine Kleinstadt die über Nacht zur Hauptstadt wurde. Die Wirtschaft brummt, die Wunderjahre bahnen sich unaufhaltsam an. Parteimäßig ist noch nicht viel los, in der jungen Bundesrepublik. Es gibt die CDU und die SPD, die FDP die CSU und eine ganze Reihe kleinerer Parteien. Die CDU wird dominiert von Konrad Adenauer, in der SPD ist es Erich Ollenhauer. Im Roman treten neben den fiktiven Gestalten auch historische Personen auf: der Bundeskanzler Konrad Adenauer, Herbert Wehner (SPD), Grete Burmester (Wehners Stieftochter).
Immer wieder taucht die braune Vergangenheit Deutschlands auf im Roman, in Form von der Organisation der Werwölfe, die aus dem Untergrund Attentate planen, ein Netz von ehemaligen SS-Mitgliedern einspannen, die jetzt als „saubere“ Bürger erscheinen, die aber heimlich die Werwölfe unterstützen, usw.
Philipp Gerber, der junge US-Soldat der dann zum deutschen BKA wechselt, wirkt sympathisch und geradlinig. Obwohl in den Staaten eine Professur an Harvard winkt, zieht er es vor in Bonn zu bleiben. Er hat seine Pflicht vor der Familie seines toten Freundes erfüllt und seinen Tod gerächt, aber nun wird es Zeit sein eigenes Leben so zu leben, wie er es sich wünscht, auch wenn es nicht einfach ist. Als Ermittler ist er eher die Sorte „Terrier“, wenn er sich einmal festgebissen hat, kann er nicht mehr loslassen. Er erkennt Zusammenhänge, was eben einen guten Kriminalisten ausmacht. (Zumindest i der einschlägigen Literatur und Filmen).
Rasanter Schreibstil, gleich von Anfang an, wird es noch ein Ticken spannender, als es zum Showdown kommt. Dabei gibt es eigentlich zwei Showdowns: einmal im Wald, hollywoodmäßig mit Explosionen, Stürzen von Hubschraubern, Rettung in letzter Minute, usw. Sehr mitreißend geschrieben, lässt sich die Szene in einem Rutsch lesen. Der zweite Showdown, gefiel mir schon fast besser. Da entlarvt Gerber den Drahtzieher der Attentate in einem offenen Gespräch und führt ihm vor Augen, dass er eigentlich verloren hat. Dass sein Gegenüber die ganze Zeit eine Pistole auf Gerber richtet, scheint ihn nicht zu tangieren. So abgebrüht möchte ich auch mal sein!
Ein Wort zum Titelbild: das ist schon fast ein Zeitdokument mit dem großen schweren schwarzen Wagen mit den Seitenspiegeln vorne auf den Kotflügeln. Ob solch ein Auto schwer zu lenken war? So, ohne Servolenkung und ABS? Gab es überhaupt schon ein Radio im Auto?

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Veröffentlicht am 13.06.2021

Von Trailer Trash zur Elite Schule

Trust My Heart - Golden-Campus-Trilogie, Band 1 (Prickelnde New-Adult-Romance auf der glamourösen Golden Isles Academy. Für alle Fans von KISS ME ONCE.)
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Interessantes Thema: May ist 17 Jahre jung und auf sich allein gestellt. Aufgewachsen in einem Trailerpark bei ihrer Drogensüchtigen Mutter und deren wechselnde Partner flieht sie zu ihrer Großmutter die ...

Interessantes Thema: May ist 17 Jahre jung und auf sich allein gestellt. Aufgewachsen in einem Trailerpark bei ihrer Drogensüchtigen Mutter und deren wechselnde Partner flieht sie zu ihrer Großmutter die auf einer Insel der „Reichen und Schönen!“ lebt. Sie ist ein Außenseiter an der Eliteschule, schafft es aber, sich durchzusetzen. Gegen die Schulleitung und auch gegen snobistische Mitschüler. Sie wird die Nanny eines elfjährigen Mädchens mit zwei sehr heißen Zwillingsbrüdern. Während May das Mädchen der unteren Schicht verkörpert, sind die Zwillingsbrüder und deren Clique der Inbegriff der „Jeunesse Dorée“ auf der Insel. Das der Wechsel aber von „angesagt“ zu „unten durch“ recht fließend sein kann, wird im Buch klar gezeigt an der einzigen Freundin die May auf der Insel und an der Schule hat. Denn ohne viel Geld kommt man auch hier nicht weiter.
Flotter und ansprechender Schreibstil, lässt sich das Buch in einem Rutsch lesen. Leider werden aber viele Fragen erst in den Folgeromanen beantwortet werden. Wieso ist die Mode der Cliffhanger dermaßen weit verbreitet?

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