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Veröffentlicht am 22.02.2021

Ein Krimi voll überraschender Wendungen und Spannung bis zur letzten Seite

Cold Case – Das gezeichnete Opfer
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„Das gezeichnete Opfer“ ist der zweite Teil in Tina Frennstedts Krimireihe „Cold Case“. Der Einstieg fällt trotzdem nicht schwer, denn eine nahbare Ermittlerin, ein spannender, in sich geschlossener Fall ...

„Das gezeichnete Opfer“ ist der zweite Teil in Tina Frennstedts Krimireihe „Cold Case“. Der Einstieg fällt trotzdem nicht schwer, denn eine nahbare Ermittlerin, ein spannender, in sich geschlossener Fall und eine Prise schwedisches Lokalkolorit reißen mich als Leserin sofort mitten ins Geschehen.

Tess Hjalmarsson ermittelt im Fall eines vor 15 Jahren ermordeten jungen Mannes, der auf merkwürdige Weise mit einem aktuellen Mordfall an einer älteren Künstlerin zusammenzuhängen scheint. Genau wie bei den ursprünglichen Ermittlungen verlaufen zunächst jedoch die meisten Spuren im Sande, und dazu kommt die drohende Auflösung des Cold-Case-Teams, die Tess zusätzlich unter Zeitdruck setzt.

„Das gezeichnete Opfer“ ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Es ist ein im besten Sinne typischer Krimi, in dem die Ermittlungsarbeit prominent im Vordergrund steht. Jede Seite bringt neue Erkenntnisse, wirft das Bild, das man sich gemacht hat, wieder um, und so kommt die große Erleuchtung erst ganz zum Schluss. Dabei kommen aber auch die Figuren des größtenteils weiblichen Ermittlerteams nicht zu kurz: Tess, die ihren Kinderwunsch verwirklichen will, Marie, deren Scheidungsdrama ihr extrem zu schaffen macht, und die schwer durchschaubare neue Chefin Sandra, die trotz Umstrukturierung hinter dem Cold-Case-Team steht. Hier kommen auf denkbar positive Weise viele interessante und starke Frauen zu Wort, was mir ganz persönlich einfach guttat.

Wer auf der Suche nach einer spannenden, intelligenten und manchmal auch emotionalen Lockdown-Lektüre ist, dem sei dieser Roman wärmstens empfohlen.

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Veröffentlicht am 28.12.2020

Ein durch und durch solider Kriminalroman

Vergessene Gräber
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„Vergessene Gräber“ von Leo Born ist der fünfte Teil der Reihe um die Frankfurter Ermittlerin Mara Billinsky und ihren Kollegen Jan Rosen. Das ungleiche Gespann (sie die Frau fürs Grobe, er der Mann für ...

„Vergessene Gräber“ von Leo Born ist der fünfte Teil der Reihe um die Frankfurter Ermittlerin Mara Billinsky und ihren Kollegen Jan Rosen. Das ungleiche Gespann (sie die Frau fürs Grobe, er der Mann für die Recherche) ermittelt in einer grausigen Mordserie, in die die örtliche Russenmafia verwickelt zu sein scheint und die ihre Wurzeln in der Vergangenheit hat. Gleichzeitig versucht Rosen, seine Freundin Anyana vor ihrem brutalen ehemaligen Zuhälter zu beschützen, und verstrickt sich so immer tiefer in die Geschäfte der Verbrecherbande.

Mit viel Liebe zum Detail und so mancher Brutalität entführt Leo Born uns in eine Welt des Verbrechens, in der die Vergangenheit ganz und gar nicht ruht. Seine Figuren erwachen mit lakonischen Sprüchen, problematischen Beziehungen und intimen Geheimnissen zum Leben und reißen uns Leserinnen einfach mit. Würde man versuchen, diesen Roman in einem Wort zusammenzufassen, wäre es wohl: actiongeladen. Denn es passiert ständig sehr viel, und als Leserin muss man aufpassen, nicht den Faden zu verlieren, wenn die Ereignisse sich überschlagen.

„Vergessene Gräber“ ist ein Buch, das vor Spannung strotzt und immer neue Aspekte in den Mix wirft. Die Ereignisse und Rechercheergebnisse werden nach und nach zusammengefügt, sodass sich erst am Schluss ein vollständiges Bild ergibt – wie das bei einem guten Krimi der Fall sein sollte. Einen kleinen Punktabzug gibt es dafür, dass es sich bei dem Roman eben um einen sehr typischen Krimi handelt: Durch und durch solide, aber eben selten überraschend. Viele klassische Genreklischees werden bedient, angefangen von der rebellischen Ermittlerin, die alles im Alleingang macht, über die möglichst gräulichen Bluttaten bis hin zum ausbremsenden Chef, der die Ermittlungen durch seine Überkorrektheit gar zu vermasseln droht. Viele Elemente kennt man schon, dem Krimigenuss tut das aber nur wenig Abbruch.

Ein spannender Kriminalroman, der sicher nicht nur Fans der Reihe begeistern kann.

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Veröffentlicht am 16.12.2020

Ein Roman mit starker Prämisse, aber nur mittelmäßiger Umsetzung

Seelen unter dem Eis
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In „Seelen unter dem Eis“ von Astrid Korten begleiten wir den zum Tode verurteilen Werbemacher Tom in seinen letzten Tagen auf der Death Row. Während er seine letzten Angelegenheiten regelt, wird in Rückblenden ...

In „Seelen unter dem Eis“ von Astrid Korten begleiten wir den zum Tode verurteilen Werbemacher Tom in seinen letzten Tagen auf der Death Row. Während er seine letzten Angelegenheiten regelt, wird in Rückblenden erzählt, wie es dazu kam: von seiner tödlich endenden Affäre mit seiner Studentin Amal und der immer schwieriger werdenden Beziehung zu seiner Frau Helen.

Der Roman beginnt leise und traurig, ein erschütternder Einstieg in die Lebensrealität eines Mannes, der seinen Tod vor Augen hat. Wir begleiten Toms Alltag im Hochsicherheitstrakt, den er mit anderen Todeskandidaten und dem erstaunlich empathischen Wärter „Goodman“ verbringt. Auf dieser Zeitebene war ich als Leserin ganz gefesselt, habe mit Tom gelitten und empathisiert, obwohl er wegen Mordes verurteilt ist. Ein fein gezeichnetes Porträt eines Menschen, der große Fehler gemacht hat.

Leider gibt es jedoch nicht nur Positives über diesen Roman zu sagen. Der Autorin gelingt es nicht, mich als Leserin in eine US-amerikanische Lebenswelt hineinzuziehen: Da wird dann plötzlich Goethe zitiert, Weizenbier bestellt, und ein Trakt im Gefängnis ist der „Zauberberg“. Das deutsche Bildungsbürgertum mogelt sich so immer wieder in ein vorgeblich amerikanisches Setting.

Die Frauenfiguren, allen voran die „Verführerin“ Amal, werden leider nie mehr als Stereotype: Als femme fatale begeht Amal Tom gegenüber richtiggehende Gräueltaten, ist sexuell unersättlich, und ihr Leben dreht sich einzig und allein um ihn. Eine Biographie, einen Einblick in ihr Warum erhalten wir dabei nie. Auch Helen bedient eine ganze Reihe typisch weiblicher literarischer Topoi, ohne dass ihr eine echte Persönlichkeit oder eine Geschichte zugestanden wird.

Der Roman krankt ganz klar an der fehlenden Tiefe der Frauenfiguren, die jedoch absolut zentral für die Geschichte sind. Auf der Handlungsebene überzeugt er hingegen mit einem intensiven, sich langsam, aber stetig aufbauenden Spannungsboden und einem explosiven Twist. Ein Buch, das ich mit gemischten Gefühlen zur Seite lege.

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Veröffentlicht am 16.12.2020

Ein sozialkritischer Krimi in einer dystopischen Zukunft – unbedingt lesenwert!

Betäubter Wille
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Arthur Morgenroth ist Polizist im Jahr 2029 in Deutschland. Er lebt in einer Gesellschaft, in der die Einnahme von leistungssteigernden Medikamenten und Stimmungsaufhellern nicht nur gestattet, sondern ...

Arthur Morgenroth ist Polizist im Jahr 2029 in Deutschland. Er lebt in einer Gesellschaft, in der die Einnahme von leistungssteigernden Medikamenten und Stimmungsaufhellern nicht nur gestattet, sondern sogar gesellschaftlich erwünscht bzw. gefordert ist. Leistungserbringung ist ein absolutes Muss – und das ganz besonders, wenn ein Mord geschieht und die Ermittlungen ganz schnell gehen müssen. Das Opfer ist ein vielversprechender junger Forscher, Ben, der an der Entwicklung neuer Enhancer forscht, und der Hauptverdächtige zunächst die Organisation Liberty of Mind, die sich der Nutzung von Enhancern vehement in den Weg stellt.

„Betäubter Wille“ von Anna Lena Diel ist ein besonderes Buch: Der Genremix aus klassischem Kriminalfall und Dystopie, gemischt mit einer ordentlichen Portion Gesellschaftsdrama und einem guten Schuss Sozialkritik, funktioniert hervorragend. Arthur Morgenroth ist eine vielschichtige Person, der die aktuelle gesellschaftliche Lage ganz schön an die Nieren geht – mit dem Leistungsdruck und dem erwarteten Tablettenkonsum kommt er schlecht klar, zudem nagt der kürzliche Tod seiner Frau an ihm. Das Thema Depression wird hier am Rande gestreift und die schockierende Tatsache erläutert, dass Trauer in dieser leistungsorientierten neuen Realität nicht vorgesehen ist und mit Enhancern wegdosiert werden muss.

Leistung und Leistungsdruck sind die großen Themen, um die der Roman sich dreht, und so verwundert es nicht, dass jeder der Protagonistinnen auf ihre ganz eigene Weise an der Situation zu knabbern hat. Alle Beteiligten haben ihr Päckchen zu tragen: Irma, die Mutter des Ermordeten, die auf eigene Faust ermittelt; Charlotte, Arthurs Schwägerin und Kollegin, die sich mit Enhancern zudröhnt, um mit einem absurden Arbeitspensum den Tod ihrer Schwester zu überlagern; und Josefine, Bens Freundin, die wissenschaftliche Ambitionen hat, aber aus dem Schatten ihres brillanten Bruder sofort in den Schatten ihres brillanten Freundes hinübergeglitten ist. All sie eint ein stetiger Druck von außen und die Botschaft, sie seien allein, ohne Enhancer, nicht genug.

„Betäubter Wille“ ist ein starkes Buch, das an die Substanz geht. Denn die Anlagen zu dieser Gesellschaft liegen in der Gegenwart – und als Leserin lässt man sich nicht nur von dem spannenden Kriminalfall mitreißen, sondern empathisiert auch stark mit den Figuren, deren Kampf mit einer extrem leistungsorientierten Gesellschaft durchaus auf Resonanz im eigenen Leben stößt. Eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 28.11.2020

Ein bisschen wie „Feuchtgebiete“ in den Wechseljahren – und in bunt

Geile Farben
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„Geile Farben“ von Pola Polanski ist ein ungewöhnlicher Roman, der sich nicht ganz einordnen lässt: Es geht um Kunst und Farben und Abszesse und Sex und Ekel und Liebe. Manchmal surreal, manchmal bestürzend ...

„Geile Farben“ von Pola Polanski ist ein ungewöhnlicher Roman, der sich nicht ganz einordnen lässt: Es geht um Kunst und Farben und Abszesse und Sex und Ekel und Liebe. Manchmal surreal, manchmal bestürzend real. Die Protagonistin Amelie ist Künstlerin, Anfang 50 und kämpft mit ungewöhnlich heftigen Wechseljahresbeschwerden und ihrem impotenten Ehemann. Als sie eines Tages die Galeristin Henriette kennenlernt, wird ihr Leben, ihre Überzeugungen und Werte, auf eine harte Probe gestellt.

In farbigen, eindrücklichen Bildern erzählt „Geile Farben“ eine Art späte „Coming-of-Age“-Geschichte. Amelie muss sich neu erfinden, muss mit ihrem Ehemann Flo, der so einige Geheimnisse hütet, ins Reine kommen und ihre Beziehung neu definieren. Ihr Misstrauen gegenüber ihrem Ehemann, der trotz Impotenz nächtelang Pornos schaut, beschert ihr eine schlaflose Nacht nach der anderen. Als Leserin begeben wir uns mit ihr in eine Abwärtsspirale aus Misstrauen, Angst und schwindendem Selbstwertgefühl. Hier liegt die Stärke des Romans: Die inneren Monologe, die geteilten Emotionen Amelies reißen uns wirklich mit, und wir ertappen uns dabei, ganz unkritisch ihre Empörung unhinterfragt zu übernehmen.

Leider hapert es trotz grandioser Konzeption des Romans immer wieder an der Umsetzung. „Geile Farben“ liest sich manchmal flüssig, wie ein emotionaler Rausch, dann aber wieder hölzern und stockend. Das betrifft vor allem die Dialoge, die meist wie Fremdkörper lose im Text treiben und kaum natürlich wirken. Viele geschilderte soziale Interaktionen leiden dadurch an einer mangelnden Eingliederung ins Geschehen und in Amelies Bewusstsein – als Leserin fühlt man sich einfach „nicht abgeholt“ vom Text. Dadurch werden auch manche von Amelies emotionalen Reaktionen unnachvollziehbar, denn der zugrunde liegende Dialog gibt das, was sie daraus macht, oft gar nicht her. Auch das Ende krankt ein wenig an mangelnder Liebe zum Dialog und schließt ein starkes, buntes Buch leider ein wenig grau und fad ab.

Nichtsdestotrotz ein origineller, lesenswerter Roman, der einen bleibenden Eindruck hinterlässt!

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