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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.05.2021

Das Lesen lohnt, mit einem „ja aber“…

Als wir uns die Welt versprachen
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Lohnt sich das Lesen dieses Buches? Ja, es lohnt sich, allein wegen der historischen Passagen, in der Romina Casagrande die Erlebnisse von Edna aus ihrer Kindheit erzählt. Die Geschichten um die sogenannten ...

Lohnt sich das Lesen dieses Buches? Ja, es lohnt sich, allein wegen der historischen Passagen, in der Romina Casagrande die Erlebnisse von Edna aus ihrer Kindheit erzählt. Die Geschichten um die sogenannten Schwabenkinder, die als billige Arbeitskräfte von ihren armen Familien an Bauern vermittelt wurden, war mir bekannt und war auch der Grund, warum mich das Buch interessierte. Dieser Teil der Erzählung ist bewegend und dramatisch zugleich. Die Schwabenkinder hatten ein schweres Leben, in so jungen Jahren hart arbeiten zu müssen. wurden dabei drangsaliert. Dennoch entsteht zwischen dem Leid eine besondere Freundschaft zu Jacob, die noch lange im Leben Ednas nachhallt.
Während der historische Teil berührt, ist es schwierig zu der alten Edna einen persönlichen Zugang zu finden. Es fängt damit an, dass ich nicht glauben kann, dass eine beschwerliche Reise von Südtirol über die Alpen bis nach Ravensburg – überwiegend zu Fuß - für eine Neunzigjährige „mit Papagei im Käfig“ realistisch ist. Edna hat zwar einen starken Willen, ist aber nicht so fit, dass ich es ihr zutrauen würde. Unterwegs hat sie einige – teils kuriose Begegnungen – die durchaus auch witzig beim Lesen wirken. Was sich mir gar nicht erschlossen hat, ist der Handlungsstrang um Adele und ihre Familie. Das fand ich einfach unnötig für das Buch an sich. Beim Lesen war ich versucht, diese Passagen nur zu überfliegen.
Dadurch wirkt die Erzählung auch seltsam zerrissen, fast wie von zwei Autorinnen verfasst. Der historische Teil wirkt gut recherchiert und wühlt auf, dem Teil, der im „heute“ spielt fehlt es an Substanz. Dreieinhalb Sterne wäre meine Bewertung, vier Sterne mit Wohlwollen, weil die Geschichte der Schwabenkinder es wert ist, dass sie so erzählt wird.

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Veröffentlicht am 27.05.2021

Liebenswerter Roman

Die kleine Bücherei in der Church Lane
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Lucy ist eine Lehrerin, die dringend eine Auszeit braucht und sich entschließt, für ein halbes Jahr in ein kleines Cottage in einem Dorf umzuziehen. Mit ihrem kleinen Terrier trifft sie in Little Maudley ...

Lucy ist eine Lehrerin, die dringend eine Auszeit braucht und sich entschließt, für ein halbes Jahr in ein kleines Cottage in einem Dorf umzuziehen. Mit ihrem kleinen Terrier trifft sie in Little Maudley ein und schafft es bald, sich in das Dorfleben zu integrieren. Sogar ihre alte Nachbarin, die zunächst sehr unzugänglich erscheint, gewinnt sie als Freundin.
Der Roman hat neben einer sich anbahnenden Romanze noch mehr zu bieten. Man erfährt einiges aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, in dem viele junge Frauen rekrutiert und auf das Land versetzt wurden, um die britische Spionageabwehr zu unterstützen. Das Dorfleben wird so beschrieben, wie man es auch aus verschiedenen englischen Serien kennt und das örtliche Projekt mit dem Umbau einer alten Telefonzelle zu einer kleinen Bücherei ist sympathisch. Die verschiedenen Tiere, die im Buch auftreten, passen auch gut zur Geschichte.
Das Buch liest sich flüssig und es macht Spaß, der Handlung zu folgen. Ich bin kein Fan von reinen Liebesromanen und würde das Buch auch nicht unbedingt in diese Kategorie einordnen. Es ist einfach ein nettes Buch, eine unterhaltsame Sommerlektüre, mit der man gut einige Stunden auf dem Balkon verbringen kann.

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Veröffentlicht am 27.05.2021

Ein Buch zum „Herunterkommen“

Der Schneeleopard
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Wer hier eine spannende Tiergeschichte erwartet, wird enttäuscht sein. Sylvain Tesson nimmt uns mit auf eine leise Reise in die Stille der Natur. Es ist ein ruhiges Buch, eines was beim Lesen entspannt ...

Wer hier eine spannende Tiergeschichte erwartet, wird enttäuscht sein. Sylvain Tesson nimmt uns mit auf eine leise Reise in die Stille der Natur. Es ist ein ruhiges Buch, eines was beim Lesen entspannt und den Blick öffnet für eine andere Welt. Ein Buch, welches mit seinen Bildern die Augen für den Wert unserer Tierwelt und der fragilen Lebensräume weitet und welches berührt. Die Geduld, die dabei ein Tierfotograf mitbringen muss, ist unerschöpflich und bewundernswert. Die Gedanken, an denen uns Sylvain Tesson teilhaben lässt, können als philosophisch bezeichnet werden und heben uns auf eine metaphysische Ebene, in der man die ganze Poesie der Natur erfühlt. Ich lese viele Krimis und Thriller, freue mich aber auch über ganz andere Buchgenres, so wie dieses, welches mich aus dem Krimitrubel herausholt und die Sinne ganz anders anspricht. Eine wunderbare Lektüre, bei der keine Zeile langweilig wurde und die ich gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 27.05.2021

Ein Traum von einem Buch.

Das Flüstern der Bienen
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Ich habe lange schon kein so mitreißendes Buch mehr gelesen, ein Buch, welches mich durch Sprache, Ideenreichtum, Charaktere und der Geschichte selbst so gefesselt hat.

Simonopio, der entstellte Junge, ...

Ich habe lange schon kein so mitreißendes Buch mehr gelesen, ein Buch, welches mich durch Sprache, Ideenreichtum, Charaktere und der Geschichte selbst so gefesselt hat.

Simonopio, der entstellte Junge, gefunden von der alten Nana Reja, wächst im Hause der Familie Morales auf und wird dort als Patenkind angenommen. Er kann ausschließlich in seiner eigenen Sprache reden, in der er sich später auch nur dem kleinen Fernando mitteilen kann, der der Sohn seines Paten ist. Eng verbunden ist Simonopio mit dem Bienenvolk, welches ihn schon als Säugling geschützt hat. Diese Beziehung hat etwas Magisches, lässt sie ihn doch die Zukunft erahnen und in die Herzen der Menschen schauen. Diese Gabe hilft ihm, seine Familie zu schützen, er vermittelt seinen Pateneltern auf seine eigene Art und Weise, was zu tun ist, um sich vor der grassierenden Spanischen Grippe zu schützen und begleitet vor allem den kleinen Fernando durch seine Kindheit und passt auf ihn auf. Die Pandemie zeigt viele Parallelen zu unserer aktuellen Situation mit Covid-19, die die Autorin beim Schreiben des Buches noch nicht erahnen konnte.

Das Buch wechselt die Erzählsichten, einmal wird beschrieben, was passiert, einmal wie das Geschehene sich für Simonopio in seinem Kopf darstellt und lässt einen Blick in seine Gedankenwelt zu. In der Ich-Form schildert der kleine Fernando, dann bereits in hohem Alter, rückblickend die Familiengeschichte. Zu Beginn scheint dies etwas zu verwirren, aber mit dem Lesefortschritt gibt sich das. Mir hat diese Erzählweise sehr gut gefallen.

In diesem Roman finden sich viele Gefühlswelten wieder: unerschütterliche Liebe, Selbstzweifel, tiefer Hass, kindliche Freude. Sofía Segovia versteht sich darauf sowohl amüsante Passagen einzubringen, die einem zu Schmunzeln bringen, als auch wahre Dramatik bis zum Tod auszudrücken, die einem dann fast das Herz zerreißt. Und dies alles vor dem historischen Hintergrund der Jahre ab 1910 in einem Mexiko, welches nicht nur von der Spanischen Grippe gebeutelt wird, sondern in der zudem ein Bürgerkrieg wütet. Der Konflikt zwischen Großgrundbesitzern und ihren Arbeitern, die je nach Großmut der Besitzer in Schuldknechtschaft geraten, spielt eine wichtige Rolle im Verlauf der Geschichte.

Mein Fazit: unbedingt lesen!

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