Profilbild von Girdin

Girdin

Lesejury Star
offline

Girdin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Girdin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2022

Unterhaltsamer Roman bei dem mir die Figuren nicht nah kamen

Ende in Sicht
0

Der Roman „Ende in Sicht“ von Ronja von Rönne lässt mich zwiegespalten zurück. Gerne hätte ich ihn gemacht, denn durch seinen Humor und der mit viel Phantasie gefüllten Reise der beiden ungleichen Protagonistinnen ...

Der Roman „Ende in Sicht“ von Ronja von Rönne lässt mich zwiegespalten zurück. Gerne hätte ich ihn gemacht, denn durch seinen Humor und der mit viel Phantasie gefüllten Reise der beiden ungleichen Protagonistinnen Hella und Juli hat er Unterhaltungswert. Aber die Handlung ist an manchen Stellen unglaubwürdig und es gelang mir nicht, mich in die Gefühlswelt von Hella und Juli einzufinden.

Hella ist 69 Jahre alt und lebt im Norden von Nordrhein-Westfalen. Früher war sie ein gefeierter Schlagerstar mit einigen Marotten, heute lebt sie allein in ihrer Wohnung und ignoriert jede Anfrage nach einem Auftritt. Der Titel des Romans lehnt sich an Textzeilen einer ihrer Songs an. Die fünfzehnjährige Juli lebt mit ihrem Vater in der Nähe von Bielefeld, ihre Mutter hat die Familie verlassen als ihre Tochter ein Kleinkind war. Juli überlebt den Sturz von einer Grünbrücke auf die erste Fahrspur einer Autobahn nahezu unverletzt. Hella ist währenddessen mit ihrem Auto auf dem Weg in die Schweiz um ihrem Leben mittels Sterbehilfe ein Ende zu setzen. Sie schafft es, rechtzeitig abzubremsen und die junge Frau auf den Standstreifen zu ziehen. Die Inhaltsangabe ist in der Beschreibung des Hergangs nicht korrekt.

Die Autorin zeigt anhand ihrer Protagonistinnen auf, dass die Krankheit Depression sich nicht an einem Alter festmachen lässt. Aber für mein Empfinden lässt sie die Gründe hierzu leider viel zu sehr im Verborgenen. Juli ist in einem schwierigen Alter. Sie ist auf dem Weg zu sich selbst zu finden. Ihre Stimmung schwankt und sie wendet sich zunehmend von möglichen Kontakten mit Menschen ab. Offensichtlich ist ihr verstörendes Verhalten bereits auffällig geworden, denn sie ist in Therapie. Es verwundert mich jedoch, dass ihr Vater dabei außen vor bleibt, niemand scheint ihn in die Behandlung seiner Tochter einzubeziehen. Es wirkte auf mich so, als ob die Vater-Tochter-Beziehung seit Jahren unverändert blieb, für mich ist keine Entwicklung zu erkennen. Ein Grund zu sterben, ist auch im schulischen Umfeld nicht zu finden. Ich halte Julis Wunsch für möglich, aber es fehlte mir die Tiefe in der Darstellung ihrer Gefühle und ich finde die geringen Folgen ihres Sturzes von der Brücke für anzweifelbar.

Die Beweggründe von Hella zum Sterben konnte ich noch weniger nachvollziehen. Wie ich im Laufe der Geschichte erfuhr, ist sie durchaus ein Mensch, der sich für bestimmte Dinge begeistern kann. Auf der anderen Seite sind auch weiterhin Fans, die sich immer noch an ihren Songs erfreuen. In ihr psychisches Leid hat sie sich durch ihre Abkapslung von der Umwelt selbst eingefunden. Sie verfügt immer noch über Willensstärke und es überrascht mich, dass sie auf der tagelangen Fahrt keinen Draht zu Juli findet für eine offene und ehrliche Aussprache, die eventuell zu mehr Verständnis füreinander geführt hätte. Stattdessen ist es in Ordnung für Hella Juli immer weiter mitzunehmen ohne sich einen tatsächlichen Beweis von ihr zu holen, dass sich kein Elternteil Sorgen macht. Auch aufgrund des übertriebenen Alkoholgenusses und der Aufforderung zur Fälschung wurde mir die Figur immer unsympathischer.

Ronja von Rönne hat mit „Ende in Sicht“ einen unterhaltenden phantasiereich ausgestalteten Roman geschrieben, in dem es zu einigen amüsanten Szenen kommt. Dennoch fehlte mir der ernste Tiefgang bei dem wichtigen Thema „Depression“ als Hintergrund für die Geschichte. Durch die schwankende Gefühlslage bei den Figuren kamen mir diese nicht nah, aber das bringt halt die Krankheit so mit sich. Manche Handlungen der Protagonistinnen empfand ich unrealistisch. Nach dem Lesen blieb ich nachdenklich und uneins über die konstruierte Darstellung der Ereignisse zurück. Ich spreche eine Triggerwarnung aus in Bezug auf die offene Beschreibung in der Erzählung, wie man seinem Leben ein Ende setzen kann. Am Schluss des Buchs gibt es glücklicherweise ein Hinweis auf eine helfende Anlaufstelle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.02.2022

Authentisches Coming-of-Age dreier Mädchen in einer hessischen Kleinstadt in den 1970/80ern

Unser kostbares Leben
0

Der Roman „Unser kostbares Leben“ von Katharina Fuchs spielt in den 1970er und 1980er Jahren in Hessen in Mainheim. Der Name ist fiktiv, entspricht aber in der Realität einer ähnlichen Kleinstadt in der ...

Der Roman „Unser kostbares Leben“ von Katharina Fuchs spielt in den 1970er und 1980er Jahren in Hessen in Mainheim. Der Name ist fiktiv, entspricht aber in der Realität einer ähnlichen Kleinstadt in der Nähe von Frankfurt am Main. Im Titel spiegelt sich wider wie wertvoll unsere Existenz ist und wie wichtig es daher ist, alles dafür zu tun, damit Menschen, Flora und Fauna so geringen Schaden wie möglich nehmen. Die drei jungen Frauen auf dem Cover versinnbildlichen die drei Protagonistinnen der Geschichte.

Caro und Minka sind zwei der Hauptfiguren. Im Jahr 1972 sind beide zehn Jahre alt und beste Freundinnen. Caro ist die Tochter des Direktors der Schokoladenfabrik vor Ort, während Minkas Vater Bürgermeister von Mainheim ist. Als einer ihrer Klassenkameraden im nahegelegenen Schwimmbad verunglückt wird das Geschehen zu einer gesellschaftspolitischen Angelegenheit, die weitreichende Auswirkungen auf die führenden Kräfte der Kleinstadt und den von ihnen geleiteten Institutionen und Unternehmen hat. Zur gleichen Zeit trifft das vietnamesische Flüchtlingskind Claire im städtischen Kinderheim ein. Sie ist die dritte Protagonistin, genauso alt wie Caro und Minka und wird zu einem späteren Zeitpunkt von Caros Eltern adoptiert.

Die Erzählung trägt autobiographische Züge, denn das Leben der Autorin hat Ähnlichkeiten mit dem von Caro. Dadurch wirkten die Schilderungen auf mich besonders realistisch und ich konnte spüren, wie sehr Katharina Fuchs die von ihr für den Roman gewählten Themen am Herzen liegen, die sie teilweise seit ihrer Jugend beschäftigen wie beispielsweise Umweltverschmutzung und Tierversuche. Des Weiteren thematisiert sie in der Geschichte auch Arzneimittelstudien am Menschen. Was uns heute als verwerflich vorkommt, wurde damals nicht angezweifelt und oft als notwendig für den Fortschritt angesehen. Während die Beschreibungen auf Fakten beruhen, nimmt die Autorin sich die Freiheit einige Ereignisse zeitlich anzupassen, was den Roman noch bewegender gestaltet.

In ihren Beschreibungen vermittelte die Autorin mir als Leserin ein umfassendes Bild der Landschaft im Umfeld von Mainheim sowie als Gegenpol dazu die zunehmende Versiegelung der Kleinstadt durch die Ansiedlung weiterer Industrie und dem durch die steigende Arbeitnehmerzahl bedingten Bau von Wohngebieten. Ohne den technischen Standards von heute konnte man die Windrichtung am wechselnden Geruch erkennen, der in der Luft hing. Der Roman ist geschickt so konstruiert, dass sie im weiteren Verlauf immer dringlicher den Handlungsbedarf der Verantwortlichen aufzeigt. Dazu benötigt die Geschichte eine Anlaufzeit mit einigen Längen bis sie sich entfaltet und sich letztlich die Begebenheiten verschärfen.

In den Kapiteln des Romans stellt Katharina Fuchs unterschiedliche Figuren in den Fokus. Dadurch entsteht ein größeres Meinungsbild zu den verschiedenen Themen als bei einer Beschränkung auf die drei Protagonistinnen möglich wäre, von denen vor allem Minka sich schon früh beginnt politisch zu engagieren. Den Auffassungen der jungen Frauen gegenüber stellt die Autorin althergebrachte Ansichten der älteren Generation. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich die Darstellung als realistisch bestätigen.

Katharina Fuchs hat mit „Unser kostbares Leben“ einen Coming-Of-Age-Roman geschrieben, der authentisch die Jugend und Adoleszenzzeit von drei Mädchen beschreibt, die in einem Umfeld in den 1970er und 1980er Jahren aufwachsen, das geprägt ist von Seilschaften, die im Rahmen des Goodwill für Umweltzerstörung, Tierleid und menschenverachtendes Verhalten sorgen. Gleichzeitig stellt sie das wachsende Aufbegehren in der Bevölkerung gegen die Mangelzustände mit Zusammenschlüssen in Aktionsgruppen und entsprechenden Handlungen dar. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2022

Der zweite Band der Senfblütensage - insgesamt berührender als der erste

Die Senfblütensaga - Wege des Schicksals
0

Der historische Roman „Wege des Schicksals“ von Clara Langenbach, einem Pseudonym der Autorin Olga A. Krouk ist der zweite Teil der „Senfblütensaga“. Im Mittelpunkt steht die in Metz lebende Familie Seidel, ...

Der historische Roman „Wege des Schicksals“ von Clara Langenbach, einem Pseudonym der Autorin Olga A. Krouk ist der zweite Teil der „Senfblütensaga“. Im Mittelpunkt steht die in Metz lebende Familie Seidel, die ein Fuhrunternehmen betreibt, das aktuell vom Schwiegersohn Antoine weitergeführt wird.
Die Geschichte spielt in der brisanten Zeit von 1914 bis 1918. Der Sohn des Hauses, Carl Seidel, hat sich inzwischen eine Produktionsstätte für Senf in der Stadt aufgebaut. Seine Verlobte Emma hat ihr Wirtschaftsstudium abgeschlossen und möchte ihr Können in seinem Unternehmen einsetzen. Eine prachtvolle Hochzeit der beiden ist geplant. Doch dann bricht der Erste Weltkrieg aus, was in Metz, das von den Deutschen seit vielen Jahren annektiert ist, sofort zu einer gesellschaftspolitisch angespannten Situation führt.
Emma hat sich ganz von ihren Eltern gelöst, die für sie ein Leben an der Seite eines gutsituierten Ehemanns vorgesehen hatten. Gerne würde sie noch selbstbewusster durchs Leben gehen, aber die Autorin zeigt ihre innere Zerrissenheit. Es ist nicht leicht sich selbst treu zu bleiben, wenn man vom Umfeld nur in der klassischen Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter gesehen wird. Außerdem trägt der Krieg mit den vielen Heeresangehörigen, die in die Stadt gespült werden, seinen Anteil daran, dass man gelegentlich mit einer gewissen Begierde von Männern in der Öffentlichkeit angesehen wird.
Ihr Verhältnis zu Carl, seinen Eltern und seiner Schwester ist ebenfalls von Spannungen gekennzeichnet. Es fällt Emma schwer loszulassen und sich in die Familie Seidel zu integrieren, obwohl ihre zukünftigen Schwiegereltern sie mit offenen Armen empfangen. Mit Carls Schwester Louise und deren Mann Antoine verbindet sie eine mit Problemen belastete Vergangenheit, die im ersten Teil der Serie dargestellt wurde.
Im vorliegenden Band beschreibt Clara Langenbach die Schwierigkeiten, mit denen Emma, ihre Freunde und ihre zukünftige Schwiegerfamilie während des Kriegs zu kämpfen haben. Obwohl sie zu denjenigen gehören, die über ausreichend Geldmittel verfügen, haben sie mit der Rationierung von Lebensmitteln und der Beschlagname kriegswichtiger Materialien zu kämpfen.
Mit Metz hat die Autorin sich einen interessanten Handlungsort ausgesucht, denn die in Lothringen liegende Stadt bildete den wichtigsten Vorposten des Deutschen Reichs im Westen. Die politischen Fakten bindet sie gekonnt in die Geschichte ein. Für Carls Unternehmen wird das Militär zu einer tragenden Säule, denn die bisherigen guten Beziehungen mit französischen Handelspartnern werden verboten.
Auch diesmal wieder bildet die wahre Geschichte von Otto und Frieda Frenzel, die mit ihrer Senfproduktion in Düsseldorf die Marke „Löwensenf“ etabliert haben, den Hintergrund der Ereignisse, die Clara Langenbach zugunsten eines noch mitreißenderen Hergangs des Geschehens fiktionalisiert hat. Die Figuren handeln in diesem Setting realistisch und vorstellbar. Eine Stärke des Romans ist es, dass jede von ihnen sich weiterentwickelt und ihr Denken und Handeln anpasst, nachdem die entsprechende Charaktere sich gefühlsmäßig mit der bestehenden Situation auseinandergesetzt hat. Ich habe den ersten Band gelesen und denke, dass die Vorkenntnisse daraus zwar nicht dringend erforderlich sind, aber das Lesevergnügen steigern können.
Der Roman „Wege des Schicksals“ von Clara Langenbach beschreibt die von den Kriegsereignissen der 1920er Jahre in der lothringischen Stadt Metz bestimmte Geschichte der Familie Seidel und ihrer zukünftigen Schwiegertochter Emma Bergmann. Es ist eine Erzählung von Liebe, Hass, Verlust, Verrat und voller Hoffnung. In den schwierigen Zeiten stehen die Familienangehörigen füreinander ein, obwohl sie sich bemühen ihre Selbstbestimmtheit nicht zu verlieren. Insgesamt finde ich diesen zweiten Teil der Senfblütensaga etwas stärker und noch berührender als den ersten. Daher freue ich mich schon auf den abschließenden Band und empfehle das Buch gerne weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.01.2022

Ein "Muss" für jeden Jussi Adler Olsen-Fan und spannende Unterhaltung

NATRIUM CHLORID
0

Der neunte Fall für Carl Morck und dem Sonderdezernat Q aus der Feder des dänischen Autors Jussi Adler-Olsen heißt „Natriumchlorid“. Der Titel nimmt Bezug auf eine Serie von Fällen, die Morck und sein ...

Der neunte Fall für Carl Morck und dem Sonderdezernat Q aus der Feder des dänischen Autors Jussi Adler-Olsen heißt „Natriumchlorid“. Der Titel nimmt Bezug auf eine Serie von Fällen, die Morck und sein Team aufzuklären haben und bei denen am jeweiligen Tatort Kochsalz gefunden wurde. Die auf dem Cover ebenfalls abgebildete Spritze spielt darauf an, dass ein Injektionsinstrument in einigen dieser Verbrechen eine Rolle spielt.
Wie so oft innerhalb der Serie stellte Jussi Adler-Olsen mich als Leserin von Beginn an vor ein Rätsel. Im Prolog begegnete ich im wahrsten Sinne des Wortes einer Überlebenden. Im Laufe der Geschichte konnte ich mehr über die Figur erfahren und auch über ihre Rolle im Rahmen der Taten.
Das Sonderdezernat Q arbeitet in neuen Räumlichkeiten, was Carl, Rose, Gordon und Assad als Mitglieder des Teams vor neue Herausforderungen stellt. Jeder von ihnen hat nicht nur besondere Interessen und Fähigkeiten, um einen eigenen Anteil zu den Ermittlungen beizutragen, sondern auch Angewohnheiten, die anderen vielleicht seltsam erscheinen. Manchmal diskutieren sie lauter als in anderen Büros üblich, gelegentlich bereiten sie geruchsintensive Getränke oder Mahlzeiten zu und Carl kann sich das Rauchen nicht immer verkneifen. Im Keller des Polizeipräsidiums fielen die Gepflogenheiten nicht weiter auf, aber jetzt arbeiten Kollegen und Kolleginnen in Zimmern unweit denen des Teams.
Der Thriller spielt im Dezember 2020. Daher bleiben auch die Mitarbeitenden der Polizeibehörde von den Auswirkungen von Corona nicht verschont. Das Sonderdezernat Q wird aufgrund von Erkrankungen in anderen Teams mit einem aktuellen Fall betraut, während sie wie gewöhnlich in Sachen eines Cold Case ermitteln. Dabei scheint es so, dass nach ersten Erkenntnissen die gesuchte Person in Serie gemordet hat. Stück für Stück arbeiten Carl, Rose, Gordon und Assad Details der Fälle heraus und suchen nach Zusammenhängen. Sie sind erstaunt darüber, dass eines der Verbrechen sie zurück bis ins Jahr 1988 führt. Immer mehr schiebt sich der dem Team anvertraute gegenwärtige Fall ins Rampenlicht und schließlich steigert der Autor die Spannung nochmals zum Ende hin durch eine Deadline.
Das durchgehende Thema des Thrillers ist die subjektive Bewertung moralischer Ansichten. Dazu zeigt Jussi Adler Olsen verwerfliche Möglichkeiten der Selbstjustiz auf, betrachtet Arbeitgeber, die die geltenden Arbeitsrechte nicht einhalten und schaut auf Reality-Shows, die die Teilnehmenden grenzwertig behandeln. Der Autor versteht es durch immer neue Wendungen die Spannungskurve von Beginn an hoch zu halten. Dabei greift er auf ungewöhnliche Tötungsarten zurück. Zwar konnte er mein Interesse dadurch binden, aber die Konstruktion wirkt an einigen Stellen etwas bemüht, vor allem in Bezug auf die Kompetenzen der Teammitglieder.
Der Thriller „Natriumchlorid“ ist ein Muss für alle Jussi Adler Olsen-Fans und bietet auch allen anderen Lesenden spannende Unterhaltung. Aufgrund der dargestellten grausamen Morde ist das Buch nicht für empfindsame Personen geeignet. Auch diesmal thematisiert der Autor den sogenannten Druckluftnagler-Fall, an dem Carl Morck vor etlichen Jahren beteiligt war und der damit eine Klammer über alle neun Bände der Reihe zieht. Daher freue ich mich schon auf den vermutlich abschließenden zehnten Teil von dem ich hoffe, dass darin die damaligen Ereignisse aufgeklärt und zu einem guten Ende für den Leiter des Sonderdezernats geführt werden. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.01.2022

Geschickte Konstruktion mit einigen überraschenden Handlungsabläufen

Das Therapiezimmer
0

„Das Therapiezimmer“ im gleichnamigen Thriller der US-Amerikanerin Aimee Molloy ist anders als nach dem Cover zu vermuten wäre, mit hochwertigen Möbeln eingerichtet. Weil der Psychotherapeut Dr. Sam Statler ...

„Das Therapiezimmer“ im gleichnamigen Thriller der US-Amerikanerin Aimee Molloy ist anders als nach dem Cover zu vermuten wäre, mit hochwertigen Möbeln eingerichtet. Weil der Psychotherapeut Dr. Sam Statler eine höhere Geldsumme erwartet, investiert er schon vorab in schöne, aber auch teure Dinge zu denen auch ein Sessel für seine Praxis gehört, die er vor kurzem erst neu angemietet hat. Er ahnt nicht, dass die Therapiestunden mit seinen Patienten von Jemandem belauscht werden, der nicht dazu berechtigt ist.

Um die Spannung von Beginn an aufzubauen, erzählt die Autorin im Prolog, dass Sam in einer Unwetternacht verschwunden ist. Danach folgt der erste von drei Buchabschnitten. Im Wechsel wird die Geschichte von einem allwissenden Erzählenden geschildert und einer unbenannten Figur, die aus der Ich-Perspektive heraus vom Geschehen berichtet.

Sam ist erst seit kurzem verheiratet und gemeinsam mit seiner Frau Annie in seine Heimat gezogen, die einige Kilometer entfernt von New York, wo die beiden bisher lebten, liegt. Dadurch ist er auch in der Nähe seiner dementen Mutter, die er dort im Pflegeheim untergebracht hat. In dem kleinen Ort hat er Praxisräume nach seiner Vorstellung gefunden. Die Anzahl seiner Patienten wächst und es bleibt dem jungen Glück genügend Zeit ihrem ganz persönlichen Spiel nachzukommen, bei der Annie sich eine Rolle mit amouröser Umsetzung ausdenkt. Dazu gibt Aimee Molloy im ersten Teil einige Beispiele.

Der Ich-Erzählende findet durch Zufall eine Möglichkeit, die Therapiegespräche zu belauschen. Während er zuhört bildet sich in seinen Gedanken jeweils ein Bild vom Patienten, den er nicht sehen kann. Bei mir bildete sich dagegen beim Lesen des ersten Buchabschnitts eine Vorstellung dieser Hauptfigur, was von der Autorin beabsichtigt ist, denn dadurch entsteht ein Katz- und Maus-Spiel mit dem Lesenden in Bezug auf die Identität der Person. Erst im zweiten und dritten Teil konnte ich mehr zu diesem Charakter erfahren und allmählich fügten sich wie bei einem Puzzle die erhaltenen Informationen zu einem Ganzen.

Obwohl der Einstieg in den Thriller verwirrend war, hat er mich doch bestens unterhalten. Die Spannungskurve blieb durch unerwartete Wendungen hoch, zunächst durch das Aufdecken der Persönlichkeit des Ich-Erzählenden und später aufgrund der Suche nach Sam, dessen Aufenthaltsort ich als Leserin früh erfuhr und daher mitfiebern konnte, ob er gefunden wird. Das Motiv für seine Entführung konnte mich allerdings nicht ganz überzeugen.

Aimee Molloy legt in ihrem Thriller „Das Therapiezimmer“ falsche Fährten aus, um den Lesenden in mehrfacher Sicht zu täuschen. Dank ihrer geschickten Konstruktion mit einigen überraschenden Handlungsabläufen blieb die Geschichte durchgehend auf einem hohen Spannungsniveau. Es war fesselnd der Entwicklung zu folgen. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere