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Veröffentlicht am 07.07.2025

Am Zahn der Zeit ...

Ja, nein, vielleicht
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Zum Glück hat sie noch ihr Häuschen auf dem Land, denn ihre Schwester Paula quartiert sich in ihrer Stadtwohnung ein. Dabei könnte sie mit Ende 50 endlich selbst bestimmt leben.

Die Kinder Mila und Max ...

Zum Glück hat sie noch ihr Häuschen auf dem Land, denn ihre Schwester Paula quartiert sich in ihrer Stadtwohnung ein. Dabei könnte sie mit Ende 50 endlich selbst bestimmt leben.

Die Kinder Mila und Max sind ausgezogen, vom Vater der beiden lebt sie getrennt. Einzig Hund Moulder bestimmt ihren Lebensrhythmus. Der Hund und der kranke Zahn, der sie auf ihr Alter und ihre Vergänglichkeit hinweist. Ein Thema, das sie beschäftigt und umtreibt.

Als sie Friedrich, einen alten Jugendfreund, wieder trifft, muss sie sich auch damit auseinandersetzen, ob sie überhaupt noch einmal eine Beziehung möchte.


Sie ist Ende 50 und bei ihr bekommt die Redewendung "am Zahn der Zeit" eine völlig neue Bedeutung. Ein Zahn, der auszufallen droht, führt sie nicht nur zu zahlreichen Zahnarztbesuchen. Dieser kranke Backenzahn lässt sie auch sinnieren, ob nicht nur ihr Zahn, sondern auch sie älter und gebrechlicher wird. Obwohl sie von der Mutter, sowie dem Vater, mit hervorragenden Genen gesegnet wurde, muss sie sich eingestehen, dass zumindest ihr Zahn sich nicht an die genetischen Vorgaben hält.

Die Protagonistin, die namenlos in Ich Perspektive erzählt, schildert äusserst erfrischend und frei von der Leber weg. Sie hat ein turbulentes (Liebes) Leben hinter sich und hat zwei erwachsene Kinder, die Zwillinge Mila und Max. Nun trifft sie zufällig eine alte Jugendliebe wieder. Soll sie sich noch einmal binden oder nicht? Ja, Nein, Vielleicht...

Doch sie muss sich nicht nur mit ihrem Zahn und einer neuen Vielleicht-Beziehung herumschlagen, auch ihre Schwester Paula bereitet ihr Kopfzerbrechen. Denn diese hat sich in ihrer Wohnung einquartiert und verbirgt irgendetwas vor ihr. Die Protagonistin hat vier Schwestern, sowie eine Mutter, die ihren Töchtern vorlebt, was fit im Alter bedeutet. Die Schwesternbeziehungen sind kompliziert und sehr unterhaltsam.

Ich kannte die Autorin Doris Knecht bisher nicht. Doch ich werde mir ihren Namen merken und weiteres von ihr lesen. Sie schreibt wunderbar tiefsinnig, mit feinen ironischen Nuancen und die Geschichte könnte genau so einer Frau mitten im realen Leben geschehen. Manchmal habe ich mich wiedergefunden in der Protagonistin und manchmal habe ich gedacht, wie sehr mich ein paar Passagen an die Beziehung zu meinen Geschwistern erinnern.

Die Handlung ist eher ruhig. Sehr oft geht es über tiefer gehende Themen wie älter werden, Freundschaft, Beziehungen und Selbstbestimmung. Dieses Buch kann zum Nachdenken anregen und ist ideal für Leserinnen und Leser, die in dieser Lebensphase stecken.

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Veröffentlicht am 03.07.2025

Mitreissend und spannend

Die Insel - einer kennt die ganze Wahrheit
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Zwölf Jahre lang hatte Isak praktisch keinen Kontakt zu seinem Vater Fredrik. Dessen Anruf mit der Bitte ihn zu besuchen, löst widersprüchliche Gefühle in Isak aus. Vor allem seiner Freundin Madde zuliebe, ...

Zwölf Jahre lang hatte Isak praktisch keinen Kontakt zu seinem Vater Fredrik. Dessen Anruf mit der Bitte ihn zu besuchen, löst widersprüchliche Gefühle in Isak aus. Vor allem seiner Freundin Madde zuliebe, willigt er ein nach Götland zu fahren. In Föro besitzt sein wohlhabender Vater ein Haus und die beiden sind überwältigt von dem Luxus.

Doch schon bald nehmen die Spannungen zu und Isak muss sich nicht nur eingestehen, dass sein Vater sich überhaupt nicht verändert hat. Er muss sich auch den Dämonen der gemeinsamen Vergangenheit stellen.


Im Grunde genommen behandelt Ulf Kvensler in "Die Insel" ein Familientrauma, das den 26-jährigen Isak schon zeit seines Lebens beschäftigt. Was genau in seiner Kindheit geschah, wird lange Zeit verborgen gehalten. Das hält die Spannung über weite Teile des Buches hoch. Immer wieder lässt der Autor Bröckchen fallen und hat so mein Gedankenkarussell angekurbelt. Was ist Schlimmes vorgefallen zwischen Isak und Fredrik? Warum haben sich Vater und Sohn so entzweit und was für eine Rolle spielt der Grossvater, bei dem Isak aufgewachsen ist, in dem Zwist? Und wo sind oder was ist mit den weiteren Familienmitgliedern, deren Namen ab und zu eingeworfen werden, geschehen? Rar eingeschobene Kapitel zeigen zudem Isak in der Zukunft, wohl an den Folgen des Besuchs in Götland knabbernd.

Der Besuch in Götland bei seinem Vater, zu dem Isak sich von Madde überreden lässt, beginnt harmlos. Der Autor hat jedoch so eine unheimliche Grundstimmung geschaffen, dass man immerzu darauf gefasst ist, dass hinter der nächsten Buchseite was Grauenvolles lauert. Psychospielchen, Machtgehabe und Manipulationen kurbelten meine Empfindungen so richtig an. All die Psychospielchen sind sehr unterhaltsam. Manchmal konnte ich nicht mehr einordnen, wer was für ein Spiel spielt. Ist Isak wirklich so naiv und gutgläubig, wie er sich gibt? Was für Ziele verfolgt sein Vater Fredrik und was für eine Rolle spielt sein Grossvater Anders in all den Vorkommnissen. Und dann ist ja auch noch die gruselige Hausangestellte...

Nach "Der Ausflug" hat Ulf Kvensler auch mit diesem Buch bei mir einen Volltreffer gelandet. Er schreibt mitreissend, fesselnd und wieder hat mich die Spannung, was auf der nächsten Seite wartet, durch das Buch getrieben.

Die ganze Geschichte wird durchwegs aus der Sicht von Isak erzählt. Etwas, was, so ohne Perspektivwechsel, überhaupt nicht eintönig oder langweilig ist. Im Gegenteil. Seine Sicht lässt oft auch an seinem psychischen Zustand zweifeln.

Wendungen, die gegen Schluss eingebaut wurden, lassen mich mit diesem gewissen Aha-Gefühl zurück, das ich beim Lesen von Thrillern so liebe.

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Veröffentlicht am 30.06.2025

Kein Thriller!

Die Bucht
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Nachdem Calder Campell der Insel Langer als junger Mann den Rücken gekehrt hat, zieht es ihn nun wieder zurück. Nach dem Tod seiner Mutter hat er ein Cottage geerbt und er zieht mit seiner Lebensgefährtin ...

Nachdem Calder Campell der Insel Langer als junger Mann den Rücken gekehrt hat, zieht es ihn nun wieder zurück. Nach dem Tod seiner Mutter hat er ein Cottage geerbt und er zieht mit seiner Lebensgefährtin Nancy Ryan in dieses Haus am Meer. Die beiden wollen auf der Schieferinsel an der Westküste von Schottland einen Neuanfang wagen.

Nancy merkt schnell, dass es nicht einfach sein wird, sich auf der kargen Insel einzuleben. Als Calder nach einem Bootsunfall im Krankenhaus ist, muss sie um sein Leben bangen. Doch nicht nur das, Calder verhält sich sehr merkwürdig und Nancy ahnt, dass er etwas vor ihr verbirgt.


Also ein Thriller ist dieses Buch ganz sicher nicht.

Atmosphärisch gut ausgearbeitet, konnte die Autorin mich für ihre Landschaftsbeschreibungen gewinnen. Die karge Schieferinsel an der Westküste von Schottland wird mit viel Charme skizziert. Erläuterungen zur Vogelwelt und den Tieren auf der Insel werden zahlreich eingeflochten und das hat mir grundsätzlich gefallen.

Etwas mühsamer zu lesen sind die seitenlangen, monologartigen Beziehungsprobleme, sowie das Befinden von Nancy. Die Protagonistin, die durchwegs in Ich Perspektive erzählt, kann anhaltend (und dabei meine ich über mehrere Buchseiten) über Calder und ihre Beziehung nachdenken, abwägen, zweifeln und sich erzürnen. Ich fand sie erschöpfend und anstrengend. Der Gipfel ist, dass sie, nachdem sie sich einen massiven Vertrauensbruch geleistet hat, Groll gegen ihren Lebensgefährten hegt. Teilweise ist die Handlung wirklich absurd, wie eine von einem Tag auf den nächsten organisierte und durchgeführte Hochzeit. Das bisschen Spannung, das gegen Mitte da ist, verpufft leider in Nancys langen Litaneien.

Spannung? Kaum vorhanden. Setting? Gut gelungen. Plot? Hat Potenzial, Umsetzung wenig gelungen. Schreibstil? Im Grossen und Ganzen gut lesbar, mit einigen holperigen Stellen. Charaktere: mit mehr Tiefe hätte Calder charakterisiert werden dürfen, mit weniger Monologen Nancy.

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Veröffentlicht am 28.06.2025

Beeindruckendes Grundthema!

Die Kammer
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Ellen Brooke arbeitet als Sättigungstaucherin und ihr neuster Auftrag führt sie in die Nordsee. Dort wird sie mit fünf weiteren Tauchern vier Wochen bei einer Oelpipline ihre Arbeit verrichten. Um sich ...

Ellen Brooke arbeitet als Sättigungstaucherin und ihr neuster Auftrag führt sie in die Nordsee. Dort wird sie mit fünf weiteren Tauchern vier Wochen bei einer Oelpipline ihre Arbeit verrichten. Um sich anzugewöhnen und zwecks Druckausgleich verbringen sie die ersten Tage in einer Kapsel, der Druckkammer.

Ein Todesfall in der Kapsel zerstört nicht nur die Routine, sondern bringt Ellen und ihre Kollegen auch psychisch an ihre Grenzen. Dann sterben weitere Taucher....




Bevor ich dieses Buch gelesen habe, hatte ich keine Ahnung, dass es Menschen gibt, die als Sättigungstaucher arbeiten. Dieses Buch gibt Einblick in einen Beruf, der für mich unmöglich wäre, auszuüben. Klaustrophobische Verhältnisse und das alles mit unbekannten Menschen und auf dem Meeresgrund. Gas statt Luft atmen und stets unter Beobachtung. Rund um die Uhr, vier Wochen lang. Das wäre definitiv nichts für mich.

Man merkt vielleicht, dass mich die Geschichte tief beeindruckt hat. Auf jeden Fall und soweit ich es beurteilen kann, ist die Handlung, die sich durchgehend in dieser engen Kapsel abspielt, authentisch. In Ich Perspektive erzählt Ellen Brooke was geschieht und man kommt der Protagonistin unheimlich nahe. Dies wohl auch, weil sie ab und zu die Leser persönlich anspricht. Tatsächlich ist die ganze Story so gestaltet, als ob es eine Biografie wäre.

Doch damit nicht genug, plötzlich wandelt sich die Geschichte und die Berufstaucher müssen mit dem Tod eines Mittauchers umgehen. Psychologisch fein ausgearbeitet, mausert sich die Geschichte zum Thriller. Vor allem als es nicht beim Tod eines Tauchers bleibt. Wer für den Tod der Taucher verantwortlich ist und ob es technisches Versagen oder menschlichen Ursprungs ist, bleibt eine Weile offen. Diese Frage ist sehr spannend, lässt sie doch Spielraum für Verdächtigungen.

Ein bisschen gestört haben mich Ellens wiederkommende Erläuterungen zu vergangenen Unglücksfällen und Problemen mit anderen Tauchern. Wohl klar ein Mittel, um aufzuzeigen, was alles schiefgehen kann bei einem solchen Auftrag. Aber eben, etwas zu ausschweifend wurden die eingeflochten.

Der Autor hat hervorragend recherchiert, das Thema ist wirklich eindrücklich und fesselnd. Hat mir gut gefallen!

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Veröffentlicht am 25.06.2025

Einfallsreich

So gut wie tot
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Detective Superintendent Roy Grace von der Sussex Police wird zu einem aussergewöhnlichen Leichenfundort gerufen. In einem Abwasserkanal in der Nähe von Brighton liegt eine Tote, wohl schon seit Jahren.

Eine ...

Detective Superintendent Roy Grace von der Sussex Police wird zu einem aussergewöhnlichen Leichenfundort gerufen. In einem Abwasserkanal in der Nähe von Brighton liegt eine Tote, wohl schon seit Jahren.

Eine zweite Tote, diesmal in einem Fluss in Australien, weist eine Verbindung zu dem Opfer in Brighton auf. Beide Frauen waren mit Ronnie Wilson verheiratet. Der stadtbekannte kriminelle Wilson ist bei den Terroranschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 ums Leben gekommen. Warum mussten die Frauen sterben? Diese Frage stellt sich nicht nur Grace, sondern auch eine dritte Frau, die ebenfalls mit Wilson verbunden ist.


Der vierte Fall in der Reihe rund um den Detective Roy Grace stellt die Terroranschläge vom 11. September 2001 ins Zentrum. Auch in diesem Band fragt sich Roy Grace immer noch, was mit seiner Frau Sandy, die vor Jahren spurlos verschwand, geschehen ist. Gerade dieser Punkt wird Grace und uns Leser wohl noch einige Bücher lang beschäftigen. Auch wenn Grace mit der Rechtsmedizinerin Cleo nun wieder eine neue Frau an seiner Seite hat, hat er den Verlust von Sandy nie ganz verdaut.

Doch in diesem Band spielen seine privaten Verwicklungen nur eine untergeordnete Rolle. Zum Glück.

Denn mit den zwei Opfern, eines in Brighton und eines in Australien und einem dritten, potenziellen Opfer, war die Geschichte komplex genug. Dazu kommt, dass Grace befördert wird. Er muss sich beruflich mit einem neuen Arbeitskollegen, den er nicht mag, auseinandersetzen. Das ergibt viele Figuren, verschiedene Zeitebenen, viele Details und oft eine komplizierte Handlung. Teilweise hatte ich meine Probleme den Blick auf das Wesentliche nicht zu verlieren und den Ueberblick zu behalten.

Gleich zu Beginn bombardiert Peter James seine Leser mit vielen verschiedenen Erzählsträngen, die längere Zeit nebeneinander laufen und keine Verbindung erkennen lassen. Einfallsreich empfand ich die Verbindung der Ereignisse im Jahr 2007 und die Terroranschläge vom 11. September 2001.

Ich fand diesen vierten Band gut und ganz anders als seine Vorgänger. Ruhiger, weniger brutal und mit der Verknüpfung mit dem realen Ereignis gut gemacht.

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