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Veröffentlicht am 31.01.2021

Ein Hundebiss verändert das ganze Leben

Auf sieben Beinen
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Als Franzi 17 war, hat sie hat bei einem Angriff durch einen unkontrolliert freilaufenden Schäferhund ihren rechten Unterschenkel verloren, ihr Bein musste unterhalb des Knies amputiert werden. Von diesem ...

Als Franzi 17 war, hat sie hat bei einem Angriff durch einen unkontrolliert freilaufenden Schäferhund ihren rechten Unterschenkel verloren, ihr Bein musste unterhalb des Knies amputiert werden. Von diesem Tag an ist ihr Leben nicht mehr, wie es einmal war. Nach Krankenhaus und Reha ist sie für Monate an ihrer Schule Gesprächsstoff Nr. 1 und auch die Jungs interessieren sich nicht mehr für das eigentlich hübsche Mädchen. Aus diesem Grund igelt sie sich mehr und mehr ein, schämt sich für ihre Behinderung und auch 10 Jahre danach wissen nur ihre Eltern und ihre beste Freundin Kicki, dass Franzis rechtes Bein vom Knie ab aus einer Prothese besteht. Zudem hat sie – verständlicherweise – panische Angst vor Hunden, egal ob groß oder klein.

Nach ihrem hervorragend abgeschlossenen Architektur-Studium ist sie auf der Suche nach einer Anstellung und in ihren Bewerbungsunterlagen gibt sie ihre Behinderung wahrheitsgemäß an, bekommt aber nur Absagen. Wahrscheinlich, weil eine Architektin mit Beinprothese auf einer Baustelle nicht unbedingt die beste Wahl ist.

Um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, jobbt Franzi in einer Eisdiele und eines morgens landet ein über die Theke gereichtes Eis im Gesicht eines Kunden, statt in dessen Hand.

Als in der Tageszeitung nach einem/einer ArchitektIn gesucht wird, bewirbt sich Franzi und gibt in diesem einen Fall ihre Behinderung nicht an. Sie wird zu einem Gespräch eingeladen und als sie im Büro des Geschäftsführers eintrifft, realisiert sie 2 Dinge: 1) Der Geschäftsführer – Jan Zeder - ist der Typ aus der Eisdiele. Ja genau, der mit dem Eis im Gesicht. Und 2) auf seiner Couch liegt ein HUND.

Der Schalter in Franzis Gehirn schaltet auf Fluchtmodus und natürlich bekommt sie den Job nicht. In den nächsten Tagen trifft sie aber immer wieder auf Jan, und stets mit dabei: Hansi, seine etwas übergewichtige Bulldogge.

Zwischen den Beiden funkt es, aber vor Franzi bauen sich 2 schier unüberwindbare Hürden auf. Jan darf nicht erfahren, dass sie behindert ist und ihre extreme Angst vor Hunden.

Hat ihre Liebe trotzdem eine Chance?

Das Buch „Auf sieben Beinen“ hat mein Interesse erweckt, da ich selbst seit 20 Jahren Hunde habe und neugierig war auf eine (Liebes-)Geschichte, in der ein Part einen Hund, der andere Part jedoch große Angst vor diesen Tieren hat. Ich war sehr gespannt darauf, wie und ob Franzi ihre Angst in den Griff bekommt und sich damit zu einer Liebe bekennt, die ihr am Anfang wirklich vieles abverlangt. Leider konnte mich die Geschichte nicht gänzlich überzeugen.

Das Problem ist, dass ich meine Kritikpunkte nicht wirklich hier benennen kann, denn damit würde ich die ganze Geschichte spoilern. Nur so viel … am Ende des Buches kommen einige Fakten ans Tageslicht, die mir einfach zu sehr konstruiert sind. Man könnte das Gefühl haben, Franzi und Jan leben in einer Blase, die nur aus ihnen, ihren Eltern und Kicki besteht. Alles was passiert und in der Vergangenheit passierte, spielt sich scheinbar nur mit den Menschen in dieser Blase ab.

Fanzi ist eine Protagonistin, die es einem nicht leicht macht, sie zu mögen. Sie ist so in ihrem Schneckenhaus gefangen, dass sie anderen Menschen überhaupt keine Chance gibt, sie wirklich näher kennenzulernen. Sie hatte mit ihren 30 Jahren noch keine Beziehung, weil sie sich irgendwie nur auf ihren fehlenden Unterschenkel reduziert und denkt, sie wäre aufgrund ihrer Behinderung nicht liebenswürdig und abstoßend. Ihre Freundin Kicki setzt sie da hin und wieder schon mal ganz unsanft auf den Topf, indem sie ihr z. B. sagt, dass sie Franzis Selbstmitleid zum kotzen findet. Das ändert aber nichts dran, dass Franzi erst mal sich selbst annehmen muss, damit sie auch andere Menschen näher an sich heranlassen kann. Sie benimmt sich so, dass Jan sogar auf die Idee kommt, sie wäre in ihrer früheren Beziehung seelisch oder körperlich missbraucht worden. Im Laufe der Geschichte findet Franzi ihren Frieden mit ihrem fehlenden Bein, aber es ist echt ein harter Weg.

Jan mag ich da schon eher. Auch wenn ich nicht verstehen kann, wie man sich als Hundebesitzer so benehmen kann, wie er das tut, obwohl er spürt/sieht, dass Franzi Angst vor seinem Hund hat. Wenn jemand Angst vor etwas hat, dann hilft es nicht, nur zu sagen, dass nichts passiert. Die Szene zu Anfang beim Bewerbungsgespräch entlockt mir wirklich nur ein Kopfschütteln. Dann wird Jan mir immer sympathischer, weil er wirklich um Franzi bemüht ist. Er versteht ihr Verhalten überhaupt nicht und trotzdem gibt er nicht auf. Dadurch, dass Franzi nicht mit ihm redet, weiß er weder, warum sie solche panische Angst vor Hunden hat, noch, warum sie so schräg auf seine Berührungen reagiert. Mir scheint, Jan ist recht leidensfähig, denn er könnte sich auch umdrehen und gehen, auch andere Mütter haben schöne Töchter.

Kicki mag ich sehr. Sie ist die Einzige, die Franzi immer wieder erdet. Es gibt Situationen, da braucht man niemanden, der einen bemitleidet oder betüddelt, da braucht man einfach nur mal einen Tritt in den Hintern, damit man wieder funktionieren kann. Sie hat ihr eigenes Päckchen zu tragen, muss sich um ihre kleine Tochter kümmern und hat doch ein untrügliches Gespür dafür, wann ihre Freundin sie braucht. So funktioniert für mich Freundschaft.

Die Eltern und die Schwester von Jan huschen immer mal wieder durch die Story, betreten aber erst zum Schluss der Geschichte richtig die Bühne. Die Eltern von Franzi sind so, wie Eltern eben sind. Sie können Franzi nicht wirklich loslassen, tun sich schwer mit dem Auszug ihrer Tochter, gerade auch, weil sie anders ist als andere, aber sie müssen lernen, damit zu leben.

Der Schreibstil der Autorin ist angenehm zu lesen und die Situationen mit Hansi, der Bulldogge, haben ihr ganz eigene Komik. Auch wenn ich manchmal den Kopf geschüttelt habe, weil ich die Darstellung einer Szene übertrieben fand, hat mich die Geschichte doch gut unterhalten. Bis kurz vor Schluss, als dann die von mir angesprochenen Dinge ans Tageslicht kamen…… das war mir eindeutig zu viel des Guten und tatsächlich hat mir das das Leseerlebnis versaut.

Bevor ich meine Rezension zu einem Buch schreibe, stöbere ich immer gerne auf diversen Rezensionsportalen um zu vergleichen, wie andere LeserInnen das Buch empfunden haben. Manchmal frage ich mich dann, ob zwischen meinem Cover und Buchrücken eine andere Geschichte steckt, als bei anderen LeserInnen. Oder ich bin einfach nur zu kritisch bei dem, was ich lese.

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Veröffentlicht am 23.01.2021

Eine 2. Chance für die Liebe?

Wie die Stille vor dem Fall. Zweites Buch
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Es ist 9 Monate her, seit Landon mit seiner Mutter nach Los Angeles gezogen ist. Um die Beziehung zu Shay nicht zu belasten, möchte er zuerst mit sich selbst ins Reine kommen. Er möchte sich mit seinen ...

Es ist 9 Monate her, seit Landon mit seiner Mutter nach Los Angeles gezogen ist. Um die Beziehung zu Shay nicht zu belasten, möchte er zuerst mit sich selbst ins Reine kommen. Er möchte sich mit seinen Depressionen auseinandersetzen und erst dann wieder zurückkehren, wenn er weiß, wer er ist und was er will. Niemand weiß, ob und wann das eintreffen wird.

Shay widmet sich ganz ihrem Berufswunsch als Drehbuchautorin, während Landon sich in Los Angeles zum neuen Stern am Schauspieler-Himmel entwickelt.

Schaffen es die Beiden, wieder zueinander zu finden ?

Diese Rezension enthält Spoiler !!

„Wie die Stille vor dem Fall – Zweites Buch“ beginnt ein ¾ Jahr nachdem „Wie die Stille vor dem Fall – Erstes Buch“ endet. Shay ist 18 Jahre alt. Der Altersunterschied zwischen Shay und Landon liegt bei einem Jahr, Landon ist demnach 19 Jahre alt.

Das vorliegende Buch umfasst den Zeitraum von „Shay 18 Jahre“ bis „Landon 32 Jahre“ - es vergehen also mehrere Jahre, bis die Geschichte ihr Ende findet.

Auch dieses Mal erzählen sowohl Shay als auch Landon in verschiedenen Kapiteln aus ihrer Sicht, wobei die Shay-Kapitel überwiegen. Sie erzählt von ihrem beruflichen und privaten Werdegang, aber auch immer mal wieder darüber, was sie über Landon in Zeitschriften und TV gehört und/oder gesehen hat. Ganz am Anfang, direkt nach ihrer Trennung, haben sie sich noch – wie schon früher – ihre Gedanken in Notizbüchern aufgeschrieben und per Post geschickt, doch auch diese Art der Kommunikation schläft irgendwann ein. Die Geschichte spielt im Jahr 2004, so ganz ohne unsere heutigen Möglichkeiten, in sekundenschnelle zu anderen Menschen Kontakt aufzunehmen.

An Landon 20. Geburtstag sehen sich die Beiden zum ersten Mal nach langer Zeit wieder. Shays Gedanken zeigen deutlich, dass ihre Beziehung noch immer diesen toxischen Touch hat ….

„Er nannte mich sein Heilmittel, seinen sicheren Hafen, seinen Frieden, doch für mich war er das Gegenteil. Er war meine Schwäche, mein Kryptonit, mein Käfig. Während ich ihn aufhob, zog er mich runter. Wie konnte Liebe sich nur so sehr anfühlen wie Krieg? Während Landon siegte, lag ich sterbend auf dem Schlachtfeld. Das war keine Liebe. Das war eine Droge ……..
(Pos. 88/304 auf meinem Reader)

Shay kann Landon trotz allem nicht vergessen, sie liebt ihn von ganzem Herzen. Aus der Ferne beobachtet sie seinen kometenhaften Aufstieg in der Schauspielbranche als „Landon Pace“, bis sich irgendwann ihre Wege erneut kreuzen.

Landon denkt anfangs noch sehr oft an Shay, schreibt seine Gedanken nieder, schickt ihr diese Notizbücher per Post und wartet sehnsüchtig auf Antwort von ihr. Je bekannter und berühmter er wird, desto mehr ist er gefangen in dem was man Showbusiness nennt. Einladungen zu Wohltätigkeitsveranstaltungen, Posing auf dem Roten Teppich, Abendessen mit Menschen, die seiner Karriere förderlich sein könnten, Drehtage für den neuesten Film und was eben so zum Alltag eines Schauspielers dazu gehört. Er erfährt, dass Shay sich als Drehbuchautorin einen Namen machen möchte und versucht ihr zu helfen in der Branche Fuß zu fassen, indem er seinen Einfluss geltend macht. Shay bekommt eine Chance sich zu beweisen …..

Nachdem das 1. Buch mich total geflasht zurück gelassen hat, bin ich vom 2. Buch leider enttäuscht worden.

Nach der bisherigen Geschichte von Shay und Landon hätte ich erwartet, dass Landon sich in Los Angeles Hilfe sucht, um seine psychischen Probleme in den Griff zu bekommen. Ich habe erwartet, dass sich ein junger Mensch aus Liebe zurück ins Leben kämpft um dann wieder zu der Frau zurückzukehren, für die er brennt. Statt dessen stürzt Landon sich ein einen Beruf, der all das nicht umfasst, was er eigentlich für sein Seelenheil bräuchte. Es wundert mich als Leserin nicht, dass das nichts mit der Heilung zu tun hat, für die er Shay damals verlassen hatte.

Ein paar Briefwechsel zwischen Shay und Landon, in denen die Beiden sich einander noch näher kommen, als sie es am Ende des 1. Bandes schon waren, das hätte für mich hier gepasst. Wiedersehen und erneuter Trennungsschmerz, weil die Heilung noch nicht ganz abgeschlossen ist, auch das wäre für mich eine Weiterführung gewesen, mit der ich hätte mitgehen können. Aber der kometenhafte Aufstieg von Landon in der Filmbranche, das hätte es nicht gebraucht.

Was die Karriere von Landon betrifft, folgt Klischee an Klischee …. Shay hat ein paar Drehbücher geschrieben, an denen bisher niemand Interesse hatte, natürlich bringt Landon sie diesbezüglich weiter, weil er Beziehungen spielen lässt….

Neben den Hauptpersonen Shay und Landon trifft der Leser hier wieder auf Shays Mutter und Großmutter sowie den (teilweise gemeinsamen) Freunden von Shay und Landon sowie Landons Eltern. Die Charaktere sind genau so bildhaft wie in Teil 1, der Schreibstil der Autorin ist gleichermaßen angenehm zu lesen und auch wenn mich dieses Zweite Buch emotional fast nicht mehr abholen konnte, ließ sich die Geschichte flüssig lesen.

Die Autorin hat auch hier mit ihrer eindrucksvollen Ausdrucksweise wieder dafür gesorgt, dass ich mir einige Textpassagen markiert habe.

„Ich hatte nicht gewusst, dass ein und derselbe Mann dafür sorgen konnte, dass mein gesamter Körper vor Zorn die Haare sträubte und zugleich vor Verlangen kribbelte“.

Mein Fazit ist: Nicht jedes gute Buch braucht unbedingt eine Fortsetzung. Ich hätte tatsächlich auch mit dem Ende von Band 1 leben können; manchmal stellt man fest, dass man für bestimmte Menschen sein Leben lang Gefühle haben wird, aber das Zusammensein mit ihnen einem nicht gut tut.

Auch in diesem Buch gibt es erneut eine Triggerwarnung der Autorin, da das Thema Depression hier wieder stark thematisiert wird.

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Veröffentlicht am 10.01.2021

Wenn wir am dringendsten Nähe brauchen, distanzieren wir uns am meisten

Wie die Stille vor dem Fall. Erstes Buch
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Shay Gable, die eigentlich Shannon Sofia heißt, und Landon Harrison besuchen die gleiche Highschool. Die Beiden kennen sich schon seit Jahren. Niemand weiß warum, aber sie hassen sich - sie können sich ...

Shay Gable, die eigentlich Shannon Sofia heißt, und Landon Harrison besuchen die gleiche Highschool. Die Beiden kennen sich schon seit Jahren. Niemand weiß warum, aber sie hassen sich - sie können sich nicht ausstehen und lassen das den jeweils Anderen auch immer wieder spüren. Im Normalfall gehen sie sich aus dem Weg, sie haben aber teilweise den gleichen Freundeskreis und hin und wieder trifft man dann zwangsläufig aufeinander. So auch in diesem Fall – Shay geht mit ihren Freunden zu einer Party, die unglücklicherweise bei Landon zu Hause stattfindet.

Der engste Freundeskreis von Landon hat sich in sein Zimmer zurückgezogen, um gemütlich einen Joint zu rauchen und da vorher reichlich Alkohol geflossen ist, kommt Reggie auf eine Idee. Alle kennen das Verhältnis zwischen Shay und Landon und so stellt Reggie die Wette auf, dass Landon es nicht schaffen wird, dass Shay sich in ihn verliebt. Dummerweise geht Shay gerade in diesem Moment an der offenen Zimmertüre vorbei und wandelt die Wette ab: Sie wettet, dass Landon es sein wird, der sich zuerst in Shay verliebt und nicht anders herum.

Top, die Wette gilt ………

„Wie die Stille vor dem Fall – Erstes Buch“ ist Teil der Chances-Reihe der Autorin Brittainy C. Cherry. Es gibt noch ein Buch aus der Reihe, „Wie die Ruhe vor dem Sturm“, welches ich jedoch nicht gelesen habe. Aufgrund dessen weiß ich nicht, inwieweit es zu den hier handelnden Protagonisten Erklärungen oder eine Vorgeschichte gibt.

Es handelt sich um ein Buch für junge Erwachsene, Leseempfehlung ab 16 Jahren, und befasst sich mit den Themen Depression, Suizid, sexuelle Gewalt, toxische Beziehung und Drogenmissbrauch, weswegen die Autorin eine Trigger-Warnung eingefügt hat.

Landon leidet schon seit einiger Zeit unter Depressionen. Der Vorteil ist, dass er sich seiner Situation bewusst ist. Er gehört nicht zu den Menschen, die denken, dass mit ihm alles in bester Ordnung ist. Nein, er weiß, dass er eine dunkle Seite hat, die jederzeit die Oberhand gewinnen kann und an vielen Tagen tut sie das auch.

Wenn man meine Klassenkameraden gefragt hätte, was mein Name bedeutete, so hätten sie vermutlich geantwortet: Arschloch. Und das zu Recht. […..] Ich war ein Arschloch, auch wenn ich es gar nicht sein wollte.

Sein Elternhaus ist zerrüttet, seine Eltern sind mehr im Ausland als zu Hause und so muss Landon sich, seit dem Selbstmord seines Onkels vor einem Jahr, mehr oder weniger alleine durchschlagen. Auch wenn er nach Außen hin den Großkotz und Aufreißer gibt, merkt man als Leser ziemlich schnell, dass er damit eine Schutzmauer um sich baut, damit ihn niemand verletzen kann. Eigentlich sehnt er sich nach jemandem, der ihn liebt, der ihm Geborgenheit und Wärme gibt und, der ihn so nimmt, wie er ist. Mit 17 Jahren kann man das aber leider noch nicht offen zugeben. Dann geht er diese Wette mit Shay ein und sie schaut ihm problemlos bis auf den Grund seiner Seele…..

Bei Shay ist ebenfalls nicht alles Gold, was glänzt. Auch, wenn sie nach außen hin ein perfektes Elternhaus zu haben scheint, trifft auch bei ihr das Sprichwort „unter jedem Dach ein Ach“ zu. Die Ehe ihrer Eltern ist nicht mehr die Beste, Shays Vater bestreitet den Lebensunterhalt aus dubiosen Geschäften und trotz, dass ihr das alles sehr zu schaffen macht, hat Shay noch genügend Energie, ihre Mutter permanent wieder aufzubauen und anderen Menschen zu helfen. Sie ist ein rundherum freundliches Mädchen und aufgrund dessen überall sehr beliebt. Sie glaubt bei Abschluss der Wette tatsächlich, dass sie Landon dazu bringen kann, sich in sie zu verlieben – allerdings kennt sie die dunklen Ecken seiner Seele zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Was sich zwischen den Beiden dann entwickelt, ist eine bittersüße Liebe. Für den einen Teil ist sie heilend, für den anderen Teil ist sie toxisch und zerstörend.

Ich habe das Buch als eBook gelesen. Die gedruckte Ausgabe umfasst 416 Seiten und die Geschichte wird abwechselnd in der Ich-Form von Shay und Landon erzählt. Die Autorin hat einen sehr ansprechenden Schreibstil, aber auch die Übersetzerin Katja Bendels hat hier einen guten Job gemacht.

Alle Charaktere sind liebevoll gezeichnet und entwickeln sich entsprechend der Geschichte weiter. Shays Großmutter ist ein Charakter, der sich von allen anderen abhebt. Mit Shays Mutter komme ich nicht so ganz klar, ich kann ihr Verhalten nicht nachvollziehen.

Brittainy C. Cherry benutzt eine Ausdrucksweise, die mir sehr gut gefällt, ich habe in diesem Buch sehr viele Passagen markiert, weil sie mir sehr nahe gegangen sind.

„Manchmal schießt man auf Leute, die es nicht verdient haben“

„Das Haus fühlt sich an, als hätte man ihm das Licht genommen.“

Natürlich kann auch mit dieser Geschichte das Rad der Liebesromane nicht neu erfunden werden. Die Autorin hat aber etwas geschafft, was ich tatsächlich seit langer Zeit in einem Buch vermisst habe. Sie konnte mich berühren, sie konnte mich so mitnehmen, dass ich am Ende des Buches geweint habe – und ich gehöre aufgrund meines Alters nicht unbedingt zur Leser-Zielgruppe.

Definitiv war das kurz vor Ende des Jahres noch ein Lese-Highlight für 2020.

Es ist auch nicht hier und jetzt zu Ende, es gibt ein Wiedersehen mit Shay und Landon in einem Zweiten Buch.

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Veröffentlicht am 03.01.2021

Manche Erinnerungen hinterlassen Narben auf der Seele

Die Schweigende
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München, 1956

Die 16jährige Karin tut das, was alle Jugendliche in diesem Alter tun – sie trifft sich mit Freunden, geht am Baggersee schwimmen, entwickelt ihren eigenen Kleidungs- und Schminkstil und ...

München, 1956

Die 16jährige Karin tut das, was alle Jugendliche in diesem Alter tun – sie trifft sich mit Freunden, geht am Baggersee schwimmen, entwickelt ihren eigenen Kleidungs- und Schminkstil und ist deswegen ein Dorn im Auge der tugendhaften Nachbarinnen. Jegliche Ermahnungen ihrer alleinerziehenden Mutter, sie möge die beiden Damen doch bitte nicht provozieren, prallen wirkungslos an Karin ab. Sie möchte ihren Spaß haben und ihr Leben genießen. Irgendwie findet sie immer einen Weg, die Verbote ihrer Mutter zu umgehen. Wenn sie auf ihren 11jährigen Bruder Pelle aufpassen soll, besticht sie diesen mit einem Comic-Heft oder anderem, damit er die Klappe hält und sie nicht verrät. Als ihre Mutter für 2 Tage auf einer Weiterbildung ist, lässt Karin einen Freund bei sich übernachten, weil er Angst vor den Prügeln seines Vaters hat. Die beiden Nachbarinnen haben natürlich gesehen, wie Mani am Morgen das Haus verlassen hat und erstatten Anzeige gegen Karins Mutter. Ihr wird zur Last gelegt, sie habe gegen den Paragraphen 180 des Strafgesetzbuches verstoßen und sich der Kuppelei strafbar gemacht.

Dann geht alles sehr schnell: Das Jugendamt wird eingeschaltet, Karins Mutter wird das Sorgerecht für ihre beiden Kinder Karin und Pelle entzogen, die Beiden werden einem vom Gericht bestimmten Vormund unterstellt und im Erziehungsheim Sankt Marien, einer kirchlichen Einrichtung, untergebracht.

München, 2019

Jens Remy stirbt mit knapp 69 Jahren im Krankenhaus an einem Herzinfarkt. Zufällig ist gerade seine Tochter Imke bei ihm und seine vorletzten Worte gelten seiner Frau Karin. Imke soll ihr sagen, wie sehr er sie geliebt habe und dass sie das große Glück in seinem Leben war. Seine letzten Worte sind an Imke direkt gerichtet: „Such nach Peter“, dann verstirbt er.

Von den 3 Töchtern Geli, Imke und Anne hat Imke den besten Draht zu ihrer Mutter und da Karin seit dem Tod ihres Mannes zu verwahrlosen droht, geht Imke ihr ein wenig mehr als üblich zur Hand. Auf Peter angesprochen und den letzten Willen ihres Vaters, ihn zu suchen bzw. zu finden, reagiert Karin so, wie sie in all den Jahren zuvor reagiert hat, wenn eine ihrer Töchter sie auf ihre eigene Vergangenheit angesprochen hat: Sie verweigert standhaft die Auskunft und lebt nach dem Motto: „Keinen Blick zurück“.

Geli, Imke und Anne fragen sich seit Jahren, warum ihre Mutter so gefühlsarm ist. Sie war noch nie in der Lage, ihre Kinder in den Arm zu nehmen und ihnen mütterliche Wärme und Geborgenheit zu vermitteln. Außerdem hat sie verschiedene Eigenarten, die ihre Kinder nicht verstehen, so kann sie z. B. keine geschlossenen Türen ertragen. Wäre Jens nicht so ein liebevoller Vater gewesen, die 3 Mädels wären in einer emotional kalten Welt aufgewachsen. Warum Jens sie über alles geliebt hat, hat Karin auch nie wirklich verstanden.

Die Suche nach Peter ist nicht einfach, es gibt aus der damaligen Zeit keine Unterlagen mehr und wenn doch, dann könnte nur Karin die Einsichtnahme in die Akten beantragen, was sie aber vehement verweigert. Imke findet trotzdem einen Weg diese Papiere einsehen zu dürfen und während sie nach Peter sucht, findet sie eigentlich ihre Mutter.

Neben dem, dass Imke all die schrecklichen Dinge über die Zeit im Erziehungsheim Sankt Marien ans Tageslicht bringt, droht gleichzeitig ihre Familie auseinanderzufallen, denn seit dem Tod des Vaters werden die Schwestern zu Rivalinnen.

Karin wird seit dem Tod ihres Mannes wieder von Albträumen geplagt ….. findet sie irgendwann doch noch ihren Frieden oder zerbricht sie an der Tatsache, dass Imke die dunklen Seiten ihres Lebens nach oben kehrt?

Ich liebe die Bücher von Ellen Sandberg. Auch in „Die Schweigende“ verarbeitet sie wieder einen Teil der dunklen deutschen Vergangenheit, perfekt verwoben in eine fiktive Geschichte.

Die Charaktere sind so lebensecht beschrieben und die Geschichte so dicht, dass man das Gefühl hat, selbst mittendrin im Geschehen zu sein. Die Beschreibung der Vorkommnisse, die Beschreibung der Schauplätze… man hat das Gefühl alles aus einer versteckten Perspektive zu beobachten – und, was für mich das Wichtigste an einer solchen Geschichte ist - man kann es fast am eigenen Leibe mitfühlen.

Die Geschichte wird auf 2 Zeitebenen erzählt. Auf der einen Seite ist die Geschichte der jungen Karin, die 1956 beginnt, und ihr Leben in einem kirchlichen Erziehungsheim schildert, auf der anderen Seite ist es die Geschichte der Karin, die im Jetzt und Hier des Jahres 2019 lebt, verwoben mit der Geschichte ihrer 3 Töchter Geli, Imke und Anne, die nach dem Tod ihres Vaters ihren Zusammenhalt verlieren. Abwechselnd erzählen die einzelnen Charaktere aus ihrer Sicht.

Eigentlich mag ich von den 3 Schwestern nur Imke wirklich, denn Geli und Anne sind sehr egoistisch und was sie sich gegenseitig und ihrer Mutter antun, das ist echt nicht ohne.

Wie so oft mag ich es lieber, über die Vergangenheit zu lesen – es ist unfassbar, welche Gräueltaten damals im Namen Gottes an Schutzbefohlenen begangen wurden. Auch wenn die Geschichte im großen und ganzen Fiktion ist, bin ich sicher, dass es damals genau so zugegangen ist – nicht nur in diesem kirchlichen Kinderheim, sondern in allen Einrichtungen, in denen Menschen, egal welchen Alters, zu anderen Menschen in einem Abhängigkeitsverhältnis standen.

Manches im Verhalten der 4 Frauen ist vielleicht ein wenig überzogen geschildert, aber für mich macht genau das die Geschichte zu dem, was sie ist.

Das Buch umfasst 544 Seiten, der Schreibstil der Autorin lässt mich an den Seiten kleben, so dass ich am Neujahrstag knapp die Hälfte des Buches zusammenhängend gelesen habe.

Anmerkung:
Unter Kuppelei verstand man die Förderung und Tolerierung außerehelichen Geschlechtsverkehrs, was seit 1872 unter Strafe steht. Der Paragraph ist noch heute gültig, wurde jedoch angepasst.

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Veröffentlicht am 07.12.2020

Hamburg, Speicherstadt, 1919

Der Glanz der neuen Zeit
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Der 1. Weltkrieg ist vorbei, die Firma Kopmann & Deharde hat sowohl den Krieg als auch die nachfolgende Inflation überstanden, im Kaffeekontor befindet sich jedoch nicht mehr eine einzige Kaffeebohne. ...

Der 1. Weltkrieg ist vorbei, die Firma Kopmann & Deharde hat sowohl den Krieg als auch die nachfolgende Inflation überstanden, im Kaffeekontor befindet sich jedoch nicht mehr eine einzige Kaffeebohne. Auch wenn der Krieg vorbei und die Seeblockade der Engländer aufgehoben ist, gibt es nur wenige deutsche Handelsschiffe, die Waren liefern und da vor allen Dingen Produkte des täglichen Lebens und keine Luxusgüter wie Kaffee. Trotzdem gehen Mina und ihre Schwester Agnes jeden Tag ins Kontor um nach dem Rechten zu sehen.

In Kürze wird Frederik Lohmeyer, Minas Ehemann, aus Berlin zurückerwartet. Mina und Frederik haben kurz vor dem Tod von Karl Deharde geheiratet, weil das die einzige Möglichkeit war, die Firma in der Familie halten zu können, denn Mina hat als Frau keinen Zutritt um an der Kaffeebörse zu handeln.

Frederik Lohmeyer hält sich noch immer in Berlin bei der Armee auf, fordert jedoch regelmäßig seine ihm zustehende Apanage. Darüber hinaus interessiert er sich eher nicht dafür, wie es seiner Frau und seiner Tochter geht bzw. ob und wie die Geschäfte wieder anlaufen.

Mina möchte endlich wieder mit Kaffee handeln und so bittet sie ihren Schwiegervater in Guatemala um Hilfe. Schließlich muss es ja irgend einen Nutzen haben, dass ihr Ehemann der Sohn eines Kaffeeplantagenbesitzers ist. Frederik Lohmeyer ist über diese Kooperation nicht sehr erfreut und als ihm Mina dann auch noch den Geldhahn zudreht, zeigt sich endlich sein wahrer Charakter.

Mit Hilfe von guten Freunden schafft Mina es jedoch auch weiterhin, die Zügel der Firma nicht aus der Hand zu geben.

„Der Glanz der neuen Zeit“ ist der 2. Band der Speicherstadt-Saga. Das Buch ist Teil einer Trilogie, kann aber durchaus auch für sich alleine gelesen werden. Um die Hintergründe zu verstehen – und weil die Geschichte so schön ist - empfiehlt es sich jedoch, zuvor Band 1 zu lesen.

Die Autorin hat es auch hier wieder geschafft, den Charakter ihrer Protagonisten authentisch und lebensecht zum Leser zu transportieren.

Mina ist zu einer starken Frau herangewachsen und lässt sich kein X für ein U vormachen. Sie ist Mutter einer 20 Monate alten Tochter. Ella wird von Fräulein Brinkmann betreut, die schon die Erzieherin von Agnes und Mina war und die im Hause Deharde eine ganz besondere Stellung eingenommen hat.

Minas Vater hat immer gesagt, sie habe den Kaffee im Blut und so wundert es nicht, dass die Kooperation zwischen Vater Lohmeyer und Mina zustande kommt und Mina alle Hebel in Bewegung setzt, dass der Kaffee den weiten Weg von Guatemala nach Hamburg auf einem Schiff antreten kann. Zur damaligen Zeit war nicht nur der Handel an der Kaffeebörse für Frauen untersagt, nein, auch für Bankgeschäfte brauchten sie die Erlaubnis ihres Ehemannes. Mina schafft es auch ohne ihren Ehemann, einen Kredit zu bekommen.

Das Leben wäre jedoch sehr viel schwerer zu ertragen, wenn Mina nicht gute Freunde hätte. Da ist Heiko, der Bruder von Edo, mit dem Mina schon seit vielen Jahren in tiefer Freundschaft verbunden ist.

Irma von Gusnar, ihre beste Freundin aus dem Mädchenpensionat, quartiert sich für einige Zeit bei Mina und ihrer Familie ein und ist ihr sowohl in geschäftlichen, als auch in Herzensangelegenheiten eine große Hilfe.

Das Verhältnis zu ihrer Schwester Agnes ist sehr eng. Im Gegensatz zum 1. Buch „Der Duft der weiten Welt“ gibt es dieses Mal keine Eifersucht auf den jeweils anderen und die beiden Frauen ergänzen sich sehr gut. Agnes hat den besseren Draht zu Großmutter Hiltrud, was hin und wieder von Nutzen ist.

Auch Großmutter Hiltrud hat eine Wandlung durchgemacht. Sie ist sehr viel sympathischer als in Band 1 und sie stärkt sowohl Mina als auch Agnes den Rücken. Gerade mit ihrem Verhalten bezüglich Frederik Lohmeyer hat sie mich überrascht – aber .. die Zeiten ändern sich und damit auch die Menschen.

Auch Edo taucht wieder auf. Kurz nachdem er Deutschland verlassen hat um nach Amerika auszuwandern, wurde auch er an die Waffen gerufen. Leider war der Krieg nicht gnädig mit ihm und er kehrt als menschliches Wrack nach Hamburg zurück. Gerade der Handlungsstrang von Edo war es, bei dem ich öfter mal darüber nachdachte, ob sich das wirklich so zugetragen haben könnte. Mir erschien hier die eine oder andere Sache etwas unglaubwürdig, das kann aber durchaus auch subjektiv sein.

Alles in allem ist „Der Glanz der neuen Zeit“ wieder ein tolles Buch, geschrieben von der Autorin Fenja Lüders. Der Schreibstil ist einfach zu gut zu lesen, die Geschichte entwickelt sich fortlaufend weiter und man möchte gar nicht mehr aufhören zu lesen.

Der 3. Teil „Der Traum von Freiheit“ erscheint leider erst am 25.06.2021, bis dahin muss ich mich gedulden.

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