Faszinierende Welt
The Tainted CupThe Tainted Cup ist eines dieser seltenen Bücher, das einen schon mit der ersten Seite in eine fremdartige, aber faszinierend stimmige Welt schleudert. Ein Offizier wird unter grotesken Umständen tot aufgefunden ...
The Tainted Cup ist eines dieser seltenen Bücher, das einen schon mit der ersten Seite in eine fremdartige, aber faszinierend stimmige Welt schleudert. Ein Offizier wird unter grotesken Umständen tot aufgefunden – ein Baum wächst aus seiner Brust – und damit beginnt ein Ermittlungsfall, der sich schnell als weit mehr als ein einzelnes Verbrechen entpuppt. Schon der Einstieg macht klar: Hier erwartet uns kein herkömmlicher Krimi, sondern ein kunstvolles Puzzle aus Magie, Wissenschaft, Politik und menschlicher Abgründigkeit.
Im Zentrum stehen die exzentrische Iudex-Ermittlerin Ana Dolabra und ihr Assistent Din Kol, der dank seiner apothetischen Modifikation alles, was er erlebt, dauerhaft und lückenlos speichern kann. Dieses Duo ist ein enormes Highlight des Romans: Ana ist scharfzüngig, brillant und so eigen, dass man sie unmöglich vergessen kann, während Din als ruhiger, neugieriger Beobachter die perfekte Ergänzung bildet. Ihre Zusammenarbeit lebt von Witz, schrägen Momenten und einer cleveren Erzählstruktur, die dafür sorgt, dass man als Leser/in mitten im Fall steckt, ohne jemals den Überblick zu verlieren.
Die Welt, die Bennett hier erschafft, ist außergewöhnlich. Das Imperium wirkt wie ein Mix aus antiken Reichen und biotechnologischen Albträumen, gespickt mit sozialen Hierarchien, korrumpierten Machtstrukturen und der ständigen Bedrohung durch gigantische Leviathane aus dem Meer. Besonders die apothetischen Anpassungen – Fähigkeiten, die durch biologische Modifikationen entstehen – geben der Geschichte ihren unverwechselbaren Fantasytouch. Gleichzeitig bleibt der Krimikerngedanke stets präsent: Jeder Hinweis, jede Begegnung und jedes Gespräch könnte den entscheidenden Funken liefern.
Die Ermittlungen entfalten sich mit Bedacht. Statt eines überstürzten Tempos präsentiert Bennett eine schrittweise Enthüllung der Wahrheit, die logisch ineinandergreift und immer wieder neue Abgründe freilegt. Verdächtige gibt es reichlich, doch nie wirkt es beliebig; man lernt jede Figur kennen und versteht, wie sie in die verzweigte Struktur dieses Reiches eingebettet ist. Das macht das Miträtseln besonders befriedigend.
Auch die Nebenfiguren bleiben im Gedächtnis – etwa Offizier Miljin, der auf den ersten Blick wie ein ungehobelter Haudrauf wirkt, sich aber schnell als überraschend kluger Beobachter entpuppt. Solche Figuren tragen enorm zur Atmosphäre bei und verleihen der Handlung zusätzliche Tiefe.
Dass der Roman mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde, überrascht nach dieser Lektüre nicht. The Tainted Cup verbindet die Präzision eines Detektivromans mit der Imagination epischer Fantasy und liefert dabei eine Geschichte, die gleichermaßen clever konstruiert wie flüssig zu lesen ist. Die Welt lebt, die Figuren atmen, und der Plot dreht sich mit genau dem richtigen Maß an Wendungen und Enthüllungen.
Fazit:
Ein fantasievoller Krimi in einer einzigartigen Welt, getragen von zwei außergewöhnlichen Protagonisten und einer Handlung, die voller Spannung, Humor und Ideen steckt. Für Leser*innen, die genreübergreifende Geschichten lieben, ist dieses Buch ein absolutes Muss – und macht gewaltig Lust auf den nächsten Band.