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Veröffentlicht am 29.01.2023

Der Deutschlehrer ermittelt wieder - dieses Mal in eigener Sache

Horvath auf der Flucht
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„Horvath auf der Flucht: Des Lehrers dritter Fall“ ist die Fortsetzung der humorvollen Krimi Reihe von Autor Marc Hofmann, in dem der kauzige Deutschlehrer und erprobte Hobbydetektiv Horvath vor neue unerwartete ...

„Horvath auf der Flucht: Des Lehrers dritter Fall“ ist die Fortsetzung der humorvollen Krimi Reihe von Autor Marc Hofmann, in dem der kauzige Deutschlehrer und erprobte Hobbydetektiv Horvath vor neue unerwartete Herausforderungen gestellt wird.
Im Grunde hat dieser nämlich schon genug damit zu tun sich mit den Irrungen und Wirrungen des digitalen Zeitalters herumzuschlagen. Ginge es nach ihm, würde er sich mit Handy, Moodle, TikTok und Co. gar nicht weiter auseinandersetzen, aber die Corona-Pandemie zwingt ihn dazu seinen modus operandi beim Unterrichten anzupassen.
Das müsste reichen, um auch den hartgesottensten Pädagogen ins Schwitzen zu bringen, aber auf Horvath wartet auch noch ein Gerichtsprozess. Der Vater eines Schülers möchte ihm anscheinend das Leben schwer machen. Doch als genau dieser Vater plötzlich erschlagen auf dem Boden seiner Arztpraxis liegt, fangen Horvaths Probleme erst richtig an.
Für den leitenden Kommissar Masic scheint die Lage eindeutig: Horvath hatte sowohl die Gelegenheit als auch das Motiv für die Tat. Dass es sich bei dem Lehrer zufällig um den Bruder seines erklärten Erzfeindes handelt, ist für ihn nur ein günstiger Zufall. Horvath hingegen ist ganz und gar nicht willens für eine Tat verurteilt zu werden, die er nicht begangen hat und entschließt kurzerhand seine eigenen Ermittlungen anzustellen.

Für mich war „Horvath auf der Flucht“ das erste Buch von Marc Hofmann und auch die erste Geschichte aus dieser Reihe, die ich gelesen habe. Die Handlung ist in sich abgeschlossen und obwohl es natürlich einige Anspielungen auf die ersten beiden Fälle von Horvath gibt, hatte ich keine großen Schwierigkeiten mich in der Geschichte zurechtzufinden.

Der Schreibstil ist locker und flüssig, versehen mit einem guten Schuss Humor. Man liest in der Ich-Perspektive Horvaths und dass ist auch sehr erfreulich, weil man dadurch schnell ein Gefühl für seinen Charakter bekommt. Etwas schrullig, etwas eigen, aber doch sehr liebenswert. Besonders die Interaktionen mit seinen Schülern haben mir immer wieder ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Obwohl er selbst eher auf der konservativen Seite steht, von legerer Sommerkleidung und Anglizismen nicht viel hält, ist er doch stets bemüht seine Schüler zu verstehen. Gut gefallen hat mir auch, dass Horvath für scheinbar jede Situation das passende Buchzitat parat hat. Eben ganz und gar Vollblut-Deutschlehrer. Er ist auf jeden Fall eine Figur mit Wiedererkennungswert.
Neben seiner Berufung als Pädagoge, hat Horvath allerdings auch ein geübtes Händchen, was Kriminalfälle betrifft. Man müsste meinen, Pädagogik und Detektivarbeit, das passt doch vorne und hinten nicht. In diesem Fall funktioniert es aber recht gut. Ich fand es sehr amüsant Horvath dabei zu folgen, wie er Beweisproben sammelt, Leute befragt und seine Schlüsse zieht. Besser wurde es nur durch die tatkräftige Unterstützung seiner Schüler.

Die Handlung hat mir auch gut gefallen. Ich würde die Reihe definitiv eher im Bereich Cozy Crime sehen, denn die Ereignisse entwickeln sich doch eher gemächlich und bei der charmanten Atmosphäre kommt keine extreme Spannung auf. Dennoch ist der Fall gut durchdacht und das Miträtseln macht Spaß.
Bei diesem Buch zeigt sich mal wieder, die Kombi machts. Unterrichtsalltag meets Mordermittlung funktioniert besser als gedacht und der außergewöhnliche Ermittler ist das Tüpfelchen auf dem i. „Horvath auf der Flucht“ war ein Zufallsfund, über den ich mich echt freue und ich werde definitiv Teil 1 und 2 der Reihe nachholen.

Veröffentlicht am 27.01.2023

Hat mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen

Twisted Dreams
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Wieder nur ein ungerechtfertigter BookTok-hype oder doch so gut wie alle sagen? „Twisted Dreams“ von Ana Huang hat es mir nicht leicht gemacht, diese Frage zu beantworten. Einerseits fand ich das Buch ...

Wieder nur ein ungerechtfertigter BookTok-hype oder doch so gut wie alle sagen? „Twisted Dreams“ von Ana Huang hat es mir nicht leicht gemacht, diese Frage zu beantworten. Einerseits fand ich das Buch echt catchy und unterhaltsam, andererseits gab es einige Dinge, die wirklich nicht gut waren. Aber erstmal zum Inhalt:
Ava und Alex sind durch ihre Vergangenheit gezeichnet. Das soll aber die einzige Gemeinsamkeit zwischen ihnen bleiben, denn wenn Ava so warm und fröhlich ist wie ein Sonnenstrahl, ist Alex so skrupellos, kalt und unnahbar wie ein Wintersturm.
Wäre er nicht der beste Freund ihres Bruders, gäbe es wohl keinen Grund, weshalb sich der erfolgreiche CEO und die hart arbeitende Studentin je begegnen sollten. Aber so sehen sie sich zumindest bei jedem Thanksgiving-Essen. Nicht, dass sie dabei viel miteinander zu tun hätten. Nein. Ava ist immer nur die kleine Schwester von Josh und Alex bleibt stets verborgen hinter seiner Wand aus eiskalter Emotionslosigkeit.
Doch die Dinge ändern sich auf einmal, als Josh wegen seines anstehenden Auslandsjahrs ausgerechnet Alex darum bittet, ein Auge auf Ava zu haben. Das macht ihn nicht nur zu Avas neuem Nachbarn, sondern erlaubt es ihnen auch einander auf eine Weise kennenzulernen, die Alles verändert.
Es ist kein Geheimnis, dass „Twisted Dreams“ aus den sozialen Medien nicht wegzudenken ist und Alex Volkov nicht selten als der perfekte Bookboyfriend ausgezeichnet wird. Entsprechend neugierig war ich also auf dieses Buch.
Das Cover der im LYX-Verlag erschienen Neuauflage gefällt mir im Großen und Ganzen ganz gut. Vielleicht eine Spur zu unscheinbar, gefällt mir das Design doch besser, als bei den bisher erschienenen Covern.
Auch der Schreibstil hat mir gut gefallen. Ana Huangs Art zu Erzählen ist sehr locker und leichtgängig und so habe ich ohne Probleme in die Geschichte starten können. Etwas unausgewogen fand ich allerdings die Beschreibungen innerhalb der Szenen. Während Alex‘ Aussehen, seinem Auto, seiner Haltung, Wohnung etc. sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, blieben viele andere Aspekte sehr blass im Vergleich. Bisschen weniger Alex Volkov Show hätte es für mich auch getan.
Schade fand ich außerdem, dass die ganze emotionale Entwicklung von Ava und Alex nicht wirklich packend erzählt wurde. Ja, es gibt sehr viele spicy scenes, der Part hat sich ohne Probleme aufgebaut und entwickelt. Aber ich finde Romance lebt von diesen Momenten, in denen man als Leser miterlebt, wie sich die Protagonisten einander emotional näherkommen. Doch statt tatsächlich mal solche Szenen zu lesen, z.B. die nächtelangen Gespräche oder Dates, die wohl über Wochen stattfinden, wird überwiegend nur beiläufig erwähnt, dass das stattgefunden hat. Ich hatte daher oft das Gefühl entscheidende Interaktionen zwischen Alex und Ava verpasst zu haben.
Hinsichtlich der Charaktere und der Handlung habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Autorin einfach zu viel unterbringen wollte. Auch hier muss ich wieder einmal Alex als Beispiel heranholen. Er ist einfach zu ideal. Erfolgreicher CEO, Multimillionär mit überdurchschnittlichem IQ und außergewöhnlicher Gedächtnisleistung, seit er 14 ist leitet er de facto die Familiengeschäfte, sein Studium hat er natürlich als schnellster abgeschlossen (natürlich auch mit Bestleistungen), alle respektieren und fürchten ihn, er hat keine Angst vor gar nichts (nicht einmal vor Bären), zeigt nie auch nur eine Emotion, ist quasi Christian Grey 2.0. – die Liste könnte unbestimmt lang weitergehen. Mit seinem allesbestimmenden Streben nach Rache präsentiert er sich wie ein Möchtegern Batman, nur weniger cool und von der unauthentischen Sorte. Selbst seine „Schattenseiten“ wirken zu ideal. Da fehlen mir insgesamt die Ecken und Kanten, um aus ihm einen glaubhaften Charakter zu machen.
Ava ist – wie könnte es anders sein – das genaue Gegenteil. Total liebenswürdig, fürsorglich und trotz traumatisierender Vergangenheit ein Sonnenschein. So wird sie einem vorgestellt und am Anfang kam das auch richtig gut rüber. Auch ihre Charakterentwicklung (besonders zum Schluss) fand ich sehr schön mitzuverfolgen. Dann wiederrum hat die Autorin es aber nicht so wirklich konsequent durchgezogen mit dem Sunshine-Image. Teilweise fand ich ihr Verhalten sogar etwas widersprüchlich zu ihrer ursprünglichen Charaktervorstellung.
Ein Gefühl von „zu viel des Guten“ hatte ich auch bei der Handlung. Man bekommt brother’s best friend; Nachbar-Romance; traumatische Vergangenheit; grumpy-/sunshine; den unantastbare CEO, der keine Beziehungen führt; den düsteren, kriminellen Twist; den Psycho-Ex – auch hier ließe sich die Liste fortsetzen. Die Ansätze sind alle für sich ganz gut, aber daraus geworden ist so eine bestenfalls halbgare Sache und nur die wenigsten Komponenten wurden überzeugend ausgearbeitet. Dazu kommt, dass die Handlung wirklich sehr vorhersehbar war. Es war spannend und der düstere Touch hat mir gefallen, sodass ich darüber hätte hinwegsehen können. Doch dann hat die Autorin sich dafür entschieden, die Szenen in den entscheidenden Momenten in eine Richtung abdriften zu lassen, die mich schmerzhaft an „daily Soap“ erinnerte.
Mein abschließendes Fazit ist, wie man unschwer schlussfolgern kann, gemischt. Bei BookTok Hypes bin ich eher vorsichtig mit meinen Erwartungen. Lieber lasse ich mich positiv überraschen, als direkt mit hohen Erwartungen an ein Buch heranzugehen, um enttäuscht zu werden. „Twisted Dreams“ hat mich also auf keinen Fall enttäuscht, aber um auf den hype-train aufzuspringen, hat es nicht gereicht. Dafür hat für mich einfach zu viel nicht richtig gepasst. Trotz allem kann ich bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen, dass die Reihe so viele Fans hat. Die Idee ist cool, der Schreibstil erlaubt es, sich schnell in der Geschichte zu verlieren und der Unterhaltungsfaktor ist da. „Twisted Dreams“ ist zwar nicht mein neues Lieblingsbuch, aber ich freu mich es endlich mal gelesen zu haben. Ich lande alles in allem bei 2.5 Sternchen.

Veröffentlicht am 25.01.2023

Einfach großartig!

Kopfarbeit
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„Kopfarbeit“ liest sich wie eine Liebeserklärung an die Neurochirurgie und an das menschliche Gehirn. Dabei geht es keineswegs darum den Mythos der „Halbgötter in Weiß“ weiter zu nähren, sondern vielmehr ...

„Kopfarbeit“ liest sich wie eine Liebeserklärung an die Neurochirurgie und an das menschliche Gehirn. Dabei geht es keineswegs darum den Mythos der „Halbgötter in Weiß“ weiter zu nähren, sondern vielmehr darum dem Leser einen ganz realistischen Einblick in dieses chirurgische Kunsthandwerk zu bieten. Man bekommt nicht nur hochinteressante Einblicke in die Anatomie und Funktionsweise des Gehirns, sondern lernt auch die verschiedensten Krankheitsprofile kennen und erfährt wie enorm risikoreiche Eingriffe durch das Zusammenwirken modernster Technologien und bestens aufeinander abgestimmten Hochleistungsteams erst möglich gemacht werden.
 Das Tor in diese faszinierende Welt wird uns geöffnet von Autor Prof. Dr. Peter Vajkoczy. Der Direktor der Klinik für Neurochirurgie an der Berliner Charité gehört zu den renommiertesten Neurochirurgen weltweit und erzählt hier anhand von ausgewählten Beispielen aus seiner jahrzehntelangen Berufserfahrung von den schlimmsten und den schönsten Seiten der Neurochirurgie.

Für ein Sachbuch hat mir der Schreibstil wirklich außergewöhnlich gut gefallen. Besonders bei den Beschreibungen der verschiedenen Operationen habe ich nicht selten den Atem angehalten, weil ich so mit dem Team, vor allem aber mit den Patienten mitgefiebert habe. Die Atmosphäre im Operationssaal war so greifbar und mitreißend. Es gab Passagen, die sich wirklich so spannend gelesen haben wie eine True Crime Erzählung.
Natürlich wird man auch regelmäßig mit fachspezifischen Ausdrücken konfrontiert, aber Prof. Dr. Vajkoczy erklärt sehr verständlich und präzise anatomische Besonderheiten, chirurgische Instrumente, medizinische Gerätschaften und die einzelnen Abläufe während des chirurgischen Eingriffs. Als medizinische Laie habe ich wirklich eine Menge lernen können.
Schließlich hat mich dieses Buch auch sehr durch seine Emotionalität und Nahbarkeit beeindruckt. Ganz entgegen dem gängigen Klischee des selbstsüchtigen Rockstar-Chirurgen stehen hier zu jedem Zeitpunkt Demut, Verantwortungsbewusstsein, Teamwork und Selbstreflektion im Vordergrund. Immer wieder verdeutlicht Prof. Dr. Vajkoczy, dass die Neurochirurgie keine One-Man-Show ist, sondern jeder individuelle Eingriff der Mammutleistung einer ganzen Gruppe hochspezialisierter Fachkräfte entspricht. Und obwohl man durchaus etwas über seinen persönlichen Werdegang erfährt und auch den Menschen hinter dem weißen Kittel ein wenig kennenlernen darf, wird allen Beteiligten z.B. den Pflegekräften, Anästhesisten, Kollegen etc. Aufmerksamkeit und Hochachtung entgegengebracht. Allem voran, und auch das hat mich sehr berührt, legt Prof. Dr. Vajkoczy sein Hauptaugenmerk beim Erzählen auf seine Patienten. Er stellt dem Leser jeden Patient, jede Patientin vor. Damit meine ich nicht den Tumor, das Aneurysma oder in anderen Worten das medizinische Profil, sondern immer erst den Menschen. Man bekommt die Gelegenheit sie kennenzulernen, ihr Leben, ihre Angehörigen und ihre Persönlichkeit und gerade deshalb hat mich jeder Erfolg und jede Niederlage beim Lesen auch zutiefst berührt.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass „Kopfarbeit“ mich schwer beeindruckt und enorm begeistert hat. Die Faszination für die Neurochirurgie und die Komplexität des menschlichen Gehirns und Nervensystems ist definitiv auf mich übergesprungen und die Leseempfehlung für dieses Buch ergibt sich ganz von selbst.

Veröffentlicht am 23.01.2023

Kreativ, ungewöhnlich und richtig unterhaltsam

Der seltsame Fall der Alchemisten-Tochter
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Mit dem Tod ihrer Mutter steht Mary Jekyll vor dem Nichts. Das Einkommen der Familie ist versiegt, alles Wertvolle im Haus verkauft, das Personal ist entlassen und das letzte Geld mühselig zusammengekratzt. ...

Mit dem Tod ihrer Mutter steht Mary Jekyll vor dem Nichts. Das Einkommen der Familie ist versiegt, alles Wertvolle im Haus verkauft, das Personal ist entlassen und das letzte Geld mühselig zusammengekratzt. Doch als Mary höchst unerwartet über eine Spur stolpert, die sie zu dem berüchtigten Edward Hyde führen könnte, scheint sich ihr Blatt auf einmal Wenden. Die junge Frau weiß nicht viel über den ehemaligen Freund und Mörder ihres Vaters, aber die Belohnung, die auf seinen Kopf ausgesetzt wurde, ist Anreiz genug, um sich mit dem Schatten aus ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Aber schon bald stößt sie auf die Spuren einer geheimen Gesellschaft machthungriger Wissenschaftler und lernt die monströsen Ergebnissen ihrer Forschung kennen.

Ich fand die Idee von der Geschichte, diese Verstrickung vieler literarischer Klassiker ungemein spannend und hatte deshalb große Lust den Auftakt zur Athena-Club Trilogie zu lesen. Und auch wenn mich das Buch nicht zu 100% abholen konnte, hat es doch eine Menge Potential zu unterhalten. Der Schreibstil ist leichtgängig und fesselnd, innerhalb der ersten Seiten zeigt sich aber bereits, dass dieses Buch etwas anders erzählt wird. Die Seiten sind nämlich gespickt mit kürzeren oder längeren Kommentaren – teilweise kann man fast von Dialogen sprechen – der Protagonistinnen, die sich zum Geschehen äußern. Es ist definitiv mal was anderes und das war zweifellos ein mutiger Schritt der Autorin, denn ich kann mir vorstellen, dass das nicht jedermanns Fall ist. Ich persönlich fand diese Einwürfe gewöhnungsbedürftig, irgendwann wurden sie aber zum selbstverständlichen Bestandteil des Lesens und waren sogar recht amüsant.

Das tolle an diesem Buch war wirklich die Verknüpfung der einzelnen Klassiker. Dr. Jekyll und Mr. Hyde, Sherlock Holmes, Dracula, Frankenstein, Rappaccinis Tochter, die Insel des Dr. Moreau – da kam ganz schön was zusammen. Trotzdem ist es Autorin Theodora Gross wirklich gut gelungen sie alle auf glaubhafte und kreative Weise miteinander zu verknüpfen. Ich fand schön, wie jede Protagonistin eine Hintergrundgeschichte bekommen hat und basierend darauf so als Figur ausgearbeitet wurde, dass sie glaubhaft und authentisch rüberkommt. Der Athena Club wirkt wirklich toll und ich glaube, dass auch die Fortsetzungen beim Lesen viel Spaß machen werden.

Etwas schwächer fand ich in diesem Auftaktband der Reihe die Handlungsentwicklung. Obwohl sie mir per se echt gut gefallen hat und auch die Ermittlungen in den grausamen Mordfällen wirklich spannend waren, gab es zwischenzeitlich ein paar Längen, die ich nicht unbedingt gebraucht hätte. Zudem kam der Spannungshöhepunkt für meinen Geschmack ein wenig zu früh, sodass die letzten Seiten eher einem entspannten Auslaufen der Geschichte glichen. Ich verstehe, was die Intention der Autorin dahinter war, besonders mit Blick auf die Fortsetzung, allerdings hat sich das Ende dieses Teils dadurch ein wenig in die Länge gezogen angefühlt.

Abgesehen von diesen kleineren Kritikpunkten hat es einfach richtig Spaß gemacht dieses Buch zu lesen. Die Figuren sind toll ausgearbeitet und prima aufeinander abgestimmt, es gibt spritzige Dialoge und eine Menge Humor und nach diesem ersten Abenteuer des Athena-Clubs hätte ich definitiv Lust zu lesen, was die Fortsetzungen noch zu bieten haben.

Veröffentlicht am 16.01.2023

Nur ein Zahlendreher - mehr hat es nicht gebraucht, um Hannahs und Daveys Welt völlig auf den Kopf zu stellen

The Man I Never Met – Kann man lieben, ohne sich zu kennen?
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Hannah steht mit bibbernden Hände und ziemlich zerzausten Haaren vor ihrem Londoner Fitnessstudio und wünscht sich nach dem Spinning-Kurs nur eine ausgiebige Dusche, als sie einen Anruf bekommt, der ihr ...

Hannah steht mit bibbernden Hände und ziemlich zerzausten Haaren vor ihrem Londoner Fitnessstudio und wünscht sich nach dem Spinning-Kurs nur eine ausgiebige Dusche, als sie einen Anruf bekommt, der ihr Leben für immer verändern soll. Nicht, dass sie damit gerechnet hätte, nein. Sie kennt die amerikanische Nummer auf der Anzeige gar nicht und erst recht nicht den Anrufer, der sich als ein Davey aus Texas entpuppt.
Davey, der eigentlich seinen potentiellen neuen Arbeitgeber in London hatte erreichen wollen, hat selbst auch nicht damit gerechnet Hannah am anderen Ende der Leitung zu finden. Zu dem Zeitpunkt hätte wohl keiner der Beiden gedacht, dass aus diesem sehr kurzen, aber netten Gespräch etwas erwächst, das sich ganz stark nach Liebe anfühlt. Denn bei dem einen Telefonat soll es nicht bleiben. Nachrichten wandeln sich allmählich in stundenlange Telefonate und diese wiederrum werden irgendwann zu Videocalls.
Eigentlich klingt es reichlich absurd Gefühle für eine Person zu entwickeln, der man noch nie persönlich begegnet ist. Aber Hannah und Davey spüren dieselbe wachsende Zuneigung zueinander und mit der Jobzusage in der Tasche und einem fixen Umzugstermin scheint die ganze Angelegenheit gar nicht mehr so absurd. Denn wenn Davey erst einmal in London ist, haben sie alle Zeit der Welt ihre Gefühle zu erkunden, nicht wahr?
So weit soll es jedoch nie kommen, denn als Daveys Umzug vor der Tür steht, ist dieser plötzlich nicht mehr zu finden.
„The man I never met“ ist der erste zeitgenössische Roman von Autorin Elle Cook und erscheint am 14.Februar 2023 bei Rütten & Loening Berlin.
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll, dieses Buch zu beschreiben. Der Klappentext, besonders die Idee, dass sich die Protagonisten auf so ungewöhnliche Weise näherkommen, hat mich gleich angefixt und ich hatte große Lust diese Geschichte zu lesen. Dabei habe ich die ganze Zeit mit einer lockeren, charmanten und humorvollen Handlung gerechnet, doch zwischen den farbenfrohen Buchdeckeln befand sich ungleich viel mehr. Auf keinen Fall habe ich erwartet, dass mich dieses Buch auf die beste-schlimmste Weise leiden lassen würde. Ich hab so viel mit den Protagonisten mitgefiebert und mitgelitten, mich geärgert und gefreut, das hats zu einer unglaublich tollen Leseerfahrung gemacht.
Tatsächlich entwickelt sich die Geschichte von Hannah und Davey in den ersten Kapiteln ganz genauso, wie ich es erwartet hatte. Es ist ungemein mitreißend und romantisch, wie die beiden einander kennenlernen und trotz der Distanz sehr nahekommen. Diese romantische Leichtigkeit ist allerdings nur von kurzer Dauer. Ich will ungern mehr zu der Wendung und weiteren Handlung verraten, um den Überraschungseffekt nicht zu verderben also sag ich nur das: Der Herzschmerz überfällt einen blitzartig, wie eine schwere Krankheit, nur um mühevoll und Seite für Seite durch Worte geheilt zu werden.
Das Ende war zwar unendlich kitschig und würde bestimmt jede Hallmark-Love-Story in den Schatten stellen, aber nachdem einem beim Lesen das Herz immer und immer wieder in kleine Stücke gerissen wird, war das genau das richtige, um die Geschichte abzuschließen.
Natürlich ist eine packende Story nur die halbe Miete. Schreibstil und Figuren haben ihr übriges getan. Elle Cook hat ein gutes Gespür dafür Emotionen einzufangen und rüberzubringen und hat dabei eine so locker-leichte Erzählweise, dass die Seiten nur so dahinfliegen. Geschrieben ist die Geschichte in der ich Perspektive, wobei man als Leser die Gelegenheit bekommt, aus der Sicht von Hannah als auch von Davey zu lesen. Zwar ist der Erzählanteil von Hannah deutlich größer, die Davey-Kapitel waren aber gut platziert und haben sich sehr gut in das Gesamtgefüge der Handlung eingefügt. Ich fand diese Wechsel super, weil man dadurch beide Protagonisten mit all ihren Gefühlen, Ängsten und Beweggründen viel besser kennenlernt. Da die beiden einander – ganz im Sinne des Titels – lange Zeit nicht begegnen, wird es dem Leser dadurch auch ermöglicht nachzuvollziehen, was bei Hannah und Davey tatsächlich passiert.
Hannah fand ich als Protagonistin super. Sie wirkt klug, nahbar und ist allgemein sehr sympathisch. Alles gute Voraussetzungen, um beim Lesen mit ihr mitzufiebern. Für mich waren aber ihre Ecken und Kanten ungleich spannender. Sie hat doch einige Charakterschwächen und, ich will nicht lügen, einige ihrer Entscheidungen haben mich wirklich schwer geärgert, aber umso besser war es dann zu lesen, dass sie aus ihren Fehlern was für sich gelernt hat. Sie ist durchaus reflektiert und man kann mitverfolgen, wie sie als Person wächst.
Dasselbe lässt sich im Grunde genommen auch über Davey sagen. Er ist so mühelos attraktiv, selbstbewusst und sympathisch, doch im Laufe der Geschichte lernt man noch ganz andere Seiten an ihm kennen. Auch er muss Hürden überwinden und an den Herausforderungen des Lebens wachsen.
Ich konnte auf jeder Seite dieses Buches spüren, wie viel Herzblut die Autorin in diese Geschichte hat einfließen lassen und nach dem Lesen des Nachworts hat sich dieses Gefühl nur bestärkt. Sehr eindringlich und zutiefst persönlich erzählt Elle Cook was sie zum Schreiben von „The man I never met“ bewogen hat und ich kann wirklich nur jedem, der dieses Buch liest oder lesen will, nahelegen auch dem Nachwort die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken.
Abschließend bleibt mir eigentlich nur zu sagen, dass „The man I never met” jetzt schon ein Jahreshighlight ist und ich es wirklich nur wärmstens empfehlen kann.

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