Platzhalter für Profilbild

Leseigel

Lesejury Star
offline

Leseigel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Leseigel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.10.2021

Freud und Leid im Waisenhaus Dar-as-Salam

Flug mit dem Wind
0

Die Zeit bleibt auch im Waisenhaus nicht stehen und aus Kindern werden Leute. Die Autorinnen schildern einzelne wichtige Momente im Leben der Bewohner und zeichnen damit ein buntes und lebendiges Bild ...

Die Zeit bleibt auch im Waisenhaus nicht stehen und aus Kindern werden Leute. Die Autorinnen schildern einzelne wichtige Momente im Leben der Bewohner und zeichnen damit ein buntes und lebendiges Bild sowohl der Ereignisse im Waisenhaus als auch der politischen Situation in Kashmir.

Besonders deutlich wurde für mich die prekäre Lebenssituation der Frauen und Mädchen. Ihnen wird der Zugang zu Bildung verwehrt und sie werden von einem Teil der Männer als Freiwild betrachtet. So wird eine von Vikrams Schützlingen entführt und vergewaltigt, eine andere beinahe das Opfer eines Säureanschlages. Hinzu kommen die religiösen Konflikte zwischen Hindu und Moslem. Dadurch bieten gerade Vikram, der Hindu ist und Sameera als Christin eine Angriffsfläche, da die Kinder in ihrem Waisenhaus Moslem sind. Ihr größter Feind , der korrupte Polizeichef Nikam, nutzt die aufgeheizte Stimmung, um vielleicht eine Schließung des Heimes zu erreichen.

Besonders dramatisch werden die Ereignisse, als Vikram beschuldigt wird mit Drogen zu handeln und seine Schützlinge körperlich zu misshandeln. Ich habe im Verlauf der Geschichte öfters vor Wut die Fäuste geballt, ob der haltlosen Anschuldigungen und der NIedertracht einiger Beteiligter.

Diesem Sumpf aus Bosheit stellen die Autorinnen die Bewohner des Dar-as-Salam und ihre Freunde gegenüber. Besonders berührt hat mich die beständige und vorbehaltlose Liebe zwischen Vikram und Sameera und die Freundschaft zu Raja. Raja ist der verlässliche Fels in der Brandung, der nichts unversucht lässt, um Vikram zu helfen, obwohl er um oder vielleicht gerade auch weil er um dessen dunklen Seiten weiß.

Ein weiterer großer Pluspunkt des Romans ist, dass die Figuren nicht eindimensional dargestellt werden. Jede hat ihre Ecken und Kanten und überrascht mich durch unvorhergesehene Reaktionen.

Was ich an diesem Buch und an der ganzen Reihe liebe, ist, dass ich völlig in eine für mich exotische Welt eintauche , in der ich dennoch auf Bekanntes stoße und mich dadurch heimisch fühlen kann. Die Figuren sind so lebendig, dass ich meine, ich müsse sie wirklich kennen. Genauso gut gefällt mir, dass aktuelle Probleme und die politische Lage in Kashmir Eingang in die Geschichte finden, ohne plakativ oder moralisierend zu wirken.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.10.2021

Gute Unterhaltung mit ernstem Hintergrund

Der schwarze Winter
0

Silke und ihre Schwester Rosemarie mussten nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches aus Danzig fliehen. Dort führte Silke das elterliche Tuchgeschäft. Nun sind sie beide "Flüchtlingspack", das sich ...

Silke und ihre Schwester Rosemarie mussten nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches aus Danzig fliehen. Dort führte Silke das elterliche Tuchgeschäft. Nun sind sie beide "Flüchtlingspack", das sich auf einem Bauernhof für etwas zum Essen abrackert.
In der Hoffnung auf ein besseres Leben, machen sich die Frauen auf nach Hamburg, das nach dem Krieg in Agonie liegt. Durch einen glücklichen Zufall lernen sie den Schwarzmarkthändler Meister kennen, der zu ihrem Schutzengel wird. Frauen, die im Schwarzmarkthandel erfolgreich sind, erregen Missgunst, Neid und den Zorn der männlichen Konkurrenz. Silke und Rosemarie sind entschlossen, sich ihr kleines Glück nicht nehmen zu lassen.
Silke und Rosemarie könnten nicht unterschiedlicher sein. Silke ist die Geschäftsfrau, die plant und organisiert. Aber sie hat auch den Nazis zugejubelt und muss sich nun eingestehen, dass sie die Augen vor den Nazi - Gräueln nur allzu bereitwillig verschlossen hat. Diesen Fehler will sie nicht wiederholen. Rosemarie ist die impulsive, die schon immer gegen die Diktatur war. Wenn sie Unrecht sieht, kann sie nicht einfach wegschauen. Ich mochte beide Frauen. Vielleicht Silke etwas mehr, da mir Rosemarie manchmal zu unüberlegt und vertrauensselig war.
Der Schwarzmarkthändler Meister war für mich die Lichtgestalt des Romans, auch wenn das etwas seltsam klingen mag. Er hat sich trotz aller Widrigkeiten sein Mitgefühl bewahrt und seine Fähigkeit, zu lieben. Interessant fand ich die Figur des britischen Soldaten Alan. Auf der einen Seite ist er Besatzer im Land des Feindes, der so viel Leid über die Welt gebracht hat. Zum anderen sieht er das Elend der Zivilbevölkerung, von denen nicht jeder Schuld auf sich geladen hat. Dieses moralische Dilemma fand ich sehr gut dargestellt.
Der Roman ist auch sehr spannend, da es verschiedene Versuche gibt, die beiden Frauen aus dem Geschäft zu drängen , bei denen die Gegner nicht gerade zimperlich vorgehen.
Der Autorin gelingt es in meinen Augen sehr gut, die schrecklichen und lebensfeindlichen Zustände im Nachkriegs-Hamburg mit einer gut zu lesenden und unterhaltsamen Geschichte zu verknüpfen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.09.2021

Legenden erwachen zum Leben

Die Rückkehr der Zwerge 1
0

Vor hunderten von Zyklen mussten die Zwerge ihre geliebten Berge verlassen. Nun leben sie im Geborgenen Land - nur mehr ein schwacher Abglanz einstiger Größe.
Goimron ist ein mittelmäßiger Gemmenschnitzer, ...

Vor hunderten von Zyklen mussten die Zwerge ihre geliebten Berge verlassen. Nun leben sie im Geborgenen Land - nur mehr ein schwacher Abglanz einstiger Größe.
Goimron ist ein mittelmäßiger Gemmenschnitzer, aber ein begeisterter Sammler von Artefakten aus alter Zeit. Per Zufall kommt er in Besitz eines Buches, das Tungdil Goldhand geschrieben hat, ein legendärer Zwergenkrieger und seit hunderten von Zyklen verschollen. Goimron ist überzeugt, dass Goldhand noch lebt. Er macht sich auf, ihn zu suchen. Goimron hofft, dass Goldhand die Stämme der Zwerge einen und sie zu neuem Ruhm führen kann.
Die schlimmsten Feinde der Zwerge sind die Albae, Kreaturen der Finsternis. Diese träumen davon, die Zwerge zu vernichten und alleinige Herrscher über das Geborgene Land zu werden. Bei ihnen macht sich Unruhe breit, als das Gerücht aufkommt, man habe den Krieger Mondarcai gesehen - auch er eine Legende, die der Welt der Mythen zugeordnet wird.
Das ist meine erste Begegnung mit den Zwergen. Die ersten Seiten waren deshalb für mich etwas mühsam zu lesen wegen der Vielzahl der ungewohnten Namen und verschiedenen Stämmen mit ihren Besonderheiten. Nachdem ich mich eingelesen hatte, bin ich vollkommen in die Fantasiewelt und ihre Abenteuer eingetaucht.
Die Zwerge sind ein kampferprobtes und trinkfreudiges Volk, das mir sofort sympathisch war. Goimron ist dagegen nicht unbedingt das Ideal eines Zwerges. Er ist von schmächtiger Statur, eher wie ein menschlicher Halbwüchsiger, bedingt trinkfest, ein schlechter Gemmenschnitzer und sicher kein Kämpfer. Aber ich mochte ihn für seine Entschlossenheit, seinen Glauben an die Existenz von Goldhand und seine Intelligenz.
Welcher Gegensatz dazu die verabscheuungswürdigen Albae mit ihrer Grausamkeit und Hinterlist. Desweiteren sind mir eine Vielzahl phantastischer Lebewesen vom Drachen über Moorhexen bis hin zu Nachtmahren begegnet. Wer Freund oder Feind ist, lässt sich nicht immer eindeutig sagen. Und manchmal geht es auch recht blutig zu. Der Autor schildert die Ereignisse sehr anschaulich in einem gut lesbaren Schreibstil und setzt nicht nur einmal mein Kopfkino in Gang
Das Buch hat mich wunderbar unterhalten und ich war fasziniert und überwältig von dieser bunt bevölkerten und gefährlichen Welt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.09.2021

Nimm Dich in acht vor dem Hungermann

Die Stille des Bösen
0

Schauplatz des Thrillers ist Tasmanien. Bei einem Schulausflug verschwinden 4 Mädchen. Sofort werden Erinnerungen an einen anderen Vorfall wach. 1985 verschwanden ebenfalls 4 Teenager, die nie wieder aufgetaucht ...

Schauplatz des Thrillers ist Tasmanien. Bei einem Schulausflug verschwinden 4 Mädchen. Sofort werden Erinnerungen an einen anderen Vorfall wach. 1985 verschwanden ebenfalls 4 Teenager, die nie wieder aufgetaucht sind. Damals wurde der Mythos vom Hungermann geboren , der in den Bergen auf seine Opfer lauert.

Tatsächlich wird eines der Mädchen tot aufgefunden. Die Todesursache ist unklar. Detective Badenhorst und seine Kollegin Gabriella werden mit den Ermittlungen betraut. Unter dem Deckmantel einer kleinen beschaulichen Stadt stoßen die beiden auf viele dreckige Geheimnisse, die fast jeden verdächtig erscheinen lassen.

Der Grund , warum ich das Buch in die Hand genommen habe, war der in meinen Augen exotische Schauplatz. Dass ich es dann nicht mehr aus der Hand legen konnte, lag an den packenden Ereignissen und der fesselnden Erzählweise. Der Autor lässt die wichtigsten Personen die Geschichte abwechselnd aus ihrer Sicht erzählen. So erfährt man ständig neue Details und hat als Leser einen Wissensvorsprung. Nicht, dass es bei der Suche nach der Wahrheit hilfreich wäre. Mein Verdacht wechselte ständig von einem zum anderen. Hinzu kam noch eine mystische Komponente, weil der Wald ein wichtiger Ort für die Aborigines ist.

Die Figuren haben alle ihre dunklen Geheimnisse, die sie in meinen Augen nicht unbedingt sympathisch erscheinen lassen. Wirklich gemocht habe ich den Ermittler Badenhorst , der alles daran setzt, die Mädchen lebend zu finden. Meine Sympathie galt auch Murphy, dem Vater eines der verschwundenen Mädchen. Er dealt mit Hasch, hat ein Alkoholproblem, hat den Tod seiner Frau nicht verkraftet und die übrigen Bewohner halten ihn für den Täter. Dennoch mochte ich ihn. Zumindest empfand ich seine Gefühle als aufrichtig, was bei den meisten nicht der Fall war.

Wen ich aus tiefsten Herzen verabscheut habe, ist Madison, eine Freundin der Mädchen und Youtuberin, der alles recht ist, was Clicks generiert.

Der Thriller ist mit das beste, was ich seit langem gelesen habe. Nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint und so ist es kein Wunder, dass die Lösung eine echte Überraschung war.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.09.2021

Ein modernes Märchen über Macht und wahre Größe

Die Mäusekönigin
0

Die Vietnamesin Nhi ist aufgrund der chemischen Kriegsführung ohne Beine zur Welt gekommen und in einem Waisenhaus aufgewachsen. Sie hat die besondere Gabe mit Tieren sprechen zu können. Ihre treuen Begleiter ...

Die Vietnamesin Nhi ist aufgrund der chemischen Kriegsführung ohne Beine zur Welt gekommen und in einem Waisenhaus aufgewachsen. Sie hat die besondere Gabe mit Tieren sprechen zu können. Ihre treuen Begleiter sind die Maus Bao und der blinde Waisenjunge Thang. Mit 18 ist für die drei kein Platz mehr im Waisenhaus und sie werden zu Nhis Tante in ein kleines Dorf in den Bergen gebracht. Die Tante betreibt eine Schlangenfarm. Thang und Nhi sind nicht willkommen und bleiben Außenseiter. Niemand sieht in ihnen einen Nutzen. Nhi ist intelligent und sieht viel, was ihr nicht gefällt. Durch Bao erfährt sie die dunklen Geheimnisse der Tante. Nhis Tante glaubt, in Nhi und Thang hilflose Opfer für ihre Machenschaften zu haben. Doch Nhi weiß, sich zu wehren.

Die Geschichte wird aus der Perspektive der Maus Bao erzählt, was einen Teil des besonderen Reizes des Märchens ausmacht. Während die Umgebung nur Nhis Defizite sieht, hat sie mich mit ihrer Empathie für alle Lebewesen und ihrem wachen Verstand für sich eingenommen.

Was zuerst als Glücksfall erscheint, dass sie noch lebende Verwandte hat und damit ein Zuhause, entwickelt sich immer mehr zum Alptraum. Die Geschichte entwickelt sich immer mehr zum Krimi. Gespannt habe ich mitverfolgt, wie das Trio hinter die dunklen Geheimnisse der Tante kommt. Die drei kommen dadurch mehrmals in Lebensgefahr. Dadurch ist die Geschichte sehr spannend.

Das Ende mag auf den ersten Blickgrausam erscheinen, war für mich aber angemessen und hat mir ein tiefes Gefühl der Befriedigung gegeben.

In meinen Augen stehen die Tante und ihre Kumpane für den Menschen, der aus Profitgier rücksichtslos die Natur ausbeutet und was in ihren Augen keinen Wert besitzt, erbarmungslos vernichtet. Nhi ist das positive Gegenstück. Sie weiß, dass jeder seinen Platz im Naturgefüge hat und sich das nehmen darf, was er braucht, um zu überleben.

Ich bin von der Geschichte begeistert. Sie war unterhaltsam, packend geschrieben und und lässt mich am Schluss kurz innehalten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere