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Liselottchen

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Veröffentlicht am 10.03.2025

Eine zweite Chance in der Heimat

Middletide – Was die Gezeiten verbergen
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Elijah hat einst seinen Heimatort verlassen, um ein berühmter Schriftsteller zu werden. Zurück blieb seine Jugendliebe Nakia, eine Samijohla, die im Reservat lebt. Als er Jahre später desillusioniert zurückkommt, ...

Elijah hat einst seinen Heimatort verlassen, um ein berühmter Schriftsteller zu werden. Zurück blieb seine Jugendliebe Nakia, eine Samijohla, die im Reservat lebt. Als er Jahre später desillusioniert zurückkommt, ist Nakita Witwe. Doch eine zweite Chance scheint es nicht zu geben, denn Nakita liebt immer noch ihren verstorbenen Mann. Elijah datet kurzfristig eine Ärztin Erin, sieht jedoch ein, dass es nur ein schaler Ersatz für Nakita wäre. Als Erin ermordet wird, gerät Elijah in Verdacht ...

Die Geschichte spielt in verschiedenen Zeitebenen, daher war es für mich nicht leicht, der Handlung zu folgen. Ich musste auch etliche Male zurückblättern. Meist war es aus der Sicht von Elijah geschrieben, einige Kapitel sind aus dem Blickwinkel der Ermittler, die den Mord an Erin aufklären.
Obwohl mich die Geschichte zeitweise fesselte, konnte mich das Gesamtpaket nicht restlos überzeugen, weil für mich ein paar Dinge unglaubwürdig sind. Da ist einmal die Hauptperson Elijah, die in die Ferne zieht, um Bestseller Autor zu werden. Tatsächlich wir ein Buch von ihm veröffentlich, dass jedoch auf dem Markt floppt, wegen einer einzigen schlechten Kritik. Sein väterlicher Freund Chitto ist eine interessante Figur, leider stirbt er viel zu früh. Nakita lebt in einem Reservat, man erfährt zu wenig über das Leben dort und die Bräuche der (fiktiven) einheimischen, sodass sie auch eine Weiße hätte sein können, ohne dass es die Handlung beeinträchtigt hätte. Die Aufklärung am Schluss ist für mich leider ebenfalls an den Haaren herbeigezogen.
Gut gefallen haben mir das Ambiente der Natur, die Landschaft, das Leben im Dorf und Nakita, die ein starker Charakter ist, im Gegensatz zur Ärztin Erin, deren Handeln mir in keiner Weise nachvollziehbar erschien.
Fazit: Ein Genre-Mix aus Krimi, Liebe und gemütlichem Leben in der Natur – der mir persönlich zu wenig Tiefgang hat, ich gebe 3.5 Sterne, da ich keine halben Sterne geben kann, runde ich auf.

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Veröffentlicht am 28.02.2025

»Wie bedauerlich, dass die Jugend immer nur an Jugendliche verschwendet wird.«

Flusslinien
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Margrit ist 102 Jahre alt, lebt in einer Seniorenresidenz und lebt für Augenblicke des Glücks, wenn ihre Enkelin Luzie sie besucht oder ihr Fahrer Arthur mit ihr an die Elbe fährt. Von dort hat sie einen ...

Margrit ist 102 Jahre alt, lebt in einer Seniorenresidenz und lebt für Augenblicke des Glücks, wenn ihre Enkelin Luzie sie besucht oder ihr Fahrer Arthur mit ihr an die Elbe fährt. Von dort hat sie einen guten Blick auf die Landschaft. Obwohl sie nur mehr wenig sieht, und kaum was hört ist sie nicht negativ eingestellt, und sie erinnert sich. Enkelin Luzie muss sich nach dem Schlimmsten, was einer Frau passieren kann, wieder fangen und Boden unter die Füße bekommen und auch Arthur kämpft mit einem schweren Verlust. Scheinbar haben die drei wenig gemeinsam und doch sind sie verbunden ...

Der bildhaft niveauvolle Schreibstil der Autorin trug mich förmlich durch das Buch wie auf einer Daunendecke. Ihre Wortwahl und das Spiel mit der Sprache sind außergewöhnlich und das habe ich sehr genossen. Nach und nach taucht man in die Welt der drei Hauptpersonen ein und fühlt sich mit ihnen verbunden.
Margrit weiß, dass in ihrem Alter der Körper nicht mehr alles tut, was sie möchte. Durch ihre Gedanken erfährt man viel aus ihrem Leben. Ihr Sohn lebt weit weg in Australien, hat kleine Kinder in zweiter Ehe, die sie nur von Fotos kennt. Sie vermisst ihn und ist dankbar, dass Frieders erste Ehefrau mit Tochter Luzie nach Deutschland gekommen ist. Margrit hat so viele und vieles überlebt. Nun bleibt ihr nur noch der Wunsch, dass ihre Enkelin Luzie, trotz dem Schrecklichen, das ihr widerfahren ist, wieder einen Weg für sich findet. Und glücklich wird.
Luzie hat sich zurückgezogen, nicht nur vor der Welt, sondern auch in sich selbst. Ihr Schicksal, dass sich nach und nach entblättert, berührt und macht zornig zugleich. Vor allem die Reaktionen ihrer Freundin, der Schulkameradinnen, des übergriffig schmierigen Lehrers – eine Ohnmacht, aus der sie sich befreien muss. Damit nicht der Täter gewinnt.
Und Arthur, der trauert und Schuldgefühle hat. Eine schlimme Mischung. Der Autorin gelingt es, diese drei Personen, deren Einsamkeit greifbar ist, einander näher zu bringen.
Eine Geschichte, die nicht zu Ende erzählt wird und auch nicht kann, die nachdenklich stimmt und nachklingt, mitreißt und im Gedächtnis bleibt. Literatur vom Feinsten und von mir eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 28.02.2025

Tiefgründiger Jugendroman

Ganz aus Splittern
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Christine ist 16 und lebt bei ihrer Mutter und deren gewalttätigem Freund. Ihr Halt ist Tjard, ein »Bad Boy« mit Tätowierungen und blauen Haaren, der ihr brüderlicher Beschützer ist, und in dessen Familie ...


Christine ist 16 und lebt bei ihrer Mutter und deren gewalttätigem Freund. Ihr Halt ist Tjard, ein »Bad Boy« mit Tätowierungen und blauen Haaren, der ihr brüderlicher Beschützer ist, und in dessen Familie sie mehr zu Hause ist, als bei der ihren. Sie möchte aus ihrem Leben etwas machen und ist aus diesem Grund eine ausgezeichnete Schülerin, obwohl sie nur eine Gesamtschule mit schlechtem Ruf besuchen kann. Plötzlich erhält sie die Möglichkeit, im Rahmen eines Sozialprogramms an das renommierte Heinrich Heine Gymnasium zu wechseln, doch sie zögert. Kann sie als Kind aus dem Slum sich in der »Bonzenschule« behaupten? Und offenbar ist auch an diesem »Schüleraustauschprogramm« faul.

Das Erstlingswerk der sehr jungen Autorin hat mich sofort fesseln können. Die Sprache ist bildhaft und man wird ohne Schnörkel hautnah in die Umgebung von Christine geworfen. Die Story lebt durch deren unheimlich starke Persönlichkeit, neben einer schwachen, labilen Mutter, die sich mit Tabletten das Leben schön redet, vor allem ihren gewalttätigen Partner. Freilich werden ein paar Klischees bedient. So beispielsweise die faulen desinteressierten Assi-Schüler im Gegensatz zu den reichen arroganten Schülern oder die hochnäsige Direktorin, die Dreck am Stecken hat. Dennoch ist die Story gut aufgebaut, besticht durch einen jugendlich lockeren Schreibstil und auch der Spannungsbogen wird hochgehalten. Christines Stiefvater Marcel lauert während der gesamten Geschichte wie ein schwarzer Schatten im Hintergrund, das fand ich richtig gut und bedrückend. (Die Lederjacke hing nicht am Haken.) Nach der Vorgeschichte hätte es die Eskalation am Schluss für mich nicht gebraucht und ich habe mich gefragt, ob Christine dem nicht ausweichen hätte können. Das Verhalten der Mutter war für mich wie ein Guss mit Eiswasser. Die zahlreichen Nebenfiguren, der Beschützer-Freund Tjard, dessen Mutter Sonia und natürlich die süß aufgebaute Liebesgeschichte bilden einen ausgefeilten Rahmen für die tiefgehende Story.
Das Ende driftet ein wenig ins märchenhafte – aber warum nicht? Unter dem Strich eine tolle Geschichte für Jugendliche und ein beachtenswertes Debüt.

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Veröffentlicht am 26.02.2025

Berührendes Buch über zweite Chancen

Zum Glück gibt's Wunder
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Die Ärztin Saskia ist einst aus ihrem Heimatort Büdnitz an der Ostsee weggegangen, nach einer gescheiterten Ehe startete sie einen Neuanfang in London. Nun kehrt sie zurück, aber nur für kurze Zeit, um ...

Die Ärztin Saskia ist einst aus ihrem Heimatort Büdnitz an der Ostsee weggegangen, nach einer gescheiterten Ehe startete sie einen Neuanfang in London. Nun kehrt sie zurück, aber nur für kurze Zeit, um die Praxis ihrer verstorbenen Mutter in gute Hände zu geben. Ihr Bruder und Vater wünschen sich, dass sie die Praxis übernimmt, doch ihr Leben spielt sich woanders ab, ein toller Job in einer modernen Privatklinik in London, sowie ein steinreicher adliger Partner, warten auf sie. Doch dann begegnet sie Nick, ihrem Exmann. Der hat sich längst ebenfalls neu orientiert, seine Partnerin ist liebenswert und klug. Alte Wunden reißen auf ...

Der locker hautnahe Schreibstil der Autorin machte es mir leicht, gleich tief in die Story einzutauchen. In der ersten Szene erlebt man Nick und Saskia, den letzten Tropfen der das Fass ihrer gescheiterten Ehe zum Überlaufen bringt. Die Geschichte lebt durch die Einwohner der Ortes Büdnitz an der Ostsee, das Setting ist wunderbar gezeichnet. Ein Ort, der eine einzige große Familie zu sein schein.
Die Personen waren für mich greifbar, die Geschichte rund um Tine und ihre Tochter Leni fand ich auch gelungen und hat mich fassungslos gemacht. Ein paar Dinge über Nicks Vorgeschichte, weshalb er seinen Job als Arzt hingeworfen hat, hätte ich gern genauer gewusst, habe aber gesehen, dass es einen ersten Band gibt, den ich nicht kenne. Möglicherweise bietet der Aufklärung.
Unter dem Strich war es für mich ein wundervoller Wohlfühlroman, der leicht zu lesen ist, und den ich Romantikfans von Herzen empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 13.02.2025

Wenn man mit dem Leben abgeschlossen hat

Von hier aus weiter
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Marlens Mann Rolf scheidet nach einer schlimmen Diagnose freiwillig aus dem Leben. Als Arzt hat er Zugang zu den tödliche Medikamenten und kennt sich auch mit der Dosierung aus. Zurück bleiben seine Frau ...

Marlens Mann Rolf scheidet nach einer schlimmen Diagnose freiwillig aus dem Leben. Als Arzt hat er Zugang zu den tödliche Medikamenten und kennt sich auch mit der Dosierung aus. Zurück bleiben seine Frau Marlen und seine drei Söhne aus erster Ehe mit deren Familien. Marlen ist wie betäubt – und wütend. Denn sie und ihr Mann hatten eine Abmachung, an die er sich nicht gehalten hat. Sie schleppt sich durch die Beerdigung und die anschließenden Tage. Der Zorn überdeckt die Trauer, sie ist in einem filigranen Zustand, als ihre Dusche den Geist aufgibt und sie einen Klempner ruft. Jack entpuppt sich als ehemaliger Schüler von ihr, der kurz darauf bei ihr einzieht. Auch die Ärztin Ida, die die Praxis ihres Mannes übernommen hat, schaut vorbei. Ist Marlen deren Sorge anfänglich lästig, so weiß sie es zunehmend zu schätzen. Schließlich erhält sie einen Anruf ihrer Freundin Wally, zu der sie schon lang den Kontakt verloren hat, weil sie weit weg in Wien lebt. Wally hat einen Brief von Rolf, mit dem Auftrag, dass Marlen ihn persönlich in Wien abholen muss. Doch Marlen hat keine Lust, sich auf die lange Reise zu begeben ...

Die Story beginnt mit einer skurril-humorvollen Episode, danach geht es jedoch ernst weiter. Die Autorin versteht es, die Stimmungen ihrer Figuren zu transportieren, sodass sie mir unheimlich nahe kamen und ich mich sofort hineinversetzen konnte. Marlen ist eine interessante vielschichtige Persönlichkeit, deren Wut unterschwellig vorhanden ist. Sie funktioniert äußerlich wie eine Marionette, fühlt sich innen taub. Ich konnte fast jeden Schritt nachempfinden und ihre Handlungen verstehen. Jack, der Klempner, ist nach schwierigen Familienverhältnissen zu einem charakterstarken und unheimlich sympathischen Charakter herangewachsen, mir gefiel seine subtile Hilfe für Marlen. Sein Einzug bei Marlen erfolgt für mich zu rasch. Würde eine alleinstehende Frau einen Mann, den sie lediglich als Schüler kannte, gleich bei sich aufnehmen? Möglich ist alles.
Die Liebesgeschichte zwischen Jack und der Ärztin Ida ist perfekt eingewoben, läuft nebenher und ist doch der Faden, der auch Marlen mit den jüngeren Leuten verbindet.
Der Abschluss ist versöhnlich, die Auflösung unerwartet. Fazit: Das Buch hat mich sehr gut unterhalten und zu großen Teilen nachdenklich gestimmt. Eine absolute Leseempfehlung von mir.

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