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Veröffentlicht am 25.02.2022

Zeitloses Meisterwerk

Das Phantom der Oper
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Mit einer Freundin hatte ich vor einigen Jahren eine Aufführung von "Phantom der Oper" gesehen. Ich liebe den Mythos um jenes entstellte Phantom des Pariser Opernhauses, von dem es heißt, es habe wirklich ...

Mit einer Freundin hatte ich vor einigen Jahren eine Aufführung von "Phantom der Oper" gesehen. Ich liebe den Mythos um jenes entstellte Phantom des Pariser Opernhauses, von dem es heißt, es habe wirklich existiert. Dank des Journalisten und Romanciers Gaston Leroux, der ein großer Theaterfreund und zudem ein gerissener Fuchs war, sprach in Paris irgendwann jeder über "Erik in den Katakomben". Die Geschichte wurde mehrmals verfilmt; am 9. Oktober 1986 feierte Andrew Llyod Webbers Musical in London seine glanzvolle Premiere.

Kürzlich hat Panini die lang erwartete Graphic Novel herausgebracht, die natürlich bei mir einziehen musste. Auf 112 Seiten, die sich ob ihrer Intensität wie 500 anfühlen, wird das tragische Schicksal der jungen Opernsängerin Christine Daaé erzählt, die einen heimlichen Verehrer hat. Jemanden, der ihre Karriere vorantreiben möchte und dafür sogar über Leichen geht. Christine genießt die Aufmerksamkeit, steht plötzlich im Rampenlicht.

"Er sang sobald ich schlief
und kam mir nach.
Mir schien, dass er mich rief
und mit mir sprach."

Als Erik ihr eines Tages erklärt, dass Liebe – zur Kunst und zu ihr – die treibende Kraft all der Verbrechen ist, begreift Christine endlich, in welcher Situation sie steckt - und reißt ihm die Maske herunter. Ein Moment - egal ob im Buch oder Film -, bei dem mir jedes Mal das Herz in die Hose rutscht! Doch was sie dann für Erik empfindet, ist so zwiegespalten, dass man förmlich ihre innere Zerrissenheit spürt. Und auch als Leser selbst durchlebt man die verschiedensten Emotionen: Verständnis, Besorgnis, Angst, Mitgefühl, Hoffnung, Mut, Bedauern.

Das Artwork ist großartig gelungen und sehr ausdrucksstark! Sämtliche Illustrationen vermitteln eine düstere, leicht melancholische und dennoch romantische Stimmung, die die wenigen, aber ausreichenden Textpassagen gekonnt abrunden. Auch die Charakterzeichnungen im Nachwort sind jeden Blick wert.

Fazit: Eine einzigartige Geschichte, die zeitlos wirkt und nie ihren ganz speziellen Zauber verloren hat. Man wird hier mit zwischenmenschlichen und gesellschaftskritischen Aspekten konfrontiert, die zum Nachdenken anregen. Und ganz nebenbei entdeckt der Eine oder Andere eventuell seine Liebe zur Oper (wieder).

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Veröffentlicht am 24.02.2022

Sehr berührende Story

Wo der Wolf lauert
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Lilach lebt das perfekte Familienleben. Im teuren Silicon Valley hat sie ein Haus mit Pool, ist glücklich mit ihrem Mann Uri und Sohn Adam scheint sich auch prima eingelebt zu haben. Lilach kommt eigentlich ...

Lilach lebt das perfekte Familienleben. Im teuren Silicon Valley hat sie ein Haus mit Pool, ist glücklich mit ihrem Mann Uri und Sohn Adam scheint sich auch prima eingelebt zu haben. Lilach kommt eigentlich aus Israel, ist jedoch nach Amerika ausgewandert, um ihrer Familie Sicherheit zu bieten. Doch was Lilach sich so sehnlichst wünscht, wird ihr leider nicht gegönnt. Als ein Mitschüler von Adam auf einer Party stirbt, gerät dieser ins Visier der Ermittlungen. Für Lilach bricht eine Welt zusammen und sie erkennt, dass der Wolf wohl doch überall lauern kann…

Selten hat mich eine Story von Anfang an so dermaßen gepackt wie diese. Sobald Milena Karas die ersten Sätze gelesen hat, war ich schon in der Handlung versunken. Ihre angenehme, ruhige und warme Stimme hat einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, dass ich mich zurücklehnen und mitreißen lassen konnte. Insbesondere weil sie die Betonungen und Atempausen perfekt gesetzt hat.

Dabei erleben wir die Geschichte aus der Perspektive von Lilach. Eine bewundernswerte Frau und Mutter, die niemandem was Böses will. Im Gegenteil – ihre Familie zu schützen, geht ihr über alles. Ihr Sohn Adam ist mit seinen 16 Jahren ein pubertierender Teenager, der sich nichts mehr sagen lassen will und sich völlig von seiner Mutter distanziert. Ein ganz normales Verhalten, was Lilach um den Verstand bringt und ihr Mutterherz verständlicherweise bluten lässt. Die eine oder andere Mutter unter euch kann das sicher nachvollziehen.

Alle Charaktere werden auf ganz besondere Weise beschrieben und dargestellt. Vor allem zu Lilach hatte ich gleich eine Verbindung aufbauen können und hätte sie manches Mal gerne in den Arm genommen. Adam war etwas unscheinbar, aber für sein Alter normal entwickelt. Sein Verhalten gegenüber seiner Mutter ist weiß Gott nicht vorbildlich, jedoch total der Pubertät geschuldet. Mutter und Sohn sind super authentisch, nichts wirkt over the top, sondern gut konzipiert und ausgetüftelt.

Fazit: Mich hat diese Story wahnsinnig berührt und mir passagenweise eine Gänsehaut beschert. Der psychologische Schreibstil der Autorin packt den Leser und löst ein Gefühlschaos aus, das ich selten erlebt habe. Eine Geschichte über Vertrauen, Liebe, Akzeptanz, Unglück und Selbsterkenntnis, die grandios umgesetzt wurde und daher in jedes Bücherregal bzw. auf jedes Abspielgerät gehört.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Schwierige Hauptfigur

The Maid
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Was habe ich erwartet? Cosy Crime, eine humorvolle Story, tolle Charaktere und nebenher noch eine super spannende Line. Was habe ich bekommen? Zehnmal Augenrollen und genervtes Stöhnen meinerseits.

Die ...

Was habe ich erwartet? Cosy Crime, eine humorvolle Story, tolle Charaktere und nebenher noch eine super spannende Line. Was habe ich bekommen? Zehnmal Augenrollen und genervtes Stöhnen meinerseits.

Die Geschichte selbst klingt eigentlich gut. Sie liest sich flüssig, der Schreibstil ist rund. Ich habe an sich gut reingefunden. Das Buch hätte also durchaus ein kleines Highlight werden können. Wäre da nicht Molly „Maid“, das Zimmermädchen. Sie liebt ihre Arbeit - und zwar so dermaßen abgöttisch, dass sie stundenlang darüber schwadronieren kann, wie man den Boden korrekt reinigt. Nach der Hälfte des Buches kannte ich sämtliche Methoden à la „Kampf dem Staub“, „Grundreinigungsdienstag“ und „Bodentag“. So viel, wie Molly übers Reinigen berichtet hat, habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht geputzt. Und ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe eine Ausbildung im Hotelfach hinter mir. Irgendwann konnte ich ihre Gedanken nicht mehr ertragen. Deswegen eckt Molly nicht nur bei mir an, sondern auch bei den Figuren in der Story. Hinzu kommt noch, dass sie beinahe in jedem zweiten Satz ihre Gran erwähnt, in jedem dritten in den Barkeeper Rodney verliebt ist und in jedem vierten nicht bemerkt, wie naiv sie eigentlich ist. Sie wird andauernd von den Leuten ausgenutzt und kommt kaum alleine klar. Es hätte ein Mord direkt vor ihrer Nase passieren können, sie hätte es nicht bemerkt - oder wahrscheinlich schnell noch den Blutflecken aus dem Teppich entfernt. Grml! Leider hat mir diese Protagonistin das komplette Buch verwurschtelt, sodass vom Plot nicht viel hängenblieb.

Fazit: Wer mit schwierigen und oberflächlichen Charakteren klarkommt, der darf gern mit Molly den „Zustand der Perfektion“ erkunden und findet beim Thema Reinigung vielleicht seine neue Berufung, doch von meiner Seite aus kann ich das Buch leider nicht weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 17.02.2022

Solider Psycho-Thriller mit coolem Thema

Lost
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Ich kannte die Autorin bereits von dem Buch „Mind Games“ her und habe mich auf neuen Lesestoff von ihr gefreut. „LOST“ schließt direkt ein paar Monate nach dem ersten Fall von Augusta Bloom und Jameson ...

Ich kannte die Autorin bereits von dem Buch „Mind Games“ her und habe mich auf neuen Lesestoff von ihr gefreut. „LOST“ schließt direkt ein paar Monate nach dem ersten Fall von Augusta Bloom und Jameson an.

Die Charaktere gefallen mir noch immer sehr. Jameson musste bereits einiges durchmachen im ersten Teil und wollte eigentlich das „Ermittler-Leben“ hinter sich lassen. Dennoch wird er in den neuen Fall mit reingezogen. Er ist nicht unbedingt begeistert davon, möchte der Kundin aber natürlich helfen. Hier habe ich den starken Charakter in ihm wiedererkannt. Ich finde Jameson tatsächlich ein wenig sympathischer als die Psychologin und Privatdetektivin Dr. Augusta Bloom. Er ist für mich der vielfältigere Protagonist und hätte deutlich mehr an Vergangenheitspotenzial und Tiefe zu bieten. Doch scheinbar sieht die Autorin dies anders, da hauptsächlich Augusta in den Vordergrund gerückt wird.

Das Buchthema an sich hat mir gut gefallen und mich neugierig gemacht. Ich stelle es mir erschreckend vor, wenn plötzlich vier Jahre des eigenen Lebens verschwunden sind und man sich nicht mehr daran erinnern kann. Aber ich glaube für die Menschen, die man vergisst, ist es noch um einiges schlimmer als für einen selbst.

Von der Umsetzung war ich aber leider nicht so sehr begeistert. Ich bin nicht daran interessiert, tief in Gegebenheiten und Abläufe des Militärs einzutauchen, wie es hier in dem Buch der Fall war. Einige der Passagen habe ich daher übersprungen; meiner Meinung nach waren sie auch nicht unbedingt relevant. Es gab einige unerwartete Wendungen und überraschende Momente. Mit meinen Ermittlungen befand ich mich häufig auf dem Holzweg und hab mich tatsächlich über diese Fehler geärgert. Zwischendurch war ich auch arg verwirrt, weil nichts mehr einen Sinn ergeben hat. Doch wie im ersten Teil hat sich das Ganze zum Ende hin authentisch zusammengefügt und die Auflösung hat mich sogar überrascht, da ich überhaupt nicht mit diesem Ende gerechnet hatte.

Fazit: Die Autorin hat einen soliden Psycho-Thriller geschrieben, der mich aufgrund der genannten Kritikpunkte nicht vollends überzeugen, jedoch gut unterhalten konnte. Die Militärstruktur würde ich persönlich weglassen und hier stattdessen zum Beispiel Scotland Yard näher beleuchten oder den MI6, aber dies ist natürlich nur mein persönlicher Geschmack. Ich empfehle das Buch sehr gern weiter an Thriller-Fans, die eine leichtere Lektüre suchen.

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Veröffentlicht am 05.02.2022

Großartig geplotteter Pageturner

Feuer im Alten Land
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Vorwegnehmen muss ich, dass mir Hanna Paulsens toughe Polizeireporterin Gesa Jansen bereits aufgrund des ersten Teils „Der tote Journalist“ bekannt war, man aber auch mit dem zweiten Teil „Feuer im Alten ...

Vorwegnehmen muss ich, dass mir Hanna Paulsens toughe Polizeireporterin Gesa Jansen bereits aufgrund des ersten Teils „Der tote Journalist“ bekannt war, man aber auch mit dem zweiten Teil „Feuer im Alten Land“ problemlos in die Reihe einsteigen kann. Für Neueinsteiger werden sämtliche private Hintergründe immer wieder so aufgegriffen, dass keine Verständnislücken entstehen. Gleichzeitig bleibt immer dieses kleine Fünkchen Ungewissheit, das einfach Lust auf mehr macht.

Der entscheidende Teil der Story ist natürlich der Kriminalfall, dem Gesa und ihr Kollege Björn nachgehen. Ein Feuerteufel treibt sein Unwesen im Alten Land und versetzt die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Und das nicht zu Unrecht, wie sich bald herausstellen wird.

Wirklich brilliant und bis ins kleinste Detail intelligent durchdacht schildert Paulsen die Ermittlungsarbeit der beiden Polizeireporter. Immer wieder habe ich mich beim Lesen gefragt, wer der Feuerteufel sein könnte. Bis zum Schluss habe ich mit Gesa mitgefiebert und mitgezittert. Denn beim Lesen erfahren wir nie mehr, als Gesa selbst sieht oder erfährt. Das hält die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite auf einem hohen Niveau.

Auch sprachlich konnte mich Hanna Paulsen wieder vollends überzeugen! Sie versteht es, ihre Leser von der ersten Seite an zu fesseln und um den Finger zu wickeln. Zudem zeichnet sie ihre Schauplätze und Figuren derart glaubwürdig, dass für mich zu keiner Zeit ein Zweifel daran bestand, dass nicht jeder von ihnen genau so an genau diesen Orten existieren könnte. Das macht die Story noch greifbarer und hat mich sogar ein bisschen beeindruckt.

Fazit: Krimi-Fans aufgepasst: „Feuer im Alten Land“ ist ein großartig geplotteter Pageturner mit einer super-coolen Protagonistin und erfrischendem Lokalkolorit. Unbedingt (zeitnah) lesen!

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