Unterhaltsame Queer-Romance-Fantasy
TotennachtIch muss ehrlich gestehen, dass ich erst mit falscher Erwartungshaltung an "Totennacht" herangegangen bin. Aufgrund der Beschreibung bin ich davon ausgegangen, dass es sich um einen Krimi mit Fantasy- ...
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich erst mit falscher Erwartungshaltung an "Totennacht" herangegangen bin. Aufgrund der Beschreibung bin ich davon ausgegangen, dass es sich um einen Krimi mit Fantasy- und eventuell Queer-Romance-Anteilen handelt. Tatsächlich handelt es sich aber eher um einen Queer-Romance-Fantasy-Roman mit vereinzelten Krimi-Versatzstücken.
Durch dieses Missverständnis habe ich mich anfangs ziemlich aufgeregt, denn es wird praktisch nicht ermittelt, sondern hauptsächlich das Gefühlsleben des Protagonisten Mafed sowie seine romantischen Gefühle für Ian - und all die Probleme, die sie bereiten - ausgebreitet. Der Kriminalfall ist also Nebensache und wenn man das weiß, kann man damit leben, dass die Ermittlungsarbeit nur am Rande stattfindet, diese dann mal eben für einen Entzug komplett eingestellt wird, ohne dass sich in der Zwischenzeit jemand darum kümmert, der Fall mehr oder weniger durch Zufall gelöst wird und so weiter und so fort.
Wichtig ist die Liebesgeschichte und die ist durchaus gelungen, auch wenn reichlich Klischees bedient werden. Aber ganz ehrlich: Wer angesichts der Tatsache, dass Mafed ein Gott ist, harten Realismus erwartet, sollte gar nicht erst zum Buch greifen. Es gibt die üblichen Missverständnisse, die vor allem daraus resultieren, dass niemand ordentlich kommuniziert. Es gibt ein paar Rückblenden, um ein paar tragische Momente einzuflechten (die aber nebenbei aufzeigen, wie hart es vor gar nicht mal allzu langer Zeit war, queer zu sein), es gibt ein paar nette Sexszenen und so weiter und so fort.
Das Ganze wird aber flüssig und unterhaltsam erzählt und auch wenn mir persönlich die Irrungen und Wirrungen teilweise zu viel waren und ich Mafed und Ian ab und zu gerne angeschrien hätte ob ihrer Unfähigkeit, einfach mal Klartext zu sprechen, wurde ich alles in allem doch gut unterhalten. Ich gehe mal davon aus, dass Fans von Queer-Romance-Fantasy-Romanen voll auf ihre Kosten kommen werden. Jenny Wood liefert letztlich, was ihrer LeserInnen - und nicht Verirrte wie ich 😅 - erwarten.
Abseits dessen hätte ich mir allerdings etwas mehr Detailfreude gewünscht: New York als Ort bleibt sehr blass, Beschreibungen kommen praktisch nicht vor, so dass ich mir wenig vorstellen konnte: das gilt für Mafeds Appartement genauso wie für alle anderen Orte und Menschen. So bleibt alles irgendwie nichtssagend. (Dass Jenny Wood durchaus ins Detail gehen kann, wenn sie will, zeigt sie bei den Sexszenen.)
Hätte ich gewusst, was mich erwartet, hätte ich den Roman natürlich nicht zu lesen angefangen, denn ich stehe nicht auf Liebesromane. ABER: Ich sehe das positiv, denn ich habe nun meinen ersten Queer-Romance-Roman gelesen und ehrlich gesagt sehe ich die Zeit, die ich mit dem Roman verbracht habe, als Horizonterweiterung und nicht als Zeitverschwendung.
Fazit: Für Fans des Genres ist der Roman meiner Meinung nach absolut empfehlenswert. Jenny Wood schreibt gut, lediglich bei der Detailfreudigkeit hapert es meiner Meinung nach.
Toll fand ich die Content Notes am Anfang des Romans und speziell vor einem ziemlich heftigen Kapitel. Ich mag in der Hinsicht die Rücksichtnahme von Jenny Wood.
Und noch ein Hinweis: Ich konnte, obwohl ich die Vorgänger-Romane nicht kannte, den Geschehnissen gut folgen. Die Vorgänger zu kennen, ist aber sicherlich hilfreich.