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Veröffentlicht am 13.09.2025

Unterhaltsame Queer-Romance-Fantasy

Totennacht
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Ich muss ehrlich gestehen, dass ich erst mit falscher Erwartungshaltung an "Totennacht" herangegangen bin. Aufgrund der Beschreibung bin ich davon ausgegangen, dass es sich um einen Krimi mit Fantasy- ...

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich erst mit falscher Erwartungshaltung an "Totennacht" herangegangen bin. Aufgrund der Beschreibung bin ich davon ausgegangen, dass es sich um einen Krimi mit Fantasy- und eventuell Queer-Romance-Anteilen handelt. Tatsächlich handelt es sich aber eher um einen Queer-Romance-Fantasy-Roman mit vereinzelten Krimi-Versatzstücken.

Durch dieses Missverständnis habe ich mich anfangs ziemlich aufgeregt, denn es wird praktisch nicht ermittelt, sondern hauptsächlich das Gefühlsleben des Protagonisten Mafed sowie seine romantischen Gefühle für Ian - und all die Probleme, die sie bereiten - ausgebreitet. Der Kriminalfall ist also Nebensache und wenn man das weiß, kann man damit leben, dass die Ermittlungsarbeit nur am Rande stattfindet, diese dann mal eben für einen Entzug komplett eingestellt wird, ohne dass sich in der Zwischenzeit jemand darum kümmert, der Fall mehr oder weniger durch Zufall gelöst wird und so weiter und so fort.

Wichtig ist die Liebesgeschichte und die ist durchaus gelungen, auch wenn reichlich Klischees bedient werden. Aber ganz ehrlich: Wer angesichts der Tatsache, dass Mafed ein Gott ist, harten Realismus erwartet, sollte gar nicht erst zum Buch greifen. Es gibt die üblichen Missverständnisse, die vor allem daraus resultieren, dass niemand ordentlich kommuniziert. Es gibt ein paar Rückblenden, um ein paar tragische Momente einzuflechten (die aber nebenbei aufzeigen, wie hart es vor gar nicht mal allzu langer Zeit war, queer zu sein), es gibt ein paar nette Sexszenen und so weiter und so fort.

Das Ganze wird aber flüssig und unterhaltsam erzählt und auch wenn mir persönlich die Irrungen und Wirrungen teilweise zu viel waren und ich Mafed und Ian ab und zu gerne angeschrien hätte ob ihrer Unfähigkeit, einfach mal Klartext zu sprechen, wurde ich alles in allem doch gut unterhalten. Ich gehe mal davon aus, dass Fans von Queer-Romance-Fantasy-Romanen voll auf ihre Kosten kommen werden. Jenny Wood liefert letztlich, was ihrer LeserInnen - und nicht Verirrte wie ich 😅 - erwarten.

Abseits dessen hätte ich mir allerdings etwas mehr Detailfreude gewünscht: New York als Ort bleibt sehr blass, Beschreibungen kommen praktisch nicht vor, so dass ich mir wenig vorstellen konnte: das gilt für Mafeds Appartement genauso wie für alle anderen Orte und Menschen. So bleibt alles irgendwie nichtssagend. (Dass Jenny Wood durchaus ins Detail gehen kann, wenn sie will, zeigt sie bei den Sexszenen.)

Hätte ich gewusst, was mich erwartet, hätte ich den Roman natürlich nicht zu lesen angefangen, denn ich stehe nicht auf Liebesromane. ABER: Ich sehe das positiv, denn ich habe nun meinen ersten Queer-Romance-Roman gelesen und ehrlich gesagt sehe ich die Zeit, die ich mit dem Roman verbracht habe, als Horizonterweiterung und nicht als Zeitverschwendung.

Fazit: Für Fans des Genres ist der Roman meiner Meinung nach absolut empfehlenswert. Jenny Wood schreibt gut, lediglich bei der Detailfreudigkeit hapert es meiner Meinung nach.

Toll fand ich die Content Notes am Anfang des Romans und speziell vor einem ziemlich heftigen Kapitel. Ich mag in der Hinsicht die Rücksichtnahme von Jenny Wood.

Und noch ein Hinweis: Ich konnte, obwohl ich die Vorgänger-Romane nicht kannte, den Geschehnissen gut folgen. Die Vorgänger zu kennen, ist aber sicherlich hilfreich.

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Veröffentlicht am 10.09.2025

Solider Krimi mit fiesem Cliffhanger

VIER
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Andy Neumanns "Vier" liefert nach fünf Jahren die Fortsetzung zu "Zehn". Ich habe "Zehn" bisher nicht gelesen, konnte dem Geschehen in "Vier" aber problemlos folgen. "Vier" lässt sich locker nach einem ...

Andy Neumanns "Vier" liefert nach fünf Jahren die Fortsetzung zu "Zehn". Ich habe "Zehn" bisher nicht gelesen, konnte dem Geschehen in "Vier" aber problemlos folgen. "Vier" lässt sich locker nach einem Arbeitstag in der Bahn oder im Bus lesen, ohne dass es anstrengend wird.

Es gibt ein paar Aspekte, die mir an "Vier" gefallen haben:

Das Erzähltempo ist super gewählt, auch wenn ich den Roman weniger als Thriller, sondern mehr als Kriminalroman empfunden habe. Mir hat auch gefallen, dass Andy Neumann einen grundsätzlich bodenständigen Kriminalroman abgeliefert hat. Die Charaktere sind in sich schlüssig und es wird tatsächlich ermittelt und nicht nur auf Zufälle gehofft (auch wenn Zufälle trotzdem eine Rolle spielen).

Sprachlich ist der Roman nicht allzu anspruchsvoll, wodurch er sich schnell lesen lässt und auch feierabendtauglich ist. Ich persönlich hätte mir allerdings weniger Sätze, die mit "Und" beginnen gewünscht; das ist natürlich Geschmacksache, es war allerdings auffallend im Verlauf des Romans.

Da der Fall im Zusammenhang mit den Ereignissen aus "Zehn" steht, gibt es immer wieder Verweise auf den Vorgänger-Roman. Der Autor hat geschickt Erklärungen eingeflochten, so dass weder KennerInnen des ersten Teils genervt noch NeueinsteigerInnen wie ich überfordert sind.

Der Fall selbst ist spannend und ich habe im während des Lesens immer wieder Vermutungen angestellt, werden denn der/die TäterIn sein mag. Auch wenn ich so meine Ideen hatte, am Ende hatte ich den Eindruck, dass ich doch daneben gelegen habe.

Womit wir beim Ärgernis angekommen wären: das Ende bzw. das Nicht-Ende. Ich HASSE Cliffhanger sowieso, aber das, was der Autor hier abliefert, ist kein Cliffhanger, sondern ein Abbruch mitten im Roman, denn nichts ist abgeschlossen - kein einziger Handlungsstrang des Krimis ist auch nur ansatzweise aufgelöst oder kann als beendet bezeichnet werden. Es ist - freundlich ausgedrückt - eine Frechheit. Hinzu kommen auf den letzten Seiten satte drei (!) Epiloge, die offenbar dazu führen sollen, dass man sich den Folgeband kauft. Soviel zum Vertrauen des Autors in sein eigenes Werk.

Fazit: "Vier" ist über weite Strecken ein solider, durchaus unterhaltsamer Kriminalroman für Zwischendurch. Das Nicht-Ende ist allerdings sehr ärgerlich.

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Veröffentlicht am 07.09.2025

Ein sehr hilfreiches Buch

Die Sache mit Israel
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Richard C. Schneider ist es gelungen, auf etwas mehr als 200 Seiten allgemeinverständlich und differenziert auf fünf ausgewählte Fragen zu Israel einzugehen. Die Fragen und damit einhergehenden Themenkomplexe ...

Richard C. Schneider ist es gelungen, auf etwas mehr als 200 Seiten allgemeinverständlich und differenziert auf fünf ausgewählte Fragen zu Israel einzugehen. Die Fragen und damit einhergehenden Themenkomplexe lauten:

Ist Israel eine Demokratie?
Ist Israel ein Apartheitstaat?
Ist Kritik an Israel antisemitisch?
Ist Israel ein fundamentalistischer Staat?
Gehört Palästina den Palästinensern?

Er liefert nicht nur interessante Antworten auf die Fragen, sondern zeigt auf, wie komplex die Situation im Nahen Osten ist. Das ist wichtig, weil es eben leider keine einfachen Antworten gibt, obwohl das viele Menschen gerne so hätten.

Meine Befürchtung war anfangs, dass die Ausführungen einseitig werden würden. Diese Befürchtung wurde aber nicht bestätigt. Im Gegenteil gelingt es Schneider, nicht nur den Ist-Zustand zu beschreiben, sondern auch vergangene und aktuelle Entwicklungen einzuflechten.

Ich musste nach jedem Kapitel eine Pause einlegen, um das, was ich gelesen hatte, zu verarbeiten und zu verinnerlichen. Denn auch wenn ich natürlich schon vorher wusste, dass einfache Antworten nicht greifen, so hat bei mir in den vergangenen Jahren doch ein stark vereinfachtes Denken in Bezug auf Israel Überhand genommen.

Ich empfehle dieses Buch allen, die sich ernsthaft mit dem Themenkomplex Israel auseinander setzen möchten. Es ist ein guter Einstieg.

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Veröffentlicht am 03.09.2025

Ich lieb's!

Witches, Bitches, It-Girls
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Ich gebe es zu: Es hat ein paar Seiten gebraucht, bis ich mit dem Buch warm geworden bin. Das lag nicht an der Thematik, sondern an der Art und Weise, wie Rebekka Endler ihre Erkenntnisse präsentiert: ...

Ich gebe es zu: Es hat ein paar Seiten gebraucht, bis ich mit dem Buch warm geworden bin. Das lag nicht an der Thematik, sondern an der Art und Weise, wie Rebekka Endler ihre Erkenntnisse präsentiert: Ganz richtig steht in der Inhaltsangabe die Formulierung "Ihre anekdotische Spurensuche (...)" und genau das war anfangs gewöhnungsbedürftig für mich.

Gerade am Anfang war es oft so, dass ich mich darauf einstellte, lange Ausführungen zu einem gerade angerissenen Thema präsentiert zu bekommen, was dann aber nicht der Fall war. Ich bekam zwar Ausführungen, aber nicht in der Ausführlichkeit, die ich von anderen Werken gewohnt bin. Anfangs irritierte mich das, aber relativ schnell bin ich in den Fluss gekommen und bin angesichts der Vielfalt dessen, WAS Endler alles zusammengetragen hat, einfach nur froh, dass sie es nicht durch ausschweifende Erläuterungen unnötig in die Länge gezogen hat. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe mich an den anekdotischen Erzählansatz gewöhnt und bin dankbar, dass er gewählt wurde.

Ich persönlich liebe dieses Buch sehr. Es ist eins der wenigen Bücher, die ich mehr als einmal in die Hand nehmen und lesen werde. Es ist nämlich ein Füllhorn voller interessanter Fakten, Einordnungen und Ideen. Und es gibt - nachdem ich es geradezu verschlungen habe, weil es so verdammt gut und interessant ist - außerdem reichlich Verweise auf andere Werke und Quellen, denen ich in Zukunft ebenfalls meine Aufmerksamkeit widmen möchte.

Es gab natürlich einiges, was ich bereits wusste und sicherlich viele andere LeserInnen bereits wissen, es gab aber auch (zumindest für mich) ein paar echte "WTF?!"-Momente. Aber das ist ehrlich gesagt gar nicht die Essenz für mich. Die Essenz ist für mich, dass das Große Ganze betrachtet und präsentiert wird - und das verdammt unterhaltsam -, Kontext hergestellt wird und zahlreiche Mythen entzaubert werden.

(Und ganz nebenbei: Wie schon Margarete Stokowski schafft es auch Rebekka Endler, das Vorurteil, Feministinnen seien humorlose, verbitterte, verkrampfte und männerhassende Biester, komplett zu entkräften. Ich lieb's!)

Ja, an manchen Stellen hätte ich mir etwas tiefergehende Ausführungen gewünscht, aber das hätte schlicht den Rahmen gesprengt. Und ja, das Anekdotische wirkt manchmal etwas sprunghaft. Letztlich aber überwiegt für mich, dass ich auf unterhaltsame Weise neue Erkenntnisse gewinnen konnte. Was will ich mehr?

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Veröffentlicht am 02.09.2025

Gute Ansätze, teilweise aber zu oberflächlich

Das M-Wort
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Die Autorin hat mit "Das M-Wort. Gegen die Verachtung der Moral" ein Essay abgeliefert, in dem sie uns daran erinnern möchte, dass Moral ein wichtiger Baustein des menschlichen Zusammenlebens bildet.

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Die Autorin hat mit "Das M-Wort. Gegen die Verachtung der Moral" ein Essay abgeliefert, in dem sie uns daran erinnern möchte, dass Moral ein wichtiger Baustein des menschlichen Zusammenlebens bildet.

In Zeiten, in denen Moral scheinbar immer mehr zu einem Schimpfwort abgewertet wird, liefert Anne Rabe mit ihrem Essay einen durchaus wichtigen Beitrag ab.

Ich mag, dass sie auf eigene Erfahrungen zurückgreift und ich mag, dass sie nicht so tut, als schriebe sie wertneutral. Sie schreibt nicht neutral und in Bezug auf die Thematik ist es meiner Meinung nach auch folgerichtig, dass sie Position bezieht.

Tatsächlich stimme ich ihr auch in vielen Punkten zu. Allerdings blieben ihre Ausführungen am Ende hinter meinen Erwartungen zurück. Denn Anne Rabe fokussiert sich stark auf das, was ihrer Ansicht nach falsch läuft, stellt dem aber nur vereinzelt gegenüber, was mit (mehr) moralischem Handeln besser wäre.
Dadurch steht die Empörung über Fehlentwicklungen im Vordergrund, nicht aber das, was der Titel des Buches zumindest mir suggeriert hat: Gründe zu benennen, weshalb Moral gut und wichtig ist, also die positiven Effekte gelebter Moral.

Es gibt immer wieder Momente, in denen durchscheint, was das Buch bzw. die Autorin hätte abliefern können, wäre der Text etwas ausführlicher geworden. In der Summe blieb mir aber alles zu oberflächlich.

Sicher: Wer Moral nicht als Schimpfwort empfindet, sondern als lohnenswertes Konstrukt für ein gesundes Miteinander, der wird während des Lesens wie ich alles in allem viel Zustimmung empfinden, aber ein echtes Plädoyer für die Moral (das im besten Fall sogar einige SkeptikerInnen zumindest zum Nachdenken anregte) ist "Das M-Wort. Gegen die Verachtung der Moral" leider nicht geworden.

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