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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.07.2022

Ich bereue es, dieses Buch gelesen zu haben!

Der Kuss der Lüge
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Prinzessin Lia soll aus politischen Gründen einen Prinzen heiraten, den sie noch nie gesehen hat. Im letzten Moment zieht sie die Reißleine und flüchtet. In der Taverne, ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Prinzessin Lia soll aus politischen Gründen einen Prinzen heiraten, den sie noch nie gesehen hat. Im letzten Moment zieht sie die Reißleine und flüchtet. In der Taverne, in der sie daraufhin als Schankmädchen arbeitet, lernt sie 2 Männer kennen, die sie sofort faszinieren. Was sie nicht weiß: Einer davon ist der abgewiesene Prinz, der seine Braut sucht, der andere ist ein Assassine, der ausgeschickt wurde, um sie zu töten…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band #1 von 3
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Ich-Erzählerin, Präteritum
Perspektive: weibliche und männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Tiere im Buch: - Fische werden gefangen, Würmer werden gegessen, Pferde werden gequält, schwer verletzt und getötet.
Content Note / Inhaltswarnung: Tod von Menschen, Tod von Tieren, Blut, Erbrechen, (sexualisierte) Gewalt (gegen Frauen), Misogynie, Sexismus
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Hu++, M+ststück, Schabracke, Dirne, Weib

Warum dieses Buch?

Ich habe mir das Buch vor einigen Jahren gekauft, weil ich den Klappentext einfach genial fand und nur Gutes darüber gehört hatte! Dann verstaubte es lange in meinem Regal – und im April wurde dann in meiner Instagram-Story für dieses Werk als Leserunden-Buch (gemeinsam mit @miss.pageturner.de) abgestimmt.


Rezension


Das hat mir gefallen…

Feminismus (4 Sterne)

Eine feministische Analyse lässt mich insgesamt zufrieden zurück. Die Geschichte besteht den Bechdel-Test und im Buch gibt es viele starke, intelligente, kompetente Frauen, die sich nichts gefallen lassen – was in dieser patriarchalisch geprägten Welt nicht immer leicht ist. Einen Punkt Abzug gibt es für die toxische Männlichkeit, also dafür, dass der Großteil der Männer grob, ungehobelt, aggressiv und klischeehaft „männlich“ ist und dass Frauen (auch Lia) ständig von ihnen belästigt und bedroht werden.

„Sie hatte Angst. Ich habe gesehen, wie die Krüge in ihrer Hand zitterten, aber ihre Angst konnte sie nicht aufhalten.“ Seite 116


Das lässt mich zwiegespalten zurück…

Atmosphäre (3 Sterne)

Gut gefallen haben mir die atmosphärischen Beschreibungen der Natur und Umgebung – auch wenn sie mir oft zu sehr ausuferten.

„Man wird uns jagen“, sagte ich. „Man wird ein Kopfgeld auf mich aussetzen.“ Seite 38


Das hat mir nicht gefallen:

Schreibstil (2 Sterne)

Eigentlich begrüße ich es, wenn Jugendliteratur etwas komplexer geschrieben ist und ihrem Zielpublikum etwas zutraut. Leider nehmen die vielen unnötigen Beschreibungen von Banalitäten und unwichtige Details so viel Tempo raus und machen den Schreibstil sooo zäh und träge, dass es kaum auszuhalten war! Bei Reisen wird fast jeder Tag einzeln beschrieben – und wenn noch so wenig passiert. In Momenten größter Spannung ist noch genug Zeit für ein paar Nebensätze über die Natur oder dafür, zu schildern, was alle anwesenden Leute gerade im Hintergrund so treiben. Ich wundere mich nur, dass nicht auch noch jeder einzelne Toilettengang beschrieben wurde – hoffentlich haben wir da jetzt nichts Wichtiges verpasst…

„Es kann Jahre dauern, bis ein Traum Gestalt annimmt. Es dauert nur einen Sekundenbruchteil, um ihn zu zerschmettern.“ Seite 327

Idee / Geschichte / Themen / Umsetzung (1 Stern für die Grundidee)

Konnte das Buch halten, was der geniale Klappentext und der Hype versprechen? Nein! Aber hat das Lesen wenigstens trotzdem Spaß gemacht? Auch nein! Aber hat es sich wenigstens gelohnt, dass ich mich bis zum bitteren Ende durchgequält habe? Ebenfalls nein! Ich habe dieses Buch nicht genossen, sondern durchgearbeitet wie ein Lehrbuch, damit ich endlich mitreden kann, denn Lesen ist ja eine Kulturtechnik und hat damit auch eine soziale Komponente.

Kurz: Ich bereue es, dieses Buch gelesen zu haben und kann den Hype leider überhaupt nicht nachvollziehen! Habe ich vielleicht ein anderes Buch als alle anderen gelesen? Das wäre die einzige Erklärung, die mir einfällt. Doch was war an „Der Kuss der Lüge“ überhaupt so schlimm?

1. Das Worldbuilding ist quasi nicht vorhanden, denn die erfundene Welt bleibt vage, nicht greifbar und „generisch“, wirkt lieblos hingeklatscht und so uninspiriert, dass auch ein Bot sie erschaffen haben könnte – aus Elementen, die scheinbar aus anderen Büchern (mit besseren Weltenentwürfen) entnommen (um nicht zu sagen zusammengeklaut) wurden. Entweder, der Autorin selbst fehlten beim Schreiben jegliche Begeisterung und Leidenschaft für ihre fiktionale Welt oder es ist ihr einfach nicht gelungen, diese an uns lesende Menschen weiterzugeben. Der Lesespaß hielt sich jedenfalls ins Grenzen.

2. Der Plot ist ebenfalls so dünn und fadenscheinig, dass er ohne Lupe kaum erkennbar ist. Es ist nicht nur so, dass die Geschichte einfach langsam ins Rollen käme (damit könnte ich umgehen), sondern eher so, dass sie ÜBERHAUPT NIE ins Rollen kommt! Dieses Buch ist so voller irrelevanter Details und Schilderungen des Alltags als Schankmädchen, dass man es fast schon als Fachbuch fürs Kellnern betrachten könnte. Die schockierendsten Wendungen werden in den Händen dieser Autorin zu den lahmsten Nicht-Ereignissen, was – zugegebenermaßen – auch eine besondere Gabe ist. Jedenfalls wurde auf diese Weise jeder Ansatz von Spannung erfolgreich im Keim erstickt.

3. Thematisch stehen Erwachsenwerden, die Emanzipation von den Eltern, der Konflikt zwischen Gesellschaft (und ihren Erwartungen) und Individuum, Magie, Freundschaft und Liebe im Mittelpunkt, aber alles davon wird so oberflächlich abgehandelt, dass es mich nicht gefesselt, ja, ab einem gewissen Punkt nicht einmal mehr interessiert hat. Dieses Buch, seine Geschichte, seine Magie, seine Welt, seine Figuren – das alles war und ist mir absolut egal.

4. Besonders schmerzhaft und enttäuschend ist für mich, wie mit dem großen Potential der grandiosen Grundidee umgegangen wurde: Das Potential wurde nämlich genommen, in eine Küchenmaschine gegeben, kleingehäckselt und dann den Abfluss runtergespült. Autsch!

Alles, was ich jetzt noch tun kann, ist, euch zu warnen: Wenn ihr nach den ersten 100 Seiten abbrechen wollt, dann BITTE tut es einfach und quält euch nicht (wie ich) bis zum Ende durch. Es lohnt sich einfach nicht und eure Lebenszeit ist ja auch begrenzt – und ihr solltet sie nicht an dieses langweilige Buch verschwenden! Ob ich noch einmal ein Buch von der Autorin lesen würde? Unter gewissen Umständen bestimmt! Zum Beispiel, wenn mir jemand sehr viel Geld bietet, ich plötzlich meine masochistische Seite entdecke oder mir jemand eine Pistole an die Schläfe hält.

Protagonistin & Figuren (2 Sterne)

Die gesamte Persönlichkeit der Protagonistin ist „starke Jugendbuchheldin“ und passt bequem auf einen Teelöffel. Lia ist so nichtssagend, so austauschbar, so ohne Ecken und Kanten, dass es unmöglich ist, mit ihr mitzufiebern und mitzuleiden. Im Gegenteil, ihr Schicksal war mir egal. Ein paar der Nebenfiguren fand ich gelungen, aber auch hier bleiben die meisten Charaktere blass. Besonders schlimm war das bei den zwei Männern, von denen sich Lia angezogen fühlt. Beide sind genau gleich gutaussehend und gleich mysteriös; ich konnte sie nur an der Haarfarbe auseinanderhalten – und das ist wirklich traurig.

Liebesgeschichte (1 Stern)

Dementsprechend distanziert stand ich auch der Liebesgeschichte gegenüber, die mich überhaupt nicht erreichen und berühren konnte, sondern die ich nüchtern und emotionslos verfolgte. Schlussendlich war es mir egal, mit wem Lia zusammenkam, weil für mich beide Männer gänzlich uninteressant und kaum unterscheidbar waren.

Spannung (0 Sterne)

Das Spannung im Buch ist wie eine Sternschnuppe: Zuerst wartet man stundenlang vergeblich, dann zeigt sie sich 2 Sekunden lang – und bevor man es richtig realisiert, ist sie auch schon wieder verschwunden. In der ganzen langatmigen, stinklangweiligen Geschichte war kein Spannungsbogen erkennbar. Zum Glück kann man nicht an Langeweile sterben, sonst wäre ich wohl nicht mehr da.


Mein Fazit

„Der Kuss der Lüge“ hat mich auf ganzer Linie enttäuscht. Dieses Werk (= seine Welt, sein Plot, seine Figuren, seine Lovestory, sein Spannungsbogen) ist zu schlecht, um es zu lieben (oder auch nur zu mögen), aber gleichzeitig war es mir zu egal und ließ mich zu kalt, um es leidenschaftlich zu hassen – weswegen ich sehr unbefriedigt zurückbleibe. Dieser Fantasyroman eignet sich sehr gut als Gewicht (z. B. wenn man Blätter pressen möchte), als passiv-aggressives Geschenk für insgeheim verhasste Arbeitskolleg·innen, als nicht verschreibungspflichtiges Schlafmittel und als Folterinstrument – eine Leseempfehlung gibt es von mir aber nicht!


Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 1 Stern
Umsetzung: 1 Stern
Worldbuilding: 0 Sterne
Einstieg: 2 Sterne
Ende: 1 Stern
Schreibstil: 2 Sterne
Dialoge: 2 Sterne
Figuren: 2 Sterne
Spannung: 0 Sterne
Wendungen: 2 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 0 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 0 Sterne

Insgesamt:

❀ Stern

Dieses Buch bekommt von einen enttäuschten Stern!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.07.2022

Gerade noch 3 Sterne: Starker Beginn, aber dann leider langatmig, unlogisch und oberflächlich!

Allein durch die Sterne
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Eben war der Sportverein noch voller Geplauder, Lachen und Leben, doch plötzlich ist es still. Die Menschheit ist verschwunden, Ariadne bleibt alleine in Lille, Frankreich, ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Eben war der Sportverein noch voller Geplauder, Lachen und Leben, doch plötzlich ist es still. Die Menschheit ist verschwunden, Ariadne bleibt alleine in Lille, Frankreich, zurück. Jetzt hat sie nur noch ihre Katze. In ihrer Verzweiflung postet Ariadne jeden Tag kurze Beiträge auf Instagram und Twitter. Eines Tages erhält sie eine Antwort – von einem jungen Mann, der in Shanghai lebt, Tausende Kilometer von ihr entfernt…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Tiere im Buch: +/- Im Buch werden Tiere verletzt und sie sterben, viele davon in ihren Käfigen / Ställen, nachdem die Menschheit verschwunden ist (keine Beschreibungen des Todes, aber die Leichen werden beschrieben). Dafür kümmert sich die Protagonistin liebevoll um ihre Haustiere und rettet so viele eingesperrte Tiere wie möglich.
Triggerwarnung: Tod von Tieren, Trauer
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Tussi, Weib

Warum dieses Buch?

Tatsächlich habe ich mir vor der Lektüre dieser Dystopie weder Rezensionen noch die Leseprobe angeschaut, sondern das Buch nur aufgrund des interessanten Klappentexts ausgewählt.

Kurzrezension

Das mochte ich…

+ den angenehmen, flüssigen, locker-leichten Schreibstil, der perfekt für die Zielgruppe geeignet ist.
+ den Beginn, den ich sehr stark geschrieben fand.
+ die Grundidee, die zwar nicht innovativ, aber doch interessant ist.
+ den liebevollen, verantwortungsbewussten Umgang der Protagonistin mit ihren Tieren und ihre Rettungsversuche. Ich hätte genau gleich gehandelt!
+ den Feminismus. Die Protagonistin kritisiert und spricht Sexismus und veraltete Rollenvorstellungen immer wieder an. Ein paar Rollenklischees und problematische Formulierungen (z. B. „n+ttiges Rotkäppchen“) gibt es dennoch, dafür ziehe ich einen Punkt in diesem Bereich ab.

„Und dann fiel mir die eigentümliche Stille auf, die über der Stadt lag. Niemand war da.“ E-Book, Position 127

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

~ der Spannungseinbruch im Mittelteil. Das Buch beginnt spannend und interessant mit dem Verschwinden der Menschheit. An diesem Punkt ist man natürlich neugierig, wie die Protagonistin damit umgeht. Gleich danach gibt es allerdings eine ziemlich lange, langatmige Durststrecke, während der nicht viel passiert.
~ die Oberflächlichkeit. Ja, mir ist bewusst, dass es sich hier um ein Jugendbuch handelt, trotzdem habe ich mir etwas mehr Tiefe bei der Behandlung von Themen wie Selbstfindung, Überleben, Freundschaft, Einsamkeit und Emanzipation vom Einfluss der Eltern erhofft. Gegen Ende wird es dann kurz etwas tiefgründiger und emotionaler (dieser Teil hat mich auch berührt), doch insgesamt wurde mir die Geschichte einfach zu oberflächlich abgehandelt.
~ die ausgelassenen Worte und vereinzelten Fehler, die ich zwar nicht so schlimm fand, die andere Leser·innen aber stören könnten.
~ die zwar sympathische, aber etwas blass bleibende Protagonistin. Hier hätte ich mir mehr Ecken und Kanten – einfach mehr Persönlichkeit – gewünscht, dann hätte ich bestimmt auch besser mit ihr mitfühlen und mitleiden können.

„Was, wenn ich krank wurde? Oder Katze? Oder Tobi? Was sollte ich dann tun? [...] Verdrängen. Schnell verdrängen.“ E-Book, Position 683

Das hat mir nicht gefallen:

- die unangenehme Liebesgeschichte. Dazu kam, dass ich den Love Interest irgendwie unsympathisch fand und mit ihm überhaupt nicht auf einer Wellenlänge war. Die Lovestory entwickelt sich eigentlich recht langsam, trotzdem ging mir alles viel zu schnell – wahrscheinlich, weil ich den Humor der beiden, ihr Flirten und ihre Gefühlsbekundungen eher „cringe“ fand als romantisch und ihre Liebe überhaupt nicht „gefühlt“ habe.
- die Atmosphäre. Vor allem den Beginn, dieses plötzliche Verschwinden der Menschheit und Ariadnes Leben in einer leeren Welt, fand ich stark und stimmungsvoll beschrieben, aber danach hätte ich mir oft mehr Details und Beschreibungen (besonders was die Städte in den verschiedenen Ländern betrifft) gewünscht. Mehr wäre in diesem Fall tatsächlich auch mehr gewesen!
- das unverschämte Glück, das nicht immer nachvollziehbare Verhalten der Figuren und die Logiklöcher. Generell hatte ich das Gefühl, dass die Protagonistin ein bisschen zu viel Glück auf ihrer Reise hatte, dass alles ein bisschen zu sehr am Schnürchen lief. Die Protagonistin braucht ein Motorrad? Wie praktisch, im nächsten Haus steht perfekte Gefährt! Außerdem kommt sie extrem schnell und problemlos voran, bringt pro Tag teilweise Hunderte von Kilometern hinter sich. Aus meiner Sicht war das alles etwas unglaubwürdig. Das Verhalten der Figuren konnte ich auch nicht immer nachvollziehen. Feuer legen in der Stadt, in der man wohnt? Vermutlich nicht ganz so eine gute Idee in einer Welt ohne Feuerwehr! Ein paar große Logiklöcher sind mir auch aufgefallen: Zum Beispiel sprießen bereits wenige Wochen oder Monate nach dem Verschwinden der Menschheit Blumen und Gras aus den Motorhauben verlassener Autos, aber Strom, Wasserleitungen, Handyempfang und Internet funktionieren immer noch einwandfrei (zumindest meistens), obwohl nichts mehr davon gewartet wird? Ich bezweifle es!
- den Mangel an Erklärungen. Für die mysteriösen Vorkommnisse gibt es keinerlei Erklärungen (die Figuren rätseln selbst auch eher halbherzig herum) und die lieblos wirkende Auflösung am Ende konnte mich leider gar nicht überzeugen. Da hat es sich jemand aber sehr einfach – um nicht zu sagen ZU einfach – gemacht!

„Irgendwelchen Macho-Scheiß kannst du dir sparen. Ich fahre dir entgegen. Ob es dir passt oder nicht. Ich bin doch kein hilfloses Frauchen.“ E-Book Position 877

Mein Fazit

Nach einem starken, stimmungsvollen Beginn folgen leider Spannungseinbrüche, Oberflächlichkeit, Logiklöcher, zu viele glückliche Zufälle und eine Liebesgeschichte, die mich nicht überzeugen konnte. Es gab einige gute Ansätze und gelungene Momente und ich mochte den Schreibstil und die Tierliebe, insgesamt habe ich mir aber von dieser Dystopie in vielen Bereichen (Figurenzeichnung, Spannung, Plot, Tiefe) einfach mehr erhofft! Eventuell könnte das Buch etwas für Jugendliche sein (auch für sie gibt es allerdings bessere Dystopien dort draußen), eine klare Leseempfehlung gibt es von mir dieses Mal aber nicht.

Bewertung

Idee: 4 Lilien
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Lilien
Tiefe: 2 Lilien
Umsetzung: 3 Lilien
Worldbuilding: 2 Lilien
Einstieg: 5 Lilien
Ende: 3 Lilien
Schreibstil: 4 Lilien
Figuren: 3 Lilien
Spannung: 2 Lilien
Tempo: 3 Lilien
Wendungen: 3 Lilien
Atmosphäre: 2 Lilien
Emotionale Involviertheit: 3 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien
Einzigartigkeit: 3 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir knappe 3 Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.07.2022

Bringt einen zum Lächeln und wärmt einem das Herz! Lieblingsbuch! ♥

Heartstopper Volume 1 (deutsche Hardcover-Ausgabe)
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Die ganze Schule weiß, dass Charlie schwul ist. Zum Glück hat das Mobbing endlich aufgehört. Eines Tages wird Charlie ein neuer Sitzplatz zugewiesen; er sitzt ab jetzt ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Die ganze Schule weiß, dass Charlie schwul ist. Zum Glück hat das Mobbing endlich aufgehört. Eines Tages wird Charlie ein neuer Sitzplatz zugewiesen; er sitzt ab jetzt neben Nick, dem Rugbystar der Schule. Die beiden verstehen sich super, haben den gleichen Humor, befreunden sich. Zarte Gefühle für Nick regen sich in Charlie. Aber das kann er sich gleich aus dem Kopf schlagen, denn Nick – da sind sich alle seine Freund·innen einig – ist ganz sicher hetero und Charlie hat keine Chance bei ihm. Oder?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band #1 von 4
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: lang

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: (sexualisierte) Gewalt, Mobbing, Diskriminierung, Homophobie
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): nicht bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Warum dieses Buch?

Kurz: weil ich auf Instagram tagelang mit dem Buch und der Serie bombardiert wurde und es kein Entkommen für mich gab! ;)

Kurzrezension

Das mochte ich…

+ die zauberhafte, zuckersüße queere Liebesgeschichte, die sich langsam und glaubwürdig entwickelt, die mich berührt hat und mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.
+ die Tatsache, dass das Buch frei von Kitsch ist – und wenn ich das sage, könnte ihr mir das wirklich glauben, denn ich bin praktisch allergisch gegen jede Art von Kitsch!
+ die herzerwärmende Wohlfühlatmosphäre im Buch und die Tatsache, dass man immer neugierig ist, wie es weitergeht.
+ die zwei Protagonisten, die liebevoll ausgearbeitet wurden und dreidimensional und greifbar sind. Ich fand sie beide sehr sympathisch, konnte mich mit ihnen identifizieren und habe mir für beide ein Happy End gewünscht!
+ die ernsten, wichtigen, modernen Themen (Mobbing, Coming-out, Liebe, Freundschaft, Schule, Homophobie, sexualisierte Gewalt), die altersgemäß und tiefgründig behandelt werden. Deshalb eignet sich das Buch auch (wie vom Verlag angegeben) sehr gut für Jugendliche ab 13 Jahren – und es wäre sicher auch eine interessante Schullektüre, die genug Diskussionsstoff bietet.
+ der verspielte, wunderschöne Zeichenstil, der die Graphic Novel auch zum Augenschmaus macht. Oft werden Gesichter in Nahaufnahme gezeigt, wodurch sich sehr gut Emotionen vermitteln lassen.
+ die Diversität und den Feminismus. Im Buch treffen wir auf eine große Bandbreite von Hautfarben und sexuellen Orientierungen, auf starke Frauen/Mädchen und sensible Männer/Jungen, wodurch sich das Buch sehr modern und zeitgemäß präsentiert. Aufgrund des Settings (Jungenschule) gibt es allerdings einen Frauenmangel und die Graphic Novel besteht den Bechdel-Test nicht. Dafür ziehe ich einen Punkt ab.
+ das Ende, das einen sehr gemeinen Cliffhanger bereithält, sodass man gar nicht anders kann, als die Fortsetzung zu lesen (was ich bereits getan habe, ich konnte nicht widerstehen!).
+ die neu erschienene, ebenfalls sehr divers gecastete Netflix-Serie zum Buch. Auch wenn ich mich an die Schauspieler von Nick und Charlie erst gewöhnen musste, hat mich die Wohlfühl-Serie am Ende doch auf ganzer Linie überzeugt!

„Charlie, you need to give up on him.”
“I can’t.” E-Book, Seite 124

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

~ die Nebenfiguren, die im ersten Band nur ganz kleine Nebenrollen spielen und dadurch etwas blass bleiben. Ich hätte gerne mehr über sie erfahren (besonders über Charlies Schwester Tori, die ich sehr cool und sympathisch fand) – das kommt dann sicher in den Folgebänden, auf die ich mich jetzt schon freue!

Das hat mir nicht gefallen…

---

Mein Fazit

„Heartstopper 1“ ist DIE Liebesgeschichte für alle, die (wie ich) keine kitschigen Liebesgeschichten mögen. Der Hype ist absolut berechtigt! Wer nach einer Wohlfühl-Graphic-Novel sucht, die aber auch ernste Themen tiefgründig bespricht, die einen berührt, mitfiebern lässt, zum Lächeln bringt und einem das Herz wärmt, der ist hier goldrichtig! Große Leseempfehlung – auch für Jugendliche & als Schullektüre!

Bewertung

Idee: 4 Lilien
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Lilien ♥
Tiefe: 4 Lilien
Umsetzung: 5 Lilien ♥
Worldbuilding: 4 Lilien
Einstieg: 4 Lilien
Ende: 5 Lilien ♥
Erzählstil: 5 Lilien ♥
Hauptfiguren: 5 Lilien ♥
Nebenfiguren: 3 Lilien
Spannung: 4 Lilien
Tempo: 5 Lilien ♥
Wendungen: 3 Lilien
Atmosphäre: 5 Lilien ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Lilien ♥
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien
Einzigartigkeit: 4 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀❀❀♥ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir 5 Lilien und ein Herz – und damit den Lieblingsbuchstatus!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.06.2022

Charmant, feministisch, herzerwärmend, unterhaltsam – und für mich der beste Roman seit langem! Lieblingsbuch! ♥

Eine Frage der Chemie
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Sie ist Chemikerin, intelligent, selbstbewusst und eine Frau – eine skandalöse Kombination in den 50er- und 60er-Jahren im konservativen Amerika. Elizabeth Zott gibt ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Sie ist Chemikerin, intelligent, selbstbewusst und eine Frau – eine skandalöse Kombination in den 50er- und 60er-Jahren im konservativen Amerika. Elizabeth Zott gibt aber nichts auf Konventionen und den Hausfrauenhype, denn ihre Religion ist die Wissenschaft. Trotzdem ist es oft schwer, sich als Frau nicht unterkriegen zu lassen. Dafür braucht es viel Mut, Kreativität, Durchhaltevermögen – und den einen oder anderen gut anspitzten HB-Bleistift…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Allwissende Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche, männliche und tierische Perspektive
Kapitellänge: kurz (Hörbuch)

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet. Problematisch ist nur, dass Tierversuche in der Forschungseinrichtung durchgeführt werden und dass sie nicht verurteilt, sondern als etwas Notwendiges angesehen werden (keine genauen Beschreibungen).
Triggerwarnung: Depression, Trauer, Blut, Tod von Menschen, Sexismus, sexualisierte Gewalt (bis hin zu Vergewaltigung), Gewalt gegen Frauen, Diskriminierung, Misogynie
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Fo+++, Hu++söhne, Fli++chen, Hu++

Warum dieses Buch?

Aufgrund des altmodischen Covers wäre ich nie auf die Idee gekommen, dieses Buch zu lesen, aber ich sah plötzlich immer mehr positive Rezensionen dazu. Auch @tanybeee (Instagram) meinte, die Geschichte sei viel, viel besser, als man vermuten würde. Das hat mich natürlich neugierig gemacht!

Kurzrezension

Das hat mir gefallen…

Schreibstil (5 Lilien ♥)

Schon nach den ersten paar Seiten wurde mir klar: Bonnie Garmus kann fesselnd und mitreißend erzählen wie nur wenige andere Autor·innen! Ihre Sprache ist angenehm komplex, aber trotzdem sehr anschaulich und flüssig lesbar – und dabei unheimlich charmant. Man merkt, dass jeder Satz mit viel Liebe verfasst wurde!

Humor (5 Lilien ♥)

Großartig an „Eine Frage der Chemie“ fand ich auch den feinen Humor und die Situationskomik, die das ganze Buch unaufdringlich durchziehen. Nicht nur einmal habe ich beim Lesen geschmunzelt oder laut aufgelacht!

„Sie trug ein tristes Kleid mit Knöpfen bis hinunter zum Saum. […] Auf ihrem Kopf saß eine Schutzbrille, knapp über ihrem Ohr steckte ein HB-Bleistift. In einer Hand hielt sie ein Notizbuch, in der anderen drei Reagenzgläser. Sie sah aus wie eine Mischung aus Zimmermädchen und Bombenentschärfer.“ Hörbuch, 55%

Dialoge (5 Lilien ♥)

Auch die Dialoge konnten mich auf ganzer Linie überzeugen! Die Gespräche (oft sind es auch eher Wortgefechte) wirken so authentisch und sind so mitreißend geschrieben, dass man nach einer Weile ganz vergisst, dass man hier nur ein Buch liest! Toll!

Idee / Geschichte / Themen / Umsetzung (5 Lilien ♥)

Charmant, unterhaltsam und herzerwärmend. Das sind die ersten drei Worte, die mir einfallen, wenn ich an die Lektüre zurückdenke. Selten zuvor habe ich ein Buch gelesen, das ich so charmant fand und in dem ich mich so wohlgefühlt habe – und das, obwohl einige schockierende Ereignisse passieren und Elizabeth einige Schicksalsschläge verwinden muss. Romane neigen dazu, etwas langatmig zu sein – doch hier war das nicht der Fall. Der Plot ist so gut durchdacht und entfaltet sich genau im richtigen Tempo, sodass es immer etwas zu entdecken gibt und es nie langweilig wird. Dass auch ein Hund teilweise durch die Geschichte führt, das fanden einige Leser·innen zu unrealistisch und kitschig. Doch obwohl ich praktisch allergisch gegen jede Art von Kitsch bin, haben mich vereinzelte kitschige Momente bei diesem Buch überhaupt nicht gestört – im Gegenteil, ich fand sie richtig passend und süß gemacht.

Thematisch stehen der Zeitgeist und das Leben in den 50er- und 60er Jahren im Fokus, es geht um Wissenschaft (alle Konzepte werden sehr gut erklärt), Liebe, Familie, Freundschaft, Trauer. Es wird sich viel Zeit genommen, all diese Themen tiefgründig auszuarbeiten. Die Autorin, Tierschützerin und Wohltäterin, die viel von ihrem Einkommen spendet, ist übrigens wahnsinnig sympathisch und hat in einem Interview verraten, dass der fiktive Hund „Halb-sieben“ auf ihrem eigenen intelligenten, mittlerweile leider verstorbenen Hund aus dem Tierschutz basiert. Für mich ist es kaum zu glauben, dass das erste Schreibprojekt der Autorin von ganzen 98 Literaturagenturen abgelehnt wurde, denn auch hier muss ihr Talent ja schon erkennbar gewesen sein!

Besonders gut hat mir aber der feministische Fokus gefallen: Elizabeth Zott beschreibt ungeschönt und sehr realistisch, wie schwer man es damals als Frau in der Gesellschaft und besonders als Wissenschaftlerin hatte; wie viel Stärke, Durchhaltevermögen, Talent, Fleiß, Selbstbewusstsein und Mut man damals haben musste, um es zu etwas zu bringen – und viel zu oft reichte auch das alles nicht aus. Frauen in der Wissenschaft bekamen viel gesellschaftlichen Gegenwind zu spüren, erfuhren sexualisierte Gewalt, die ganz ohne Konsequenzen für die Täter blieben, wurden gedemütigt und nicht ernst genommen, ihr Talent wurde verkannt, ihre Arbeit wurde immer wieder von männlichen Kollegen gestohlen und als ihre eigene ausgegeben. Immer wieder brodelte die Wut beim Lesen in meinem Bauch, ich war einfach so empört über das Verhalten, die Gewissenlosigkeit, die Unverfrorenheit und die Frechheit von Elizabeths Chefs, Professoren, Kollegen! Dass das alles leider nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern sich genau so zugetragen haben könnte (und sich auch in der Realität einige Male so zugetragen hat), wissen wir leider aus der Geschichte, weshalb „Eine Frage der Chemie“ auch aus feministischer Sicht ein sehr wichtiges, aufklärendes Buch ist. Dass die Kritiker·innen und die Leser·innenschaft begeistert sind, wundert mich jedenfalls überhaupt nicht, denn auch für mich ist „Eine Frage der Chemie“ ein neues Lieblingsbuch und absolutes Jahreshighlight!

„‘Lassen Sie ihre Talente nicht schlummern, Ladys! Gestalten Sie Ihre eigene Zukunft! Fragen Sie sich, wenn Sie heute nach Hause gehen, was Sie ändern wollen – und dann legen Sie los!“ Hörbuch, 92%

Protagonistin & Figuren (5 Lilien ♥)

Mit Elizabeth Zott hat Bonnie Garmus eine starke, intelligente, ehrgeizige, sozial etwas unbeholfene Heldin geschaffen, der ich überallhin gefolgt wäre, die ich angefeuert und mit der ich mitgefühlt und mitgefiebert habe! Mich haben ihr Mut (auch der, den sie anderen Frauen macht!), ihr starker Wille, ihre pragmatische Art und ihre Kreativität immer wieder beeindruckt. Sie ist mir beim Lesen wirklich ans Herz gewachsen. Auch die anderen Figuren, aus deren Sicht zwischendurch erzählt wird, sind liebevoll ausgearbeitet, auf ihre eigenwillige Art sehr liebenswürdig und wirken so authentisch und echt, dass man nach einer Weile fast vergisst, dass es sich dabei um fiktionale Personen handelt!

Sprecherin (5 Lilien ♥)

Ehrlich gesagt habe ich eine Weile gebraucht, um mich an die Sprecherin zu gewöhnen – eine Zeit lang war ich mir auch unsicher, ob ich sie mochte. Doch mit jeder Seite hat sie mich mehr von sich überzeugt, sodass ich nun zum Schluss komme: Ja, Luise Helm macht das ganz wunderbar, fängt perfekt die Stimmung im Buch ein und vor allem VERSTEHT sie die oft kühl wirkende, hochintelligente Heldin und bringt ihre wissenschaftliche, eigenwillige Art und die lebendigen Dialoge sehr gut rüber!

Spannung & Atmosphäre (4 Lilien)

Für einen Roman ist „Eine Frage der Chemie“ wirklich außerordentlich spannend, wendungsreich und mitreißend! Zudem gelingt es der Autorin sehr gut, das Lebensgefühl der und den Alltag in den 50er- und 60er-Jahren in Amerika einzufangen und zum Leben zu erwecken. Es war interessant und hat Spaß gemacht, in diese Vergangenheit einzutauchen!

Feminismus (5 Lilien ♥)

Ohne Zweifel kann „Eine Frage der Chemie“ als feministische, zeitgemäße Lektüre eingeordnet werden, denn im Fokus stehen eine starke weibliche Heldin, die sich keinen gesellschaftlichen Zwängen beugt, das schwierige Leben als Frau im Amerika der 50er- und 60er-Jahre, Ungerechtigkeiten und Diskriminierung und wie frau sich dagegen wehren kann. Auch wenn sich seitdem schon viel verbessert hat, gibt es auch 2022 an feministischer Front noch viel zu tun, da kann man sich von Elizabeth Zotts unbeugsamer Art durchaus inspirieren lassen! Die gegenderten Beleidigungen bilden wohl leider die damalige Realität ab und die verzeihe ich daher gerne. Mir bleibt nur zu sagen: Bitte weiter so, Frau Garmus!

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

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Das hat mir nicht gefallen:

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Mein Fazit

Charmant, feministisch, herzerwärmend, unterhaltsam – für mich ist „Eine Frage der Chemie“ der beste Roman seit langem, ein absolutes Jahreshighlight und ein neues Lieblingsbuch. Ihr könnt euch diese literarische Perle natürlich entgehen lassen – es wäre aber ein großer Fehler!

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Lilien ♥
Umsetzung: 5 Lilien ♥
Worldbuilding: 5 Lilien ♥
Einstieg: 4 Lilien
Ende: 4 Lilien
Schreibstil: 5 Lilien ♥
Dialoge: 5 Lilien ♥
Figuren: 5 Lilien ♥
Spannung: 4 Lilien
Wendungen: 4 Lilien
Atmosphäre: 4 Lilien
Emotionale Involviertheit: 5 Lilien ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Lilien ♥
Einzigartigkeit: 5 Lilien ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀❀♥ Lilien

Dieses Hörbuch bekommt von mir fünf Lilien und ein Herz – und somit den Lieblingsbuchstatus!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.06.2022

Leider nicht so atmosphärisch, tiefgründig und spannend wie Band 1!

Am roten Strand
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Achtung: Die Rezension enthält Spoiler!

Inhalt

Nach den Vorkommnissen im ersten Band ermittelt die Polizei weiter gegen den Kinderpornographie-Ring. Interne Untersuchungen gegen den Ermittler Ben, ...

Achtung: Die Rezension enthält Spoiler!

Inhalt

Nach den Vorkommnissen im ersten Band ermittelt die Polizei weiter gegen den Kinderpornographie-Ring. Interne Untersuchungen gegen den Ermittler Ben, der einen der Täter erschossen hat, sind ebenfalls noch im Gange – und plötzlich beginnen Ben und Christian die Verdächtigen vor der Nase wegzusterben. Ehemalige Opfer sind offenbar ebenfalls auf das kriminelle Netzwerk gestoßen und wollen Rache…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band #1 von (aktuell) 2
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präsens
Perspektive: viele männliche und weibliche Perspektiven im Wechsel
Kapitellänge: sehr kurz

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: Tod von Menschen, sexualisierte Gewalt, sexueller Missbrauch von Kindern, Pädophilie, Gewalt, Blut, Suizid, psychische Krankheiten, Trauer, Kinderprostitution
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Warum dieses Buch?

Band 1 war sehr düster, ungewöhnlich und poetisch – und ich mochte ihn sehr. Das ungleiche Geschlechterverhältnis (bei der Polizei arbeiten anscheinend nur Männer?) fand ich aber nervig; ich hoffte deshalb darauf, dass das in der Fortsetzung besser gelöst wird.

Kurzrezension

Das mochte ich…

+ den reduzierten, aber doch anschaulichen, intensiven und literarischen Schreibstil, der auch dieses Mal gelungene sprachliche Bilder präsentiert, sich auf das Innenleben seiner Figuren konzentriert und viel mit Assoziationen arbeitet.
+ die vielen verschiedenen Perspektiven.
+ die psychologischen Einblicke, die wir erneut bekommen und die menschlichen Abgründe, in die wir blicken dürfen. Wie auch schon in Band 1 ist das nicht immer leicht zu verdauen, geht es doch um Pädophilie und um den sexuellen Missbrauch von Kindern.
+ das Geschlechterverhältnis, das bereits viel ausgeglichener ist als noch im Auftakt. Von Beginn an kommen mehr Frauen vor, genügend Redezeit bekommen sie allerdings interessanterweise erst ab der Hälfte. Fast scheint es, als wäre dem Autor im letzten Moment noch meine Forderung (mehr Frauenfiguren, mehr Redezeit!) eingefallen und er hätte sich gedacht: „Jetzt aber schnell noch ein paar weibliche Dialoge einfügen!“ Naja, besser spät als nie, ich bin mit dem Fortschritt jedenfalls zufrieden! Hoffentlich geht es in Band 3 genau so weiter.
+ die melancholische Musik des Autors, die perfekt zur Stimmung passt. Sucht auf Youtube einfach nach „A Bird Called Melody“ von Jan Costin Wagner. Ihr werdet es nicht bereuen!

„Der Sommer ist echt. So unmittelbar, mehr geht nicht.“ E-Book, Position 32

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

~ die komplexen Figuren mit ihren Stärken, Schwächen und Geheimnissen, die oft in moralischen Graubereichen existieren. Dieses Mal waren zum Glück die einzelnen Kapitel etwas stärker von der Persönlichkeit der jeweiligen Person gefärbt, trotzdem wäre es unmöglich gewesen, sie ohne die Kapitelüberschriften auseinanderzuhalten, weil sich ihre Denkweise immer noch viel zu ähnlich ist!
~ die Wendungen, die etwas vorhersehbar sind und mich nur selten überraschen konnten.
~ die Atmosphäre, die leider nicht so dicht, düster und vereinnahmend ist wie in Band 1.
~ die fehlende Tiefe. Da der Fall um den Kinderpornographie-Ring im Vorgänger-Krimi noch nicht abgeschlossen war, werden die Ermittlungen in diesem Band fortgesetzt. Thematisch stehen daher wieder Pädophilie und sexueller Missbrauch von Kindern (Triggerwarnung bitte ernst nehmen!), aber auch Polizeiarbeit, der innere Kampf mit sich selbst, Schuld, Moral und Rache im Mittelpunkt. Band 2 ist dabei dialoglastiger als der Auftakt und wirkte auf mich oberflächlicher und weniger tiefgründig als der Auftakt-Band, was mich etwas enttäuscht hat. Ob ich auch Band 3 wieder lesen werde, steht noch nicht fest.

„Ich bekämpfe … bekämpfe … auf der Seite …
Er lehnt sich zurück, schließt die Augen.
Ich bekämpfe, auf der Seite des Guten, das Böse.“ E-Book, Position 578

Das hat mir nicht gefallen…

- der Spannungsbogen. Mir ist zwar bewusst, dass es sich hier um einen Kriminalroman handelt und nicht um einen Thriller, aber etwas mehr Tempo und Spannung hätte ich mir trotzdem gewünscht. Stellenweise fühlte sich die Geschichte etwas zäh an, sie konnte mich leider nicht wie gewohnt fesseln und mitreißen.
- die Wandlung eines Ermittlers zum Täter. Einen Pädophilen zum Protagonisten eines Romans zu machen, ist mutig und riskant. Mit dieser Entscheidung hatte ich bisher kein Problem, denn: Da ich schon ein paar Dokumentationen über Pädophilie und freiwillige Präventionsprogramme gesehen habe, weiß ich, dass Betroffene für diese Neigung erst einmal nichts können, dass viele Menschen davon in ihrem Leben nie straffällig werden und dass der Großteil der Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern von Tätern begangen wird, die NICHT pädophil sind. Kein Verständnis habe ich aber mehr, wenn Täter (meist sind es Männer) sich dann dazu entscheiden, ihre Neigungen auszuleben und Kindern zu schaden. Diese Grenze wird in diesem Buch eindeutig überschritten, als einer der Ermittler einen USB-Stick (Beweisstück) von einem Tatort entwendet und die Missbrauchsdarstellungen als Pornographie nutzt. Als Opfer hat man es doch schwer genug, wie ekelhaft ist es da bitte, wenn der Polizist, dem du vertraust, so mit diesen sensiblen Daten, mit deinem traumatischen Erlebnis umgeht? Später missbraucht der Polizist auch noch einen Jungen und bezahlt ihn im Anschluss dafür – bei den Beschreibungen seiner inneren Hin- und Hergerissenheit, bei seinen erbärmlichen Rechtfertigungsversuchen und Relativierungen und seinem sooo unglaublich schlechten Gewissen wurde mir übel und ich hatte so einen inneren Widerwillen und so eine Wut im Bauch, dass es mir die ganze restliche Lektüre verdorben hat. Ich kann nur hoffen, dass dieser Polizist im Folgeband ohne Relativierungen als das dargestellt wird, was er ist – nämlich ein Täter – und dass er gefasst und zur Verantwortung gezogen wird. Es ist aus meiner Sicht an diesem Punkt keine andere Art von „redemption“/Rettung/Wiedergutmachung (wie etwa ein Einsehen des Fehlers und ein Arbeiten an sich selbst) mehr für diese Figur möglich! Herauszufinden, wie mit dem Täter in Band 3 umgegangen wird, wäre auch meine Hauptmotivation, das nächste Buch zu lesen.

Mein Fazit

Auch „Am roten Strand“ (Band 2) überzeugt wieder mit seinem ungewöhnlichen, intensiven, literarischen Schreibstil, seinen sprachlichen Bildern und den Einblicken in menschliche Abgründe. Verbessert hat sich die Fortsetzung bei der Frauenquote, verschlechtert hat sie sich leider in den Bereichen Spannung, Tiefe und Atmosphäre. Da einer der Ermittler immer stärker selbst zum Täter wird, ist Band 2 sogar noch schwerer zu verdauen als der Auftakt – behaltet das bitte im Hinterkopf, wenn ihr das Buch lesen wollt! „Am roten Strand“ ist kein schlechter Kriminalroman (wer „Sommer bei Nacht“ mochte, kann ihm durchaus eine Chance geben) – ich habe nur einfach mehr erwartet und bleibe deshalb etwas enttäuscht zurück.

Bewertung

Idee: 4 Lilien
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Lilien
Tiefe: 3 Lilien
Umsetzung: 3 Lilien
Worldbuilding: 3 Lilien
Einstieg: 3 Lilien
Ende: 4 Lilien
Schreibstil: 5 Lilien ♥
Figuren: 3,5 Lilien
Spannung: 2 Lilien
Tempo: 3 Lilien
Wendungen: 3 Lilien
Atmosphäre: 3 Lilien
Emotionale Involviertheit: 3 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien
Einzigartigkeit: 4 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir 3 Lilien!

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