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Veröffentlicht am 04.07.2021

Umwerfender Schreibstil, doch ein wenig verschenktes Potential

Der Brand
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Die Hochzeit zwischen Rahel und Peter ist schon beinahe 30 Jahre her. Mit gemeinsamen Hobbies, einer gemeinsamen Wohnung und zwei Kindern mag es so scheinen, als wären die beiden mitten im Leben angekommen, ...

Die Hochzeit zwischen Rahel und Peter ist schon beinahe 30 Jahre her. Mit gemeinsamen Hobbies, einer gemeinsamen Wohnung und zwei Kindern mag es so scheinen, als wären die beiden mitten im Leben angekommen, doch es gibt eine Sache, die Rahel massiv stört und die sie gerne aus der Welt schaffen würde. Denn langsam ist das Liebesleben der beiden eingeschlafen und die Beziehung wirkt viel mehr wie ein Zusammenleben alter Freunde. Nun will Rahel im anstehendem Sommerurlaub dem auf den Grund gehen, und herausfinden, was mit ihr oder Peter nicht stimmt, oder ob die Asexualität und Trockenheit in der Beziehung mit 50 Jahren einfach normal ist.

Das Buch konnte ich sicherlich mit seinem Schreibstil überzeugen, der in der deutschsprachigen Literatur nach seinesgleichen sucht. Man kann sich in den Worten von Daniela Krien stundenlang verlieren, ohne dass es dafür einer reißerischen Geschichte oder einer dramatischen Liebe bedürfte. Selbst wenn die Autorin keine Romane sondern Beschreibungen von Toastern schreiben würde, wäre es immer noch ein Hochgenuss, diese zu lesen. Das umschreibende und die Schwammigkeit des Buches konnten mich auf sprachlicher Ebene voll und ganz begeistern, dennoch muss ich sagen, dass mir in der Geschichte etwas fehlte. Mir war nicht sofort klar was, aber mit zunehmendem Voranschreiten der Geschichte habe ich herausgefunden, dass mir die Spannung fehlt. Denn diese sucht man hier vergeblich. Der Spannungsbogen baut sich langsam auf, entlädt sich allerdings nicht, sondern baut sich mit eben derselben Monotonie und Langsamkeit, mit der er sich aufgebaut hat, auch wieder ab. Das mag sich jetzt vielleicht sterbenslangweilig und wie der Todesstoß für das Buch anhören, doch ich bin damit vollkommen im Reinen. Denn neben dem umwerfenden Schreibstil kann die Autorin auch mit philosophischen Denkanstößen aufwarten. Man überrascht sich selbst während des Lesens immer wieder dabei, wie man sich selbst mit Peter und Rahel vergleicht, vor allem aber, wie weit die politischen und gesellschaftlichen Ansichten voneinander abweichen. Hier muss ich sagen, dass ich in vielen Punkten den beiden - vor allem aber Rahel - zustimmen kann, wohingegen man in anderen Situationen deutlich merkt, dass die beiden auf die 50 zugehen. Bei diesen Stellen habe ich dann als siebzehnjähriger auch gemerkt, dass die beiden, vor allem aber Peter in den letzten 5 bis 10 Jahren einige wenige Entwicklungen verpasst haben und auf der Strecke geblieben sind. Im Generellen bin ich auch ein wenig erstaunt, wie weit ich mich mit der Thematik rund um eine gelähmte Liebe zwischen zwei fünfzigjährigen auseinandersetzen kann, und mich doch mit einigem identifizieren kann, auch wenn ich deutlich jünger, queer und single bin.

letztendlich ist der Schreibstil alleine es wert, sich mit der Autorin und der Geschichte auseinanderzusetzen, auch wenn die Handlung etwas ruhiger und nachdenklicher ist.

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Veröffentlicht am 21.06.2021

Ein spannender Roman mit viel Backgroundwissen

Sidonia - Eine teuflische Liebe
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Mitteldeutschland im 16. Jahrhundert: Intrigen und Machtspiele bestimmen das Bild des hessischen Hofes und so scheint es kein Wunder, dass Sidonia von Sachsen sich plötzlich in einer arrangierten Ehe mit ...

Mitteldeutschland im 16. Jahrhundert: Intrigen und Machtspiele bestimmen das Bild des hessischen Hofes und so scheint es kein Wunder, dass Sidonia von Sachsen sich plötzlich in einer arrangierten Ehe mit dem mehr als 10 Jahre jüngeren Erich von Braunschweig wiederfindet. Anfänglich ist Sidonia sogar noch Feuer und Flamme für ihren Ehemann, doch schon bald entpuppt sich dieser als unberechenbarer und grausamer Widerling, der ihr das Leben zur Hölle zu machen droht. Spionage, Giftmorde und Folter werden zur Alltäglichkeit im Versuch, Land und Ehre zu verteidigen. Doch auch irgendwann sind Sidonias Kräfte aufgezehrt.

Im Hinblick darauf, dass es sich bei den Protagonisten um echte historische Persönlichkeiten handelt, kann ich nur den Hut vor der Autorin ziehen. Eine Fülle an historischen Fakten - genau recherchiert - sind perfekt mit einer spannenden Geschichte mit authentischen Protagonisten Verwoben. Die Spannung steigert sich im Laufe des Buches immer mehr, wo am Beginn der Geschichte noch das höfische Schmieden von Ehen im Vordergrund steht zeigt sich schon hier das Potential der Geschichte. Gepaart mit dem ungewöhnlichem Schreibstil - anfangs wirken die Dialoge wie die treibende Kraft de Handlung - fliegt man beim Lesen nur so durch die Seiten. Die Autorin verkauft hier einem den Alltag am Hof und die Einsamkeit einer abgeschiedenen Festung in all seinen Facetten. Und auch Eifersucht, Neid und Hass werden authentisch dargestellt. Einzig und allein an den Protagonisten habe ich mich ein wenig gestoßen. Zwar wirken sie auf mich authentisch, allerdings wurde ich vor allem mit Sidonia nicht ganz warm. Sie blieb mir ein wenig fremd und ich konnte ihre Gedanken und Handlungen nicht immer ganz nachvollziehen. Hier sehe ich noch ein wenig Ausbaubedarf. Nichtsdestotrotz hat das dem Lesefluss keinen Abbruch getan.

Letztendlich kann ich das Buch wirklich weiterempfehlen, vor allem, da es auf historischen Fakten basiert. Man bekommt einen guten Eindruck vom höfischen Leben der damaligen Zeit und erfährt viel über die politischen Hintergründe der damaligen Zeit.

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Veröffentlicht am 26.05.2021

Spannendes Buch, aber nicht außergewöhnliches

Die Gabe der Sattlerin
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Württemberg im späten 18. Jahrhundert: Charlotte, eine junge Sattlerstochter soll einen Mann heiraten, den sie aber nicht liebt. Sie verlässt den elterlichen Hof und zieht durchs Land, bis sie in die Hände ...

Württemberg im späten 18. Jahrhundert: Charlotte, eine junge Sattlerstochter soll einen Mann heiraten, den sie aber nicht liebt. Sie verlässt den elterlichen Hof und zieht durchs Land, bis sie in die Hände einer gefährlichen Räuberbande fällt und von dieser gezwungen wird, das fürstliche Gestüt Marbach auszukundschaften. Um auf dem Gestüt arbeiten zu können muss sie allerdings ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen und innerhalb weniger Tage einen prunkvollen Sattel für den Herzog herstellen. Doch Charlotte darf auch nicht die Liebe unterschätzen.

Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig zu lesen. Und auch an Spannung mangelte es das ganze Buch über nicht. Die Charaktere waren interessant und sympathisch, aber nicht besonders facettenreich. Immer wieder kamen leider im Buch Stellen Buch vor, die mir unlogisch und an den Haaren herbeigezogen vorkamen. Interessant war allerdings die Recherchearbeit über Friedrich Schiller, und mir gefiel besonders, dass am Anfang jedes Kapitels ein Zitat aus einem der Werke Schillers, meist aus Die Räuber angeführt wurde.

Letztendlich ist das Buch gut geschrieben, in meinen Augen jedoch nichts besonderes, trotzdem nicht weniger lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.05.2021

Tanz auf dem Vulkan

Die Tänzerin vom Moulin Rouge
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Louise Weber wächst in einem der typischen Pariser Arbeitervorstädchen auf und ist das harte Leben gewohnt. Mit ihren sechzehn Jahren arbeitet sie nun schon in einer Wäscherei und träumt zwischen gestärkten ...

Louise Weber wächst in einem der typischen Pariser Arbeitervorstädchen auf und ist das harte Leben gewohnt. Mit ihren sechzehn Jahren arbeitet sie nun schon in einer Wäscherei und träumt zwischen gestärkten Hemden und weißen Bettlaken von einer besseren Welt. Ihr Traum ist es, diese in edler Spitzenunterwäsche und mit wehenden Röcken auf der Bühne zu erobern. Da bekommt sie durch einen Zufall die Chance, das biedere Vorortleben hinter sich zu lassen, und in die glitzernde Welt des Pariser Montmartre einzutauchen. Zwischen Bühnenshows, visionären Künstlern und ganz viel Alkohol wird so "La Goulue" geboren. Louise scheint es geschafft zu haben, doch ihr altes Leben in der Pariser Vorstadt streckt noch immer seine kalten Finger nach ihr aus, und "La Goulue" hat Hunger und fordert nach immer mehr. Der Tanz auf dem Vulkan beginnt.

Anfangs hatte ich meine Schwierigkeiten, mich in das Setting einzufügen, aber auch mit dem Schreibstil. Die ersten 30 Seiten des Buches mögen für Leserinnen und Leser ein wenig trocken erscheinen, doch die Autorin scheint hier über ihren eigenen Schatten zu springen, denn der Schreibstil entwickelt sich zu einem bunten Feuerwerk, in dem jeder Moment seine Aufmerksamkeit bekommt. Fruchtig, bunt und umschreibend, so lässt sich dieser letztendlich am besten beschreiben, und untermalt dabei perfekt das Leben in Paris, in das unsere Protagonistin eintaucht. Das Setting, anfangs noch ein wenig holprig, entwickelt sein Eigenleben und zieht Leserinnen und Leser in seinen Bann. Der Montmartre, das pulsierende Szeneviertel von Paris, erstrahlt in all seiner Pracht und man kann sich die bunten Theater und Lokale sehr gut vorstellen. Was die Protagonisten betrifft, bin ich ein wenig zwiegespalten. So ist Louise auf der einen Seite an weiten Stellen des Buches, vor allem mit zunehmendem Erfolg, egoistisch und nicht gerade sympathieerweckend. Auf der anderen Seite ist ihr Charakter aber unglaublich facettenreich gestaltet, da es immer wieder zu einem Wechsel zwischen den einzelnen Gesichtern von "La Goulue" kommt. Und eben dieser nicht vollkommene Charakter macht sie besonders authentisch. Man kauft der Autorin ab, dass Louise Weber, die ja nicht aus den Gedanken von Tanja Steinlechner entsprungen ist, diesen sprunghaften Charakter hatte. Aber auch der Großteil der Nebenfiguren kommt nicht zu kurz, ein Teil von ihnen ist ebenso gut ausgearbeitet und interessant gestaltet wie Louise. Mit den Nebencharakteren sind wir auch schon beim nächsten Punkt. Ein großer Teil von ihnen hat ebenfalls im Paris des späten 19. Jahrhunderts gelebt und so trifft auf eine Fülle von Pariserinnen und Parisern der damaligen Kunst- und Schaustellerszene. Kritisieren muss ich dabei, dass diese in mir ein Interesse und das Bedürfnis geweckt haben, mehr über sie zu lesen, während bei einigen dieser Protagonisten die Beschreibungen der Autorin recht knapp ausgefallen sind. Das ist auch der einzige Punkt, den ich an den Recherchearbeiten der Autorin kritisieren kann. Louises Geschichte und Charakter sind so gut untermauert, dass man als Leser der Autorin es abnimmt, dass es sich dabei um Louise Weber handelt, auch wenn man davor nichts zu ihr gelesen hat. Hier ist die Autorin einfach zu sehr auf Louise und ihre Biografie konzentriert, sodass die anderen historischen Persönlichkeiten und auch das Paris der 1880er Jahre einfach ein wenig zu kurz gerät.

Letztendlich konnte mich das Buch aber nach einigen kleinen Startschwierigkeiten dennoch fesseln und ich muss insbesondere die Gestaltung von "La Goulue" loben, auch wenn diese zeitenweise recht anstrengend war. Aber man kann nicht leugnen, dass die Protagonistin Emotionen weckt und einen bei ihrem Tanz mitreißt.

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Veröffentlicht am 16.05.2021

Beeindruckend kritisch

Der ehemalige Sohn
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Der sechzehnjährige Weißrusse Zisk steht mitten im Leben, als er bei einem tragischen Unfall so schwer verletzt wird, dass er ins Koma fällt. Niemand glaubt mehr daran, dass Zisk jemals wieder erwachen ...

Der sechzehnjährige Weißrusse Zisk steht mitten im Leben, als er bei einem tragischen Unfall so schwer verletzt wird, dass er ins Koma fällt. Niemand glaubt mehr daran, dass Zisk jemals wieder erwachen wird. Nicht seine Mutter, die Ärzte, seine Freunde oder seine Freundin. Nur seine Großmutter Elvira glaubt fest daran, dass er eines Tages wieder das Leben wird führen können, aus dem er gerade erst so brutal gerissen wurde. So umsorgt sie ihm und erzählt ihm davon, was sich in Weißrussland verändert - oder auch nicht. Doch letztendlich, nach 10 Jahren geschah, woran alle immer gezweifelt hatten. Zisk erwacht aus dem Koma. Doch ebenso wie Zisk dürfte auch das Land 10 Jahre lang in einem tiefen Schlaf versunken sein, denn die politischen Verhältnisse sind immer noch gleich, wie an dem Tag, an dem Zisk den tragischen Umfall erlitt.

Ich muss sagen, dass ich wirklich begeistert bin. Der Schreibstil hat mich schon auf den ersten paar Seiten einnehmen können. Er ist recht direkt und vor allem intensiv. Ich als Leser konnte direkt in die Geschichte eintauchen und man bekommt die gesellschaftlichen und politischen Umstände Weißrusslands so direkt mit, als würde man selbst direkt davon betroffen sein. Gefallen hat mir dabei auch der Sarkasmus, den der Autor an den Tag legt. Neben dem besonderen Schreibstil konnte mich auch die im Buch herrschende Spannung überzeugen. Immer wieder kam es zu äußerst spannenden Situationen, die besonders intensiv beschrieben wurden. Sprachlich aufgefallen ist mir auch noch, dass ein großer Teil der Handlung auf Monologen basiert, wodurch man einen sehr direkten Einblick in die Gedanken der Protagonisten bekommt und darin, wie diese die Situation im Land empfinden. Auch die Charakterzeichnung der Protagonisten ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Jeder von ihnen symbolisiert einen gewissen Teil der belarussischen Gesellschaft wieder. Bei dieser Rollenzuteilung hat der Autor es auch geschafft, dass die Charaktere nicht übertrieben wirken, sondern sehr authentisch gestaltet sind. Das für mich aber spannendste an dem Buch ist aber der politische Bezug, den der Autor zu seiner früheren Heimat nimmt. Man erfährt auf eine erschreckende und direkte, aber auch durchaus sarkastische Art und Weise, welch schreckliche Umstände die Leute in Weißrussland gefangenhalten. Gerade diese Zustände in Weißrussland haben mich sehr zum Nachdenken angeregt, und ich bin wirklich froh, in einer recht gesunden Demokratie leben zu können.

Das Buch hat mich wirklich begeistern können, und ich kann das Buch wirklich von ganzem Herzen weiterempfehlen, da es sowohl sprachlich als auch vom Inhalt her etwas ganz besonderes ist.

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