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Veröffentlicht am 04.02.2020

Elend und Trostlosigkeit in den Straßen Philadelphias

Long Bright River
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Natürlich fällt einem sofort Bruce Springsteens Song 'Streets of Philadelphia' ein, wenn man dieses Buch liest, denn dort spielt der Großteil der Handlung in diesem Roman. Mickey ist eine Streifenpolizistin, ...

Natürlich fällt einem sofort Bruce Springsteens Song 'Streets of Philadelphia' ein, wenn man dieses Buch liest, denn dort spielt der Großteil der Handlung in diesem Roman. Mickey ist eine Streifenpolizistin, die dauernd auf den Straßen unterwegs ist, einerseits weil sie ihren Job erfüllen will, aber gleichzeitig sucht sie auch die Straßen ab auf der Suche nach ihrer Schwester Kacey, die seit einiger Zeit verschwunden ist und und zu der sie schon lange keinen Kontakt mehr hat. Trotzdem empfindet sie Fürsorgepflicht für ihre kleine Schwester, denn diese ist abgedriftet in das Drogenmilieu und damit verbunden in die Prostitution. So lernen wir die Straßen Philadelphias kennen, und ich muss sagen, dass ich sehr überrascht war, denn was einst Vorzeigecharakter hatte, z.B. der schöne Stadtteil im Kolonialstil Kensington, scheint total runtergekommen zu sein. Philadelphia war einst sogar Hauptstadt der USA, die zweitgrößte Stadt an der Ostküste.
Aber auch das soziale Milieu, in dem Mickey und Kacey aufgewachsen sind, ist sehr ergreifend beschrieben. Das System der Familie funktioniert nicht mehr, die Mutter starb den Drogentod, der Vater (auch drogenabhängig) fühlte sich nicht verantwortlich, so wuchsen beide unter dem harten und lieblosen Regiment der Großmutter auf, mit vielen Entbehrungen. Es war für mich erschreckend zu lesen, mit welchem Outfit die Oma die arme Mickey ins Theater gehen lässt. Mobbing vorgrammiert! Damals hat die bei Mitschülern beliebte Kacey ihrer großen Schwester oft aus prekären Situationen geholfen , und deshalb möchte Mickey nun ihrer Schwester helfen, aber wo ist sie? Mickey gehört nur noch am Rande zur Großfamilie, denn als Polizistin kann man ihr nicht mehr trauen, und man unterstellt ihr auch Hochmut. Die Autorin hat die Verwandtentreffen, die voller Ablehnung und Misstrauen sind, sehr atmosphärisch beschrieben. Man kommt sich vor wie ein unsichtbarer Teilnehmer dieser Szenen. Das hat mir sehr gut gefallen.
Gleichzeitig ist im Geschehen auch noch ein Kriminalfall eingebunden, denn es werden mehrere junge Prostituierte ermordet und stets befürchtet Mickey, dass eines der Opfer ihre Schwester sein Könnte. Mickey ermittelt oft im Alleingang und begibt sich in so manche gefährlich Situation. Sie weiß bald nicht mehr, wem sie wirklich trauen kann und wer sie auf eine falsche Fährte locken will. Sogar Ihr Chef wirkt suspekt und gibt ihr keine Unterstützung. So fühlt sie sich sehr allein und im Stich gelassen, aber aus Liebe zu ihrer Schwester geht sie bedrohliche Risiken ein. Mir tut sie in dieser Situation sehr leid, denn sie wirkt sehr gestresst und ängstlich und bräuchte dringend Beistand. Aber aufgrund ihrer empathielosen Kindheit ist sie nicht fähig, sich gegenüber anderen Menschen zu öffnen. Das Misstrauen ist zu groß. Sie steht sich damit selbst im Wege, kann aber nicht über ihren Schatten springen.
Die Autorin erzählt aus Mickeys Perspektive, so dass wir viel über ihre Gefühlswelt und ihre Gedanken erfahren. Durch die abwechselnde Kapitelunterteilung in 'Früher' und 'Jetzt ' setzt sich nach und nach eine Biographie der jungen Polizistin zusammen.
Das Buch hat mir äußerst gut gefallen, da es so vielfältig ist: Krimi, Sozialstudien, Landeskunde....Es ist spannend geschrieben in einem flüssigen und leichten Stil. Ich habe die über 400 Seiten in drei Tagen gelesen, jede freie Minute genutzt, da es mich so in seinen Bann gezogen hat. Der Roman ist voller Überraschungen und Wendungen, sehr fesselnd, sicher eines der Highlights im Jahr 2020. Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Pathologische Rafinessen

Abgefackelt
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Nach den hochdramatischen Ereignissen im vorigen Fall, soll der Rechtsmediziner Paul Herzfeld sich erst einmal erholen. Sein Chef ordnet ihn ab nach Itzehoe, einer beschaulichen Kleinbstadt, wo gerade ...

Nach den hochdramatischen Ereignissen im vorigen Fall, soll der Rechtsmediziner Paul Herzfeld sich erst einmal erholen. Sein Chef ordnet ihn ab nach Itzehoe, einer beschaulichen Kleinbstadt, wo gerade eine Stelle in der Pathologie frei geworden ist. Er soll die Zeit nutzen, um runterzufahren und die schrecklichen Ereignisse zu verarbeiten. Doch schon bald muss er feststellen, dass sein Vorgänger in eine geheimnisvolle Sache verwickelt war und auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen ist. Das lässt Herzfeld keine Ruhe, und so beginnt er mit geheimen Ermittlungen, die ihn sehr bald in eine gefährliche Lage bringen .....
Ich muss Sebastian Fitzek Recht geben: dieses Buch ist wahrlich ein Pageturner. Ich habe es in 2 Tagen gelesen und konnte nicht davon lassen. Da die Kapitel kurz sind, habe ich mir immer noch ein weiteres vorgenommen, da ich unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht....Die Spannung setzt bereits im Prolog ein und wird von Tsokos bis zum Ende aufrecht erhalten. Dazu trägt auf jeden Fall der ständige Perspektivwechsel bei, der uns auch zu den Sichtweisen und Aktivitäten der Antihelden führt. Dies hat mir sehr gut gefallen, besonders mochte ich die Zeitangeben am Anfang jedes Kapitels, ähnlich wie in einem Tagebuch, denn so konnte man die schnelle zeitlich Abfolge erkennen. Denn das ganze Ermittlungsgeschehen dauert nur ca. 3 Wochen.
Beeindruckend sind die Einblicke in die Arbeit eines Rechtsmediziners, die Tsokos als Insider sehr minutiös beschreibt. Hierbei geht es nicht nur um Fälle, die mit den aktuellen Ermittlungen zu tun haben, sondern auch um andere Sektionen mit interessanten 'Entdeckungen'. Ich fand das sehr interessant, vielleicht weil ich es nur auf Papier wahrgenommen habe und nicht visuell oder olfaktorisch. True Crime Elemente ziehen sich außerdem durch die ganze Geschichte.
Was mir nicht gefallen hat, war das abrupte Ende. Da hätte ich gern noch weitere Informationen und Details mitbekommen, wie es nach dem spektakulären Ende weitergeht. Hier war plötzlich Schluss, und es folgte der sprunghafte Übergang in die 'heile Welt'.
Nichtsdestotrotz hat mir das Buch gut gefallen, es hat mir spannende Stunden beschert, ich freue mich auf die Fortsetzung und kann das Buch allen Thrillerfans empfehlen.

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Veröffentlicht am 01.02.2020

Der Mensch Peter Maffay - eine etwas andere Biographie

Hier und Jetzt
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Peter Maffay kenne ich schon seit Teenagerzeiten, damals als Schmusesänger mit dem Lied 'Du'. Ich konnte beobachten, wie er sein musikalisches Talent vielschichtig ausgebaut hat, so z.B. als harter Rockmusiker, ...

Peter Maffay kenne ich schon seit Teenagerzeiten, damals als Schmusesänger mit dem Lied 'Du'. Ich konnte beobachten, wie er sein musikalisches Talent vielschichtig ausgebaut hat, so z.B. als harter Rockmusiker, aber auch mit dem traumhaften Tabaluga-Musical. Letzteres und auch so mancher Song haben mir gut gefallen. Und nun Peter Maffay als Autor dieser Biographie, die aber so ganz anders ist als herkömmliche Biographien.
Der Untertitel lautet 'Mein Bild von einer besseren Welt', und dies trifft es sehr genau. Es ist eine Auseinandersetzung mit aktuellen Themen unserer Zeit und dem Leben im Allgemeinen. Wer jetzt meint, dass es sich um abgehobene philosophische Abhandlungen handelt, liegt falsch, denn Peter Maffay vermittelt auf sehr anschauliche und ansprechende Weise seine Sicht der Dinge. Sein Biohof Gut Dietlhofen bietet ihm die Grundlage, sein Lebenskonzept zu realisieren. Hier findet er alles, was für ihn das Leben lebenswert macht, insbesondere die innige Verbindung zur Natur. Diesen Hof nutzt er jedoch nicht allein für sein eigenes Wohlbefinden, sondern er möchte teilen, vielen Menschen soll er als Wohlfühloase dienen.
Der Hof wird so detailliert und liebevoll beschrieben, dass man sofort Lust bekommt, einen Ausflug dorthin zu machen, um alles mit eigenen Augen zu sehen, und vor allem abzutauchen, denn "es gibt nichts Sinnvolleres und Schöneres im Leben, als die Natur zu erleben und zu fühlen" (Peter Maffay). Der Sänger hat diesen Hof zu einem Ort der Begegnung gestaltet, der allen Menschen offen steht, egal aus welcher Kultur und aus welcher sozialen Schicht, für ein friedvolles Miteinander. Ich denke, jeder kann hier etwas 'mitnehmen', z.B. Respekt vor der Natur, gesunde Ernährung, praktizierter Tierschutz, gegenseitiges Vertrauen.
In seinen Auführungen zu Themen der Zeit, wie z.B. die Religion oder der Flüchtlingsstrom, erläutert er seinen jeweiligen Standpunkt und gibt dazu auch die passenden Argumente und Beispiele. Ich muss sagen, er spricht mir oft aus der Seele. Hätten wir mehr Menschen auf dieser Welt, die Peter Maffays Einstellung und Lebensweise praktizierten, gäbe es weniger Probleme im sozialen Miteinander. Was mir auch gefällt, ist der Optimismus, den er ausstrahlt. Er sieht immer ein Licht im Dunkel, auch bei ernsten Sachlagen.
Der Schreibstil ist leicht und flüssig, man hat keine Verständnisprobleme. Das Cover zeigt uns einen anderen Peter Maffay, als wir ihn bisher kannten, mit frisch gepflücktem Salat auf der Schulter, und untermauert damit den Inhalt des Buches, genau wie die schönen Bilder im Mittelteil, die uns dem Hof noch näher bringen. Auch so manche Anekdote aus Peters Leben bereichert zusätzlich, hier gefällt mir besonders die Beschreibung seiner Rituale, bei denen man ein Schmunzeln nicht umgehen kann.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, und ich werde noch öfters darin lesen, denn Peter Maffays Bild von einer besseren Zukunft entspricht meinen Wunschvorstellungen, und es ist realisierbar! Ich spreche eine ganz klare Lesempfehlung aus, denn dieses Buch eröffnet vielversprechende Sichtweisen des Lebens, die auch die Zukunft lebenswerter gestalten können.


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Veröffentlicht am 18.01.2020

Tiefe Emotionen und Naturnähe

Sehnsucht nach St. Kilda
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Dies ist der beste Roman, den ich bisher von Isabel Morland gelesen habe. Nach den beiden Vorgängern, die mich schon sehr beeindruckt haben, war ich schon wieder sehr gespannt auf dieses Buch, jedoch übertrifft ...

Dies ist der beste Roman, den ich bisher von Isabel Morland gelesen habe. Nach den beiden Vorgängern, die mich schon sehr beeindruckt haben, war ich schon wieder sehr gespannt auf dieses Buch, jedoch übertrifft dieses meine Erwartungen.
Wir lernen Annie kennen, die auf St. Kilda lebt, aber durch Hungersnöte der Zwangsevakuierung zum Opfer fällt und dadurch von ihrem allerbesten Freund Finlay getrennt wird. Zuvor wird noch ein 'Schatz' versteckt als Symbol für die Freundschaft der beiden. Jahre später verschlägt es Rachel, Annies Enkelin, nach St. Kilda, um dort eine Forschergruppe zu betreuen. Und sie beschließt, den 'Schatz' ihrer Großmutter zu finden...
Allein schon der historische Hintergrund ist sehr informativ, ich habe nicht gewusst, dass ganze Inseln zwangsevakuiert wurden. Das fand ich überaus interessant, und es hat mich auch betroffen gemacht. Alles zurücklassen, besonders die inseleigene Lebensart!
Die Beschreibungen der schottischen Inseln sind so atmosphärisch, dass man sich nach dort versetzt fühlt und gemeinsam mit den Protagonisten die grandiose Natur betrachtet. Irgendwie verspüre ich den Wunsch, das alles mal mit eigenen Augen zu sehen, nicht nur mit dem Verstand. Zwar war ich schon mal in Schottland, aber leider nicht auf den Inseln, so dass dies ein zukünftiges Urlaubsziel werden könnte.
Das Buch ist in zwei Perspektiven geschrieben, damals (Zeit der Evakuierung) und heute. Zunächst hat mir 'damals' besser gefallen, erst als Rachel für ein paar Wochen nach St. Kilda geht, wird auch die Gegenwart interessant, denn sie verliebt sich in Ailic, was sie nach dem Tod ihres Mannes nicht für möglich gehalten hätte. Aber beide können bzw. wollen ihre Gefühlswelt nicht offenbaren, so dass die zarte neue Beziehung in Gefahr ist. Auch das Knistern zwischen den Verliebten ist sehr empathisch beschrieben, so dass man bisweilen einen kleinen Schubs geben möchte, um die Verbindung zu stärken.
Ich möchte diesen Roman wärmstens empfehlen...nicht nur allen Schottlandfans, allen Hebridenfans, sondern auch allen Lesern, die LoveStorys mögen, keine Kitschigen, sondern gefühlvolle, die einem richtig zu Herzen gehen.

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Veröffentlicht am 13.01.2020

Meine Lieblingsermittlerin: die Krähe!

Brennende Narben
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Auch diesen Band habe ich wieder verschlungen, denn auch der dritte Band ist wieder ein absoluter Pageturner. Ich mag Mara Bilinsky und ihre energische Ermittlungsarbeit, ihren Einsatz und ihre Menschlichkeit. ...

Auch diesen Band habe ich wieder verschlungen, denn auch der dritte Band ist wieder ein absoluter Pageturner. Ich mag Mara Bilinsky und ihre energische Ermittlungsarbeit, ihren Einsatz und ihre Menschlichkeit. Denn auch wenn sie überall aneckt, hat sie Charaktereigenschaften, die menschlich vorbildlich sind: Bescheidenheit, Ausdauer und Mut. Die Krähe gefällt mir allein schon durch ihren Mut, anders zu sein und sich nicht unüberlegt anzupassen. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die trotz ständiger Kritik in ihrem Umfeld nicht aufgibt, sondern kämpft.
Schön finde ich, dass die Aversionen gegen sie in ihrem beruflichen Umfeld allmählich schwächer werden und sie akzeptiert wird mit ihren ungewöhnlichen und waghalsigen Ermittlungsmethoden. Dieses färbt anscheinend auch auf ihren Kollegen Rosen ab, der hier aus seinem Schattendasein herausfindet.
Einige Szenen sind recht grausam und ließen bei mir einen starken Nervenkitzel entstehen, aber ist das menschliche Miteinander nicht bisweilen so brutal?
Durch den anhaltenden Perspektivwechsel bekommen wir sowohl Einsicht in die Denk- und Vorgehensweise der Täter als auch in Maras Gedankenwelt, und was zuerst parallel verläuft, verbindet sich schließlich lückenlos zu einem Ganzen, alle Zusammenhänge werden beleuchtet.
Miträtseln kann man im Hauptfall eher nicht, da die Täter sich schnell herauskristallisieren, aber im 'Nebenfall' (der Mord an Maras Mutter vor 20 Jahren) kann sich jeder Miträselsüchtige austoben. Und das habe ich mit Begeisterung getan! Ich hoffe, dass Mara nun die Vergangenheit etwas mehr ruhen lassen kann und neue Weichen stellt.
Alles in allem ein absolut empfehlenswerter Thriller, der die höchste Sternenzahl verdient. Ich freue mich schon auf den nächsten Band!

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