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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.06.2017

Herrlich ironisch aber gefühlvoll, zwischen Emotionen und Vergangenheitsbewältigung

Wer weiß schon, wie man Liebe schreibt
3

Dank der Bücherplattform Lesejury.de durfte ich mit diesem Buch an einer Leserunde teilnehmen. Der LYX-Verlag hat mir ebenfalls über Netgalley.de ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Ich möchte ...

Dank der Bücherplattform Lesejury.de durfte ich mit diesem Buch an einer Leserunde teilnehmen. Der LYX-Verlag hat mir ebenfalls über Netgalley.de ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Ich möchte mich hiermit beim Verlag LYX - Bastei Lübbe noch mal herzlichst dafür bedanken. Die Leserunde auf Lesejury.de hat es mir allerdings schwer getan, da ich durch die langen Leseabschnitte gezwungen war, das Buch 2 mal für mehrere Tage zur Seite zu legen. Ich kann deswegen nur empfehlen das Buch in einem Rutsch zu lesen und sich von Beas Gefühlschaos mitreissen zu lassen.

Cover:
Ein schönes und lustiges Cover. Die schöne handgeschriebene Schrift ziert in der Mitte das Cover, drumherum Kringel, die Telefonkritzeleien sein könnten, oder wenn ein Autor gedankenverloren an seinem Plot arbeitet. Bei den gelben Tupfen bin ich mir nicht sicher, was sie darstellen sollen, goldene Konfetti? Ich finde es verspielt, aber trotzdem schlicht und schön.

Handlung:
Um den kleinen Verlag zu retten, muss Bea mit dem rüpelhaften Starautor Tim Bergmann auf Lesereise gehen. Nur wenn er einen wichtigen Leserpreis gewinnt, für den sie während der Reise viel Werbung machen müssen, kann der Verlag weiter existieren. Aber Tim schreibt Dystopien und passt so gar nicht in das Konzept eines Verlages für Liebesromane. Er ist launisch und expulsiv. Aber Bea muss die 4 Wochen kreuz und quer durch Deutschland mit diesem Mann überstehen, vor allem weil er doch immer wieder ungewohnte Gefühle in ihr hervorruft, die sie ziemlich aus dem Konzept bringen.

Buchlayout/Haptik:
Die 37 Kapitel sind recht kurz, was ich als ganz angenehm empfunden habe, zumindest hat es mich im Lesefluss nicht gestört. Zu jeder Kapitelnummer gibt es auch noch einen kurzen, aber prägnanten Titel.

Idee/Plot:
Beide Protagonisten haben eine sehr ähnliche Vergangenheit. Wobei Tim damit offener umgeht und diese Vergangenheit auch in seinem Buch verarbeitet. Bea hingegen flüchtet in akribische Kontrolle. Diese beiden Menschen prallen nun aufeinander und müssen unter erhärteten Bedingungen miteinander auskommen. Sie werden durch die Anwesenheit des anderen mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, was natürlich dann auch zu einigen Konfliktmomenten führt.

Handlungsaufbau/Spannungsaufbau:
Die Handlung wird sanft aber stetig aufgebaut. Wir bekommen zunächst nur häppchenweise was von Beas und Tims Vergangenheit mit, erhalten aber im Laufe des Buches immer mehr Einblick. Die Spannung und das Prickeln werden auch sehr schön über das Buch aufgeteilt und steigt von Abschnitt zu Abschnitt, bis es in einen tollen Gänsehautmoment gipfelt.

Szenerie/Setting:
Kristina Günak versteht die Umgebung knackig aber prägnant zu umschreiben. Sie hält sich nicht mit ausladenden Beschreibungen auf und setzt den Fokus vielmehr auf die Gefühls- und Gedankenwelt. Da wir uns auch in Deutschland befinden ist es für den Leser leicht, sich die Szenerien vorzustellen. Es passt auch gut zusammen: die Welt rund um Bücher, der Alltag in einem ums Überleben kämpfenden Verlag, der dystopische Schreiberling Tim und die selbstbeherrschte Bea. Eine gute Mischung, nicht zu viele Nebenschauplätze aber geschickte Nebenhandlungen.

Sprache/Schreibstil:
Das Buch lässt sich wunderbar locker und leicht lesen. Die Sprache ist absolut flüssig und herrlich spritzig und frech. Die Geschichte wird uns ausschließlich in der Ich-Perspektive von Bea präsentiert und gibt uns einen tiefen Einblick in ihre Gedanken und Gefühle. Witzige und ironische Sprüche wechseln sich ab mit immer wieder recht reflektierenden Gedankenblitzen.

„Sein Blick wird stechender, und ich halte mich unauffällig mit einer Hand an der Tischkante fest. Diana weiß, wo ich bin, Wenn ich nicht zurückkomme, wird irgendwann sicherlich jemand nach mir suchen. Spätestens wenn die Besprechungskekse alle sind, wird ihnen auffallen, dass der böse Autor mich erlegt hat.“


S. 53 (Kristina Günak: „Wer weiß schon, wie man Liebe schreibt“, Taschenbuch © 2017 LYX by Bastei Lübbe AG, Köln)

Emotionen/Protagonisten:
Bea hat es in ihrer Kindheit nicht leicht gehabt. Es wird schnell klar, dass sie ein Pflegekind war und durch Glück an ihre Pflegeeltern gekommen ist, die sie aus dem „Ursumpf“ gezogen haben. Ihre bittere Erfahrungen von ihren leiblichen Eltern verbirgt sie hinter einer steinernen Maske aus Kontrollzwang und strengen To-Do-Listen. Ihr Schicksal ist ihr großes Geheimnis. Zusätzlich hat sie das enorme Problem, dass sie niemals „nein" sagen kann, und so an den Rand ihrer Kräfte gelangt.
Sie ist ihrer Pflegefamilie extrem zu Dank verpflichtet und hat ihren Geschwistern gegenüber ein sehr weiches Herz. Trotzdem kann sie ganz schön gepfefferte Sprüche loslassen und steht Tim in Sachen Ironie kaum nach. Aber, sie ist auch unheimlich reflektiert, denkt viel über die Geschehnisse nach und beginnt sich aus ihrer Kontroll-Isolation zu befreien.

Tim ist zunächst der undurchschaubare Typ à la Bad-Boy. Tätowiert, schwarze Klamotten und ein absoluter Stinkstiefel. So wie man sich auch einen typischen Schriftsteller vorstellt, der nur dystopische Handlungen im Kopf hat. Und dazu ist er auch noch der begehrteste und heißeste Junggeselle auf dem Planeten. Aber sein Buch ist ganz klar die Verarbeitung seiner Vergangenheit, mit der er Bea gegenüber immer offener umgeht. Er ist oft unbeherrscht und aufbrausend, damit macht er Bea zusätzlich des öfteren auch Angst. Diese Angst spürt er, und beginnt zu verstehen, dass etwas mit Bea nicht stimmt.

Aber Tim kann hinter Beas Fassade gucken und hält ihr auch ziemlich oft den Spiegel vor:

„Tim Bergmann berührt mein Herz. Auf eine sonderbare, nicht fassbare Art und Weise. Dabei tut er gar nichts, um seine Gunst auch nur im Ansatz zu verdienen.“


S. 102 (Kristina Günak: „Wer weiß schon, wie man Liebe schreibt“, Taschenbuch © 2017 LYX by Bastei Lübbe AG, Köln)

Durch die vielen inneren Dialoge, ihre Gedanken und Reflektionen konnte ich mit Bea unheimlich gut mitfühlen. Sie ist für mich absolut authentisch. Ihre Handlungen kann man zwar manchmal als etwas übertrieben sehen, aber sind dennoch nachvollziehbar. Und auch Tim ist für mich kein typischer Buchheld. Er ist oft ein Kotzbrocken, lebt in seiner eigenen Welt, und trotzdem blitzen immer wieder sanftmütige Momente durch, die einem das Herz zum Prickeln bringen.

Meine Meinung:
Es ist toll mit zu erleben, wie reflektiert Bea Tims Verhalten aufnimmt. Anfangs noch sehr verunsichert erkennt sie die Gleichheit zwischen ihnen. Beide, Tim und Bea, vollziehen während der Geschichte eine wunderbare Wandlung, die ich ganz wichtig finde. So baut sich das Buch auch wirklich gut auf und nimmt uns immer weiter in das Gefühlschaos der beiden. Wir selber lernen immer mehr die Protagonisten zu verstehen, so wie sie sich selber auch.

Der trockene Humor hat mir sehr gut gefallen. Es ist nicht nur ein Klamauk oder ein triefend rührendes Buch. Nein, ironisch komische Situationen und gefühlvolle Momente geben sich wirklich gekonnt die Hand. Ganz großartig geschrieben und wirklich sehr erheiternd!

Vor allem möchte ich die Messages, die Kristina Günak uns mit diesem Roman mitgibt, hervorheben. Eine wahre und ehrliche Beziehung beruht auf Vertrauen und Wahrheit. Es geht darum, den wahren Kern des Menschen zu erkennen und ihn so anzunehmen, egal welche Vergangenheit er durchlebt hat. Die wahre Liebe ist Sicherheit geben aber auch Hilfe einfordern. Und für sich selber auch Grenzen setzen und die Grenzen des anderen zu akzeptieren.

Eine tolle Idee einer Liebesgeschichte, die erst durch die gemeinsame Reise der Beiden in sehr emotionalen Szenen zu entstehen beginnt. Ab dem letzten Drittel des Buches hat es mich dann noch mal sehr bewegt und mitgenommen, es war ein stetiger Wechsel zwischen Weinen und Lachen.

Fazit:
Ich hatte rundum ein tolles Leseerlebnis und habe mich mit diesem Buch auf niveauvolle Art und Weise unterhalten gefühlt. Von mir gibt es dazu eine klare Leseempfehlung

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  • Handlung
  • Humor
  • Gefühl
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Veröffentlicht am 16.01.2017

Wortgewandte Zeitreise in die 80er Jahre mit vielen glückseligen aber auch denkwürdigen Erinnerungen

Wir Kassettenkinder
2

Ganz nach dem Stile der 80er ist das Cover grell und bunt und spiegelt das Zeitalter gekonnt wieder. Es quietscht förmlich beim Betrachten, so grell war auch das Zeitalter. Das Cover passt zum ganzen Thema ...

Ganz nach dem Stile der 80er ist das Cover grell und bunt und spiegelt das Zeitalter gekonnt wieder. Es quietscht förmlich beim Betrachten, so grell war auch das Zeitalter. Das Cover passt zum ganzen Thema und natürlich zum Titel. Denn Kassetten waren damals das non plus ultra Medium. Die einzelnen Kapitel werden durch exakt treffende Illustrationen begleitet.

Schon in der Einleitung wird im Nähmaschinen-Stakkato das gesamte Jahrzehnt mit geballter Ladung schon fast atemlos umrissen. Hier tauchen schon viele Ereignisse auf, die das Leben uns in den 80ern sehr geprägt haben und mir ein bisschen nostalgische Tränen in die Augen getrieben haben.

Köstlich amüsiert habe ich mich über die Beschreibungen der Geschmacksrichtung, Punker, Popper oder Rapper? So bunt wie wir damals waren, so bunt war auch die Musik und rasant hat sich die Technik entwickelt. Und mir wird bewusst, dass wir die Kinder waren, die diese Entwicklung mitgemacht haben und aufgesaugt haben wie ein trockener Schwamm. Jedes Kapitel bietet viele tolle Erinnerungen und auch einige a-ha! Momente. Wir werden mitgenommen auf unsere Zeitreise zurück in unsere Schule, in unsere verqualmten Wohnzimmer, aber auch wieder zurück an unseren ersten Fernseher mit der ersten VHS-Kassette, an unseren ersten Walkman, an unsere Ausflüge mit dem Fahrrad ins Freibad, die Erinnerung an das Auspacken unserer ersten Schallplatte und an unseren ersten PC-Monitor, der damals noch schwarz mit weißer, gelber oder grüner Schrift leuchtete.

Auch wenn die meisten Alltagsbeschreibungen sich denen von heute gleichen, so wird einem trotzdem bewußt, dass das, was in den 80ern angefangen hat, heute um ein vielfaches schlimmer oder anders ist. Seien es die Mama-Taxis, die heute zu Helikoptern mutiert sind, oder das damals erwachende Umwelt- und Gesundheitsbewußtsein, dass heute zu ekstasischem Ausmaß angewachsen ist. Und natürlich nicht zu vergessen der Beginn der (mobilen) Technik in Form einer Kassette im Walkman.

Es ist klar, dass nicht alle Kassettenkinder exakt das Gleiche erlebt haben, und das kann auch das Buch nicht liefern. Die Autoren haben aber in ihrer sehr ausgefeilten und pointierten Sprache versucht, alle regionalen und gesellschaftlichen Unterschiede aufzugreifen und wieder zu spiegeln. Und ich denke, man kann schon sagen, dass wir im Groben und Ganzen doch alle gemeinsam das Gleiche erlebt haben, und uns heute noch zusammen schweißt. Weil es damals auch noch nicht so eine Reizüberflutung mit den vielen verschiedenen Möglichkeiten gegeben hat. Und das wird in diesem Buch - finde ich - recht anschaulich erzählt. Ich finde es auch gut, dass nicht nur die positiven oder lustigen Erinnerungen aufgeführt wurden, sondern auch das, was nicht so toll war und uns auch bis heute noch geprägt hat, wie zum Beispiel Tschernobyl und der Krankheit AIDS. Es war nicht alles gold, was glänzte damals. Auch wenn wir alle so nostalgisch an die 80er zurückdenken. Ja, es war auch eine Zeit mit neuen Ängsten und Katastrophen, deren Ausmaß wir jetzt erst vielleicht besser begreifen können.

Es war ein schöner, nostalgischer aber auch ein bisschen nachdenklicher Ausflug zurück in meine Kindheit und Jugend. Es war genau die Zeit, in der ich vom Kind zum jungen Mädchen wurde, zwischen 6 und 16 Jahre. Die wildesten und aufregendsten Jahre meines Lebens, in dem noch alles möglich und offen war. Danke für diese gelungene Zeitreise, ich habe mich in so gut wie allen Kapiteln und Erzählungen wieder gefunden! Und wenn Eure Kinder fragen, wie es denn damals so war als Kind, dann drückt ihnen das Buch in die Hand!

Auch wenn ich das heutige Zeitalter, Smartphones und Vernetzung nicht verzichten möchte. Manchmal wünschte ich mir schon ein "back to the roots“. Und ich werde auch gleich mit meinen Kindern „Zurück in die Zukunft“ anschauen!

Veröffentlicht am 28.08.2022

Berührende und fesselnde Romance in einem sehr aufwühlenden Setting

Durch die hellste Nacht
1

Eine meiner Lieblingsautorinnen ist Jessica Winter und für mich die Dramance-Queen (Drama Romance) überhaupt. Deswegen ist es klar, dass ich auch ihr neuestes Werk lese. Dieses Buch kann für sich alleine ...

Eine meiner Lieblingsautorinnen ist Jessica Winter und für mich die Dramance-Queen (Drama Romance) überhaupt. Deswegen ist es klar, dass ich auch ihr neuestes Werk lese. Dieses Buch kann für sich alleine gelesen werden, hat aber Verknüpfungen zur „Ready to be Found“ Dilogie und „Das Gewicht von Seifenblasen“.

Coverbild
Kommen wir zu dem einzigen Kritikpunkt, den ich an diesem Buch habe. Das Cover. Ich kann gar nicht genau sagen, woran es liegt, aber so wirklich gefallen tut es mir nicht. Vielleicht weil ich den Knaben nicht so hübsch finde? Ich weiß es nicht. Und ja, dieses Cover reiht sich in der Anmutung der bisherigen Cover von Jessica Winter ein. Aber es kann nicht wirklich den doch sehr gehaltvollen und aufwühlenden Inhalt transportieren.

Handlung
Der FBI Agent Jake arbeitet daran, einen Menschenhändlerring auszuhebeln und muss dabei Situationen miterleben, die selbst mir als Leser an die Nieren gehen. In diesem Chaos lernt er die junge, unnahbare Ruby kennen, bei der er schnell begreift, dass sie sich in dieser Szene bestens auskennt und tiefsitzende Traumata erlebt haben muss. Als vor dem Frauenhaus, in dem Ruby arbeitet, ein Mädchen entführt wird, sieht sie sich wieder in ihre Vergangenheit zurückversetzt. Aber sie will auf eigene Faust das Mädchen finden und beginnt, ihre eigene Vergangenheit aufzuarbeiten.

Buchlayout / Haptik
Wie alle eBooks von Jessica ist auch dieses schlicht gestaltet. Es hat insgesamt 348 Seiten in 46 Kapitel plus Epilog. Jedes Kapitel wird mit der Kapitelnummer und dem Namen Jake oder Ruby eingeleitet.

Idee / Plot
Gerade die Mischung aus Krimi, dem stark aufwühlendem Themen Menschenhandel, Kindesmißbrauch und Zwangsprostitution und die zarte Liebe zwischen den Protagonisten hat mich an dieser Idee sehr begeistert. Es ist keine stumpfe girly-Lovestory, sondern die Entwicklung der Beziehung der beiden ist so fein und leise, und mit vielen traumatischen Stolpersteinen behaftet. Die Entdeckung der wahren Liebe und einer körperlichen Zuneigung und auch Lust gerade aus solch einer Vergangenheit heraus, ist eine sehr große Herausforderung und wird in dieser Geschichte spannend erzählt.

Emotionen / Protagonisten
Dieses Buch bringt enorme Emotionen mit sich. Zum einen die wirklich sehr fesselnde kriminalistisch angehauchte Story rund um die Aushebung des Menschenhändlerrings, und zum anderen die sehr aufwühlende und bewegende Vergangenheit von Ruby, wie auch die wirklich mitreißende und berührende Lovestory zwischen Ruby und Jake. Ich konnte extrem gut mit beiden mitfühlen, mitleiden und mich mitfreuen.

Ruby hat in ihrem Leben so viel erlebt, dass es einem bei den Rückblenden wirklich das Herz zuschnürt und man schlucken muss. Gerade als Mutter von 2 Kindern geht mir sowas sehr nahe. Sie wurde als Kind gebrochen, ist aber nun erwachsen geworden und versucht ihr Leben zu meistern. Sie wirkt zwar sehr tough und handelt auch meistens so, aber sie überlebt das nur durch ihre sehr starken Mauern.

“Als wäre ich buchstäblich das Letzte, was er hier sehen wollte. Ich kneife die Augen zusammen. Tja, dito, Freundchen, aber damit müssen wir nun wohl beide leben. Ich ignoriere den Stich in meiner Brust, drehe mich zu der Stripperin, die auf meiner anderen Seite steht, und lächle sie an.”

Jessica Winter “Durch die hellste Nacht” S.77-78 (©2022 Tinte & Feder. Kindle-Version)


Auch Jake hat in seiner Vergangenheit einiges erlebt, aber auch ihn lassen die Szenen, die er während seiner Arbeit miterleben muss, nicht kalt. Sein Verhalten gegenüber Ruby ist so vorsichtig, aber auch liebevoll, rücksichtsvoll.

“Einerseits, weil ich mich nicht an alles erinnere, andererseits, weil ich im Laufe der Jahre verstanden habe, dass die Vergangenheit eine Einbahnstraße ist. Sie wird sich nicht ändern, egal wie sehr ich grüble und versuche, Antworten zu finden, wo es keine gibt.«”

Jessica Winter “Durch die hellste Nacht” S.154 (©2022 Tinte & Feder. Kindle-Version)

Handlungsaufbau / Spannungsbogen
Das Buch geht ziemlich flott los und wird schon von Anfang an ziemlich spannend und fesselnd. Rubys Vergangenheit wird im Laufe des Buches allmählich deutlicher und dann durch die späteren Rückblenden ziemlich bestürzend und berührend. Durch den kriminalistischen Anteil wird die Spannung auch kontinuierlich über das Buch aufgebaut und endet in einem richtig fesselnden Höhepunkt.

Die Romance zwischen Jake und Ruby baut sich ebenfalls sanft auf und ist mit einigen Missverständnissen gespickt. Es hat mich von Anfang an gefesselt und bis zum Ende hatte ich eine komplett aufregende Story, die mich nicht mehr losgelassen hat und das richtige Maß an dramatischer und realistischer Liebesgeschichte hatte.

»Du musst damit nicht alleine sein«, murmelt er. Und irgendwie ist der Satz der letzte Anstoß, den ich gebraucht habe, um mich ächzend zurück zu Jake zu drehen, wo meine Stirn seine Schulter findet. Ich habe es satt wegzulaufen.

Jessica Winter “Durch die hellste Nacht” S.159 (©2022 Tinte & Feder. Kindle-Version)

Szenerie / Setting
Wie nicht anders zu erwarten, spielt diese Geschichte auch in sozialen Brennpunkten, bzw. geht in sehr sozialkritische Gefilde. Es greift Themen auf, die einem unangenehm sind, und die aufzeigen, dass es auch andere Leben als im eigenen behüteten Heim gibt, Leben am Rande der Gesellschaft, die ausgebeutet und gebrochen und behandelt werden wie ein Stück Dreck. Diesmal ging es mir auch wieder sehr unter die Haut. Wir sind zwar in Amerika - und dort wirkt für uns Europäer alles viel krasser - aber diese Fälle gibt es überall auf der ganzen Welt.

Sprache / Schreibstil
Jessicas Sprachstil ist wie immer direkt und authentisch, der es schafft, mir ohne übertriebene Schnörkelei genau die richtigen Gefühle und Bilder zu erzeugen. Auch dieses Buch wird im Präteritum in der Mulitperspektive aus der Sicht von Ruby und Jake erzählt, die sich pro Kapitel abwechselt.

FAZIT
Aufwühlende, bewegende und berührende Dramance mit kriminalistischem Flair. Es hat mich durch die spannende Story und den gelungenen Handlungsaufbau wieder total berührt und gefesselt und kann ich nur absolut weiterempfehlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.06.2021

Ich bin geflasht! Erwachsener, Aufregend, mitreißend und auch am Ende doch so traurig!

Zepter aus Licht
1

Woah! Ich bin immer noch ganz von den Socken und berührt! Endlich ein neues Marah-Buch - und was für eins!! Wie Ihr ja wisst, bin ich ein absoluter Marah Woolf Fan. Es gibt kaum Autoren, die mich so stark ...

Woah! Ich bin immer noch ganz von den Socken und berührt! Endlich ein neues Marah-Buch - und was für eins!! Wie Ihr ja wisst, bin ich ein absoluter Marah Woolf Fan. Es gibt kaum Autoren, die mich so stark in den Bann einer Geschichte ziehen können, wie sie! Um so mehr habe ich mich gefreut, dass ich dieses neue Schätzchen nun über Netgalley Deutschland schon vorab lesen durfte! Und es hat mich mal wieder richtig gepackt und am Ende mein kleines Herz zerrissen!

Coverbild
Das Cover ist mal wieder etwas ganz anderes, als man es erwarten würde von einem “typischen” Romantasy. Wobei ich das ja genial finde, da Marah bei jedem Projekt versucht etwas Eigenes zu schaffen und nicht einen Aufguss von irgendwas anderem. Mir gefällt das Cover richtig gut! In der Mitte des Bildes sieht man einen fein ziselierten Stab auf dem eine rosafarbene Glaskugel in einer Goldfassung sitzt. Im Hintergrund kann man ein Wandrelief erkennen, auf dem ägyptische Hieroglyphen stehen. Der Titel ist in großen Lettern darüber und darunter angeordnet. Das ganze wirkt erwachsener, ja, und so ist auch der Inhalt des Buches und passt meiner Meinung nach wie die Faust aufs Auge!

Handlung
Taris Bruder ist schwer krank, und sie weiß, dass Malachi nicht mehr lange zu leben hat. Viel lieber würde sie bei ihm bleiben, wenn da nicht so ein sturer und überheblicher Engel sie erpressen würde und von ihr verlangt, ein Artefakt zu finden. Widerwillig lässt sie ihren Bruder alleine und gemeinsam mit Azrael macht sie sich auf die Suche nach diesem Zepter.

Azrael kann nicht glauben, dass so eine junge Frau, die eine Highschool-Schülerin sein könnte, das lang verschwundene Artefakt wieder finden soll. Aber auch er hat seine Befehle und muss sich wohl mit der eigenwilligen und ziemlich vorlauten Nefertari wohl oder übel arrangieren. Denn er braucht das Zepter unbedingt, und wenn sie tatsächlich das Artefakt findet, vielleicht findet sie dann auch die anderen Insignien. Aber davon darf Taris erst mal nichts erfahren.

Buchlayout / eBook
Die Gestaltung vom eBook ist schon echt der Hammer! Wie dann wohl die Printausgabe aussehen wird? Die gut 560 Seiten werden in 23 Kapitel aufgeteilt. Jedes Kapitel wird mit dem Namen des Protagonisten eingeführt, aus dessen Perspektive das Kapitel geschrieben ist. Dabei wird eine klare Sans-Serife verwendet und die Kapitelüberschrift mit einer schönen Grafik verziert. Im Anhang gibt es neben dem Personenverzeichnis auch, wie gewohnt, ein leckeres Rezept, eine Zeittafel der wichtigsten Ereignisse für ein besseres Verständnis der Historie und auch noch mal eine Skizze über das Tal der Könige.

Idee / Plot
Eine moderne Schatzsuche, quasi Indiana Jones im Romantasy-Kleid mit Fantasy-Elementen. Ich finde das einfach wunderbar! Und wer Indiana Jones kennt und mag, wird dieses Buch ebenfalls lieben! Es ist spannend, aber vor allem auch super witzig und voller Rätsel. Das alles in einem erwachsenem Romantasy verpackt, ist einfach genial!

Vor allem liebe ich die ägyptische Mythologie. Aber dabei bleibt es ja nicht, Marah flechtet die gesamte vorchristliche Mythologie hier ein und sie wird ihrem Bildungsauftrag vollends gerecht. Und ja, endlich mal eine erwachsene Protagonistin, die nicht auf die Schnauze gefallen ist und weiß was sie will!

Emotionen / Protagonisten
Nefertari ist toll! Sie ist tough und straight, liebt aber ihren Bruder über alles und würde alles für ihn tun. Schon alleine, weil ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen sind, ist Malachi ihr einziger Halt. Aber sie hat Feuer und liebt ihren Beruf, bei dem ihr keiner was reinreden kann, nicht mal ein arroganter Erzengel, der meint, alles besser zu wissen.

Aber der bad-boy der Londoner Society Azrael steht unter Druck, denn er muss dieses Artefakt finden, so bald wie möglich, und das aus einem bestimmten Grund. Irgendwie kann er Taris nicht wirklich ernst nehmen, und das kommt in seiner überheblichen Art am Anfang ziemlich gut durch. Aber auch er muss lernen, dass Taris wirklich was auf dem Kasten hat und nicht so ein naives it-girl-Püppchen, das zu allem “Ja und Amen” sagt. Leider kann das Kerlchen ganz schön aufbrausend sein. Hui!

Man merkt richtig, wie viel Spaß Marah dabei hatte, die Dialoge zwischen Az und Taris zu schreiben! Die beiden schenken sich nichts, der Schlagabtausch und die flapsig sarkastischen Sprüche sind so genial und ich habe mich jedes mal in die Ecke geschmissen!

„Kaum sitzt sie wieder im Auto, als sie ihr Handy herauszieht und mit verzückter Miene etwas einzutippen beginnt.
»Schreibst du wieder mit dem Typen, der dich im Bett mit deinem Titel anreden darf?«, frage ich und ärgere mich umgehend über mich selbst. Ich klinge wie ein eifersüchtiger Affe, dabei wollte ich doch besonnen sein.“

Marah Woolf. „Zepter aus Licht - Atlantis-Chroniken 1“ Pos. 1672 (kindle Edition © 2021 Marah Woolf in Selbstpublikation)


Na, und dass es irgendwann mal funken wird, war ja wohl klar. Und ich kann euch versprechen - huuuuuuh, das wird hot! Da prickelt es aber mal gewaltig!

„Das ist anzunehmen.« Ich gehe hinter ihr her, froh, dass sie so vernünftig gewesen ist. Ginge es nach mir, würden wir definitiv nicht aufräumen, sondern sie hätte bereits ihre Beine um mich geschlungen und meine Lippen lägen auf ihren.“
Marah Woolf. „Zepter aus Licht - Atlantis-Chroniken 1“ Pos. 2895 (kindle Edition © 2021 Marah Woolf in Selbstpublikation)

Und wie von Marah gewohnt, gibt es natürlich auch wieder ein paar sehr interessante Nebencharaktere, die ich alle hier gar nicht aufzählen kann. Zu erwähnen wäre natürlich Horus, Azraels rechte Hand und ein super sympathischer Charakter.

Aber auch der Antagonist Seth ist gar nicht so unattraktiv. Marah spiel hier überaus gekonnt mit den Sympathien und Antipathien zwischen den Charakteren!

Handlungsaufbau / Spannungsbogen
Gleich zu Beginn wird es erst mal kurz aufregend. Aber dann führt uns Marah sehr schön vor Augen, wie sehr sich die Geschwister lieben und wie schwer krank Malachi ist. Mit dem Auftauchen des arroganten Erzengels wird es gleich wieder interessant und Taris muss sich mit Azrael und Horus auf die Suche nach dem Zepter machen. Dabei entwickelt sich die Handlung zunächst eher sanft, es dreht sich eher um die Rätsel und die beiden aufeinander prallenden Sturköpfe.

„Azraels Augen weiten sich, als ihm klar wird, in was er sich da hineinmanövriert hat. Selbst schuld, formen meine Lippen. Den Lauscher an der Wand trifft seine eigne Schand, modifiziere ich das Sprichwort etwas. »Kümmert euch gut um ihn«, fordere ich die zwei auf. »Ich habe leider viel wichtigere Dinge zu tun.« Bevor er sich rächen kann, renne ich los.“

Apple Books. Marah Woolf. „Zepter aus Licht - Atlantis-Chroniken 1“ Pos. 2101 (kindle Edition © 2021 Marah Woolf in Selbstpublikation)

Aber schon bald wird es immer spannender und es geht Schlag auf Schlag weiter, bis es in einen wahnsinnig aufregenden und fulminanten Showdown gipfelt! Am Ende habe ich nur noch Rotz und Wasser geheult - Marah hat es sich natürlich nicht nehmen lassen, uns wieder mit einem so fiesen Cliffhanger zurück zu lassen. Mein Herz ist gebrochen, obwohl man das Ende doch irgendwie vermutet hatte.

Szenerie / Setting
Ich liebe die ägyptische Mythologie und bin einfach begeistert, wie Marah daraus ein mega spannendes und trotzdem humorvolles Romantasy-Abenteuer gestrickt hat, und jede Umgebung, sei es London, sei es in Somerset oder in Ägypten so bildhaft und eindrucksvoll beschreiben kann. Oder seien es auch bestimmte Yoga-Übungen…

„Das Einzige, das ich sicher weiß, ist, dass er mich nicht fallen lassen wird, obwohl diese Übung wahnsinnig viel Kraft verlangt. Seine Hitze brennt auf meiner Haut.
»Das ist etwas wackelig«, presse ich angestrengt hervor.
»Das Leben ist immer etwas wackelig, Liebling. Das gehört dazu.“

Marah Woolf. „Zepter aus Licht - Atlantis-Chroniken 1“ Pos. 4798 (kindle Edition © 2021 Marah Woolf in Selbstpublikation)

Was ich allerdings phantastisch finde, ist, dass Marah hier ganz viele ihrer Geschichten und Protagonisten zusammenführt und wir einige Eastereggs begegnen! Wer alle Bücher von Marah kennt, wird sich sehr freuen!

„Wenn Luce eines Tages seine Strafe verbüßt hat und zurückkommt, wird er sehen, was er angerichtet hat. Vielleicht wären Adam und seine Kinder und Kindeskinder unsterblich geblieben wie wir. Ich konnte Luce gut leiden, aber er war ein Aufrührer. “

Marah Woolf. „Zepter aus Licht - Atlantis-Chroniken 1“ Pos. 4351 (kindle Edition © 2021 Marah Woolf in Selbstpublikation)


Sprache / Schreibstil
Man merkt einfach, dass Marah unheimlich viel Spaß hatte, dieses Buch zu schreiben. Wie gewohnt ist es in ihrer natürlichen, spritzigen und flüssigen Sprache geschrieben und hat diesmal einfach sehr viel mehr witzige und humorvolle Szenen eingebaut. In dieser Geschichte erleben wir das Geschehen aus der Perspektive von Taris und Azrael als Ich-Erzähler im Präsens. Ich finde den Perspektivenwechsel absolut gelungen und macht richtig Lust auf mehr!

Besonders schön finde ich auch, dass Marah es immer wieder schafft, kritische Aspekte des christlichen Glaubens einzubauen und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.

„Es nickt nur stumm. Osiris wird kein Verständnis dafür haben, dass ich ihm eine Seele bringe, die die Prüfungen der Duat nicht abgelegt hat, aber das ist mir egal. Welche Sünden soll die Seele des Kindes in diesem kurzen Leben schon begangen haben? “
Marah Woolf. „Zepter aus Licht - Atlantis-Chroniken 1“ Pos. 3069 (kindle Edition © 2021 Marah Woolf in Selbstpublikation)

FAZIT
Was für eine aufregende, mitreißende und auch am Ende so traurige Story! Ich bin überwältigt, geflasht und erschüttert! Marah hat hier wieder eine super schöne und aufregende Welt geschaffen und ich habe mich sofort in alle Charaktere verliebt und will definitiv mehr!

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Veröffentlicht am 01.05.2019

40 Jahre Die Unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte
1

Erst einmal möchte ich mich ganz herzlich beim Team des Thienemann Verlages bedanken, das mir ein Rezensionsexemplar der Unendlichen Geschichte in der neuesten Ausgabe zum 40. Jahrestag überlassen hat.

Warum ...

Erst einmal möchte ich mich ganz herzlich beim Team des Thienemann Verlages bedanken, das mir ein Rezensionsexemplar der Unendlichen Geschichte in der neuesten Ausgabe zum 40. Jahrestag überlassen hat.

Warum das Re-Read?
Gelesen habe ich die Unendliche Geschichte komplett nur einmal als Kind, ziemlich bald nachdem die erste Ausgabe veröffentlicht wurde, bzw. wurde sie mir vorgelesen. Als das dreiteilige Hörspiel Anfang der 80er dann auf dem Markt kam, haben wir als Kinder dieses inhaliert. Seitdem ist es ein ständiger Begleiter und ich kann so gut wie alle Szenen schon synchron mitsprechen.

Als meine Kinder langsam in das richtige Alter für einen Ausflug nach Phantásien kamen, war es das erste Mal, dass ich das Buch von 1979 wieder in den Händen gehalten hatte. Die Geschichte habe ich aber nur lückenhaft mitbekommen, da ich durch den Wechsel mit meinem Mann immer nur Bruchstücke vorgelesen habe. Und der Wunsch, das Buch mal wieder ganz alleine und in einem Rutsch zu lesen hatte sich ab dem Zeitpunkt unterschwellig in meinem Bauch eingenistet.

Rezension der anderen Art
Ich denke, es gibt genügend Rezensionen und vor allem detaillierte Buchbesprechungen zu “Die Unendliche Geschichte”. Ich werde deswegen hier keine standardmäßige Rezension schreiben, sondern eher auf meine Gefühle beim Lesen eingehen. Ich gehe davon aus, dass der Inhalt und der Verlauf der Unendlichen Geschichte meinen Lesern hier bekannt ist. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass meine Ausführungen hier bestimmt Spoiler enthalten werden.

Mir ist klar, dass ich nicht auf Alles eingehen kann, aber ich hoffe, Euch ein Stückchen meiner Leseerfahrung näher zu bringen zu können.

Solltet Ihr die Unendliche Geschichte nicht kennen, dann empfehle ich Euch ganz dringend dies nachzuholen, und vielleicht erst dann meine Meinung hier zu lesen.

Die Ausgabe 2019
Die neue Ausgabe ist wunderschön gestaltet. Für die gesamten Illustrationen zeichnet sich Eva Schöffman-Davidov verantwortlich.

Klassischerweise hat das Buch, wie auch schon die erste Ausgabe 1979, einen roten Leineneinband, das den Kupfereinband des Buches in der Geschichte nachahmen soll. Der Vorsatz ist abwechselnd verziert mit einer roten und dunkeltürkisen Ornament-Zeichnung. Jedes Kapitel beginnt mit einer zweifarbigen Zeichnung der Initiale.

Besonders schön ist der Schutzumschlag. Er ist durchgehend schwarz mit filigranen weißen und goldenen Zeichnungen. In der Mitte ist das Amulett AURYN zu sehen, in deren Mitte “Michael Ende” und “Die Unendliche Geschichte” in Versalien gesetzt wurde. Die zwei Schlangen des Amuletts sind sehr detailreich gezeichnet. Jede Ecke zieren geometrische Formen und Ornamente, die über die gesamte Fläche weiter auslaufen. Das Cover haut mich wirklich um und ich bin richtig begeistert!

Erst bei dieser Ausgabe ist mir tatsächlich aufgefallen, dass das Buch genau 26 Kapitel besitzt und jedes Kapitel mit dem Buchstaben entsprechend der alphabetischen Reihenfolge beginnt. Und auch in dieser Ausgabe wird die Schriftfarbe zweifarbig gedruckt, je nachdem aus welcher Perspektive der Abschnitt erzählt wird.

Was mir leider fehlt sind die ganzseitigen Zeichnungen an jedem Kapitelanfang. In der Ausgabe 1979 wurden die Zeichnungen der Initialen über eine ganze Seite ausgestreckt.

Trotzdem sieht man, dass diese neue Auflage, 40 Jahre nach der Erstausgabe dieses wunderbaren Buches mit sehr viel Herzblut und Hingabe gestaltet und produziert wurde und ein würdiges Geburtstagsgeschenk an Michael Endes Gedenken ist.

Die Charaktere
Ich kann natürlich nicht alle Charaktere auflisten. Deswegen möchte ich nur über die Figuren schreiben, die wichtig sind und mich besonders berührt haben.

Bastian Balthasar Bux
Ich mochte Bastian noch nie. Weder beim Hörspiel noch beim Lesen damals. Das hat sich beim Re-Read auch nicht geändert. Er ist egoistisch, eigensinnig und bockig. Schon alleine, wie er sich ständig am Anfang selber herunter macht, er sei dick und unbeliebt. Das hat mich immer schon enorm gestört. Jetzt verstehe ich aber, warum Michael Ende den Jungen so stark unsympathisch zeichnen musste. Auch seine Entwicklung geht erst mal in die negative Richtung. Er wird immer dreister und unverschämter, bis er Atréju tatsächlich den Kampf ansagt und ihn verletzt. Aber mir gefällt besonders gut, dass Bastian einsichtig wird, dass er durch das Vergessen seiner Erinnerungen an die Menschenwelt am Ende gezwungen ist über sich und den wahren Wunsch nachzudenken und tatsächlich selber darauf kommt, dass er dem Vater das Wasser des Lebens mitbringen möchte, also seine Erkenntnis über seinen wahren Wunsch, endlich selber lieben zu können.

Atréju
Im Gegensatz zu Bastian war ich schon als Kind verliebt in Atréju. Ein selbständiger kleiner Junge, der sein Leben und Lenken nicht auf sich bezogen hat, sondern immer das große Ganze im Blick hatte. Er ist uneigennützig und legt sein Leben in die Hände von Bastian. Und er bleibt sich seiner Linie treu, auch bis zum Schluß als er für Bastian einsteht und seine angefangenen Geschichten in Phantásien zu beenden. Er ist also genau das Gegenteil von dem, was ich über Bastian empfinde. Aber das ist von Michael Ende auch bewusst so eingesetzt worden, denn Atréju ist in Wahrheit Bastian, bzw. Atréju ist das, was sich Bastian immer gewünscht hat zu sein.

Fuchur
Manchmal ist mir Fuchur mit seinem “Glück haben”-Gefasel richtig auf den Keks gegangen. Aber ich glaube, Fuchur ist dazu da dem Leser zu vermitteln, Situationen einfach anzunehmen und weiterzumachen, ohne groß darüber nach zu denken. Das Schicksal wird deinen Weg schon lenken.

Gmork
Die Begegnung zwischen Atréju und Gmork bereitet mir immer Gänsehaut. Gmork ist böse und gefährlich. Aber ich empfand ihn schon immer für was Besonderes, denn er ist weder Phantásier noch Mensch. Die Unterhaltung zwischen den Beiden hat so viel geballte Kritik und ist für mich eine Schlüsselszene. Sie zeigt, dass die beiden Welten, Phantásien und die Menschenwelt zusammengehören und voneinander abhängig sind.

Uyujála
Wie ihr alleine schon am Namen meines Blogs “TheUjulala” erkennen könnt, ist die Unendliche Geschichte ein sehr wichtiger Bestandteil in meinem literarischen Leben, damals wie heute. Michael Ende hat die Figur des Südlichen Orakels zwar anders geschrieben, aber die Begegnung mit der Uyulála ist für mich eines der schönsten und poetischsten Zwiegespräche im gesamten Roman. Nur eine Stimme allein schon ist ihr Körper. Dieser Aspekt hat mich auch schon als Kind so sehr begeistert, dass ich ihn nur mehr als passend als Namen für meinen Bücherblog empfand.

Zeitlos und trotzdem immer noch aktuell
Die Geschichte um Atréju und Bastian ist nicht nur einfach ein Abenteuer, es ist zeitlos und noch viel mehr. Es ist die Suche nach dem wirklich wahren Wunsch, aber nicht nach oberflächlichen Wünschen die uns augenscheinlich Freude machen sollen wie schöner, stärker und mächtiger zu werden. Sondern der Wunsch lieben und lieben zu können.

“Es gab in der Welt tausend und tausend Formen der Freude, aber im Grunde waren sie alle eine einzige, die Freude lieben zu können. Beides war ein und dasselbe.”

Michael Ende “Die Unendliche Geschichte”, S. 463 (Gebundene Ausgabe © 2019 Thienemann-Esslinger Verlag GmbH, Stuttgart)

Es ist von Michael Ende ein Appell an die Menschheit gegen Egoismus und für mehr Liebe und Aufmerksamkeit zueinander. Der Weg dahin, um dieses Glück und diesen Wunsch zu erreichen, ist unerheblich, denn

“[..] jeder Weg, der dorthin führt, war am Ende der richtige.”

Michael Ende “Die Unendliche Geschichte”, S. 436 (Gebundene Ausgabe © 2019 Thienemann-Esslinger Verlag GmbH, Stuttgart)

Diesen Weg können wir aber nur beschreiten, wenn wir unsere Phantasie bewahren und ihr Glauben schenken, denn ohne Phantasie wird die Menschheit sterben und nicht mehr in der Lage sein können zu Lieben und Liebe zu schenken. Ohne Phantasie werden wir alle zu Lügen, denn dann belügen wir uns selbst.

“Deshalb hassen und fürchten die Menschen Phantásien und alles, was von hier kommt. Sie wollen es vernichten. Und sie wissen nicht, dass sie gerade damit die Flut von Lügen vermehren, die sich ununterbrochen in die Menschenwelt ergießt - diesen Strom aus unkenntlich gewordenen Wesen Phantásiens, die dort das Scheindasein lebender Leichname führen müssen und die Seelen der Menschen mit ihrem Modergeruch vergiften. [..].”

Michael Ende “Die Unendliche Geschichte”, S. 158 (Gebundene Ausgabe © 2019 Thienemann-Esslinger Verlag GmbH, Stuttgart)

In diesem Gespräch mit Gmork, dem Werwolf, schleudert uns Ende seine Kritik an die Gesellschaft, an die machtbesessene und verlogene Menschenwelt entgegen. Trotzdem die Geschichte vor 40 Jahren entstanden ist, hat sie heute nichts an Aktualität verloren. Nein, ich behaupte sogar, sie ist inzwischen noch brandaktueller geworden!

Welche ist Deine Kernbotschaft?
Gerade weil Michael Ende sich geweigert hat über die Kernbotschaft der unendlichen Geschichten eine Aussage zu machen, zeigt mir das, dass jeder für sich seine Kernbotschaft aus diesem Roman ziehen muss. Denn darum geht es ja, mit seiner eigenen Phantasie seine Ziele und Wünsche zu verwirklichen. Jeder soll sich seine eigene Phantasie bewahren und jeder muss seinen eigenen Weg finden. Aber es besteht auch die Gefahr, sich in der Phantasie zu verlieren. Nein, die richtige Balance zwischen Phantasie und Realität ist wichtig.

Diese Geschichte strotzt nur so vor Botschaften, such Dir die Botschaft aus, die Du im Moment brauchst und es ist Dir frei, diese für dich zu interpretieren!

Immer unendlich
Ach, es gibt noch so viel über dieses Buch zu erzählen. Natürlich habe ich bei Artaxs Abschied in den Sümpfen der Traurigkeit Rotz und Wasser geheult. Genauso wie in dem Moment, als Bastian zurückkehrt zu seinem Vater, und dieser weint, als Bastian ihm seine ganze Geschichte erzählt. Aber das alles würde nur noch den Rahmen hier sprengen.

Ich kann Euch nur sehr innig ans Herz legen, die Unendliche Geschichte zu lesen, wenn ihr sie noch nicht kennen solltet. Und wenn ihr sie doch schon kennt, dann lest sie noch mal, denn jeder Ausflug nach Phantásien ist ein Ausflug in ein Reich voller Zauber, Magie und zu deinem wahren inneren Ich.

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