Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.07.2018

Drei Freundinnen und ihre Schicksale

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner
0

Dies ist eine Geschichte von drei Frauen: gute Freundinnen seit ihrer Jugend, mehr oder weniger glücklich, mehr oder weniger stark. Die Besonderheiten bzw. Eigenarten des Buches: erstens spielt die Handlung ...

Dies ist eine Geschichte von drei Frauen: gute Freundinnen seit ihrer Jugend, mehr oder weniger glücklich, mehr oder weniger stark. Die Besonderheiten bzw. Eigenarten des Buches: erstens spielt die Handlung im afroamerikanischen Milieu und zweitens spielen Verstorbene darin eine äußerst lebhafte, nein, man kann guten Gewissens sagen: lebendige Rolle. Ob das Buch dadurch zum Fantasy-Roman wird? Nein, keineswegs - es ist eine warmherzige, humorvolle, mitunter auch traurige Familien- und Freundinnengeschichte der ganz besonderen Art, ein wenig zu vergleichen mit Büchern wie "Kleine Vogelkunde Ostafrikas" oder "Kuchen backen in Kigali", denn wie diese ist dies ein unterhaltsames Buch, ohne aber unbeschwert zu sein von historischen und sozialen Lasten. Probleme werden nicht ausgespart, doch sie werden behutsam integriert: Krankheit, Tod, Ehebruch - damit und mit noch vielem mehr werden die Protagonistinnen Odette, Clarice und Barbara Jean, die sich seit Jahren regelmäßig in Earl's Diner treffen, konfrontiert, doch gibt es immer wieder Hoffnung.

Ein Buch, das aufmuntert, Kraft gibt, Mut macht. Was mich ein ganz kleines bisschen stört, hat gar nichts mit dem Autor, Edward Kelsey Moore, der hiermit sein Erstlingswerk präsentiert, zu tun. Auch die Übersetzung ist gut gelungen, gibt sie doch den sehr speziellen Tenor des Romans gut wieder - nur der Titel - im Original "The Supremes at Earl's All-You-Can-Eat" hätte im Deutschen anders ausfallen dürfen: Mrs Roosevelt spielt zwar eine Rolle im Roman, doch die ist klein und lange nicht prominent genug, um sie zur Titelheldin zu katapultieren!

Veröffentlicht am 28.07.2018

Der geheimnisvolle Tod eines kleinen Mädchens

Die weißen Schatten der Nacht
0

steht im Mittelpunkt des neuen Krimis von Sabine Klewe, des zweiten um das Ermittlerduo Lydia Louis und Christopher Salomon. Und ich möchte gleich verraten, dass ich genauso begeistert war wie von Teil ...

steht im Mittelpunkt des neuen Krimis von Sabine Klewe, des zweiten um das Ermittlerduo Lydia Louis und Christopher Salomon. Und ich möchte gleich verraten, dass ich genauso begeistert war wie von Teil 1, von "Der Seele weißes Blut". Bei den Ermittlern handelt es sich um zwei eindrucksvolle Persönlichkeiten, die jeder ihr Päckchen zu tragen haben und, nachdem sie sich zusammengerauft haben, sich immer noch häufig übereinander wundern. Nichtdestotrotz halten sie zusammen gegen Verdächtige, fiese Kollegen... und gegen das Leben an sich. Sabin Klewe zeigt tragische Elemente auf, ohne durchgehend düster zu sein, der Krimi frustriert nicht - trotz aller Dramen hat er sogar von Zeit zu Zeit ein kleines Lächeln hervorgelockt.

Der Grund: Frau Klewe schreibt so atmosphärisch, dass man die Umgebung und die Charaktere fast spüren, riechen, schmecken kann. Und auch an Spannung fehlt es nicht. Aus meiner Sicht kann sie durchaus mit den großen Autorinnen des deutschen Krimis wie Nele Neuhaus oder Elisabeth Herrmann mithalten und braucht sich auch nicht im Schatten der Skandinavierinnen Camilla Läckberg oder Leena Lehtolainen zu verstecken. Wer solide, aber niemals gediegene bzw. konventionelle Krimikost mit Anspruch schätzt, der ist hier richtig!

Veröffentlicht am 28.07.2018

Ein Roman zu den olympischen Spielen in London

Gold
0

Der Brite Chris Cleave hat hier ein passendes Buch zum englischen Großereignis des Jahres 2012 verfasst: zu den olympischen Spielen in London - und zwar einen mitreißenden Roman rund um den Radsport.

Es ...

Der Brite Chris Cleave hat hier ein passendes Buch zum englischen Großereignis des Jahres 2012 verfasst: zu den olympischen Spielen in London - und zwar einen mitreißenden Roman rund um den Radsport.

Es geht hier um das Leben und Wirken der beiden Freundinnen Kate und Zoe, zwischen denen ein Mann und ein Kind - Kates Mann Jack - ebenfalls ein erfolgreicher Radsportler - und die gemeinsame schwerkranke Tochter Sophie stehen. Zudem wetteifern sie seit Jahren in ihrer Disziplin - wobei Zoe mit der Goldmedaille 2004 in Athen bereits einen namhaften Erfolg vorzuweisen hat - Kate blieb bei der schwerkranken Tochter. Der Sport fungiert hier quasi als Darstellung einer Leidenschaft - obwohl man quasi beiläufig Detailliertes und Wissenswertes über den Radsport erfährt, hätte es auch durch etwas anderes ersetzt werden können.

Ein schicksalhafter Roman mit dramatischen Entwicklungen und einem für mich überraschenden Ende, wobei ich teilweise das Gefühl hatte, dass der Autor merkwürdige Vorstellungen von einer Frauenfreundschaft hat- die Handlungen, Beweggründe und Motivationen der beiden Protagonistinnen waren für mich nicht immer nachzuvollziehen. Aber wer weiß - die Charaktere sind unterschiedlich.

Ein positiver Aspekt, den ich noch benennen möchte, ist die wie immer gelungene Übersetzung von Susanne Goga-Klinkenberg, einer Meisterin ihres Faches - normalerweise sind eher Krimis bzw. Spannungsliteratur im weitesten Sinne ihr Metier, doch auch hier schlägt sie sich bravurös.

Ich kann mir vorstellen, dass Leser, die offener als ich für Schicksalsdramen sind, diesem Buch mehr Begeisterung entgegenbringen werden - doch auch so garantiert es solide Unterhaltung rund um ein zeitgeschichtliches Großereignis, an das sich viele noch bildhalft erinnern.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Echt polnisch, echt osteuropäisch, echt europäisch - echt kosmopolitisch!

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter überlebt
0

Ein tolles Jugendbuch, das auch Erwachsenen Spaß macht!

Alicia ist in Schweden aufgewachsen und zwar in zwei unterschiedlichen Kulturkreisen: während ihr Vater Schwede ist, ist ihre Mutter Polin und lebt ...

Ein tolles Jugendbuch, das auch Erwachsenen Spaß macht!

Alicia ist in Schweden aufgewachsen und zwar in zwei unterschiedlichen Kulturkreisen: während ihr Vater Schwede ist, ist ihre Mutter Polin und lebt diese Kultur auch ganz selbstverständlich in ihrem Heim, was vom ausschließlichen Gebrauch ihrer Muttersprache über die Zubereitung der - von Alicia nicht allzusehr geschätzten - Nationalgerichte bis zum Gebrauch einer aus Alicias Sicht typischer Gepflogenheiten wie mangelnder Diplomatie, vorbehaltloser Großzügigkeit und permanenter Einmischung in die Privatsphäre der Mitmenschen reicht. Ein mitreißendes, humorvolles, aber auch einfühlsames Buch, das nicht nur das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Kulturen, sondern auch die Auseinandersetzung einer Heranwachsenenden mit ihren Eltern beinhaltet. Die fast schon obligatorische Liebesgeschichte darf nicht fehlen, doch ist sie humorvoll und eher unkonventionell dargestellt und fügt sich somit nahtlos in die originelle Erzählung ein. Auch wenn es im Buch selbst keine exakte zeitliche Angabe gibt - die Handlung spielt im Sommer 1989, wird doch darin der Besuch von Papst Johannes Paul II in Schweden thematisiert und dieser fand im Juni des genanntes Jahres statt.
Das bedeutet, dass für ältere Semester mit eigener Osteuropa-Vergangenheit wie mich zahlreiche Erinnerungen und Assoziationen geweckt werden. Obwohl meine eigene osteuropäische Anbindung weder polnisch noch katholisch ist, habe ich viele Parallelen entdeckt - sowohl beim Feiern von Festen, als auch beim Einsetzen von Handwerkern eigener Nationalität, aber vor allem in Bezug auf Gastfreundlichkeit und Mitgefühl. Das macht das Buch zu einem warmherzigen, mitreißenden Leseerlebnis, das ich möglichst vielen Interessenten weiterempfehlen will - unbedingt lohnenswert! Und zwar nicht nur als Buch über polnische Mütter: es ist ein Paradebeispiel für das Zusammenleben unterschiedlicher Nationalitäten miteinander: Echt polnisch, echt osteuropäisch, echt europäisch - echt kosmopolitisch!

Veröffentlicht am 28.07.2018

Einen interessanten Schülerjob

Zeitenzauber - Die goldene Brücke
0

hat die Abiturientin Anna - sie ist nämlich Zeitwächterin, reist im Auftrag des entsprechenden Geheimbundes in die Vergangenheit - meist zusammen mit ihrer großen Liebe Sebastiano - und rettet dort die ...

hat die Abiturientin Anna - sie ist nämlich Zeitwächterin, reist im Auftrag des entsprechenden Geheimbundes in die Vergangenheit - meist zusammen mit ihrer großen Liebe Sebastiano - und rettet dort die ein oder andere Seele, die ansonsten verloren gehen könnte, so gleich zu Beginn des Buches Giacomo Casanova aus dem Gefängnis, der ansonsten seine ganzen Liebesabenteuer nicht hätte erleben und vor allem hätte er nicht die darauf basierenden Geschichten, die die Nachwelt noch bis heute erfreuen, schreiben können! Die Bezahlung dieser Jobs ist allerdings meist eher mies

Aber es besteht auch Gefahr, in der früheren Zeit steckenzubleiben und genau das droht Sebastiano in Paris - Anna wird also gleich nach einer besonders ätzenden Matheklausur dorthin gerufen, um ihn rauszuholen, er ist nämlich mitten im 17. Jahrhundert, hält sich für einen Musketier und denkt nicht im Traum daran, wieder ins wahre Leben zurückzukehren.

Und damit nehmen die Wirren ihren Lauf...

Lesen Sie selbst, denn zu viel sollte man von dieser spannenden, actionreichen Geschichte nicht im Vorfeld verraten. Für mich ein wenig zu wirr, zu actionreich - ich mag eher Bücher, in denen die Sprache und die Erzählkunst im Vordergrund stehen - dagegen ist dies eher ein praller, manchmal überfüllter Film. Für Freunde unterhaltsamer Jugendbücher mit Zeitreisethemen und Fantasy-Elementen also genau das Richtige und aufgrund des durchaus lehrreichen reellen historischen Hintergrunds auch als nachhaltige Lektüre für Jugendliche durchaus zu empfehlen! Optisch aufgepeppt wird der Band durch die bezaubernde Seitengestaltung - jede Seitezahl ist liebevoll in eine historische Laterne "gehüllt", stimmungsvolle Zeichnungen führen in jeden Teil des Romans ein.

Auf die Suche nach der verlorenen Zeit brauchen sich also Anna und Sebastiano frei nach Proust nicht zu begeben, da sie diese immer wieder finden: mal da, mal dort - mal im 17., mal im 18. Jahrhundert und der Leser darf gespannt sein, wohin der noch ausstehende dritte Band sie führen wird!