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Veröffentlicht am 27.03.2021

Berührende Liebesgeschichte mit kleineren Schwächen

Der Liebesbrief
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Chloe Pencarrow ist viel zu früh Witwe geworden. Die junge Frau kommt mit dem Tod ihres Ehemannes Neil einfach nicht zurecht und beschließt einen Neuanfang zu wagen: Sie zieht aus dem trubeligen London, ...

Chloe Pencarrow ist viel zu früh Witwe geworden. Die junge Frau kommt mit dem Tod ihres Ehemannes Neil einfach nicht zurecht und beschließt einen Neuanfang zu wagen: Sie zieht aus dem trubeligen London, in dem sie alles an Neil erinnert, ins beschauliche Cornwall. Dort mietet sie in einem kleinen Küstenort das ehemalige Pfarrhaus, um wieder zu sich zu finden. Der Ort Rosecraddick ist überregional insbesondere für den dort aufgewachsenen Dichter Kit Rivers bekannt, dessen Gedichte aus dem ersten Weltkrieg zum Kulturgut des Landes gehören. Chloe ist ebenso fasziniert von dem Dichter und dem in ihren Augen nicht besonders stimmigen Kirchenfenster, welches ihm gewidmet wurde und ein stilistisch anders dargestelltes Gänseblümchen beinhaltet. Aufgrund dieser Entdeckung lernt sie den Historiker Matt kennen und beide möchten mehr über Kit und das Geheimnis des Gänseblümchens herausfinden. Dann findet Chloe zufällig unter einem losen Dielenbrett im alten Pfarrhaus ein bisher unentdecktes Tagebuch – dieses gehörte Daisy Hills, die zur Kriegszeit dort gelebt hat. Und die, wie Chloe aus dem Tagebuch erfährt, Kit Rivers große Liebe war…

Was beim Buch „Der Liebesbrief“ von Ruth Saberton als erstes ins Auge sticht ist natürlich die kunstvoll gestaltete Optik! Das Cover ist wunderschön und läd den Leser durch das offen stehende Tor direkt zum alten Pfarrhaus nach Cornwell ein. Die dunklen Wolken am Himmel stehen mit der wunderschönen Landschaft in Kontrast und lassen bereits ahnen, dass Unheil bevorsteht. Die Farbgebung und der hübsche Rahmen um den Titel empfinde ich ebenfalls als sehr ansprechend. Etwas Besonderes ist auf jeden Fall der farblich passend gestaltete Buchschnitt. Bereits der erste Eindruck des Buches versetzt den Leser somit direkt ins Setting und spiegelt somit sehr gut den Inhalt des Buches wider.

Der Schreibstil der Autorin besticht vor allem durch ihre Art, Landschaften und Räumlichkeiten lebendig werden zu lassen. Sie beschreibt so eindrücklich, dass ich Cornwalls raue Klippenlandschaft, aber auch das alte Pfarrhaus oder Kits Herrenhaus regelrecht vor meinen Augen sehen konnte! Das war absolut gelungen und hat direkt Fernweh hervorgerufen. Aber auch die Emotionen der Figuren wurden sehr gut dargestellt und übertragen. Besonders gut ist es der Autorin gelungen, trotz eigentlich sehr trauriger Themen wie Tod, Krieg, Verlust und Sehnsucht die Grundstimmung positiv zu halten, so dass ich nicht vom Schicksal beider Protagonistinnen heruntergezogen wurde, sondern auf die positiven Seiten und Lichtblicke fokussiert war.
„Der Liebesbrief“ setzt sich aus drei Teilen zusammen: Einer historischen Zeitebene rund um Daisys und Kits Geschichte, welche von der Gegenwart rund um Chloe eingerahmt wird. Zu Beginn steht ein passendes Gedicht von Wilfred Owen, welches die Autorin inspiriert hat, sowie ein Prolog, der bereits düsteres ahnen lässt. Den Aufbau fand ich zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, da die Teile so lange waren, dass ich die andere Zeitebene darüber fast vergessen habe. Andererseits konnte ich mich so gut in die jeweilige Situation einfinden und wurde nicht durch ständige Wechsel unterbrochen. Insofern war der gegenwärtige „Rahmen“ also letztendlich in meinen Augen stimmig.

Im ersten Abschnitt lernen wir Chloe und ihr Schicksal kennen. Die Ankunft im alten Pfarrhaus ist sehr gelungen beschrieben und die Atmosphäre in Cornwall anschaulich dargestellt. Auch wird Chloes Trauer, Einsamkeit und Melancholie nachvollziehbar geschildert. Bereits hier beginnt der Leser, Chloes Entwicklung mitzuerleben und begleitet sie auf den ersten Schritten des Prozesses, Neil loszulassen. Auch die rätselhaften Elemente wurden passend eingeführt und machen mich neugierig. Der folgende zweite Abschnitt lässt mich in eine ganz andere Zeit am selben Ort eintauchen. Auch hier sind Menschen und Zeitgeist absolut authentisch eingefangen, die Liebesgeschichte um Kit und Daisy gefühlvoll und romantisch erzählt. Es ging zwar alles sehr schnell mit den beiden, aber es blieb ihnen ja auch nicht viel Zeit: Der heranziehende Krieg ist bereits spürbar und die unterschiedlichen Reaktionen der handelnden Personen werden gut herausgearbeitet. Der dritte Abschnitt zeigt Chloes und Matts Spurensuche danach auf, wie es mit dem Paar aus der Vergangenheit weitergegangen ist. Chloe erkennt anhand von Daisys Geschichte, wie sie mit Neils Tod abschließen und wieder offen in die Zukunft blicken kann.

Leider gab es dabei aber ein paar Punkte, die mich gestört haben. Insbesondere im letzten Abschnitt haben sich die Ereignisse und Zufälle überschlagen und es ging übertrieben dramatisch zu. So ist Chloes und Matts Geschichte doch sehr in den Hintergrund getreten und konnte mich nicht wirklich überzeugen. Auch die Aufklärung des „Gänseblümchen“-Geheimnisses war absolut unglaubwürdig und war sehr schnell abgehandelt. Des Weiteren gibt es letztendlich zahlreiche lose Fäden und offene Handlungsstränge, die zum Ende hin herunterfallen oder lieblos abgeschlossen werden. Vieles wirkte konstruiert und überzogen.
Das Buch schließt mit einem Interview der Autorin, welches dann wieder sehr interessant war. Ruth Saberton erklärt die Hintergründe des Buches und warum keine Gedichte von Kit eingebaut wurden. Dass Daisys und Kits Geschichte von der Großtante der Autorin, Ella Hills, und ihrem jung im Krieg verschollenen Verlobten Arthur Sidney Bacon inspiriert wurde, hat mich berührt. Dieser persönliche Bezug sowie die dazu abgedruckten Fotos habe ich als wunderschönes Denkmal empfunden, welches die Autorin diesem Paar stellvertretend für viele andere gesetzt hat. Und wie auch im Inhalt der Geschichte hat sie dadurch ein weiteres Mal bewiesen, dass Menschen nicht wirklich tot sind, solange sie nicht vergessen werden. Ein Buch, das mir trotz kleinerer Schwächen definitiv im Gedächtnis bleiben wird.

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Veröffentlicht am 14.03.2021

Romantik, Spannung und ganz viel Frankreich-Flair

Deadly Rendezvous – Süßer Kuss der Gefahr
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Lara ist im siebten Himmel: Vor kurzem hat die Hobbymalerin ein Portrait des berühmten Filmstars Brice Montaigneux angefertigt und im Internet veröffentlich, da meldet sich tatsächlich die Agentur des ...

Lara ist im siebten Himmel: Vor kurzem hat die Hobbymalerin ein Portrait des berühmten Filmstars Brice Montaigneux angefertigt und im Internet veröffentlich, da meldet sich tatsächlich die Agentur des Schauspielers bei ihr. Laras Idol ist begeistert von dem Portrait und möchte die Künstlerin gerne kennenlernen! Voller Vorfreude und Aufregung macht sich Lara auf den Weg nach Bordeaux. Als sie Brice gegenübersteht knistert es sofort zwischen den beiden und letztendlich nimmt die ungebundene Lara sofort an, als Brice ihr einen Job anbietet. Die beiden kommen sich näher doch bald wird die aufkeimende Beziehung erschüttert: Lara entdeckt in Brices Arbeitszimmer einen Brief, der ihn belastet. Denn vor einigen Jahren war der Schauspieler Hauptverdächtiger in einem Mordfall, wurde aber aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Kann Lara ihm wirklich vertrauen oder begibt sie sich durch ihre Romanze sogar in Gefahr?

Wo mich der dreisprachige, kitschige und etwas umständlich lange Titel des Buches zunächst etwas abgeschreckt hat, konnte mich das Cover aber letztendlich doch zum Lesen animieren: Ein attraktiver älterer Mann, der gut zur Beschreibung des Protagonisten passt vor der düsteren Landschaft Südfrankreichs. Besonders gut finde ich, dass es hier auch einmal ein älterer Mann mit grauen Haaren aufs Cover schafft und nicht wie üblich jugendliche Sixpack-Boys. Das Cover wirkt so erwachsen und durch die dunklen Wolken geheimnisvoll und gefährlich.

Sabines Strick Schreibstil gefällt mir ebenfalls sehr gut. Durch die Perspektivwechsel zwischen Lara und Brice erhält der Leser gute Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt beider Protagonisten. Insbesondere Brice Rückblicke in die Vergangenheit lassen mich Verständnis für ihn entwickeln, wie er so geworden ist, wie er im gegenwärtigen Erzählstrang dargestellt wird.
Die Geschichte an sich beginnt mitten im Geschehen und schreitet auch insgesamt flott voran. Zunächst fokussiert sich das Buch auf die beginnende Liebesgeschichte zwischen den Protagonisten, durch geschickt eingestreute, kleine Details wird aber bereits deutlich, dass etwas Negatives aufzieht. Im Folgenden rücken die düsteren Geschehnisse der Vergangenheit immer mehr in den Fokus und aus der gefühlvollen Lovestory wird immer mehr ein spannender Actionroman, der in einem dramatischen Showdown endet. Dieser war zwar in Teilen vorhersehbar, aber das hat der Spannung keinen Abbruch getan. Was mir gut gefallen hat ist die vernünftige und erwachsene Art und Weise, mit der Brice und Lara sich annähern. Sie gehen wertschätzend miteinander um, auch wenn Laras launische und Brice machohafte Art den jeweils anderen (und zugegeben auch mich als Leser) manchmal etwas auf die Nerven gehen. Was es aber in Romanen viel zu selten gibt ist die ehrliche Kommunikation zwischen den beiden, so dass kein künstliches Drama aufgrund von Missverständnissen entsteht. Schön, einen Roman mit erwachsenen Protagonisten über 50 zu lesen, die sich auch entsprechend verhalten!

Insgesamt ist „Deadly Rendezvous – Süßer Kuss der Gefahr“ eine wunderbare Mischung aus emotionaler Liebesgeschichte und spannendem Actionroman, der noch zusätzlich durch die wunderbar bildhaften Beschreibungen der Landschaft und Örtlichkeiten Südfrankreichs besticht und somit absolut lesenswert ist.

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Veröffentlicht am 10.02.2021

Kreativer Podcast-Thriller

Der Countdown-Killer - Nur du kannst ihn finden
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Elle Castillo ist Minnesotas beliebteste Podcasterin. Denn Elle hat sich dem „True Crime“-Genre verschrieben und rollt als private Ermittlerin scheinbar abgeschlossene Kriminalfälle wieder auf. Dabei geht ...

Elle Castillo ist Minnesotas beliebteste Podcasterin. Denn Elle hat sich dem „True Crime“-Genre verschrieben und rollt als private Ermittlerin scheinbar abgeschlossene Kriminalfälle wieder auf. Dabei geht es ihr nur um eines: Sie möchte Gerechtigkeit für die Opfer nie aufgeklärter Verbrechen. In der neuesten Staffel ihres Podcast widmet sie sich keinem geringeren als dem spektakulärsten Fall der Polizeigeschichte des Bundesstaates: Dem des sogenannten „Countdown-Killers“. Dieser tötete seine Opfer auf perfide, zahlenbasierte Art und Weise nach seinem ganz eigenen „Countdown“. Lange Zeit versetzte er Minnesota in Angst und Schrecken, dann konnte eines seiner Opfer fliehen und die Serie brach ab. Eine verbrannte Männerleiche wurde am Tatort gefunden und für die Öffentlichkeit war klar: Der Countdown-Killer ist tot. Doch Elle glaubt nicht daran und fängt an, die alten Spuren neu zu beleuchten. Da wird wieder eine junge Frau entführt, das Muster passt zum damaligen Vorgehen. Hat Elle den Mörder wieder aufgescheucht oder einen Trittbrettfahrer heraufbeschworen? Bevor sie diese Frage beantworten kann, wird der Fall persönlich…

Spannung pur! „Der Countdown-Killer“ ist ein absolut gelungener Thriller, der mich als Leser absolut fasziniert und gefesselt hat. Die Mischung aus verschiedenen Stilelementen fand ich wahnsinnig kreativ und hat mir großen Spaß gemacht, es wird zwischen Elles Podcast, unveröffentlichten Entwürfen und Interviews dazu, eigenen Gedankenmonologen und der eigentlich erzählten Handlung abgewechselt. Schade nur, dass nicht alle Folgen des Podcasts im Ganzen abgedruckt wurden, ich war dann doch etwas überrascht und enttäuscht, dass nach Folge 6 plötzlich Folge 11 kam und in letzterer nur kurz zusammengefasst wurde, was an Themen in den Zwischenfolgen behandelt wurden. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und auch die Aufteilung in vier große Abschnitte war stimmig und passend.

Eine tolle Aktion fand ich auch den begleitenden Crime-Hörspiel-Podcast des Fischer-Verlags, der unkompliziert über den abgedruckten QR-Code aufgerufen werden kann. Eine super Idee, man konnte den Podcast im Buch quasi „live“ mithören, was das Gelesene noch eindrücklicher gemacht hat. Eine tolle Aktion!

Der Fall des Countdown-Killers wurde sehr spannend geschildert, Elles Nachforschungen und Erkenntnisse wurden authentisch und nachvollziehbar dargestellt und der Leser konnte gemeinsam mit ihr Rätseln und dem Killer auf die Spur kommen. Dabei gab es einige Überraschungen und unvorhergesehene Wendungen, die mir gut gefallen haben. Elle als Protagonistin war mir sehr sympathisch, ich habe ihre Einstellung und ihren Enthusiasmus sehr bewundert – auch bereits bevor ich ihre Hintergründe kannte. Je weiter die Geschichte voranschritt, umso mehr hat sie mich allerdings genervt: Ihre Handlungen waren teilweise impulsiv und egoistisch, sie hat wenig Rücksicht auf ihr liebevolles Umfeld genommen (Martín ist so ein toller Mann!) und sich immer und immer wieder im Kreis gedreht. Das ließ sie zuweilen labil und hysterisch wirken und sie hat des Öfteren die Grenzen ihrer Befugnis überschritten und somit gegen ihre eigenen Grundsätze verstoßen. Überrascht war ich, dass plötzlich mitten im Buch die Perspektive und Zeitebene gewechselt hat, was den Leser die Hintergründe des Täters hat verstehen lassen. Das hat mich kurz irritiert, war aber durchaus notwendig zum vollständigen Verständnis der Täterhandlungen. Dementsprechend habe ich die Auflösung des Falles als stimmig und absolut rund wahrgenommen. Auch das Cover – das ich zunächst einfach nur hübsch und ansprechend fand – macht nach der Lektüre absolut Sinn und ist somit sehr passend für das Buch.

Insgesamt hatte ich eine tolle, abwechslungsreiche Lesezeit mit diesem kreativen Podcast-Thriller und würde das Buch jedem empfehlen, der Spaß am Mix verschiedener Stilelemente hat und gerne gemeinsam mit einer authentischen und größtenteils sympathischen Protagonistin auf Verbrecherjagd gehen möchte.

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Veröffentlicht am 02.02.2021

Die Anziehungskraft des Verbotenen…

Fall of Legend
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Scarlett Priest ist ein Internet-Star, eine Influencerin wie sie im Buche steht – und dabei eine hervorragende Geschäftsfrau, die neben ihren zahlreichen Channels auch noch sehr erfolgreich „Scarletts ...

Scarlett Priest ist ein Internet-Star, eine Influencerin wie sie im Buche steht – und dabei eine hervorragende Geschäftsfrau, die neben ihren zahlreichen Channels auch noch sehr erfolgreich „Scarletts Store“ betreibt. Kein Wunder, dass sie den Einfluss besitzt, durch einen einzigen Auftritt totgeglaubte Clubs wieder zum Leben zu erwecken. Clubs, die kurz vor der Pleite stehen – wie das „Legend“. Dessen Besitzer Gabriel Legend kämpft nicht nur mich dem Ruin seines Lebenstraums, sondern auch mit den Geistern der Vergangenheit, die ihn zu einem Leben im Verborgenen zwingen. Was passiert, wenn zwei so unterschiedliche Personen aus so unterschiedlichen Welten aufeinandertreffen? Ein Business-Deal wird abgeschlossen… doch auch eine unwiderstehliche Anziehungskraft entwickelt sich… eine Anziehung, die gefährlich ist…

„Fall of Legend“ ist der Auftaktband von Meghan Marchs neuer New-Adult-Trilogie rund um die Protagonisten Scarlett und Legend. Die drei aufeinander abgestimmten Cover in gold und dunkelblau sehen zeitlos-elegant aus. Auch kann man passende Bezüge zu den Protagonisten herstellen: Das Dunkle steht für Legend, der auch als mysteriös und düster beschrieben wird. Scarlett hingegen ist ein Sonnenschein, strahlend-funkelnd und noch dazu aus reichem Hause - auf sie passt die goldene Farbe sehr gut. Und da alles auf eine Durchmischung dieser beiden Welten hinausläuft gehen auch die beiden Farben ineinander über. Insofern ist das Cover absolut stimmig! Des Weiteren liebe ich die Zweideutigkeit und verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten des Titels.

Ebenso liebe ich den Schreibstil von Meghan March. Sie beschreibt das Geschehen sowohl aus Scarletts, als auch aus Gabriels Sicht. Der Leser erfährt eine emotionale Achterbahnfahrt in lockerem, einfach zu lesendem Stil und im angenehmen Erzähltempo.

Das Buch startet rasant und sehr vielversprechend. Die Umstände, unter denen Gabriel und Scarlett sich kennenlernen sind amüsant wie ungewöhnlich zugleich und erwecken sofort mein Interesse am weiteren Verlauf der Geschichte. Deren Handlung ist zwar nicht sonderlich neu und wirkt teilweise etwas konstruiert, hat mich aber dennoch gut unterhalten. Die Zeit bis zu Scarletts heraufbeschworenen Partyabend zieht sich leider etwas, aber da die Bücherreihe drei Bände umfasst hatte ich bereits erwartet, dass die Storyline etwas gestreckt wird. Zwischendurch streut die Autorin aber immer mal ein paar kleine, unvorhersehbare Informationshäppchen ein, welche Spannung und Neugier gleichermaßen steigern. Etwas genervt haben mich Scarletts schmutzige Fantasien, die recht viel Raum eingenommen haben und die ich nicht unbedingt gebraucht hätte. Als es dann aber endlich zum Ersehnten gekommen ist war diese Szene zugegebenermaßen doch ziemlich heiß. Mein Lieblingsmoment war aber dann doch der Clubabend mit seiner tollen Tanzszene – hier sind die Funken gesprüht und Meghan March ist es ganz wunderbar gelungen, mich in die Club-Atmosphäre hineinzuziehen. Wie erwartet endet Band 1 mit einem Cliffhanger am Ende, der aber zum Glück nicht allzu fies ist.

Mir waren beide Protagonisten sehr sympathisch, was insbesondere an ihren gut ausgearbeiteten Charakteren und ihrer Authentizität liegt. Scarlett ist nicht nur eine taffe Businessfrau, sondern auch sehr empathisch. Trotz ihrer Herkunft hält sie nicht alles für selbstverständlich, ist dankbar für das, was sie hat und behandelt die Menschen in ihrem Umfeld mit Respekt auf Augenhöhe. Eine Powerfrau, die trotz Erfolg auf dem Boden geblieben ist und eine Identifikationsfigur. Mir hat es hat großen Spaß gemacht, ihr kleines Imperium und ihren Alltag als Influencerin kennenzulernen. Legend hingegen ist undurchschaubar, was ihn wiederum auch so interessant macht. Sein Verhalten ist schlecht vorhersehbar und er lässt niemanden hinter seine Fassade blicken, Informationen zu seiner Vergangenheit erhält der Leser erst nach und nach und auch diese teilweise nur angedeutet oder kryptisch. Dennoch wird es deutlich, dass er ein gutes Herz besitzt und lediglich nach außen hin sein Badboy-Image pflegt. Seine innere Zerrissenheit wird gut dargestellt und gegen Ende hin fängt die Fassade an zu bröckeln. Neben den Protagonisten gibt es weitere Personen, die ich super fand, wie z.B. Scarletts wunderbar-verrückte Freundinnen oder ihre coole Stiefschwester.

Meghan March lässt in ihrer Trilogie zwei Welten und dazugehörige Lebensstile aufeinanderprallen, was sehr interessant ist. Sie hat außerdem gefühlvolle Themen wie den Tod eines Elternteils, die angespannte Beziehung zum Vater, eine traumatisierende Vergangenheit voller Gewalt oder auch das sehr aktuelle Thema der Schattenseiten des Influencer-Daseins (Stalker, Bedrohung, Beschimpfungen) quasi nebenher thematisiert.

Insgesamt hatte die Geschichte zwar kleinere Schwächen, aber dennoch habe ich das Buch wahnsinnig gerne gelesen und hatte eine tolle Lesezeit. Natürlich war es eher leichte Kost, aber das fand ich unheimlich entspannend. Meghan Marchs Schreibstil was super flüssig zu lesen und dementsprechend schnell hatte ich das Buch beendet - und freue mich nun auf Band 2!

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Veröffentlicht am 29.12.2020

Spannender, überraschender und gut durchdachter Thriller

Als die Nacht begann
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Hauptkommissar Jan Tommen steht vor einem neuen rätselhaften Fall: Mitten am Tag wurde auf der lebhaften Berliner Friedrichtstraße die Biologie-Studentin Fiona Denz aus der Ferne erschossen. Weder eine ...

Hauptkommissar Jan Tommen steht vor einem neuen rätselhaften Fall: Mitten am Tag wurde auf der lebhaften Berliner Friedrichtstraße die Biologie-Studentin Fiona Denz aus der Ferne erschossen. Weder eine Spur des Heckenschützen, noch ein Mordmotiv ist vorhanden und so sammelt Jan Tommen sein inoffizielles Ermittlerteam um sich, um auch abseits der polizeilichen Pfade das Leben von Fiona Denz zu beleuchten. Während sich hier immer mehr Ungereimtheiten finden, schlägt der Heckenschütze erneut zu: Ein junger, zurückgezogen lebender Mann wird auf einer Parkbank erschossen, es finden sich keinerlei Verbindungen zum ersten Opfer. In Jan Tommen kommen immer mehr Zweifel auf, ob es sich überhaupt um gezielte Tötungen handelt – oder ob er es mit einem willkürlich mordenden Serienmörder zu tun hat, der sich Zufallsopfer sucht…

„Als die Nacht begann“ ist Alexander Hartungs siebter Band der Thriller-Reihe rund um Jan Tommen und sein außergewöhnliches Ermittlerteam. Der Quereinstieg ist größtenteils gelungen, da die einzelnen Fälle inhaltlich unabhängig voneinander in sich geschlossen sind. Jedoch habe ich mir vielerlei Fragen zum privaten Hintergrund der Ermittler gestellt und insbesondere die Zusammenstellung des Teams nicht wirklich nachvollziehen können. Hier wäre ein kurzes Abholen der Leser sinnvoll gewesen. Außerdem bin ich mir hinsichtlich eines offen gebliebenen Handlungsstranges unsicher, ob dieser auch wirklich ungelöst enden soll, oder in einem Folgeband nochmals aufgegriffen wird.

Das Cover des Buches ist schlicht gehalten und wirkt auf mich eher unscheinbar. Außerdem verrät es noch nicht viel über den Inhalt. Die einsame Laterne in der Dunkelheit passt jedenfalls sehr gut zum Titel und strahlt eine düstere, angsteinflößende Atmosphäre aus.

Alexander Hartungs Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, er ist temporeich und hat einen permanent ansteigenden Spannungsaufbau. Aufgrund der detaillierten Schilderungen von Örtlichkeiten und Personen kann sich der Leser diese plastisch vorstellen und die jeweils herrschende Atmosphäre wird gut transportiert. Die Sprache ist einfach gehalten und teilweise etwas salopp, was aber zu den agierenden Personen passt und sich flüssig lesen lässt. Auch kam der Humor nicht zu kurz und an einigen Stellen konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Die Geschichte rund um den Heckenschützen hat mich absolut gefesselt und interessiert miträtseln lassen. Sie startet rasant mit einem Prolog, den der Leser zunächst noch überhaupt nicht einordnen kann und der sich erst langsam im Verlauf des Buches erschließt, ihm dann aber einen wunderbaren Rahmen verleiht. Das Motiv und die Hintergründe waren lange Zeit undurchsichtig und der Leser ist den Hintermännern nur langsam und nach einigen Überraschungen und Wendungen gemeinsam mit den Ermittlern auf die Spur gekommen. Diese Unvorhersehbarkeit mag ich an Thrillern sehr! Auch der Fakt, dass der Leser sehr nah an den ermittelnden Personen dran war und sämtliche Gedanken und Vorgänge miterlebt hat, hat mir ausgesprochen zugesagt. Teilweise gab es etwas viele Zufälle und an manchen Stellen waren die Vorkommnisse schon etwas sehr unrealistisch, aber das hat den Fall schnell vorangebracht und dem Leser eine spannende Lesezeit verschafft und ist somit – für mich zumindest – vernachlässigbar.

Was mich mehr irritiert hat war das „Ermittlerteam“ an sich. Die einzelnen Personen waren mir zwar mit ihren individuellen Eigenheiten sehr sympathisch und auch facettenreich dargestellt, aber hier wurde es mir dann doch etwas zu realitätsfern. Ich habe mich zum einen gefragt, wie sich so eine unterschiedliche Mischung an Menschen zusammengefunden hat, aber hierzu fehlt mir wohl das Wissen aus den Vorbänden. Zum anderen fand ich es seltsam, dass es kein polizeiinternes Ermittlungsteam gibt, dass sich um den Fall kümmert sondern sich solch eine bunt gemischte Truppe abends in einer Privatwohnung trifft um heikle Polizeiinformationen zu spekulieren und dann auf nicht ganz legalem Weg auf eigene Faust ermittelt. Ihr Vorgehen war für mich befremdlich, wenn auch amüsant zu lesen und die Geschichte vorantreibend. In der Realität hätten derartig erworbene Ermittlungsergebnisse allerdings keinerlei Bestand.

Insgesamt hatte ich eine kurzweilige, spannende Lesezeit mit einem gut durchdachten Buch, das man aber aufgrund seines Unterhaltungswertes und nicht seiner Realitätsnähe genießen muss.

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